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Hausarbeit, 2016
20 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Aktuelle Relevanz
1.2 Begriffsdefinitionen
2. Junge Mütter im Vereinigten Königreich
2.1 Daten
2.2 Hintergründe
2.3 Risikofaktoren
3. Hilfen für junge Mütter im Vereinigten Königreich
3.1 Präventive Maßnahmen
3.2 Unterstützungsangebote
4. Resümee
Literatur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„ Teenage motherhood often leads to reduced opportunities for mother and child alike. “ (HM Government 2006, S. 3)
Dieses sehr einfache und doch eindrückliche Zitat soll gleich zu Beginn dieser Arbeit veranschaulichen, warum es wichtig ist, sich mit dem Phänomen der so genannten „teenage mothers“ auseinanderzusetzen und deren besondere Situation sowie mögliche Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten zu thematisieren.
Besonders das Vereinigte Königreich weist seit vielen Jahren eine große Anzahl minderjähri- ger Frauen auf, die gewollt oder ungewollt schwanger werden. 1999 waren die Bedenken deshalb so groß, dass die Regierung des Vereinigten die so genannte „Teenage Pregnancy Unit“ ins Leben rief, die sich zum Ziel setzte, die Empfängnisrate unter 18-Jähriger zu redu- zieren und jugendliche Eltern zu unterstützen (Hollings et al. 2007, S. 71). Vor allem jugendli- che Mütter sehen sich mit großen Herausforderungen konfrontiert, die in dieser Arbeit näher beleuchtet werden sollen. Aufbauend darauf wird dargestellt werden, welche vorbeugenden Maßnahmen und Strategien sich im Laufe der Jahre entwickelt haben und welche Hilfe- und Unterstützungsangebote es für die speziellen Bedürfnisse junger Mütter und ihrer Kinder im Vereinigten Königreich gibt.
Auch heute noch werden im Vereinigten Königreich auffallend viele junge Menschen vor dem Erreichen der Volljährigkeit schwanger und viele davon entscheiden sich für das Austragen des Kindes. Mit diesem Phänomen sind zahlreiche individuelle und gesellschaftliche Heraus- forderungen verbunden, damit Mutter und Kind nicht - wie es oft der Fall ist - in eine gesell- schaftliche Abwärtsspirale geraten oder dort verweilen (HM Government 2006, S. 8).
Ein 2010 veröffentlichtes Statement von Gillian Merron (Minister for Public Health) und Dawn Primarolo (Minister for Children, Young People and Families) fasst die immer noch problem- atische Lage von jungen Müttern und ihren Kindern im Vereinigten Königreich wie folgt zusammen:
“For a variety of reasons - lack of knowledge, lack of confidence to resist pressure, poor access to advice and support, low aspirations - around 40,000 young women become pregnant each year. […] For conceptions that end in a birth, there are often costs too - poorer child health outcomes, poor maternal emotional health and well being, and increased chances of both teenage parents and their children living in poverty. These all contribute to health inequalities and child poverty” (DfCSF and DoH 2010, S. 4).
Besonders in Kapitel 2 wird dargestellt werden, welche Schwierigkeiten mit einer frühen Schwangerschaft und dem frühen Mutterwerden einhergehen und wieso ein großer, sozialer Unterstützungsbedarf junger Müttern im Vereinigten Königreich herrscht. Auch der Zugang zu gesundheitlicher Vorsorge in der Schwangerschaft scheint für Jugendliche immer noch ausbaufähig zu sein: „[…] young parents still tend to have poorer access to maternity ser- vices and poorer outcomes than older parents“ (PHE 2015, S. 1). Vor allem so können sie die besonders wichtige Unterstützung während der Schwangerschaft bekommen und Wissen über relevante Themen wie Säuglingssterblichkeit, Rauchen während der Schwangerschaft, Stillen und die Verhütung weiterer Schwangerschaften bekommen (ebd. S. 1). Ein kritischer Blick auf die vorhandenen Möglichkeiten im Vereinigten Königreich für junge (werdende) Mütter ist also mehr als lohnenswert.
