Da im römischen Kaiserreich die Politik sehr wichtig war, schrieben bereits diverse Autoren über viele Teilaspekte der römischen Politik. Jedoch halte ich die Religion als Forschungsthema zum römischen Kaiserreich ebenfalls für sehr wichtig. Denn seit Augustus als Pontifex Maximus die Religion und die Politik in sich vereint hatte, waren die Politik und die Religion eng miteinander verbunden.
Ein interessanter Kaiser zur Religionspolitik im römischen Kaiserreich ist Claudius. Unter Claudius hatten die Juden einen Sonderstatus mit vielen Freiheiten und Privilegien. Sie durften zum Beispiel ihren religiösen Riten nachgehen und mussten den römischen Göttern keinerlei Opfer darbringen. Obgleich schon viel über die Religionspolitik des Kaiser Claudius geschrieben wurde, beschäftigte sich – bis auf Botermann - noch kein Autor mit dem Verhältnis des Claudius zu den Juden. Daher werde ich im Folgenden das Verhältnis zwischen Claudius und den Juden genauer beleuchten.
Die Leitfrage dazu lautet: „Wie äußerte sich das Verhältnis zwischen Claudius und den Juden in Rom und Alexandria, unter besonderer Berücksichtigung des Briefes an die Alexandriner und den Zustände 38 n. Chr. in Alexandria?“.
Zur Beantwortung der Frage wird dazu im ersten Teil zunächst auf die Juden in Rom eingegangen und dabei unter anderem der Frage auf den Grund gegangen werden, warum die Jüdische Gemeinde so viele Privilegien genießen durfte. Anschließend wird das Claudiusedikt aus drei verschiedenen Quellen untersucht werden. Der zweite Teil wird die Juden in Alexandria zum Gegenstand haben und sowohl auf die Verfolgungen der Juden 38 n. Chr. eingehen, als auch auf den Brief des Claudius an die Alexandriner.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Juden unter Claudius in Rom
2.1 Das Claudiusedikt
2.1.1 Sueton, Claud, 25,4
2.1.2 Cassius Dio, 60,6,6
2.1.3 Die Apostelgeschichte 18,2
3. Die Juden unter Claudius in Alexandria
3.1 Die Verfolgung der Juden unter Caligula 38 n. Chr.
3.2 Der Brief an die Alexandriner
4. Fazit
5. Quellenverzeichnis
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Da im römischen Kaiserreich die Politik sehr wichtig war, schrieben bereits diverse Autoren über viele Teilaspekte der römischen Politik. Jedoch halte ich die Religion als Forschungsthema zum römischen Kaiserreich ebenfalls für sehr wichtig. Denn seit Augustus als Pontifex Maximus die Religion und die Politik in sich vereint hatte, waren die Politik und die Religion eng miteinander verbunden.[1] Ein interessanter Kaiser zur Religionspolitik im römischen Kaiserreich ist Claudius. Unter Claudius hatten die Juden einen Sonderstatus mit vielen Freiheiten und Privilegien. Sie durften zum Beispiel ihren religiösen Riten nachgehen und mussten den römischen Göttern keinerlei Opfer darbringen.[2] Obgleich schon viel über die Religionspolitik des Kaiser Claudius geschrieben wurde, beschäftigte sich – bis auf Botermann[3] - noch kein Autor mit dem Verhältnis des Claudius zu den Juden. Daher werde ich im Folgenden das Verhältnis zwischen Claudius und den Juden genauer beleuchten. Die Leitfrage dazu lautet: „ Wie äußerte sich das Verhältnis zwischen Claudius und den Juden in Rom und Alexandria, unter besonderer Berücksichtigung des Briefes an die Alexandriner und den Zustände 38 n. Chr. in Alexandria?“.
Zur Beantwortung der Frage wird dazu im ersten Teil zunächst auf die Juden in Rom eingegangen und dabei unter anderem der Frage auf den Grund gegangen werden, warum die Jüdische Gemeinde so viele Privilegien genießen durfte. Anschließend wird das Claudiusedikt aus drei verschiedenen Quellen untersucht werden. Der zweite Teil wird die Juden in Alexandria zum Gegenstand haben und sowohl auf die Verfolgungen der Juden 38 n. Chr. eingehen, als auch auf den Brief des Claudius an die Alexandriner.
