Die vorliegende Arbeit dient der Untersuchung, ob die Onlinebefragung eine preiswerte Methode der empirischen Sozialforschung ist. Dies wird am Beispiel einer Bürgerbefragung evaluiert und kritisch gewürdigt. Ziel der Arbeit ist die Herbeiführung einer Entscheidungsfindung, ob eine Onlinebefragung im Vergleich zu anderen Erhebungsmethoden eine preiswerte Alternative ist. Damit wird ein Beitrag zum aktuellen Forschungsstand geleistet.
Der Aufbau der Hausarbeit orientiert sich an der Forschungsfrage und untergliedert die Hausarbeit in vier Kapitel. Der Anlass der Untersuchung ist bereits deutlich geworden. Aus diesem Grund wurde die oben genannte Fragestellung abgeleitet und die Zielsetzung der Arbeit konkretisiert. Der Hauptteil beginnt zunächst mit einer Einordnung des Untersuchungsgegenstands in die empirische Sozialforschung, wobei zentrale Begriffe definiert und eingegrenzt werden. Anhand aktueller Literatur wird ein theoretischer Bezugsrahmen zur Thematik hergestellt. Anschließend werden die theoretischen Erkenntnisse anhand eines konstruierten Fallbeispiels evaluiert. Mit einer abschließenden Betrachtung werden in einer Zusammenfassung rückblickend die wesentlichen Erkenntnisse reflektiert und ein Fazit gezogen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
1.1 Anlass der Untersuchung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Onlinebefragung als Methode der Sozialforschung
2.1 Einordnung in die empirische Sozialforschung
2.2 Vor- und Nachteile einer Onlinebefragung
2.3 Qualitativ wissenschaftliche Standards
3. Evaluation am Beispiel einer Bürgerbefragung der Stadt X
3.1 Ist-Situation Onlinebefragung
3.2 Methodisches Vorgehen und kritische Würdigung
4. Fazit
Quellenverzeichnis
Anlagen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Phasen einer empirischen Untersuchung
Abbildung 2: Befragungsformen
Abbildung 3: Vor- und Nachteile der Onlinebefragung
Abbildung 4: Kostenvergleich zweier Befragungsformen
1. Einführung
1.1 Anlass der Untersuchung
Aufgrund zunehmender Digitalisierung und neuer Technologie steht der empirischen Sozialforschung eine Vielzahl neuer Methoden, unter anderem ein neues Befragungsinstrument - die Onlinebefragung - zur Verfügung. Seit einigen Jahren ist ein starkes Wachstum internetbasierter Umfragen zu beobachten.[1] Das Interesse an der Datenerhebung über das Internet mittels Online-Erhebungsmethoden wächst und Onlinebefragungen werden immer beliebter. Begründet wird dies neben dem kontinuierlichen Wachstum des Nutzerkreises des Internets mit den zahlreichen Vorteilen die sich durch diese Befragungsform auftun.[2] Vielen erscheint die Onlinebefragung deshalb als preiswerte Alternative zu herkömmlichen Befragungsmethoden. Es gibt jedoch auch kritische Vertreter, die im Hinblick auf die Qualität von Internetumfragen Bedenken haben und methodische Probleme in unzulänglichen Informationen über die Zusammensetzung der Internetnutzer sowie die damit zusammenhängende Problematik der Stichprobenrekrutierung sehen.[3] Die Bedeutung der Online-Methoden in der Sozialforschung wird somit unterschiedlich bewertet und kontrovers diskutiert. Die zentrale Frage lautet daher: „Onlinebefragung: Ein preiswertes Instrument?“.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit dient der Untersuchung, ob die Onlinebefragung eine preiswerte Methode der empirischen Sozialforschung ist. Dies wird am Beispiel einer Bürgerbefragung der Stadt X evaluiert und kritisch gewürdigt.
Ziel der Arbeit ist die Herbeiführung einer Entscheidungsfindung, ob eine Onlinebefragung im Vergleich zu anderen Erhebungsmethoden eine preiswerte Alternative ist. Die Darstellung erhebt nicht den Anspruch einer mathematischen Betrachtung der qualitativen Standards sowie einer detaillierten Kosten-Nutzen-Analyse. Auf technische Details wird auch nicht eingegangen. Vielmehr wird ein Beitrag zum aktuellen Forschungsstand geleistet.
