Bei der Betrachtung von ottonischen Handschriften fällt neben der flächigen Darstellungsweise und den monumental wirkenden, ausdrucksvollen Figuren vor allem die reiche Verwendung von Gold in Miniaturen, Initialen, der Schrift und den Prachteinbänden auf. Die Miniaturen weisen als Hintergrund große Farbflächen auf, die oft als Goldgrund gestaltet sind. Um die Frage zu beantworten, warum insbesondere Gold in der ottonischen Buchmalerei zur Gestaltung von bildlichen Darstellungen verwendet wurde, müssen zuerst die Ursprünge des Goldgrundes ergründet und seine Entwicklung bis zur Zeit der ottonischen Kunst nachvollzogen werden. Von Interesse sind hierbei unter anderem vorchristliche Beispiele in denen Gold schon als hintergrundfüllendes Gestaltungsmittel eingesetzt wurde, sowie die Verwendung des Edelmetalls in der Mosaikkunst während der ersten nachchristlichen Jahrhunderte. Besonderes Interesse gilt jedoch dem Bereich der Buchmalerei, um in diesem etwaige Einflüsse von einzelnen Handschriften bzw. Malschulen oder Kulturkreisen deutlich zu machen.
In dieser Arbeit wird zuvor kurz der biblische Kontext des Goldes untersucht, hierbei stehen die Fragen im Vordergrund, wo und zu welchem Zweck das Edelmetall im Alten und Neuen Testament verwendet wurde. Nach den einzelnen Abschnitten über die chronologische Entwicklung des Goldgrundes kommen wir zu dem für die Fragestellung wichtigsten Teil, nämlich der Symbolik des Goldes. Ausgehend von einer Einführung in die allgemeine Symbolik wird das nicht eindeutig zu definierende Wesen des Edelmetalls im Mittelalter konkret an Beispielen aus der Buchmalerei erläutert. Unter Berücksichtigung der besonderen Behandlung des Raumes in der ottonischen Buchmalerei und der Erscheinungsweise der Figuren auf goldenem Grund wird am Schluss eine Antwortmöglichkeit auf die Zielfrage vorgelegt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Hauptteil
1. Biblischer Kontext
1.1 Altes Testament
1.2 Neues Testament
2. Entwicklung des Goldgrundes
2.1 Vorchristliche Beispiele
2.2 Mosaikkunst
2.3 Buchmalerei
3. Symbolik des Goldes
3.1 Allgemeine Symbolik
3.2 Gold im Mittelalter
3.3 „Unraum“ in ottonischer Buchmalerei
3.4 Die Gebärdefigur auf Goldgrund
Schluss
Literaturverzeichnis
Abbildungsteil
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
Bei der Betrachtung von ottonischen Handschriften fällt neben der flächigen Darstellungsweise und den monumental wirkenden, ausdrucksvollen Figuren vor allem die reiche Verwendung von Gold in Miniaturen, Initialen, der Schrift und den Prachteinbänden auf. Die Miniaturen weisen als Hintergrund große Farbflächen auf, die oft als Goldgrund gestaltet sind. Um die Frage zu beantworten, warum insbesondere Gold in der ottonischen Buchmalerei zur Gestaltung von bildlichen Darstellungen verwendet wurde, müssen zuerst die Ursprünge des Goldgrundes ergründet und seine Entwicklung bis zur Zeit der ottonischen Kunst nachvollzogen werden. Von Interesse sind hierbei unter anderem vorchristliche Beispiele in denen Gold schon als hintergrundfüllendes Gestaltungsmittel eingesetzt wurde, sowie die Verwendung des Edelmetalls in der Mosaikkunst während der ersten nachchristlichen Jahrhunderte. Besonderes Interesse gilt jedoch dem Bereich der Buchmalerei, um in diesem etwaige Einflüsse von einzelnen Handschriften bzw. Malschulen oder Kulturkreisen deutlich zu machen. In dieser Arbeit wird zuvor kurz der biblische Kontext des Goldes untersucht, hierbei stehen die Fragen im Vordergrund, wo und zu welchem Zweck das Edelmetall im Alten und Neuen Testament verwendet wurde. Nach den einzelnen Abschnitten über die chronologische Entwicklung des Goldgrundes kommen wir zu dem für die Fragestellung wichtigsten Teil, nämlich der Symbolik des Goldes. Ausgehend von einer Einführung in die allgemeine Symbolik wird das nicht eindeutig zu definierende Wesen des Edelmetalls im Mittelalter konkret an Beispielen aus der Buchmalerei erläutert. Unter Berücksichtigung der besonderen Behandlung des Raumes in der ottonischen Buchmalerei und der Erscheinungsweise der Figuren auf goldenem Grund wird am Schluss eine Antwortmöglichkeit auf die Zielfrage vorgelegt.
