Cesare Paveses Roman „La luna e i falò“ und dessen Analyse sind Gegenstand dieser Arbeit. Der Roman handelt von Anguilla, der als Kind ausgesetzt wurde, und seiner Rückkehr in das Dorf, in dem er aufgewachsen ist. Das Dorf ist Santo Stefano Balbo, in dem Pavese selbst geboren ist. Ob Anguilla das Gefühl der Zugehörigkeit bei seiner Rückkehr in das Dorf findet oder nicht und ob das Dorf tatsächlich seine Heimat ist, soll in dieser Arbeit geklärt werden. In einer abschließenden Untersuchung soll gezeigt werden, ob er es schafft, sich im Dort zu Hause zu fühlen und ob er zu seinen Wurzeln zurückfinden kann. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist auch, wie die Dorfgemeinschaft auf ihn reagiert, ob sie sich an ihn erinnern und ob sie ihn bei sich aufnehmen.
Schon als Kind hatte Anguilla Sehnsucht nach der Ferne, er wollte Orte sehen, die sonst keiner aus dem Dorf jemals sehen würde. Dies gelingt ihm, doch auch die vielen Reisen scheinen ihn nicht zu erfüllen. Er erzählt beide Hälften seines Lebens aus der Ich-Perspektive, wie in einem Tagebuch, die Vergangenheit wird in Rückblicken geschildert.
Es scheint, Anguilla sei auch als Erwachsener noch auf der Suche nach sich selbst. Ein wichtiger Aspekt ist für ihn die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ort, zu einer Dorfgemeinschaft. Als Kind trieb es ihn weg, als Erwachsenen treibt es ihn wieder zurück. Woher dieses Gefühl kommt, soll eine Untersuchung seiner Kindheit und des weiteren Lebens in Amerika zeigen. Hier ist wichtig, welche Symboliken verwendet werden und wie diese gedeutet werden können. Außerdem ist die Entwicklung wichtig, die Anguilla in seiner Kindheit durchgemacht hat. Es gab bestimmte Ereignisse, die ihn geprägt haben.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Anguillas Kindheit
3. Die Flucht nach Amerika 8a
4. Sehnsucht nach der Heimat
5. Die Rückkehr zu den Wurzeln
6. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
,,C’ è una ragione perché sono tornato in questo paese, qui e non invece a Candii, a Barbaresco о in Alba. Qui non ci sono nato, è quasi certo; dove son nato non lo so; non ๙ è da queste parti una casa né un pezzo di terra né delle ossa eh’ io possa dire «Ecco cos’ ero prima di nascere»” (Pavese 1950: 9)
Mit diesen Worten beginnt Cesare Paveses Roman „La luna e i falò“ 1, in dem Anguilla, der als Kind ausgesetzt wurde, in das Dorf, in dem er aufgewachsen ist, zurückkehrt. Das Dorf ist Santo Stefano Belbo, in dem Pavese selbst geboren ist 2. Anguillas richtigen Namen erfährt man bis zum Schluss nicht.
Schon als Kind hatte Anguilla Sehnsucht nach der Ferne, er wollte Orte sehen, die sonst keiner aus dem Dorf jemals sehen würde. Dies gelingt ihm, doch auch die vielen Reisen scheinen ihn nicht zu erfüllen. Er erzählt beide Hälften seines Lebens aus der Ich- Perspektive, wie in einem Tagebuch, die Vergangenheit wird in Rückblicken geschildert.
Es scheint, Anguilla sei auch als Erwachsener noch auf der Suche nach sich selbst. Ein wichtiger Aspekt ist für ihn die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ort, zu einer Dorfgemeinschaft. Ob er dieses Gefühl bei seiner Rückkehr in das Dorf findet oder nicht und ob das Dorf tatsächlich seine Heimat ist, soll in folgender Arbeit geklärt werden.
Als Kind trieb es ihn weg und als Erwachsenen treibt es ihn wieder zurück. Woher dieses Gefühl kommt, das soll eine Untersuchung seiner Kindheit und des weiteren Lebens in Amerika zeigen. Hier ist wichtig, welche Symboliken verwendet werden und wie diese gedeutet werden können. Außerdem ist die Entwicklung wichtig, die Anguilla seit seiner Kindheit durchgemacht hat. Es gab bestimmte Ereignisse, die ihn geprägt haben.
