In dieser Belegarbeit soll die Alterssexualität etwas näher untersucht werden. Gibt es Sexualität im Alter wirklich noch? Und wenn ja, was hat sich dabei verändert und wie wird sie beeinträchtigt?
Um diese Fragen zu beantworten, wird in dieser Arbeit erläutert, wie der Alltag im Alter aussieht, welche Probleme bei älteren Menschen auftreten können, wie sich diese auf das Liebesleben auswirken und welche Unterschiede es zwischen Männern und Frauen gibt. Die Autorin hat das Thema Alterssexualität gewählt, da um den eigenen Blickwinkel durch diese Belegarbeit zu verändern und mehr Verständnis zu entwickeln, um zu dem Thema zukünftig einen besseren Zugang zu haben.
Alterssexualität ist heute noch immer ein Tabuthema in der Gesellschaft. Nicht viele können sich vorstellen, dass Menschen auch im höheren Alter noch sexuell aktiv sind. Doch kommt jeder einmal in dieses Alter. Ein Kollege der Sexualtherapeutin Ann Marlene Henning hatte einmal die Erkenntnis: "Jetzt bin ich einer von denen, mit denen ich niemals Sex haben wollte." Rückenschmerzen, Erektionsprobleme und schlaffe, faltige Haut. Das Buch soll zeigen, wie Sex trotz dieser Probleme Spaß machen kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Begriffsklärung
2.1 Das Alter
2.2 Die Sexualität
3. Veränderungen des Alltags und des Körpers im Alterungsprozess
4. Sexuelle Aktivität in der zweiten Lebenshälfte
4.1 Beeinträchtigung der Sexualität durch Veränderungen der Hormone
4.2 Beeinträchtigung der Sexualität durch Krankheiten und Medikamente
4.3 Gesellschaftliche Probleme und Erwartungen an die alte Generation
4.5 Sexualität
4.5.1 Bei Männern
4.5.2 Bei Frauen
5. Fazit
Bibliografische Beschreibung
Lisa Bartschat:
Alterssexualität. Welche Veränderungen der Sexualität ergeben sich im Alter und welche Gründe haben diese?
Mittweida, Hochschule Mittweida (FH), Fakultät Soziale Arbeit, Seminar: Alter Belegarbeit Wintersemester 2014/2015
1. Einführung
Ein Foto. Man sieht zwei Menschen. Ein Mann und eine Frau. Sie liegen im Bett, hinter ihnen ein goldener und ein roter Vorhang mit Ornamenten. Das Paar, Lauro und Tiziana, ist beim Geschlechtsverkehr zu sehen. Ein Bild, das in unserem Leben fast schon alltäglich ist, ob in Filmen oder Zeitschriften. Doch dieses Foto ist nicht gewöhnlich. Die Haare des Mannes sind schon leicht gräulich. Faltige Hände. Die Haut ist nicht mehr so straff. Lauro und Tiziana sind beide 51 Jahre alt. Und sie lieben sich noch immer - auch im Bett (vgl. Foto, Erdt 2014).
"Make more Love" (zu Deutsch: 'Macht mehr Liebe') heißt das Buch von Ann-Marlene Henning und Anika von Keiser. Es ist ein Buch mit Bildern von Pärchen über 50 beim Austausch von Zärtlichkeiten. Ein Aufklärungsbuch für Erwachsene. Aber ist das überhaupt nötig? Alterssexualität ist heute noch immer ein Tabuthema in der Gesellschaft. Nicht viele können sich vorstellen, dass Menschen auch im höheren Alter noch sexuell aktiv sind. Doch kommt jeder einmal in dieses Alter (vgl. Simon 2014).
Ein Kollege der Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning hatte einmal die Erkenntnis "Jetzt bin ich einer von denen, mit denen ich niemals Sex haben wollte.". Rückenschmerzen, Erektionsprobleme und schlaffe, faltige Haut. Das Buch soll zeigen, wie Sex trotz dieser Probleme Spaß machen kann (vgl. ebd.).