An dieser Stelle folgen nun einige Begriffsdefinitionen, die in dieser Arbeit häufig Verwendung finden werden und die Grundlage für das Verständnis der folgenden Ausführungen sind. Manche in dieser Arbeit herbeigezogenen Statistiken, Regierungsstrategien oder Literaturquellen gelten nicht für alle vier Ländern des Vereinigten Königreichs, es wird aber jeweils genannt werden, wenn dies der Fall ist.
Junge Mütter
Je nachdem, auf welche Fachliteratur und Studien sich diese Arbeit beziehen wird, gilt als als junge Mutter, wer beim Austragen des eigenen Kindes jünger als 18 Jahre alt und somit noch nicht volljährig war. Beziehen sich hier verwendete Daten und Statistiken auf eine andere Definition, so wird dies vermerkt. Desweiteren geht diese Arbeit auf junge Mütter ein, die ihre Kinder behalten und nicht zur Adoption freigeben.
Vereinigtes Königreich
Das Vereinigte Königreich („United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland“) ist ein souveräner Staat und Mitglied in der UNO sowie der EU. Es setzt sich zusammen aus Nordirland sowie den einzelnen, ehemals unabhängigen Ländern England, Wales und Schottland (Auswärtiges Amt 2015, S. 1).
Großbritannien
Der Begriff Großbritannien schließt England, Schottland und Wales ein. Nordirland und Irland zählen nicht zu Großbritannien.
Da nun die begrifflichen Grundlagen geklärt sind, soll an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass in manchen Kapiteln auch englischsprachige, amerikanische Literatur Einfluss in diese Arbeit finden wird, sofern es der Kontext zulässt, da unter anderem Programme, die in den USA erfolgreich waren, auch zunehmend im Vereinigten Königreich etabliert werden und die Lebenssituationen junger Mütter in beiden Ländern bis zu einem gewissen Grad vergleichbar sind.
Wird eine Schwangerschaft festgestellt, stellen sich für die jungen, angehenden Mütter schon vor der Geburt viele Fragen: Wird die Geburt ohne Komplikationen möglich sein? Kann eine ausgewogene Ernährung garantiert werden? Wo werden Mutter und Kind woh- nen? Kann die Schule weiterhin besucht werden? Kann ein gegebenenfalls bereits beste- hendes Arbeitsverhältnis aufrecht erhalten werden? Ist die Krankenversicherung sowie die finanzielle Versorgung geregelt? Gibt es ausreichend soziale Ressourcen wie Familie, Freunde, den Kindsvater, Vertrauenslehrer_innen, Sozialarbeiter_innen, die Hebamme o. ä., die unterstützend zur Seite stehen können (The Boston Women’s Health Book Collective 2008, S. 129). Die folgenden Kapitel sollen Einblicke in die Lebensumstände und Rahmen- bedingungen liefern, die die besonderen Herausforderungen der frühen Schwangerschaft sowie Mutterschaft kennzeichnen.
Großbritannien verzeichnet die höchste Zahl an Teenagerschwangerschaften sowie minder- jährigen Eltern in Europa. Etwa 90 000 Jugendliche werden allein in England pro Jahr schwanger, davon sind fast 8000 jünger als 16 Jahre alt (Fraser/Cooper 2009, S. 24). Der im Jahr 1999 verabschiedete „The Government’s Social Exclusion Unit report on teenage pregnancy“ hatte sich zum Ziel gesetzt, die Schwangerschaftsrate vor allem bei un- ter 16-Jährigen bis 2010 zu halbieren und die langfristig andauernde, soziale Isolation von jungen Eltern und ihren Kindern zu reduzieren (ebd., S. 24). Die folgende Tabelle veran- schaulicht die Entwicklung der tatsächlichen Lebendgeburten im Vereinigten Königreich im Zeitraum von 2004 - 2012 im Hinblick auf 15- bis 17-Jährige beziehungsweise 15- bis 19- Jährige im Vergleich mit den 28 EU-Ländern.