1. Biblischer Kontext
1.1 Altes Testament
Bereits im Buch Genesis wird Gold im Rahmen der Schöpfungsgeschichte erwähnt, in der erzählt wird, dass einer der Paradiesflüsse, der Pischon, das Land Hawila umfließe „wo es Gold [gebe]“ und weiterhin, dass „Das Gold jenes Landes […] gut [sei]“ (Gen 2,11 f.). Das Edelmetall ist hier schon von Beginn der Welt an existent und befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Garten Eden. Es demonstriert die „göttliche Repräsentanz auf Erden“ 1. In den ersten Versen des Kapitels 25 im Buch Exodus gibt Jahwe Mose den Auftrag, von den Israeliten eine Abgabe einzufordern, die aus „Gold, Silber, Kupfer, […]“ (Ex 25,3) und anderen wertvollen
Gütern bestehen solle; das Edelmetall wird als erstes unter den Gütern genannt. Es soll deutlich gemacht werden, dass besonders Gold dem Herrn geweiht sei. Ausgehend von der Forderung Gottes ihm ein Heiligtum zu errichten (Ex 25,8) und den genauen Anweisungen zur Erbauung des Bundeszeltes, wird durch die Israeliten die erste Wohnstätte Jahwes gebaut. Es steht als imposantes Zeichen des Bundes Gottes mit dem Volk Israel und diene seiner Verherrlichung.2 Auffällig ist die Dominanz des Goldes bei der Ausschmückung des Bundeszeltes, insbesondere bei der Bundeslade (Ex 25,11).Diesem Bild des Goldes als ein hohes gottgefälliges Gut stehe seine Charakterisierung als Material für Götzendarstellungen gegenüber, diese Ambivalenz werde sehr deutlich in der Geschichte über die Verehrung des Goldenen Kalbes im Buch Exodus (Kapitel 32).3 Das Volk Israel fällt in diesem Akt der Götzenverehrung vom, von Jahwe geforderten, Monotheismus ab und adaptiert den Götzendienst vor goldenen Götterdarstellungen, wie er von umliegenden Königtümern der altorientalischen Welt bekannt ist.4
Da Gold der größte Wert unter den Metallen zugeordnet wurde, kam es bei den Menschen schon früh zu seiner Verwendung als königliches Edelmetall, das Macht und Würde repräsentiere.5 Ausgehend von dem Selbstverständnis der Könige Israels als Stellvertreter Jahwes6 werde in der Zeit des Königs Salomons jene königliche Symbolik auf Jahwe übertragen, wobei der Glanz und die Beständigkeit des Goldes die göttliche Herrlichkeit widerspiegele.7 Bei Salomon findet sich der Höhepunkt der Erwähnung von Gold im AT mit der Erbauung des ersten Tempels in Jerusalem, der im Vergleich zum Bundeszelt um einiges prächtiger ausgestattet geschildert wird.8 Beschreibungen wie : „So überzog er das ganze Haus vollständig mit Gold; auch