Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit Qualitativen Verfahren und legt den Fokus insbesondere auf die Inhaltsanalyse und Interviewtechnik.
Im ersten Kapitel erfolgt die Operationalisierung des Konstrukts "Kundenbindung bei Zeitungen" und die Konzeption eines vollständigen Interviewleitfadens zu diesem Thema. Hierzu wird ausführlich die Konzeption eines Interviewleitfadens zur Ermittlung der Kundenbindung bei Abonnementzeitungen erläutert. Ziel des Interviewleitfadens ist es, diesen anschließend zur Befragung ausgewählter Leser einzusetzen. Der Vorgang und Ablauf einer empirischen Untersuchung, sowie die Auswahl der Fragen werden hierbei erklärt. Der vollständige Interviewleitfaden findet sich im Anhang der Arbeit.
Im zweiten Teil der Arbeit werden die Vor- und Nachteile einer telefonischen Befragung im Vergleich zu einem Face-to-face Interview gegeneinander abgewägt. Hierzu werden auch typische Einsatzbereiche für das jeweilige Instrument beleuchtet.
Das dritte Kapitel beschreibt die Bedeutsamkeit von Gütekriterien bei der Beurteilung einer qualitativen Inhaltsanalyse. Fünf relevante Gütekriterien werden ausführlich dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1 Qualitative Verfahren – Inhaltsanalyse & Interviewtechnik
1.1 Konzeption eines Interviewleitfadens „Kundenbindung bei Zeitungen“
1.2 Telefonische Befragung vs. Face-to-face Interview
1.3 Relevante Gütekriterien zur Beurteilung der Qualität einer qualitativen Inhaltsanalyse
2 Anlage
3 Literatur- und Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Gütekriterien quantitativer und qualitativer Forschung
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Interviewleitfaden "Kundenbindung bei Tageszeitungen"
1 Qualitative Verfahren – Inhaltsanalyse & Interviewtechnik
1.1 Konzeption eines Interviewleitfadens „Kundenbindung bei Zeitungen“
Das vorliegende Kapitel behandelt die Konzeption eines qualitativen Interviewleitfadens zur Ermittlung der Kundenbindung bei Abonnementzeitungen. Der hierbei konzipierte Leitfaden kann im Anschluss zur Befragung ausgewählter Leser verwendet werden. Er findet sich im Anhang dieser Arbeit.
In der empirischen Forschung ist die Durchführung von Gesprächen die Methode der Wahl. Qualitative Interviews zeichnen sich durch eine persönliche und mündliche Befragungsform aus. Vorteilig gegenüber quantitativen, standardisierten Interviews ist, dass qualitative Befragungen viel offener gestaltet sind. Sie schaffen eine vertraute Gesprächsatmosphäre und steigen mit Hilfe von kleineren Stichproben stärker in die Tiefe des entsprechenden Themas ein.[1] Hierbei gibt es verschiedene Formen, die anhand ihres Strukturiertheitgrades unterschieden werden:[2]
- Standardisiertes Interview
- Halbstandardisiertes oder Leitfaden-Interview
- Nicht-standardisiertes Interview
In dieser Arbeit wird der Fokus auf das Halbstandardisierte Interview gelegt. Es wurde nicht nur im Rahmen dieser Hausarbeit vorgegeben, sondern findet auch in der empirischen Forschung die meiste Anwendung[3] der drei genannten Verfahren.
Leitfadeninterviews definieren sich als Gespräche, die mit Hilfe eines Leitfadens den Interviewablauf gestalten. Sie kommen in der empirischen Forschung in verschiedenen Bereichen zum Einsatz:
- zur Systematisierung und Hypothesenentwicklung vorwissenschaftlicher Verständnisse,[4]
- zur Gruppenanalyse – insbesondere bei seltenen Gruppen,[5]
- als Ergänzungs- und Validierungsinstrument.
Üblicherweise wird ein einziger Leitfaden für ein gesamtes Forschungsprojekt entwickelt, entlang dessen die Umfragen geführt werden. Bereits im Vorfeld der qualitativen Forschung ist der Leitfaden dabei von Nutzen.