2. Die Juden unter Claudius in Rom
Da sich das römische Reich immer weiter ausbreitete, kam es schließlich immer mehr zu Kontakten mit anderen Menschen und deren Religionen. Generell wurden unter Claudius in Rom viele Religionen akzeptiert, wie zum Beispiel die Kulte der Griechen[4] oder die Druiden aus Gallien.[5] Auch die jüdische Gemeinde wurde akzeptiert und hatte sogar viele Freiheiten, wie wir aus den Quellen von Philo von Alexandrien entnehmen können. So durften sie sich zu religiösen Zwecken versammeln und besaßen daher ein Recht auf die Synagogen. Ebenso durften sie ihre Sabbatruhe einhalten und wurden 43 n. Chr. deshalb sogar vom Militärdienst befreit. Auch ihren Speisevorschriften durften sie nachgehen und den römischen Göttern mussten sie keinerlei Opfer darlegen.
Bis auf Caligula forderte kein Kaiser, dass die Juden dem Kaiserkult nachgehen sollten.[6] Jedoch schlossen die Juden das Wohl des Kaisers in ihr tägliches Gebet ein, was die Opfergabe ersetzte und Claudius zu seiner Vergötterung gereicht haben soll. An diesem Punkt stellt sich die Frage, warum die Juden überhaupt so viele Privilegien erhalten haben. Ein möglicher Grund wäre, dass die Römer sich mit den Juden verbunden fühlten, weil die Juden 32 n. Chr. unter Octavian gemeinsam mit den Römern Ägypten einnahmen.
2.1 Das Claudiusedikt
Trotz der dargestellten Toleranz den Juden gegenüber, bezichtigte Claudius sie vermutlich 41[7] mit einem Edikt. Dieses Edikt taucht in mehreren Quellen auf. Im Folgenden wird daher auf die Quellen des Suetons, Cassius Dio und die Apostelgeschichte einzugehen sein. Alle Quellen sind nicht ganz deckungsgleich und wiedersprechen sich teilweise sogar, was nun genauer betrachtet werden soll. Auch wie es zu dem Edikt kam, ist nicht geklärt.
So gibt es die Vermutung, es habe Konflikte zwischen den Juden und den aufkommenden Judenchristen gegeben, die Claudius vermeiden wollte. Andere mögliche Gründe wären, dass innerhalb der Gemeinde verschiedene Auslegungen der jüdischen Religion und Riten aufkamen und es sich so eventuell Auseinandersetzungen zwischen den Juden ergaben.[8]
2.1.1 Sueton, Claud, 25,4
Die folgende Notiz findet sich in den Kaiserviten des Suetons unter einer Aufzählung von Maßnahmen, die Claudius gegenüber den nichtrömischen Völkern traf.[9] So schrieb Sueton: „Er vertrieb sie aus Rom, weil sie, von Chrestus aufgehetzt, fortwährend Unruhen stifteten.“[10] Diese Notiz ist sehr unpräzise und wirft daher viele Unklarheiten auf. So ist nicht vollständig nachzuvollziehen, wer mit Chrestus gemeint sein soll. Die meisten Forscher schließen aus dieser Notiz, dass es Tumulte innerhalb der jüdischen Gemeinde gegeben haben muss. Eine genaue Identifikation des Auslösers dieser Tumulte stellt sich jedoch als sehr schwierig da, wie wir im Folgenden beobachten können.[11]
Viele Autoren sind der Meinung, dass Sueton mit Chrestus, Jesus von Nazareth meint und lediglich ein Schreibfehler vorliege[12]. Jedoch kannte Sueton den Unterschied von Christus und Chrestus bereits von Tacitus und Jesus von Nazareth war zu diesem Zeitpunkt schon tot.[13] Es könnte aber auch einfach ein unbekannter jüdischer Aufrührer sein, da Chrestus in Rom ein häufig belegter Name für Sklaven war.[14] Die Diskussion über den Begriff des Chrestus ist bis heute kaum geklärt und es kommen immer wieder neue Hypothesen dazu. Die Datierung bei Sueton ist sehr schwierig, da er bekannter Weise in Rubriken schreibt und sich so kein Datum daraus folgern lässt.[15]