In einer abschließenden Untersuchung soll gezeigt werden, ob er es schafft, sich im Dorf zu Hause zu fühlen und ob er zu seinen Wurzeln zurück finden kann. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist auch, wie die Dorfgemeinschaft auf ihn reagiert, ob sie sich an ihn erinnern und ob sie ihn bei sich aufnehmen.
2. Anguillas Kindheit
Anguilla wurde als Baby „sugli scalini del duomo di Alba“ (Pavese 1950: 9) ausgesetzt. Von diesem Tag an war er ein „bastardo“ (Pavese 1950: 10) und so riefen ihn die anderen Kinder. Er wurde von Padrino und Virgilia aufgenommen, die sehr arm waren und sich mit ihm etwas Geld dazu verdienten. Mit zehn Jahren erfuhr er, dass die beiden Töchter von Virgilia und Padrino, Angiolina und Giulia, nicht seine Schwestern sind.
Nachdem ein Hagelsturm den Hof des Padrino zerstörte, trennten sich ihre Wege. Padrino zieht mit den beiden Mädchen nach Cossano, wo für Anguilla kein Platz ist. Virgilia war zu diesem Zeitpunkt bereits tot.
Er kommt auf die Mora, um dort zu arbeiten. Dort schaut er von den Feldern aus auf „le vigne del Salto“ (Pavese 1950: 112), die nach Candii abfallen und ihn an die Eisenbahn denken ließen. Die Eisenbahn ist symbolisch für seinen Wunsch wegzugehen, denn „il fischio del treno che sera e mattina correva lungo il Belbo“, ließ ihn an „meraviglie, alle stazioni e alle città3 “ (Pavese 1950: 12) denken. Er hatte also schon als Kind immer den Drang, eines Tages das Dorf zu verlassen, obwohl es ihm auf der Mora gut ging.
Sor Matteo und seine Familie waren wohlhabend4 und behandelten ihn gut. Auf der Mora ging es ihm besser als bei Virgilia und Padrino. Er hatte die Möglichkeit, etwas zu lernen und war kein bastardo mehr, denn er verdiente sich sein Geld mit Arbeit und bekam dort seinen neuen Spitznamen „Anguilla“5.
Damals war Nuto sein bester Freund und ist es noch heute. Nuto machte immer Musik und zog von Dorf zu Dorf. Im Gegensatz zu Anguilla wollte Nuto nie weg6. Nuto ist drei Jahre älter als Anguilla und war für ihn immer eine Art Vorbild, wie ein großer Bruder, denn er hörte ihm zu, gab ihm Ratschläge und brachte ihm Vieles bei7. Außerdem bereicherte Nuto sein Leben, das nicht immer einfach war8. Nuto war einer der wenigen, die ihn gleichwertig behandelten und in ihm nicht nur den Bastard sahen, sondern das Handwerk, das er ausübte, respektierte und ihm Dinge, die er nicht wusste, erklärte. Er erklärte ihm außerdem, er müsse Bücher lesen, denn „sarai sempre un tapino se non leggi nei libri.“ (Pavese 1950: 106).
Nicht zu vernachlässigen ist der politische Aspekt des Romanes, der vor allem in Nuto dargestellt ist. Immer wieder ist Nuto deijenige, der über politische Missstände spricht und seine politische Meinung äußert9. Nuto verkörpert „il popolo della sinistra“ (Catalfamo 2005: 255) und somit zugleich die Enttäuschung über das Versagen, denn er sah „la lotta antifascista anche nella dimensione di lotta di classe, oltre che di lotta per la liberazione del Paese dal nazi-fascismo.“ (Catalfamo 2005: 256).
Auch über die Frauen konnte er von Ñuto noch Einiges lernen, was er nicht schon bei Silvia und Irene10 beobachtete. So erfuhr er zum Beispiel, dass es Prostituierte gibt und „che tutte le donne sono fatte in un modo, tutte cercano un uomo“ (Pavese 1950: 93). Sein Verhältnis zu Frauen blieb sein Leben lang schlecht, möglicherweise wegen eben dieser Einstellung und weil er ohne die Verbindung zu einer Mutter leben musste.
