Die Welt ist im Wandel. Neben technologischen Innovationen in der Industrie und der Wirtschaft, lassen sich auch in anderen Bereichen unserer Gesellschaft, konsequente Veränderungen beobachten. Die fortschreitende Globalisierung und die weiterhin rasant ansteigende Automatisierung von Arbeitsprozessen, hat nicht nur das allmähliche Verschwinden von ganzen Berufsbildern zur Folge, sondern auch im Gegenzug das Entstehen neuer Arbeits- und Tätigkeitsbereiche. In den letzten Jahren kam es nicht zuletzt innerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsausbildung zu einem grundlegenden Strukturwandel.
Die traditionelle Vorstellung der dualen Berufsausbildung, basierend auf einer Fächersystematik innerhalb der Schule und einer Fachpraxis im Betrieb, entspricht immer weniger den heutigen Anforderungen im Beschäftigungssystem. Die Idee der fachspezifischen Qualifikationen eines Auszubildenden rücken immer weiter in den Hintergrund, im Gegensatz dazu treten seine Performanzen, beruhend auf breit gefächerten Kompetenzen, in den Vordergrund der betrieblichen Aus- und Weiterbildungsbühne.
Kritiker der fächerübergreifenden Lehre konstatieren, dass die Einteilung vorhandener gesellschaftlicher Wissensbestände in Fächer deshalb nicht zufriedenstellend ist, da sich auch die Realität nicht in eine Fachstruktur gliedern lässt und somit den Lernenden kein handlungsorientierter, praxisnaher Unterricht mit Bezug zur Wirklichkeit ermöglicht werden kann (vgl. Clement 2006, S. 260). Ein neuer bildungspolitischer Ansatz, eine Reform, die eben jene berufliche Handlungskompetenz bei den Auszubildenden erzeugen soll, wird seit den 90er Jahren kontrovers diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Thematik
2. Grundlagen und Definitionen des Lernfeldkonzeptes
2.1. Berufliches Lernen
2.2. Handlungs- und Lernfelder
2.3. Situatives Lernen und Lernsituationen
3. Die Implementierung des Lernfeldkonzeptes: Von der beruflichen Handlungsebene bis zur Lernsituation
4. Stärken und Chancen des Lernfeldkonzeptes
5. Schwächen und Grenzen des Lernfeldkonzeptes
6. Ausblick und Fazit
Literaturverzeichnis
„Also lautet der Beschluß:
daß der Mensch was lernen muß.
– Nicht allein das A-B-C
bringt den Menschen in die Höh'.“
(Wilhelm Busch, 1865)
1. Einführung in die Thematik
Die Welt ist im Wandel. Neben technologischen Innovationen in der Industrie und der Wirtschaft, lassen sich auch in anderen Bereichen unserer Gesellschaft, konsequente Veränderungen beobachten. Die fortschreitende Globalisierung und die weiterhin rasant ansteigende Automatisierung von Arbeitsprozessen, hat nicht nur das allmähliche Verschwinden von ganzen Berufsbildern zur Folge, sondern auch im Gegenzug das Entstehen neuer Arbeits- und Tätigkeitsbereiche. In den letzten Jahren kam es nicht zuletzt innerhalb der schulischen und betrieblichen Berufsausbildung zu einem grundlegenden Strukturwandel.
Die traditionelle Vorstellung der dualen Berufsausbildung, basierend auf einer Fächersystematik innerhalb der Schule und einer Fachpraxis im Betrieb, entspricht immer weniger den heutigen Anforderungen im Beschäftigungssystem. Die Idee der fachspezifischen Qualifikationen eines Auszubildenden rücken immer weiter in den Hintergrund, im Gegensatz dazu treten seine Performanzen, beruhend auf breit gefächerten Kompetenzen, in den Vordergrund der betrieblichen Aus- und Weiterbildungsbühne.
Kritiker der fächerübergreifenden Lehre konstatieren, dass die Einteilung vorhandener gesellschaftlicher Wissensbestände in Fächer deshalb nicht zufriedenstellend ist, da sich auch die Realität nicht in eine Fachstruktur gliedern lässt und somit den Lernenden kein handlungsorientierter, praxisnaher Unterricht mit Bezug zur Wirklichkeit ermöglicht werden kann (vgl. Clement 2006, S. 260). Ein neuer bildungspolitischer Ansatz, eine Reform, die eben jene berufliche Handlungskompetenz bei den Auszubildenden erzeugen soll, wird seit den 90er Jahren kontrovers diskutiert.
Wie Wilhelm Busch im Anfangszitat vor 150 Jahren bereits feststellte, reicht es für den Menschen leider nicht aus, lediglich das A-B-C zu lernen, um sich kognitiv weiterzuentwickeln. Möglicherweise lautet auch deshalb der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) aus dem Jahre 1996, dass Lerninhalte und Lernprozesse innerhalb der beruflichen Curricula, fortan nach Lernfeldern strukturiert sein müssen (vgl. KMK 1996).
Die vorliegende Arbeit, soll sich mit der Implementierung von Lernfeldern in den Berufsschulunterricht und den damit einhergehenden Herausforderungen bei der Umsetzung beschäftigen. Hierbei soll die Frage nach den Chancen und Grenzen des handlungsorientierten Lernfeldkonzeptes, unter der Verwendung von wissenschaftlicher Literatur, kritisch beantwortet werden.