Es wird deutlich, dass die Lebendgeburtenrate im Vereinigten Königreich immer deutlich über der durchschnittlichen Rate aller EU-Länder liegt. Sowohl im Vereinigten Königreich als auch in den restlichen EU-Ländern ist außerdem vor allem ab 2009 ein abnehmender Trend erkennbar, d.h. die Rate an Lebendgeburten verringert sich. Es stellt sich an diesem Punkt natürlich die Frage, ob dies auf erfolgreiche Präventionsmaßnahmen, vermehrte Inanspruchnahme von Abtreibungen oder eine höhere Anzahl an nicht vollendeten Schwangerschaften aus anderen Gründen (z.B. Fehlgeburten) zurückzuführen ist. Zieht man die Abtreibungsstatistiken von England und Wales heran, scheinen jedoch auch Abtreibungszahlen minderjähriger Mütter im Laufe der Jahre abzunehmen:
„The under-16 abortion rate was 2.5 per 1,000 population in 2014 compared with 2.6 in 2013 and 3.7 in 2004 and the under-18 rate was 11.1 in 2014, compared with 11.7 in 2013 and 17.8 in 2004“ (Department of Health 2014, S.11).
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Schwangerschaftsrate im Vereinigten Königreich 2015 so niedrig war wie noch nie zuvor seit 1969, als die ersten Erhebungen dazu stattfanden. Trotz alledem sind die Zahlen immer noch so hoch, dass eine politische und soziale Auseinandersetzung mit der Thematik enorm wichtig sind.
Das „Department for Education and Skills” assoziiert bestimmte Faktoren mit einer hohen Schwangerschaftsrate bei Müttern. Demnach weisen viele junge Schwangere und spätere Mütter bestimmte persönliche, ethnische, familiäre und schulische Gemeinsamkeiten auf. Dazu gehören folgende Einflussfaktoren, die eine frühe Schwangerschaft und Mutterschaft bei jungen Frauen begünstigten:
Bildungsrelevante Faktoren
- Niedriger Bildungsabschluss
- Häufiges Fehlen in der Schule, Desinteresse
- Schulabbruch mit 16 ohne Schulabschluss
Familiäre/soziale Faktoren
- Heimunterbringung oder Aufwachsen in Pflegefamilien
- Tochter einer (ehemals) minderjährigen Mutter sein
- Ethnizität (Lebendgeburtenraten von unter 19-Jährigen deutlich höher unter „‘Mixed White and Caribbean‘, ‚Other Black‘ „Black Carribean‘ ethnicity“ und „White British“)
- Niedriges elterliches Bestreben bezüglich der Ausbildung der eigenen Tochter
Riskante Verhaltensweisen
- Früher Beginn sexueller Aktivitäten
- Mangelhafter Gebrauch von Verhütungsmitteln
- Verhaltensstörungen, beeinträchtigte mentale Gesundheit, Kriminalität
- Alkohol- und Betäubungsmittelmissbrauch
- Bereits vorangegangene Schwangerschaft
- Bereits vorgenommene Abtreibungen
(DfES 2006, S. 10-12)
Je mehr dieser Faktoren auf eine Person zutreffen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für diese Person, als Teenager schwanger zu werden. Interessant ist auch die Tatsache, dass bei Töchtern, deren Mütter selbst noch minderjährig waren, als sie geboren wurden, eine doppelt so große Wahrscheinlichkeit gegenüber Töchtern „älterer Mütter“ besteht, selbst in ihren „Teenagerjahren“ schwanger zu werden (HM Government 2006, S. 8). Außerdem kann das Elternwerden als Teenager sowohl als Grund für wie auch als Konse- quenz aus sozialer Ausgegrenztheit/Isolation herangezogen werden (Hollings et al. 2007, S. 75).