In dieser Belegarbeit soll die Alterssexualität etwas näher untersucht werden. Gibt es Sexuali- tät im Alter wirklich noch? Und wenn ja, was hat sich dabei verändert und wie wird sie beein- trächtigt?
Um diese Fragen zu beantworten, wird in dieser Arbeit erläutert, wie der Alltag im Alter aussieht, welche Probleme bei älteren Menschen auftreten können, wie sich diese auf das Liebesleben auswirken und welche Unterschiede es zwischen Männern und Frauen gibt. Das Thema Alterssexualität habe ich gewählt, da ich selbst zu den Menschen gehöre, die sich nicht vorstellen können, dass es so ein Liebesleben auch noch im Alter gibt. Ich möchte auch meinen eigenen Blickwinkel durch diese Belegarbeit verändern und mehr Verständnis entwickeln, um zu dem Thema zukünftig einen besseren Zugang zu haben.
2. Begriffsklärung
2.1 Das Alter
Die Phase des Alters wird häufig auch die zweite Lebensphase genannt. Ab wann ein Mensch als 'alt' gilt, hängt häufig vom kalendarischen Alter ab und damit zusammenhängende soziale Übergänge, wie der Eintritt in die Rentenphase, aber auch physisch und psychische Abbauerscheinungen (vgl. Bamler 2008, S. 7).
Der Übergang von der einen zu der anderen Lebensphase verläuft langsam und allmählich. Man kann keine festen Jahreszahlen nennen, an denen jeder Mensch in eine andere Phase übergeht. Für jeden Menschen ist dieser Verlauf unterschiedlich (vgl. Stern 1955, S. 57). Das Motto 'Man ist so alt, wie man sich fühlt.' bringt den Zustand des Einzelnen zur Geltung, indem man das funktionale Alter einer Person durch die jeweilige Funktionsfähigkeit defi- niert. So kann man trotz hohem Alter immer noch sehr leistungsfähig sein (vgl. Horschk 1996, S. 5).
Während das Älter-werden im Kinder- und Jugendalter noch etwas Positives bedeutet, so be- deutet das Altern meist das Gegenteilige und wird von den meisten Menschen häufig auch als solches erlebt: Man kann nicht mehr alle Tätigkeiten so leicht wie früher, oder auch gar nicht mehr, ausführen, man hat nicht mehr so eine hohe Leistungskraft, man ist schnell körperlich beansprucht, leidet unter Krankheiten oder körperlichen Hemmnissen, die häufig altersbedingt sind (vgl. Stern 1955, S. 57f.).
Das Altwerden bedeutet aber dennoch auch die Phase des Zurückschauens auf sein Leben und die erbrachten Leistungen und das Genießen der späten Freiheit (vgl. Backes, Clemens 2013, S. 11).
2.2 Die Sexualität
Die Sexualität ist ein Trieb, der den Menschen angeboren ist, ein Produkt der Natur. Das natürliche Ziel ist die Fortpflanzung der Geschlechtspartner, für und gegen die man sich seit vielen Jahren (durch Verhütung) entscheiden kann. Vielen geht es primär um die sexuelle Befriedigung, die man allein, zu zweit oder auch mit mehreren Personen genießen kann, unabhängig des Geschlechts.
Sexualität wird von vielen Menschen häufig nur mit Geschlechtsverkehr verbunden. Doch gehört dazu vielmehr als das. Sie befähigt den Menschen dazu, "durch intimen körperlichen Kontakt Lustgefühle zu empfinden. [...] Sexualität haben selbst die, die sexuell völlig abstinent leben." (vgl. Sydow 1994, S. 9).
Nach Sydow ist die Sexualität ein Attribut jeder Person, welches weit über den Geschlechts- verkehr hinaus geht. Alleinstehende, Alte und auch Kinder besitzen somit auch Sexualität auf differenzierte Weise (vgl. Bamler 2008, S. 49).