Mit Silvia und Irene verbrachte er viele Jahre auf der Mora und beobachtete sie immer wieder. Silvia hatte schwarzes Haar und war kleiner als Irene11. Die beiden waren sehr verwöhnt. Auch sie bekamen öfter Männerbesuch und hatten diverse Verehrer12. Silvia übertrieb es auch gerne einmal, was Irene Sorgen bereitete13. Silvia war für Anguilla besonders, er träumte sogar von ihr14, an Irene wagte er nicht zu denken. Beide Mädchen spielten Klavier, doch nur Irene spielte gut „con quelle lunghe mani bianche da signorina.“ Silvia schlug nur auf die Tasten „solo per chiasso“ (Pavese 1950: 106) und auch sonst benahm sich Silvia nicht immer wie eine feine Dame, denn sie kutschierte selbst „lo guidava lei come un uomo.“ (Pavese 1950: 133), was zu dieser Zeit noch sehr unüblich war, denn Frauen kutschierten für gewöhnlich nicht selbst. Die beiden Mädchen haben Anguilla gefallen, doch er dachte damals noch, dass sie viel zu fein für ihn waren und andere Gesellschaft gewöhnt waren15. Eines Abends, als sie von einer feinen Gesellschaft ausgeschlossen wurden, begriff Anguilla, dass auch sie nur Menschen sind16. In einem Jahr, in dem Anguilla noch auf der Mora war, wurde Irene schwer krank, sie bekam Typhus17. Sie überlebte, doch sie war von ทนท an nicht mehr die Selbe, sie war blass und dünn18 und man sagte, Santina werde jetzt ihren Platz als „die Blonde“ (Pavese 1950: 148) einnehmen19.
Santa war die kleinste der drei Schwestern und hatte nicht die gleiche Mutter wie die anderen beiden Mädchen. Sie kam auf die Welt, als Irenes und Silvias Mutter bereits viele Jahre gestorben war. Santa war herrisch und nicht so ruhig wie Sor Matteo und ihre beiden Schwestern, sie ähnelte mehr ihrer Mutter20.
Auch Sor Matteo steckte große Hoffnungen in Santa. Er hatte den ständigen Männerbesuch bei Irene und Silvia satt und das wollte er bei ihr besser machen21.
Kurz darauf war Silvia schwanger und der Vater des Kindes verschwunden. Dies traf sor Matteo so hart, dass ihm schwindelig wurde und er stürzte. „Da quel giorno restò mezzo secco, con la bocca storta“ (Pavese 1950: 154). Für Irene war es ทนท schwierig, einen Mann zu finden, denn durch Silvia waren die Mädchen der
Mora als Huren bekannt22. Nach einer schlecht durchgeführten Abtreibung, starb Silvia. Im selben Jahr heiratete Irene und selbst bei ihrer Feier war Santina die Schönste23.
In seiner Kindheit waren für Anguilla die Jahreszeiten sehr wichtig, sie stellen für ihn einen schönen Aspekt des Landlebens dar, denn jede Jahreszeit hatte ihre Besonderheiten24. Er genoss die unterschiedlichen Arbeiten, die je nach Jahreszeit zu tun waren und die Gerüche, die in der Natur zu finden waren.
3. Die Flucht nach Amerika
Dass er von den anderen Kindern als Bastard bezeichnet wurde, war für Anguilla, als er verstand, was es heißt, ein Bastard zu sein, sehr schlimm. Er fühlte sich nicht zugehörig und wollte immer weg. Das schaffte er auch.
In Amerika fühlte er sich nicht mehr fremd, denn „๙ è di bello che sono tutti bastardi“ (Pavese 1950: 16). In Amerika fällt einer wie er nicht auf, weil er anders ist, als die anderen. Er fand dort Arbeit beim Eisenbahnertrupp und reiste viel umher. In Amerika sagte er sich: „Sono a casa“ (Pavese 1950: 20). In Amerika ist alles groß und anonym, niemand kennt sich und in den Bergen verstand er, „che nessuno li si era mai fermato, nessuno le aveva toccate con le mani.“ (Pavese 1950: 23).
Anguilla meint, er sei gegangen, weil er es im Dorf zu nichts bringen konnte, er konnte ja nicht so gut spielen wie Nuto. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich fragt, was man erreichen kann25.
[...]
1 Titel der italienischen Originalausgabe, Deutsche Übersetzung „Junger Mond“ übersetzt von Charlotte Birnbaum (1992).
2 siehe hierzu: Stauder, Thomas (2009), Seite 162.
3 siehe hierzu auch: Pavese 1950, Seite 90ff.