Der Strukturaufbau der Hausarbeit orientiert sich an der Forschungsfrage und untergliedert die Hausarbeit in vier Kapitel. Der Anlass der Untersuchung ist bereits deutlich geworden. Aus diesem Grund wurde die oben genannte Fragestellung abgeleitet und die Zielsetzung der Arbeit konkretisiert. Der Hauptteil beginnt zunächst mit einer Einordnung des Untersuchungsgegenstands in die empirische Sozialforschung, wobei zentrale Begriffe definiert und eingegrenzt werden. Anhand aktueller Literatur wird ein theoretischer Bezugsrahmen zur Thematik hergestellt. Anschließend werden die theoretischen Erkenntnisse anhand eines konstruierten Fallbeispiels evaluiert. Mit einer abschließenden Betrachtung werden in einer Zusammenfassung rückblickend die wesentlichen Erkenntnisse reflektiert und ein Fazit gezogen.
2. Onlinebefragung als Methode der Sozialforschung
In diesem Kapitel wird das Erhebungsinstrument „Onlinebefragung“ in den Kontext der empirischen Sozialforschung gestellt. Dazu wird der Begriff im ersten Abschnitt definiert und eingegrenzt. Im Anschluss findet eine Abwägung der Vor- und Nachteile einer Onlinebefragung statt. Darüber hinaus wird abschließend die Aussagekraft dieser Methode anhand der qualitativen wissenschaftlichen Standards betrachtet.
2.1 Einordnung in die empirische Sozialforschung
Der Ablauf einer empirischen Untersuchung lässt sich in fünf Phasen, die in Abbildung 1 dargestellt sind, unterteilen. Im Folgenden wird lediglich auf die Datenerhebungsphase eingegangen. Ergänzende Informationen zu allen Phasen sind als Anlage beigefügt.[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Phasen einer empirischen Untersuchung[5]
Zur Erhebung empirischer Daten existieren unterschiedliche Verfahren. Die am häufigsten verwendete Methode der Datenerhebung ist die Befragung. Der Oberbegriff „Befragung“ fasst zahlreiche verschiedene Formen der Befragung zusammen. Kromrey unterscheidet die in Abbildung 2 dargestellten Befragungsformen. Zunächst wird entsprechend dem Grad der Standardisierung zwischen nicht-, teil- und voll-standardisierten Befragungen unterschieden. Je nach Befragungssituation können diese mündlich oder schriftlich durchgeführt werden. Zunehmend an Bedeutung gewinnen Onlinebefragungen, die den voll-standardisierten schriftlichen Befragungen zugeordnet werden.[6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Befragungsformen[7]
Die Onlinebefragung gehört zu den internetbasierten Datenerhebungsverfahren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird unter der Onlinebefragung ein reaktives Verfahren[8], das mit dem Messinstrument Fragebogen direkt online als sogenannte „WWW-Befragung“ oder über Email verteilt als „Email-Befragung“ durchgeführt werden kann, verstanden.[9] Es handelt sich somit um eine Sonderform der schriftlichen Befragung oder wie Döring im Allgemeinen Online-Methoden bezeichnet - eine „Adaption herkömmlicher empirischer Methoden“.[10]
Wann handelt es sich um ein preiswertes Erhebungsinstrument? Zur Beurteilung dieser Frage muss der Erkenntnisgewinn der Befragung ins Verhältnis zu den eingesetzten finanziellen Aufwendungen und zeitlichen Ressourcen gesetzt werden. Die Kostenminimierung darf dabei nicht den Erkenntnisgewinn einschränken.[11]
In den nächsten beiden Abschnitten wird unter methodischen Gesichtspunkten der qualitative Mehrwert im Sinne der vorgenannten Aspekte erörtert und bewertet.