3. Veränderungen des Alltags und des Körpers im Alterungsprozess
Die Menschen in Deutschland werden heutzutage immer älter. Die älteren Frauen sind dabei jedoch häufig allein, da die Lebenserwartung der Männer nicht so hoch, wie die der Frauen ist (vgl. Bamler 2008, S. 15). So kommt es, dass 73% der Frauen ab 85 Jahren verwitwet sind - bei den Männern sind es 35% (vgl. Statistisches Bundesamt 2010, S. 44). Frauen und Männer ab 60 haben meist nur noch wenige Berufsjahre vor sich oder sind gar schon im Ruhestand. Die Rente oder Pension sind dementsprechend für die Älteren die wich- tigste Quelle für ihren Lebensunterhalt, da sie im Ruhestand kein Geld mehr verdienen. Lei- der ist der Rentengehalt für viele Menschen oft zu gering (vgl. Backes, Clemens 2014, S. 14). Das Altern ist ein Prozess, der psychische, körperliche, gesellschaftliche und soziale Aspekte umfasst. Er verläuft bei allen Menschen unterschiedlich, je nach ihren genetischen Anlagen und ihren individuellen Lebensbedingungen, sowie Vorbedingungen, wie die finanzielle Si- cherheit und der kulturelle Aufwand (vgl. ebd.).
Bei allen Menschen ändert sich mit dem Alter auch das äußere Erscheinungsbild sehr: die Haut altert immer mehr, man bekommt mehr Falten, die Augen verschlechtern sich, sodass man eine Brille benötigt, die Haare werden grau bis weiß und auch die Zähne müssen oft durch künstliche ersetzt werden (vgl. Sydow 1994, S. 9).
Mit dem Alter wird man auch schwächer, hat nicht mehr so viel Kraft, auch die Geschicklich- keit lässt nach und das Immunsystem ist nicht mehr so abwehrend wie in jüngeren Jahren. Durch letzteren Aspekt ist es daher nicht selten, dass ältere Menschen allmählich schneller und häufiger erkranken. Das Ausmaß und die Art der Veränderungen ist aber bei allen sehr individuell (vgl. ebd.).
4. Sexuelle Aktivität in der zweiten Lebenshälfte
4.1 Beeinträchtigung der Sexualität durch Veränderungen der Hormone
Neben den äußerlichen Faktoren, die sich im Laufe des Alterns verändern und die sexuelle
Attraktivität geringer werden lassen können, gibt es noch weitere körperliche Veränderungen, welche die Sexualität beeinflussen (vgl. Bamler 2008, S. 24).
Der Hormonspiegel beider Geschlechter verändert sich mit dem Alter. Bei Männern verlaufen diese Prozesse eher langsam und allmählich, während bei der Frau deutliche, abrupte Änderungen in den Wechseljahren passieren (vgl. Sydow 1994, S. 14). Aus diesem Grund handelt dieser Abschnitt überwiegend von den Veränderungen des weiblichen Körpers im Alter. Die Eierstöcke produzieren weniger Östrogen und Progesteron1, dadurch verändert sich das vaginale Gewebe, die Menstruation wird beendet und macht ab diesem Zeitpunkt eine Schwangerschaft unmöglich (vgl. ebd.).
Es kann auch vorkommen, dass aus gesundheitlichen Gründen die Eierstöcke entfernt werden müssen. Geschieht dies vor den Wechseljahren, werden diese dadurch künstlich herbeige- führt, da plötzlich die Östrogenausschüttung reduziert wird (vgl. ebd., S. 23). Die vaginalen Veränderungen der Frau können Schwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr verursachen. Die Haut der Vulva und Vagina wird etwas dünner, sodass sie leichter zu verlet- zen und damit anfälliger für Infektionen ist. Es kann zu Blutungen, Juckreiz und schmerzhaf- ten Rissen in der Haut kommen.