2.1.2 Cassius Dio, 60,6,6
Auch Cassius Dio macht ebenfalls keinen genauen Angaben, da er in der Passage, wo er von Claudius erzählt, nicht chronologisch vorgeht, sondern nur eine allgemeine Charakteristik des Claudius angibt.[16]
Cassius Dio schrieb: „Die Juden, deren Zahl sich wieder so vermehrt hatte, dass es auf Grund ihrer Menge, schwierig gewesen wäre, sie ohne Unruhen aus der Stadt zu weisen, vertrieb er zwar nicht, aber er befahl ihnen, bei ihrer überkommenden Lebensweise zu bleiben und sich nicht zu versammeln.“[17] An dieser Stelle spricht Cassius Dio nur ein Versammlungsverbot und keine Vertreibung an. Daraus könnte man folgern, dass keine Vertreibung stattfand, sondern die Juden freiwillig auswanderten, da sie aufgrund des Versammlungsverbots nicht mehr ihren Riten nachgehen konnten.[18]
Die genannten Stellen der beiden Autoren widersprechen sich offensichtlich. Sueton sagte, dass die Juden vertrieben worden sind und Cassius Dio sprach nur von einem Versammlungsverbot. Die häufigste Annahme der Forscher ist, dass die Autoren zwei verschiedene Beschlüsse meinen.[19] So könnte zum Beispiel 41 das Versammlungsverbot für die Juden verhängt worden sein und zu einem späteren die Vertreibung dieser dann stattgefunden haben. Das wäre plausibel, denn eine mögliche Begründung für die Verhaltensänderung des Claudius den Juden gegenüber wäre, dass das Edikt von 41 nicht beachtet wurde und Claudius deshalb die Vertreibung veranlasste. Ein weiterer Grund wäre, dass Claudius 41 noch unter dem Einfluss seines jüdischen Freundes Agrippa stand, der ihn in solchen Angelegenheiten möglicherweise beeinflusste, und nach 41 nicht mehr in Rom war.[20]
2.1.3 Die Apostelgeschichte 18,2
Die älteste Quelle, die über ein Edikt des Claudius berichtet, ist die Apostelgeschichte. Dort wird ebenfalls von einer Ausweisung aus Rom berichtet. So heißt es: „Und er (Paulus) fand einen Juden mit Namen Aquila, aus Pontus gebürtig, der war mit seiner Frau Priscilla aus Italien gekommen, weil Kaiser Claudius allen Juden geboten hatte, Rom zu verlassen.“[21]
In der Apostelgeschichte berichten Aquila und Priscilla von eben solch einer Vertreibung, wie sie bei Sueton beschrieben ist. Man kann auch hier die Ausweisung einiger Juden durchaus für wahr befinden, jedoch neigt Lukas oft dazu, alles sehr allgemein zu machen. So schrieb er auch von einer weltweiten Hungersnot, die sich jedoch in Wahrheit, aus anderen Quellen belegt, nur auf Palästina bezog.[22] So kann man auch an dieser Stelle davon ausgehen, dass Lukas es zu allgemein schrieb und nur einige Juden vertrieben wurden und nicht alle. Dies wäre auch sehr unrealistisch, da es zu viele gewesen wäre und man auch nur schwer identifizieren konnte, wer Jude ist. Daher ist es am wahrscheinlichsten, dass nur die Unruhestifter aus Rom vertrieben wurden.[23]
Aus der relativen Chronologie der Apostelgeschichte ergibt sich zwar kein genaues Datum, jedoch muss das Edikt weit vor 51 n. Chr. datiert werden.[24]