Wissenschaftler können ihn einsetzen um damit ihr Wissen zu strukturieren und explizieren. Gleichfalls kann er als Diskussionsgrundlage unter Kollegen/innen dienen. Kurz vor dem Gespräch kann sich der Interviewer anhand des Leitfadens die Themengebiete und Fragestellungen erneut ins Gedächtnis rufen. Dies trägt dazu bei, dass die Interviews gut miteinander vergleichbar sind, da sich die Befragungssituationen ähneln und immer gleiche oder ähnliche Fragen gestellt werden. Um eine sogenannte „Leitfadenbürokratie“ zu vermeiden,[6] sollte der Interviewer jedoch möglichst nur dann auf den Leitfaden zurückgreifen, wenn das Gespräch ins Stocken gerät oder er den Überblick verloren hat. Ist das Interview beendet, dient der Leitfaden als eine Art Checkliste, anhand der geprüft werden kann, ob alle wichtigen Fragen angesprochen worden sind.[7]
Im Rahmen dieser empirischen Untersuchung wird „Kundenbindung bei Tageszeitungen“ als Konstrukt festgelegt. Dieses Konstrukt wird in einzelne Komponenten bzw. Dimensionen zerlegt. Den einzelnen Dimensionen werden Kriterien, und diesen wiederum spezifizierte Indikatoren zugewiesen (z.B. Dimension: Habituelle Mediennutzung → Kriterium: Mediennutzungsmuster → Indikatoren: Lesereihenfolge, Leserubriken, Lesesorte,...). Im Gegensatz zum komplexen Konstrukt oder den Einzeldimensionen, kann man Indikatoren messen und beobachten. Die in dieser Hausarbeit verwendete Operationalisierung des Konstrukts „Kundenbindung bei Tageszeitungen“ stammt von Rogall.[8] Auf Basis dieser Strukturanalyse werden anschließend die Fragen für den Leitfaden gebildet bzw. präzisiert und das Forschungsdesign entwickelt.[9]
Dimension: Habituelle Mediennutzung
Die Dimension untersucht die Gewöhnung der Leser an die Struktur, den Inhalt und den Aufbau ihrer Tageszeitung. Sie fragt ab, wie die Leser ihre Zeitung nutzen. Es ist davon auszugehen, dass die Bindung an eine Tageszeitung umso stärker ist, umso mehr Gewohnheitsfaktor sie mitbringt. Wird sie zu einem geschätzten und festen Bestandteil des Tages, so wird der Proband an diesem Ritual, und damit der Bindung an seine Zeitung, gerne festhalten.
Dimension: Variety Seeking
Das Variety Seeking ist ein wesentlicher Faktor zum Thema „Kundenbindung bei Tageszeitungen“. Hier wird erfragt, ob die Probanden sich Abwechslung in Inhalt und Form ihrer Tageszeitung wünschen. Zusätzlich wird evaluiert, ob andere Konkurrenzprodukte bezogen werden. Leser, die großen Wert auf Abwechslung und Neuheiten legen, tendieren eher dazu zu anderen Produkten zu wechseln.
Dimension: Kundenzufriedenheit
Sind Kunden mit einem Produkt zufrieden, so haben sie keinen Anlass zur Konkurrenz zu wechseln. Hier wird untersucht, inwieweit die Probanden mit Teilen ihrer Zeitung bzw. insgesamt zufrieden sind.
Dimension: Soziale Wechselhemmnisse
Diese Dimension erkundigt sich nach dem sozialen Umfeld der Probanden. Es wird eruiert inwieweit die Leser durch ihre Umgebung an ihre Zeitung gebunden sind. Dabei spielen traditionelle Verankerungen und sozialer Druck im Freundes- und Bekanntenkreis eine große Rolle. Auch die Funktion der Zeitung als Brücke zur lokalen Gesellschaft wird abgefragt.
Dimension: Ökonomische Wechselhemmnisse
Hier geht es darum, ob ein Wechsel zu einer anderen Tageszeitung einen großen ökonomischen Aufwand bzw. Nachteil für den Probanden bedeuten würde. Es ist davon auszugehen, dass finanzielle Vorteile bei der Wahl der Tageszeitung eine maßgebende Rolle einnehmen.