Doch auch persönliche Beweggründe spielen beim frühen Mutterwerden hintergründig eine Rolle, denn nicht immer ist die Schwangerschaft ungewollt. „They felt that becoming a parent was a way out of hardship and unhappiness, and offered them an opportunity for independ- ence: an alternative to poorly paid employment with limited education and training options.” (Cater/Coleman 2006; zitiert nach ebd., S. 77). Dies ist vor allem auch im Hinblick auf sinn- volle Präventionsmaßnahmen von Bedeutung, da es wichtig ist, dieser Perspektivlosigkeit durch ein sinnvoll konzipiertes Programm entgegen zu wirken.
Die bisher genannten Faktoren können unter dem Begriff der verursachenden Hintergrundbedingungen zusammengefasst werden.
Zu den aus einer frühen Schwangerschaft und anschließendem Muttersein resultierenden Hintergründen, die es zu beachten gilt, gehört der emotionalen Zustand, in dem viele Teena- ger-Mütter sich häufig befinden und der ihr Leben sowie die Zusammenarbeit mit Fachkräf- ten erheblich beeinflusst. Er wird in folgendem Zitat einer Hebamme zum bestmöglichen Um- gang mit jungen Schwangeren/Müttern besonders deutlich hervorgehoben: „Always keep in mind that teenagers are not yet adult. Challenge the opinion of any professionals who feel that these youngsters have chosen parenthood and must therefore ‘grow up’. Point out that they can’t - they will need to adapt and learn to become parents but they will still also exhibit normal adolescent behaviours. These may include a chaotic lifestyle, anxieties about body image and function, mood swings and child-like behaviour when under stress.” (PHE 2015, S. 9).
Es gibt nun nicht nur jene Hintergrundbedingungen und Faktoren, die eine frühe Empfängnis und Mutterschaft begünstigen (wie in Kapitel 2.2 beschrieben), sondern leider auch Risiko- faktoren, die erst im Zusammenhang mit einer frühen Schwangerschaft/Mutterschaft relevant werden und demnach von ihr ausgehen - sowohl im Hinblick auf die Mutter als auch für das Kind.
Es gibt bei verhältnismäßig frühen Schwangerschaften und Geburten sowie in der darauffol- genden Zeit einige vermehrt auftretende Risiken für Mutter und Kind. Dies wird auch vom „Department for Education and Skills“ so kommuniziert: „The Department for Education and Skills recognises the social impact of teenage pregnancy and parenthood, and in their guid- ance to local authorities they highlight the evidence that suggests that having children at a young age can damage young women’s health and well-being” (DfES 2006, zitiert nach Hol- lings et al. 2007, S. 71).
Physisch gesehen sind jugendliche Mütter einem erhöhten Risiko ausgesetzt, an schwangerschafts-induzierter Hypertonie (Bluthochdruck) zu leiden oder auch Komplikationen während der Geburt zu erleben (ebd., S. 24). Auch Faktoren, die die sozialen Lebensbedingungen prägen, werden von einer frühen Schwangerschaft beeinflusst. „For many young mothers, pregnancy and parenthood means an early conclusion to their education with consequent reduced career opportunities and increased likelihood that they will find themselves socially excluded and living in poverty.“ (ebd., S. 24).
Babies von jugendlichen Müttern haben eine erhöhte Krankheitshäufigkeit und auch die Sterblichkeitsrate ist bei diesen Babies höher (Fraser/Cooper 2009, S. 24). Des Weiteren ist es überproportional wahrscheinlich, dass ihre Mütter tendenziell spät vorgeburtliche Gesund- heitsvorsorge in Anspruch nehmen, von Armut bedroht oder betroffen sind und sich sowie ihre ungeborenen Kinder eher gewissen vorgeburtlichen, gesundheitlichen Risiken ausset- zen (z.B. Rauchen) (Fraser/Cooper 2009., S. 24). Häufig haben Babies, die von minderjähri- gen Müttern geboren werden, auch ein niedrigeres Geburtsgewicht, was aber vermutlich e- her mit den ungünstigen Lebensweisen als mit dem Alter der Mütter in Verbindung gebracht werden kann (Hollings et al. 2007, S. 75). Langfristig haben diese Kinder auch ein höheres Risiko, bei Unfällen wie Vergiftungen oder Verbrennungen zu Schaden zu kommen (ebd., S. 75).
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