2.2 Vor- und Nachteile einer Onlinebefragung
Bei der Entscheidungsfindung für oder gegen den Einsatz der Onlinebefragung ist es hilfreich und erforderlich deren Vor- und Nachteile zu kennen. Zu Beginn der Arbeit wurde bereits erwähnt, dass durch die Nutzung der neuen Technologie Vorteile bestehen, diese aber auch bisher unbekannte Probleme mit sich bringen.[12] Zur Übersicht werden in Abbildung 3 die wesentlichen Vor- und Nachteile der Onlinebefragung dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Vor- und Nachteile der Onlinebefragung[13]
Als entscheidendes Kriterium für eine Onlinebefragung ist die Ökonomie hervorzuheben. Aus der ökonomischen Perspektive liegt der Hauptvorteil der Onlinebefragung in der Einsparung sachlicher, personeller und zeitlicher Ressourcen. Beispielsweise entfallen Kosten für den Druck und Versand von Fragebögen. Weiterhin wird zur Durchführung kein Interviewer benötigt, wodurch zugleich eine subjektive Beeinflussung des Probanden durch diesen ausgeschlossen werden kann. Zudem sind Onlinebefragungen aufgrund der eingesetzten Technologie zeiteffizienter. Daten können automatisch gespeichert werden, womit die oft zeitintensive und fehleranfällige Transkription entfällt. Weiterhin kann durch standardisierte Auswertungskomponenten einer Software Zeit eingespart und eine hohe Auswertungsobjektivität erzielt werden. Es besteht somit ein hoher Grad an Standardisierung und Automatisierung. Dem stehen jedoch Aufwendungen für ein hohes technisches Know-How und die einmaligen Anschaffungskosten für die benötigte Hard-/Software gegenüber.
Darüber hinaus begünstigt die internetbasierte Befragung aus technischer Sicht den Einsatz multimedialer Inhalte wie z. B. die Darstellung von Bildern und Videos, erleichtert die Umsetzung von mehrsprachigen Umfragen und ermöglicht die Erfassung non-reaktiver Daten bzw. des Befragungsverhaltens[14] der Probanden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die potentiellen Teilnehmer die entsprechende technische Ausstattung und das notwendige Know-How besitzen. Nicht alle Zielgruppen verfügen über einen Computer, erst recht nicht über einen Internetzugang. Ebenso fehlt möglicherweise vielen Probanden die notwendige Erfahrung mit der Technik. Die Grundgesamtheit der Stichprobenziehung kann dadurch zum Teil erheblich eingeschränkt werden, sodass nachteilige Auswirkungen im Hinblick auf die Aussagekraft der Befragungsergebnisse entstehen.
Weitere wichtige Vorteile von Onlinebefragungen, welche die Autorin dem Bereich „Sonstige“ zugeordnet hat, bestehen in einer erhöhten Datenqualität sowie Flexibilität. Letztere begründet sich durch zeitliche und räumliche Unabhängigkeit, welche wiederum die Ökonomie steigert. Zudem kommt es dadurch zu größeren Stichprobenzusammensetzungen. Jedoch gewährleistet diese keine höhere Repräsentativität der Befragung. Die Datenqualität kann gegebenenfalls unter Mehrfachteilnahmen, unklaren Identitäten und Selbstselektion der Probanden leiden. Ursächlich sind im Wesentlichen keine bzw. schwierige Kontrollmöglichkeiten.
Zuletzt ist der ethische Aspekt zu betrachten. Grundsätzlich gelten die gleichen Bedingungen wie bei herkömmlichen Befragungen. Onlinebefragungen erfüllen die Anforderungen Freiwilligkeit, Vertraulichkeit, Anonymität und Transparenz. Die letzten beiden können aufgrund der räumlichen Unabhängigkeit bzw. öffentlichen Zugänglichkeit im Vergleich zu anderen Befragungsformen noch besser gewährleistet werden. Probleme können im Datenschutz und der Datensicherheit bestehen. Diesbezüglich ist ein Schutz gegen unberechtigten Zugriff einzurichten. Weiterhin liegt ein Nachteil in der fehlenden Kontaktmöglichkeit des Probanden zum Initiator der Befragung bzw. umgekehrt. Dem kann jedoch entgegengewirkt werden, indem Kontaktdaten für Rückfragen angegeben werden.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Onlinebefragungen zahlreiche Vorteile bieten, aber diesen wie auch bei anderen Erhebungsinstrumenten Nachteile gegenüberstehen. Nicht selten werden in der Praxis auch Befragungsformen miteinander kombiniert bzw. den potentiellen Teilnehmern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Kombination können die Nachteile der einen Befragungsform durch die andere kompensiert werden.