Dimension: Produktfunktionen und -eigenschaften
In dieser Dimension beurteilen die Probanden die für sie relevanten Funktionen und Eigenschaften der Tageszeitung. Es soll dabei herausgefunden werden, worin die Leser die Stärken und Schwächen ihrer Zeitung sehen. Sie beschreiben, was für sie der maßgebliche Punkt ist, der für ihre Tageszeitung spricht. Zudem erfährt man, ob die Probanden die Zeitung hauptsächlich zur Entspannung, zur Information, zur Orientierung o.ä. lesen.
Drei grundsätzliche Kriterien stehen bei der Konzeption des Leitfadens „Kundenbindung bei Tageszeitungen“ im Vordergrund:
- Offenheit hat vorrangige Priorität. Fragen unterscheiden sich nach dem Grad der Offenheit in offene, halboffene oder geschlossene Fragen, nach der Frageorientierung in immanente und exmanente Fragen und nach dem Fragetyp in direkte, indirekte, relationale und rekursive Fragen.
Die Fragen des Leitfadens sollen so offen wie möglich formuliert sein. Es kommen hauptsächlich die sogenannten „W“-Fragen („Wie?“, „Was?“, „Wer?“, „Wo?“, etc.) zum Einsatz. Dadurch kann der Befragte sich nicht nur zum direkten Problem, sondern auch zum relevanten Kontext äußern. Dies ist unbedingt im Forschungsinteresse, da somit auch unbekannte und neue Aspekte aufgegriffen werden können.[10]
Gleichzeitig ist wichtig, sich als Wissenschaftler in der Leitfadenkonstruktion nicht zu sehr auf Detailfragen zu fixieren, da dies ebenfalls die Offenheit blockiert. Vier Schritte zur Fragenkonstruktion (SPSS)[11] helfen dabei:
- Fragen sammeln („S“). Möglichst viele Teilaspekte des Forschungsinteresses „Kundenbindung bei Tageszeitungen“ werden im Sinne einer losen und bunten, unkritischen Sammlung zusammengetragen.
- Fragen prüfen („P“). Die gesammelten Fragen werden mit Blick auf das Forschungsinteresse kritisch betrachtet. Fragen, die zielgerichtet sind und die Äußerungsmöglichkeiten so unterstützen, dass neue, forschungsrelevante Texte generiert werden, dürfen bleiben. Ansonsten werden Fragen ausgelagert bzw. gestrichen.
- Fragen sortieren („S“). Die übrig gebliebenen Fragen werden nach Zusammengehörigkeit, zeitlicher Reihenfolge und Richtung (z.B. Erinnerungs- vs. Bewertungsfrage) sortiert.
- Fragen subsumieren („S“). Jedes Fragenbündel wird einer entsprechenden Kategorie zu- und untergeordnet. Damit können im Interview auch spontan Aspekte aufgegriffen werden. Zusätzlich werden untergeordnete Punkte in Form von Stichpunkten festgehalten. Diese dienen im Interview der gezielten Nachfrage bzw. Konkretisierung.[12]
- Übersichtlichkeit. Der Leitfaden ist übersichtlich und logisch gegliedert. Idealerweise erfolgt die Gliederung in solch einer Art und Weise, dass sich der Interviewer den Leitfaden merken kann. Werden bereits vorab im Leitfaden zu viele Fragen festgehalten, geht die Übersichtlichkeit verloren. Zudem bleibt bei einer hohen Anzahl an Fragen weniger reale Erzählzeit der Probanden. Dies ist nicht im Interesse qualitativer Forschung.
- Einfügen in den Erzählfluss. Der Leitfaden ist ohne abrupte Sprünge oder Themenwechsel konzipiert. Er folgt dem Erinnerungs- und Argumentationsfluss und verwirrt den Probanden nicht durch rasche Wechsel zwischen Erinnerung, Bewertung und Antizipation.[13]
Der entstandene Leitfaden wird anschließend schriftlich fixiert. Auch dem abschließenden Ergebnisbericht der qualitativen Forschungsaufgabe wird er im Anhang zugefügt.