den Altar vor der Gotteswohnung überzog er ganz mit Gold“ (1 Könige 6,22) demonstrieren den Reichtum Salomons genauso wie seine Ehrfurcht vor dem Herrn.9 Der Tempel wird dadurch der profanen Sphäre entrückt10, es muss jedoch gleichermaßen erwähnt werden, dass Salomons Königspalast noch größer und nicht weniger reich ausgeschmückt wurde wie der Tempel11, sodass hier schon ein sich abzeichnender Wertewandel in Bezug auf das Edelmetall erkennbar sei. In folgender Zeit wird Gold dazu benutzt, Israel bzw. der persönlichen Macht mehr Gewicht zu verleihen.12 Es fand demnach eine Verschiebung in der Betrachtung des Goldes von einem Symbol der Herrlichkeit und Allmacht Gottes hin zu einem Zeichen profaner Macht und des Prestiges statt.13 Nach der Meinung Brauns und Biesingers habe es immer mehr seinen transzendenten Charakter verloren14, bis es nur noch als Realsymbol für den Wohlstand eines Patriarchen, Königs und später einer Privatperson, Stadt oder eines Landes fungiert habe.15
Im Alten Testament finden sich neben Erwähnungen von Gold als Zeichen für die Herrlichkeit Gottes und profane Machtansprüche auch Verwendungen von Gold im metaphorischen Sinne. An ihm werden Werte und Unwerte des Lebens gemessen, sowie ethische Maßstäbe entgegengehalten.16 „[M]enschliche Tugenden werden mit Gold gewogen“, wobei z.B. der Erwerb von Weisheit über den Wert des Goldes gestellt werde.17 Jedoch wird in Erinnerung an den Tanz um das Goldene Kalb nicht das Gold an sich, sondern die Gier danach und die Lust, es in Form von Götzen zu verehren, verurteilt, vielmehr ginge es darum auf das „Goldene Kalb“ im Inneren des Menschen18 und auf den Scheinwert des Goldes aufmerksam zu machen. Ein Beispiel19 dafür ist die Perikope Jesus Sirach 31,5-7, in der es heißt: „Wer das Gold liebt, bleibt nicht ungestraft, wer dem Geld nachjagt, versündigt sich. Viele sind es, die sich vom Gold fesseln lassen, die ihr Vertrauen auf Perlen setzen. Eine Falle ist das für den Toren, jeder Einfältige lässt sich damit fangen.“ Singer verweist auf die zwei Sichtweisen der Menschen bezüglich des Edelmetalls: Als Realsymbol steht das Gold für Reichtum und Wohlstand20, negativ konnotiert für den Götzendienst und den Mammon, die Kraft der Versuchung hin zum Materialismus, also als Scheinwert. Aber es steht auch als Idealsymbol für die Macht und Würde des Königs21, die ausgehend von Salomon im Laufe der Zeit auch auf die Herrlichkeit und Nähe Gottes übertragen wurde und somit als Segen gilt.