3. Die Juden unter Claudius in Alexandria
3.1 Die Verfolgung der Juden unter Caligula 38 n. Chr.
In Alexandria herrschte eine politisch sehr angespannte Situation. Das lag unter anderem daran, dass dort drei Volksgruppen aufeinander trafen: Die Juden, die Griechen und die Ägypter. Zudem stellte die jüdische Bevölkerung immer wieder ihre politischen Rechte immer wieder in Frage und das sorgte für Unmut bei den Griechen. Die Juden forderten die Isopoliteia, also eine Gleichheit des Bürgerrechts für alle Bewohner Alexandrias, und beriefen sich dazu auf den Stadtgründer Alexander den Großen, der den Juden wohl das Bürgerrecht gegeben haben soll.[25] Des Weiteren forderten sie den Zugang zum Gymnasion, was für die griechischen Bürger keinerlei Sinn ergab, da man dort die griechischen Götter anbetete und das nicht mit der jüdischen Religion vereinbar war.[26]
[...]
[1] Alvarez Cineira, David: Die Religionspolitik des Kaisers Claudius und die Paulinische Mission, in: Hans-Josef Klauck u. Erich Zenger (Hgg.), Herders Biblische Studien (Bd. 19), Freiburg (u.a) 1999, S.37. (Im Folgenden zitiert als: Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius.)
[2] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.168.
[3] Botermann, Helga: Das Judenedikt des Kaiser Claudius, in: Jürgen Blänsdorf u.a. (Hgg.), Hermes Einzelschriften (Heft 71), Stuttgart 1996. (Im Folgenden zitiert als: Botermann: Das Judenedikt.)
[4] Alvarez: Religionspolitik des Claudius, S.116ff.
[5] Alvarez: Religionspolitik des Claudius, S.104ff.
[6] Pfeiffer: Stefan: Der römische Kaiser und das Land am Nil. Kaiserverehrung und Kaiserkult in Alexandria und Ägypten von Augustus bis Caracalla (30 v. Chr. – 217 n. Chr.), in: Kai Brodersen u.a. (Hgg.), Historia Einzelschriften (Heft 212), Stuttgart 2010, S. 74. (Im Folgenden zitiert als: Pfeiffer: Der römische Kaiser.)
[7] Pfeiffer: Der römische Kaiser, S.74.
[8] Piepenbrink, Karen: Antike und Christentum, Darmstadt 2010, S. 11.
[9] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.201.
[10] Suetonius Traquillus, Gaius: Claudius, in: Die Kaiserviten – De vita caesarium. Berühmte Männer – De vitris illustribus, herausgegeben und übersetzt von Hans Martinet, Düsseldorf/ Regensburg 2006 (Tusculum).
[11] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.201.
[12] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.202.
[13] Dibelius, Martin: Rom und die Christen im ersten Jahrhundert, in: Richard Klein (Hg.), Wege der Forschung. Das frühe Christentum im römischen Staat (Band 267), Darmstadt 1971, S.78. (Im Folgenden zitiert als: Dibelius: Rom und die Christen.) ; Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S. 205.
[14] Botermann: Das Judenedikt, S.57.
[15] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.207. ; Botermann: Das Judenedikt, S.54.
[16] Botermann: Das Judenedikt, S. 104.
[17] Botermann: Das Judenedikt, S.103.
[18] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.198f.
[19] Botermann: Das Judenedikt, S.114.
[20] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.197.; Botermann, Das Judenedikt, S.44.
[21] Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.210.
[22] Botermann: Das Judenedikt, S.48.
[23] Botermann: Das Judenedikt, S.54.; Alvarez: Die Religionspolitik des Claudius, S.207.
[24] Botermann: Das Judenedikt, S.48f.
[25] Bringmann, Klaus: Isopoliteia in den Auseinandersetzungen zwischen Juden und Griechen in Alexandria, in: Chiron 35 (2005), S. 12.. (Im Folgenden zitiert als: Bringmann: Isopoliteia)
[26] Bringmann: Isopoliteia, S.7f. ; Kasher, Aryeh: The Jews in Hellenistic and Roman Egypt. The struggle for equal rights, Tübingen 1985, S.310.