Der nächste Schritt ist die Überlegung der Fallauswahl bzw. des Samplings. Hierbei ist entscheidend, dass die statistische Repräsentativität in der qualitativen Forschung ungleich weniger entscheidend ist, als in der quantitativen Forschung.[14] Wichtig ist jedoch, dass die Stichproben eine angemessene Zusammenstellung aufweisen[15] und die Übertragbarkeit auf andere, ähnliche Objekte sicherstellen.[16]
Bei der Zusammensetzung einer inhaltlich repräsentativen Stichprobe ist zunächst die Überlegung anzustellen, welche Stakeholder ein Zeitungsverlag besitzt. Diese sind: Zulieferer/Dienstleister (Druckereien, Papier-/Farbenhersteller, ..), Gesellschaft (Gemeinden, Universitäten/Schulen, Politik,…), Aktionäre, Werbekunden (Kleinanzeigen, Media-Agenturen, …), Händler/Vertriebspartner (Presse-Großhandel, Abo-Zusteller, …), Mitarbeiter und Mediennutzer (Zeitungsleser und Nutzer von Onlineangeboten). Da es in der vorliegenden Arbeit um die „Kundenbindung von Tageszeitungen“ gehen soll, werden vor allem die Mediennutzer angesprochen. Werbekunden sind zwar auch „Kunden“, die vorliegende qualitative Untersuchung beschäftigt sich jedoch fokussiert mit den Inhalten und der thematischen Struktur eines Abonnements. Daher fallen Werbekunden aus dem Sampling heraus.
Um eine möglichst repräsentative Stichprobe zu erhalten, werden in einem selektiven Samplingvorgang, Probanden in allen Altersgruppen (zwischen 20 und 99 Jahren) und von beiden Geschlechtern (männlich und weiblich) aus den Mediennutzern gewählt. Zudem weisen die Informanten verschiedenste Bildungsabschlüsse auf (Ausbildung/Lehre, Hochschulabschluss, kein Abschluss). Beim Ziehen der Stichprobe wird maximale Variation angestrebt.[17]
Zusätzlich spielen noch andere Kriterien[18] bei der Ziehung der Stichprobe eine Rolle. Informanten müssen über das gesuchte Wissen bzw. die Erfahrung verfügen (sie müssen Abonnenten einer Tageszeitung sein). Zusätzlich benötigen sie die Fähigkeit sich selbst zu reflektieren und sich zu artikulieren. Die Probanden haben Zeit für ein Interview und sind auch bereit, an der Untersuchung teilzunehmen.
Die Stichprobengröße der qualitativen Verfahren ist im Gegensatz zur quantitativen Forschung deutlich kleiner. Sie beträgt zwischen 20 und 200 Teilnehmern.
[...]
[1] Vgl. Berger-Grabner, D.: 2016, S. 132f.
[2] Vgl. Roth, E./Holling, H.: 1999, S. 152ff.
[3] Vgl. Reinhardt, R.: 2015, S. 14.
[4] Vgl. Scheuch, E.K.: 1973.
[5] Vgl. Friedrichs, J.: 1973.
[6] Vgl. Hopf, C.: 1978.
[7] Vgl. Mey, G./Mruck, K.: 2010, S. 430.
[8] Vgl. Rogall, D.: 2000, S. 150f.
[9] Vgl. http://viles.uni-oldenburg.de/navtest/viles0/kapitel02_Ausgew~aehlte~~lMethoden~~lder~~lDatenerhebung/modul01_Die~~lBefragung/ebene01_Konzepte~~lund~~lDefinitionen/02__01__01__01.php3 (22.03.2017)
[10] Vgl. Schnell, R. et al.: 2013, S. 303ff.
[11] Vgl. Helfferich, C.: 2011, S. 178ff.
[12] Vgl. Baur, N./Blasius, J.: 2014, S. 567f.
[13] Vgl. Baur, N./Blasius, J.: 2014, S. 567.
[14] Vgl. Merkens, H.: 1997, S. 100.
[15] Vgl. Lamnek, S.: 2005, S. 193.
[16] Vgl. Hartley, J.F.: 1994, S. 225.
[17] Vgl. Patton, M.: 1990, S. 172f.
[18] Vgl. Morse, J.M.: 1994.