1.2 Neues Testament
Im Gegensatz zum AT erscheint Gold im NT weit weniger häufig22, dies ist dadurch zu erklären, dass das Edelmetall nicht mehr zur Darstellung von Reichtum verwendet wird, wie es zuvor häufig vorkam, sondern nun tritt die metaphorische Deutung in den Vordergrund, also die Verwendung von Gold als Idealsymbol. Wie auch im AT werden am Gold Werte des Lebens, moralische Prinzipien und soziale Verhaltensweisen bildhaft gemessen, die guten Werke stehen dabei immer über dem materiellen Gut.23 Die Kritik am materiellen Denken richtet sich nicht allein gegen die Reichen, sondern auch gegen diejenigen, die durch ihr Verhalten das Bild der Reichen verstärken bzw. verehren24 und ruft damit auf, sich nicht vom sog. „Mammon“ verführen zu lassen. Auch wird die Vergänglichkeit des Goldes25 hervorgehoben, so etwa in 1 Petrus 1,7: „Dadurch soll sich euer Glaube bewähren und es wird sich zeigen, dass er wertvoller ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist […].“ Neben den Metaphern, die die negative Wirkung des Goldes auf den Menschen versinnbildlichen sollen, tauche es auch in seiner himmlischen Bedeutung26 auf, z.B. als Gabe des ersten Weisen bei der Geburt Christi, das Gold verweist hier auf das Königtum Christi über die Welt. Den Höhepunkt dieser schon im AT erkennbaren Ambivalenz27 der zwei verschiedenen Sichtweisen des Goldes sieht Elbern in der Offenbarung des Johannes. Dort wird das „Neue Jerusalem“ der endzeitlichen Gottesherrschaft als „Stadt […]aus reinem Gold“ (Off. 21,18) beschreiben, jedoch wird einige Kapitel zuvor das Edelmetall bei der Beschreibung der „Hure Babylon“ in Off. 17,4 in einen negativen Kontext gesetzt: „ Die Frau war in Purpur und Scharlach gekleidet und mit Gold, Edelsteinen und Perlen geschmückt.Sie hielt einen goldenen Becher in der Hand, der mit dem abscheulichen Schmutz ihrer Hurerei gefüllt war.“ 28
2. Entwicklung des Goldgrundes
2.1 Vorchristliche Beispiele
Als früheste uns bekannte bildliche Darstellung auf Goldgrund gilt für Gombrich/Bodonyi das Bild des Pharaos Tutanchamun zusammen mit seiner Frau Anchesenamun auf der Rückenlehne seines Thrones, wie sie auf Abb.1 zu sehen ist.29 Dieser wurde im Grab des Pharaos gefunden und ist in etwa auf das Jahr 1323 v. Chr. datierbar. Das Herrscherpaar ist ganzfigurig im Profil vor goldenem Grund abgebildet. Am oberen Bildrand befindet sich mittig eine Sonnenscheibe mit nach unten verlaufenden Strahlen, die reliefartig aus dem Grund hervortreten, sie stellt den ägyptischen Gott Aton dar, welcher sein göttliches Sonnenlicht in Form des Goldes aussende.30
Im Bereich der Tafelmalerei nehmen nach Zaunschirm Mumienporträts aus dem 2. – 5. Jh. n. Chr. als erste „wirkliche“ Bilder mit Goldgrund eine zentrale Vorreiterstellung ein.31 Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass solche „goldenen“ Mumienporträts unter den mehr als tausend erhaltenen Porträts nur vereinzelt auftauchen.32 Solche Porträts wurden beispielsweise in der Oase Fajum in Ägypten Ende des 19. Jh. gefunden. Abb. 2 zeigt das Bildnis eines jungen Mannes, das in den Zeitraum von 30 v. Chr. bis 313 n. Chr. fällt, wobei der Mann vor einem aus Blattgold gearbeiteten Grund en face dargestellt ist, ebenfalls aus Blattgold bestehen die Metallauflagen des Kranzes im Haar.