Ein weiteres Merkmal ist, dass die Lubrikation2 schwächer und verlangsamt ist (vgl. Sydow 1994, S. 15; Bamler 2008, S. 20). Durch die verminderte Östrogenproduktion kann aber auch das Knochengewebe vermindert werden. Die Knochen werden poröser und können deshalb leichter brechen, zudem kann es deshalb zu Osteoporose kommen, starken Knochen- und Rü- ckenschmerzen, von denen rund ein Viertel der älteren Frauen betroffen sind. Diese Be- schwerden dämpfen ebenfalls die Lust auf sexuelle Aktivität (vgl. Sydow 1994, S.15). Um die Probleme und Beschwerden der schwächeren Lubrikation der Frau zu vermindern, eignen sich Gleitcremes oder -gele besonders gut, da sie die natürliche vaginale Feuchte künstlich herstellen und somit keine Schmerzen durch unangenehme Reibung mehr auftreten. Östrogen-Cremes oder die direkte Einnahme des Hormons können ebenfalls Abhilfe schaffen, da sie die Lubrikation wieder erhöhen und zudem können auch Osteoporose-Beschwerden gemindert werden können (vgl. Sydow 1994, S. 15).
4.2 Beeinträchtigung der Sexualität durch Krankheiten und Medikamente
Ein enger Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand und der Sexualität besteht vor allem bei den Männern. Frauen dagegen machen ihre sexuelle Aktivität eher häufiger von der Gesundheit ihres Partners abhängig, als von deren eigenen Befinden (vgl. Sydow 1994, S. 19f.).
"Akute Erkrankungen führen meist zu einer Reduzierung der sexuellen Gefühle und Aktivitä- ten. Sobald die Kriseüberwunden ist, erwacht in der Regel auch wieder die Sexualität."
(ebd.). Es wird allerdings komplizierter, wenn es eine chronische Krankheit ist und sich sehr lange hinzieht; inwieweit die Sexualität dadurch gestört wird, hängt aber von der Art und Schwere ab und wie die Menschen selbst mit der Krankheit umgehen, denn allein schon die Angst vor der Krankheit oder dem Tod kann die sexuelle Lust beeinträchtigen. Hinzu kommt ein ganz anderes Problem, dass die sexuelle Aktivität verringert: Viele der älteren Menschen wissen überhaupt nicht, ob und welche Auswirkungen eine Krankheit oder Operation auf ihr Sexualleben haben kann, bzw. sprechen sie nicht darüber. So kommt es, dass viele nach ei- nem Herzinfarkt zum Beispiel sehr vorsichtig sind und den Geschlechtsverkehr lieber meiden, genauso auch deren Partner, aus Angst eine Verschlimmerung hervorzurufen (vgl. Sydow 1994, S. 20ff.).
Mit den Krankheiten kommen meist Medikamente einher, die die Betroffenen meist täglich zu sich nehmen. Medikamente können jedoch die Libido3 und die Erektionsfähigkeit der Männer mindern. Medikamente gegen Bluthochdruck können sich sogar auf die Potenzfähigkeit aus- wirken und zu Impotenz4 führen (vgl. ebd.). Dieses Problem kann jedoch mit einem anderen Medikament gelöst werden. Nach Rücksprache mit einem Arzt können Potenzmittel (wie Vi- agra) verschrieben werden und dem Mann dabei helfen, wieder eine Erektion zu bekommen. Voraussetzung dafür ist, dass der Mann sexuell erregt ist, damit das Mittel wirkt (vgl. Melzer 2013).
Auch Diabetes kann bei Männern zu Impotenz führen und bei Frauen die Lubrikation noch mehr mindern (vgl. Sydow 1994, S. 20ff.).
Ein weiteres altersbedingtes Problem, was viele Menschen haben, sind Gelenkschmerzen.
Häufig werden Bewegungen schmerzhaft, was auch die sexuelle Lust mindert. Bei einer Arthritis sind Bewegungen besonders schmerzhaft. Beschwerden können allerdings mit veränderten Koitusstellungen gemindert werden (vgl. ebd., S. 25).
[...]
1 Östrogen und Progesteron sind weibliche Sexualhormone.
2 Die Lubrikation ist das Feucht-Werden der Vagina (vgl. Sydow 1994, S. 14).
3 Die Libido ist der Trieb und das Bedürfnis nach sexueller Befriedigung.
4 Die Impotenz (Erektile Dysfunktion) ist die Unfähigkeit des Mannes zum Geschlechtsverkehr, da keine Erektion erfolgt, und damit eine Fortpflanzungsunfähigkeit (vgl. Melzer 2013).