Um eine grobe Orientierung zu ermöglichen, werde ich zunächst auf die Grundlagen und Definitionen des Lernfeldkonzeptes eingehen, dabei insbesondere auf die verschiedenen Arten des Lernens. Darauf aufbauend, werde ich mich mit der konkreten Implementierung des Lernfeldkonzeptes in die Rahmenlehrpläne der beruflichen Bildung beschäftigen, um anschließend die Stärken und Chancen des Konzeptes erläutern zu können. Abschließend wird mein Augenmerk auf den Schwächen und Grenzen des Lernfeldkonzeptes liegen, um zuletzt einen zusammenfassenden Überblick und einen Ausblick unter Berücksichtigung der genannten Fragestellung zu geben.
2. Grundlagen und Definitionen des Lernfeldkonzeptes
Die „Handreichung für die Erarbeitung von Rahmenlehrplänen der Kultusministerkonferenz für den berufsbezogenen Unterricht in der Berufsschule und ihre Abstimmung mit Ausbildungsordnungen des Bundes für anerkannte Ausbildungsberufe“ beschreibt in groben Zügen, warum und wie, Lernfelder Einzug in den Berufsschulunterricht erhalten (vgl. KMK 2007). Auf eine Konkretisierung der Vorgehensweise wird jedoch weitestgehend verzichtet.
Lernfelder sollen aus beruflichen Handlungsfeldern abgeleitet werden, auf Lernsituationen übertragen werden, um so den Erwerb einer umfassenden Handlungskompetenz zu garantieren (vgl. KMK 2007, S. 4). Um jedoch die Struktur eines lernfeldorientierten Unterrichtes zu verstehen, ist es von Vorteil, sich zunächst mit den verschiedenen Formen des Lernens auseinanderzusetzen, da diese für die Konstruktion von Lernfeldern maßgebend sind.
2.1. Berufliches Lernen
Mithilfe des beruflichen Lernens, soll es dem Auszubildenden ermöglicht werden, sich mit einer bestimmten beruflichen Rolle zu identifizieren und die dafür notwendigen Handlungsabläufe und Arbeitsprozesse zu verinnerlichen. Lernen, als Prozess menschlicher Entwicklung, stellt im Grunde genommen den „zentralen Bezugspunkt […] pädagogische[n] Handelns dar“, indem das Lehrsubjekt (Ausbilder, Dozent) z.B. in der beruflichen Bildung, den Auszubildenden (Lernobjekt) davon überzeugt, etwas für den Beruf Notwendiges zu lernen (vgl. Müller 2006, S. 86).
Lempert (2006) stellt fest, dass berufliche Praxis, nicht nur Eigenständigkeit und „flexibles Eingehen“ auf immer wieder variierende Situationen verlangt, sondern zudem das richtige Abschätzen seiner Handlungsfolgen erfordert. Des Weiteren reicht eine Vorbereitung, basierend auf der systematischen Vermittlung von berufsspezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten in der Schule, häufig nicht aus, um in der beruflichen Praxis in wechselnden Situationen zielorientiert agieren zu können (vgl. Lempert 2006, S. 418). Darauf aufbauend, betont Müller (2006), dass der Auszubildende das Gelernte kontinuierlich und über die eigentliche Lernsituation hinaus, beibehalten muss. Nur dann ist er in der Lage, das entwickelte Potenzial beruflichen Handelns in täglichen Arbeitsprozessen abzurufen (vgl. Müller 2006, S. 86 f.). Demzufolge kann „[b]erufliches Lernen [als] […] Erweiterung bzw. Vermehrung beruflichen Handlungsvermögens“ (Müller 2006, S. 86) verstanden werden.
2.2. Handlungs- und Lernfelder
Zumbrock (2006) beschreibt betriebliche Handlungsfelder als Aufgabenkonstrukte, die sowohl berufliche als auch gesellschaftliche Handlungsaspekte beinhalten und zu deren Bewältigung befähigt werden soll. Mithilfe der Handlungsfelder ist es möglich, konkrete Handlungsabläufe innerhalb der Berufspraxis wissenschaftlich zu konkretisieren, um anschließend aus den beschriebenen Tätigkeitsbereichen, Curricula und Ausbildungsordnungen zu entwickeln (vgl. Zumbrock 2006, S. 350 ff.). Da Handlungsfelder, trotz ihres Praxisbezugs, einen hohen Grad an Abstraktheit aufweisen, gilt es diese inhaltlich, sowie didaktisch vollends auszuformulieren (vgl. Bader 2004, S. 11 ff.). Daran anknüpfend, generieren die Auszubildenden innerhalb der methodisch-didaktisch gestalteten Handlungsfelder, Kompetenzen, die für die Bewältigung von diversen Handlungssituationen in der Berufspraxis von Nöten sind (vgl. Zumbrock 2006, S. 351).
Im nächsten Schritt sollen nun aus den soeben beschriebenen Handlungsfeldern, Lernfelder abgeleitet werden. „In den Lernfeldern sind die beruflichen Handlungsfelder didaktisch aufzubereiten“ (KMK 2007, S. 18). Lernfelder sind somit curriculare Organisationseinheiten, die keine Fächer mehr darstellen, sondern eher Handlungssituationen. „Lernfelder sind durch Ziel, Inhalte und Zeitrichtwerte beschriebene thematische Einheiten, die an beruflichen Aufgabenstellungen […] orientiert sind und den Arbeits- und Geschäftsprozess reflektieren [sollen]“ (vgl. KMK 2007, S. 17). Durch eben jene Zielformulierungen, basierend auf Kompetenzbeschreibungen und Inhaltsangaben, ist es den Lehrkräften möglich, aus den Lernfeldern spezifische Lernsituationen abzuleiten (vgl. Bader 2003, S. 213). Betrachtet man die Summe aller Lernfelder, die für eine bestimmte Berufsausbildung formuliert wurden, so erhält man den Beitrag der Berufsschulen zur spezifischen Berufsqualifikation.
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