2.2 Mosaikkunst
Im christlichen Kontext sind Mosaiken aus der Zeit des 5. – 6. Jh. n. Chr. einflussreiche Wegbereiter für den Goldgrund in der Buchmalerei, da schon dort durch einen goldenen Hintergrund bildliche Darstellungen33 vermehrt eine intendierte monumentale Wirkung bekommen, wie es typisch ist für ottonische Miniaturen. Abb.3 zeigt ein Mosaik aus der Basilika S. Maria Maggiore in Rom, welches um das Jahr 431 entstanden ist. Es verbildlicht die alttestamentliche Geschichte von der Begegnung des Patriarchen Abrahams mit dem Priesterkönig von Jerusalem, Melchisedek. Der rechts auf einem Pferd sitzende Stammvater trifft nach einem siegreichen Feldzug auf Melchisedek, der ihm von links mit Brot und Wein beschenkt. Oberhalb der Szene verweist Gott auf den Priesterkönig. Der Hintergrund ist in drei horizontale farbige Zonen unterteilt, die unterste grüne, auf der sich die Personen befinden, steht für die Erde. Die oberste, in der Gott auf M. verweist, ist weiß mit wolkenähnlichen Objekten und symbolisiert den Himmel. Ein Goldgrund, der etwa doppelt so groß ist wie die anderen beiden Schichten, bildet die Mittelzone. Es stellt sich die Frage welche Intention die damaligen Künstler hatten, dass sie einen Hintergrund so gestaltet haben. In der Antike war der Weg vom Vorder- zum Hintergrund nicht darstellbar, dies bedeutete, dass in Reliefs bzw. Gemälden die Einzelmotive nur zu „ quasiräumlichen “ Gruppen zusammengestellt wurden.34 Ab dem 4. nachchristlichen Jahrhundert wird diese Diskontinuität nicht mehr verschleiert, es entwickelt sich ein eigenes Darstellungsschema, nämlich jenes der „farbigen Streifenkomposition“ 35, das bis hin zu den ottonischen Miniaturhintergründen zu verfolgen ist. Die vorher grau-weiße unbestimmte Mittelzone zwischen den Raumschichten Himmel und Erde wird im Laufe Zeit immer mehr durch einen Goldgrund besetzt. Warum jedoch tritt er an die Stelle jener unbestimmten Mittelzone? Diese Frage ist mit dem Raum- und Farbzerfall in der Spätantike zu erklären, in dessen Verlauf „jedes Ding nun in seiner charakteristischen Ansicht und charakteristischen Farbe dargestellt36 wurde. Dies bedeute nach Meinung Gombrichs/Bodonyis, dass für die Zwischenzone, ein Lichtraum, die charakteristische Farbe des Lichtes ausgewählt wurde, die des Goldes.37 Die Glasmosaiksteine mit eingeschlossener Goldfolie steigern hierbei „die einst tonige Farbe zu höchster Intensität“38 , ein Beispiel sind die monumentalen Christusdarstellungen in Apsismosaiken, die durch den Goldgrund besonders hervorgehoben und in ihrer Wirkung verstärkt werden.
Eine Variation dieser farbigen Streifenkomposition mit Goldgrund zeigt das in Abb.4 dargestellte Mosaik aus S. Apollinare Nuovo in Ravenna aus dem 6. Jh.. Dort ist die Anbetung der Magier verbildlicht, die sich im Knielauf von links nach rechts dem Jesuskind nähern. Die Erdzone reicht bei diesem Mosaik bis zu den Knien der Personen, die restliche Fläche des Hintergrundes ist goldener Lichtraum, eine Himmelszone, wie im Beispiel aus Rom, ist nicht vorhanden.