4 „Mi fece subito vedere la stalla dove c’ erano i manzi, la vacca e dietro uno steccato il cavallo da tiro. Sotto la tettoia ๙ era il biroccio verniciato nuovo. Al muro, tanti finimenti e staffili coi fiocchetti“. (Pavese 1950: 77).
5 deutsch: „Aal“, siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 84.
6 „Nuto che ๙ era rimasto, Nuto il falegname del Salto, il mio complice delle prime fughe a Candii, aveva poi per dieci anni suonato il clarino รน tutte le feste, รน tutti i balli della vallata. Per lui il mondo era stato una festa continua di dieci anni, sapeva tutti i bevitori, i saltimbanchi, le allegrie dei paesi.” (Pavese 1950: 15).
7 „... era cercato e ascoltato, ragionava coi grandi, con noi ragazzi, strizzava 1’ occhio alle donne. Già allora gli andavo dietro ...“ (Pavese 1950: 16).
8 „ ... e si sapeva che andando con lui non si facevano solo giochi da ragazzi, non si perdeva ľ occasione - capitava qualcosa ogni volta, si parlava, ร’ incontrava qualcuno, si trovava un nido speciale, una bestia mai vista, ร’ arrivava in un posto nuovo - insomma era sempre un guadagno, un fatto da raccontare.” (Pavese 1950: 90).
9 „... un terzo nucleo, quello politico-sociale (...) perlopiù legato alla figura di Nuto, ma non solo a lui (...) In particolare, all'«ideologia» di Nuto sono i capitoli II, III, IV, in cui, fra 1’ altro, Anguilla interroga 1’ amico sul suo essere comunista e sul suo ruolo nella lotta partigiana. (Catalfamo 2005: 248).
10 Töchter des Sor Matteo.
11 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 94.
12 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 102f., Seite 123ff., Seite 126f.
13 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 128f.
14 „ ... e sognavo di arrampicarmi sulla schiena liscia di Silvia ... “ (Pavese 1950: 102f.).
15 „Quelle due figlie del sor Matteo non erano per me, e nemmeno per Nuto. Erano ricche, troppo belle, alte. Loro compagnia erano ufficiali, signori, geometri, giovanotti cresciuti.” (Pavese 1950: 107).
16 „Anche Irene e Silvia erano gente come noi che maltrattata diventava cattiva, ร’ offendevano e ci soffrivano, desideravano delle cose che non avevano. Non tutti i signori valevano allo stesso modo, ๙ era qualcuno più importante, più ricco, che nemmeno invitava le mie padrone.” (Pavese 1950: 117).
17 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 135.
18 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 148.
19 „L Emilia diceva che non avrebbe mai più avuto la testa di prima - che la bionda adesso sarebbe stata Santina che aveva una testa anche più bella ď Irene. E Santina sapeva già di valere ... “ (Pavese 1950: 148).
20 „La piccola Santa, che aveva allora tre о quattro anni, era una cosa da vedere. Veniva รน bionda come Irene, con gli occhi neri di Silvia, ma quando si mordeva le dita insieme con la mela e per dispetto strappava i fiori, о voleva a tutti i costi che la mettessimo sul cavallo e ci dava calci, noi dicevamo eh’ era il sangue di sua madre. Il sor Matteo e le altre due facevano le cose più con calma e non erano cosi prepotenti.“ (Pavese 1950: 126).
21 „Gridò che era stufo di musi lunghi e di ore piccole, stufo di mosconi là intorno, di non sapere mai la sera a chi dir grazie la mattina, d’incontrare dei conoscenti che gli tiravano satire.” (Pavese 1950: 150).
22 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 154.
23 siehe hierzu: Pavese 1950, Seite 156.
24 „II bello di quei tempi era che tutto si faceva a stagione, e ogni stagione aveva la sua usanza e il suo gioco, secondo i lavori e i raccolti, e la pioggia о il sereno.” (Pavese 1950: 104), siehe auch Seite 120f., Seite 58.
25 „Se sapevo suonare come te, non andavo in America, - dissi. Sai com’ è a quell’ età. Basta vedere una ragazza, prendersi a pugni con uno, tornare a casa sotto il mattino. Uno vuol fare, esser qualcosa, decidersi. Non ti rassegni a far la vita di prima. Andando sembra più facile.” (Pavese 1950: 25).