2.3 Buchmalerei
Die frühesten uns bekannten Miniaturen, in denen sich die Figuren von einem durchgehenden Goldgrund abheben39, finden sich im „Wiener Dioskurides“ aus dem Jahr 512 n.Chr.40 Diese der spätantiken Buchmalerei zugehörigen Handschrift enthält pharmakologische und naturwissenschaftliche Texte.41 Für die Entwicklung des Goldgrundes in der Buchmalerei sind zwei Miniaturen interessant, die jeweils sieben Pharmakologen zeigen.42 Die in Abb.5 sichtbare sog. „Galeonosgruppe“43 besteht aus sieben Personen, die in antikisierenden Gewändern vor einem matten Goldgrund dargestellt sind, der den Hintergrund komplett ausfüllt. Der bekannteste Pharmakologe ist Galenus, der dem Bild seinen Namen gibt und als einziger auf einem Stuhl in der Mitte seinen Platz findet. Er ist umgeben von Krateuas zur Rechten und Dioskurides zur Linken, beide haben eine Hand im Redegestus erhoben.44 „Auswahl und Gruppierung der sieben Pharmakologen sind offensichtlich durch die Vorstellung der Sieben Weisen inspiriert, wie sie auf antiken Fußbodenmosaiken auf einer halbkreisförmigen Bank sitzend erscheinen.“ 45 Die bei der Galeonosgruppe verwendete Komposition könne aber nicht von solchen Vorbildern abhängig betrachtet werden, da sie augenscheinlich aus einzelnen, selbständigen Porträts zusammengesetzt sei. Vielmehr müssen Vorbilder in Form von Frontispizen zu den jeweiligen Abhandlungen existiert haben.46 Der Künstler, der die Miniaturen geschaffen hat, sei mit seiner Malweise wegweisend für eine abstraktere Raumvorstellung in Form des Goldgrundes, jedoch behalte er nach Ansicht Weitzmanns bei den einzelnen Porträts den klassischen Stil bei.47
Die ersten Autorenporträts vor goldenem Grund finden sich im sog. „Egino-Codex“, ein Homiliar aus dem 8. Jh. n. Chr..48 Abb. 6 zeigt eine Seite, der aus der karolingischen Renaissance stammenden Handschrift, die den Kirchenvater Gregor den Großen zeigt. Er sitzt im Papstornat unter einem Rundbogen und schreibt in ein Buch, über ihm ist sein Attribut, die Taube zu sehen. Ein goldener Nimbus umgibt Gregors Kopf, der sich auf der Höhe der korinthischen Kapitelle des Rundbogens befindet. Ebenfalls auf dieser Höhe endet der matte Goldgrund, welcher den Hintergrund für die unter der Rundung sichtbaren Szenerie bildet.49
Wichtige Einflüsse auf die ottonische Kunst allgemein und insbesondere auf die Verwendung von Gold in der Buchmalerei sind der byzantinischen Buchmalerei zur Zeit der sog. Makedonischen Renaissance zuzuschreiben.50 Verbindungen zwischen dem Reich der Ottonen und Byzanz lassen sich beispielsweise durch die Ehe der byzantinischen Prinzessin Theophanu mit Otto III. erklären. Ein Beispiel für die Verwendung des Goldgrundes in Miniaturen dieser Epoche, die in das 9. und 10. nachchristliche Jahrhundert51 anzusiedeln sind, findet sich im Menologion des Kaisers Basileios II.. In dieser Handschrift sind die Gedenktage der Heiligen und kirchliche Feiertage verzeichnet. Abb. 7 zeigt eine Miniatur, die die Geschichte der sieben Schlafenden von Ephesos darstellt. In aller Kürze und Vereinfachung lautet ihre Geschichte so: In den ersten Jahrhunderten des Christentum suchen sieben junge Christen auf der Flucht vor einer Glaubensverfolgung Schutz in einer Höhle. Sie fallen in einen Schlaf, der mehrere Jahrhunderte andauert und überdauern ,von Gott behütet, in der Höhle, bis sie eines Tages durch Gott auferweckt werden und bei den Menschen große Verwunderung aber auch starkes Gottvertrauen auslösen.52 Die abgebildete Miniatur zeigt den Blick in das Innere eines Berges, in dem die sieben Jünglinge schlafen.
[...]
1 Biesinger, Albert; Braun, Gerhard: Gott in Farben sehen, München 1995,S.176.
2 Vgl.: Biesinger; Braun 1995, S.177.
3 Ebd., S.177.
4 Vgl. Singer, Karl Helmut: Die Metalle Gold, Silber, Bronze, Kupfer und Eisen im Alten Testament und ihre Symbolik, Würzburg 1980, S.169.
5 Ebd., S.57.
6 Ebd., S.58.
7 Ebd., S.161.
8 Biesinger; Braun 1995, S.178.
9 Vgl.: Biesinger; Braun 1995, S.178.
10 Vgl.: Singer 1980, S.166.
11 Vgl.: Biesinger; Braun 1995, S.178.
12 Ebd., S.179.
13 Ebd., S.179.
14 Ebd., S.179.
15 Vgl.: Singer 1980, S.171.
16 Vgl.: Biesinger; Braun 1995, S.179.
17 Ebd., S.179.
18 Ebd.,S.180.
19 Ebd.,S.180.
20 Vgl.: Singer 1980, S.171.
21 Ebd., S.171.
22 Vgl.: Biesinger; Braun 1995,S.181.
23 Ebd.,S.181.
24 Ebd.,S.181.
25 Ebd.,S.181.
26 Ebd.,S.181.
27 Vgl.: Elbern, V.H.: Gold, VI. Wertschätzung, Würde, Metaphorik [online].Verfügbar unter: http:// apps.brepolis.net.iema.han.ub.uni-bamberg.de/lexiema/test/Default 2.aspx. Zugriff am 12.11.2015.
28 Anmerkung Einheitsübersetzung: „Mit der `großen Hure´ und `Babylon´ ist die Weltmacht Rom gemeint. Das Tier, auf dem die Hure reitet (Vers 3) ist das römische Kaisertum […]. `Hurerei´, im Alten Testament Bild für Götzendienst und Abfall von Gott, meint hier Verführung zum römischen Kaiserkult.“
29 Vgl.: Gombrich,Ernst; Bodonyi,J.: Entstehung und Bedeutung des Goldgrundes in der spätantiken Bildkomposition,in: Kritische Berichte zur Kunstgeschichtlichen Literatur, Vol. 5 (1932/3), 1935, S.65-75
30 Vgl.: Mayr-Harting, Henry: Ottonische Buchmalerei. Liturgische Kunst im Reich der Kaiser, Bischöfe und Äbte, Stuttgart 1991,S.126
31 Vgl.: Zaunschirm, Thomas: Die Erfindung des Goldgrundes, in Gold (Ausst.-Kat. Wien, Belvedere) hrsg. v. Agnes Husslein-Arco, München 2012, S.16
32 Ebd., S.16
33 Vgl.: Gombrich; Bodonyi 1935, S.66
34 Ebd., S.68
35 Ebd., S.68
36 Ebd., S.69
37 Ebd., S.69
38 Ebd., S.69
39 Vgl.: Weitzmann, Kurt: Spätantike und frühchristliche Buchmalerei, München 1977,S.62.
40 Vgl.: Zaunschirm 2012, S.16.
41 Vgl.: „Der Wiener Dioscurides“[online].Verfügbar unter: http://www.deutsches-museum.de/bibliothek/unsere-schaetze/medizin/dioscurides/der-wiener-dioscurides/.Zugriff am 15.03.2016
42 Vgl.: Weitzmann 1977,S.62.
43 Zaunschirm 2012, S.16.
44 Vgl.: Weitzmann 1977,S.62.
45 Ebd.,S.62.
46 Ebd.,S.62.
47 Vgl.: Weitzmann 1977,S.62.
48 Vgl.: Mayr-Harting 1991,S.83.
49 Mayr-Harting verweist darauf, dass der Codex im 10.Jh sehr wahrscheinlich als Geschenk nach Metz gekommen sei, von wo er aus Einflüsse auf die ottonische Kunst ausübte.S.93.
50 Vgl.: Jantzen, Hans: Ottonische Kunst, Berlin 1990,S.65.
51 Vgl.: Byzantinische Kunst [online].Verfügbar unter: http://www.wissen-digital.de/Byzantinische_Kunst.Zugriff am 15.03.2016.
52 Vgl.: Schäfer, Joachim: Sieben Entschlafene.[online] Verfügbar unter: https://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Sieben_Schlaefer.html.Zugriff am 15. 3. 2016.