Ergänzend zu den bisherigen Erkenntnissen wird im nächsten Abschnitt erörtert, ob Onlinebefragungen qualitativ wissenschaftliche Standards erfüllen.
2.3 Qualitativ wissenschaftliche Standards
Aufgrund der kontinuierlichen Erneuerung des technologischen Instrumentariums der sozialwissenschaftlichen Forschung ist die Sicherung und Verbesserung der Datenqualität immer wieder eine neue Herausforderung. Trotz bestehender Richtlinien[15] sind Befragungen im Internet oft mit Fehlern behaftet. Im Folgenden werden der Gehalt empirischer Aussagen und deren Güte betrachtet. Ist das Messverfahren geeignet, um gültige und zuverlässige Daten zu liefern? Welche Aussagekraft haben Daten, die auf Onlinebefragungen basieren? In diesem Zusammenhang werden als Instrument der Qualitätsbeurteilung die drei klassischen Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität hinzugezogen. In der Folge wird aufgrund der dargestellten Erkenntnisse eine Aussage über die Repräsentativität der Methode abgeleitet.
Die Objektivität der jeweiligen Messung ist gewissermaßen das Fundament der hierarchisch aufeinander aufbauenden Gütekriterien. Diese gibt die Unabhängigkeit der Befragungsergebnisse von umgebenden Faktoren wie z. B. Ort, Zeit und subjektiven Einflüssen der durchführenden Person an. Egal wer die Befragung durchführt und auswertet, das Ergebnis sollte immer gleich sein. Entsprechend der verschiedenen Phasen einer Befragung wird zwischen der Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität unterschieden.[16]
Onlinebefragungen zeichnen sich durch eine hohe Durchführungs- und Auswertungsobjektivität aus, wie durch die zuvor erläuterten Vorteile bereits deutlich wurde. Hinsichtlich der Interpretationsobjektivität können keine Unterschiede gegenüber anderen Methoden festgestellt werden. Somit liefert die Onlinebefragung objektive Befragungsergebnisse, die den Vorzug dieses Erhebungsinstruments gegenüber anderen Methoden durchaus begründen.[17]
Das auf die Objektivität folgende Gütekriterium ist die Reliabilität. Unter Reliabilität wird das Ausmaß verstanden, in dem die Anwendung eines Erhebungsinstruments, bei gleichen Bedingungen und denselben Probanden, das gleiche Ergebnis erzielt. Durch die Bestimmung der Reliabilität wird somit die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Merkmalsmessungen ausgedrückt. Je weniger Messfehler, desto höher die Reliabilität. Im Vergleich zu anderen Methoden kann die Reliabilität bei Onlinebefragungen aufgrund fehlender Kontrolle durch eine Aufsichtsperson sowie geringer Transparenz und Überprüfbarkeit der Befragungsergebnisse schwächer ausfallen. Eine allgemeingültige Beurteilung der Reliabilität von Onlinebefragungen ist schwierig, da das Internet einem ständigen und schnellen Wandel unterliegt, wodurch sich die Messgrundlage entsprechend verändert.[18]
Das dritte Gütekriterium ist die Validität. Sie gibt Auskunft darüber, ob eine Befragung wirklich das misst, was sie messen soll bzw. zu messen vorgibt. Die Validität ist somit ein Maß für die Gültigkeit von Befragungsergebnissen. Als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen gelten objektive und zuverlässige Daten. Schließlich kann das Messinstrument keine hohe Validität erzielen, wenn es eine niedrige Objektivität und Reliabilität besitzt. Die Validität steht über den beiden anderen Gütekriterien, sodass keine angemessenen Aussagen und sinnvollen Entscheidungen getroffen werden können, wenn das Messverfahren nicht valide ist.[19]
Damit der Fragebogen als Messinstrument der Onlinebefragung valide ist, sind ähnliche Maßstäbe wie für andere schriftliche Umfragen anzusetzen. Wichtig ist, dass es der befragten Person möglich ist, das Beantworten der Fragen ohne fremde Hilfe in der Intention des Forschers bewältigen zu können. Das Internet bietet in diesem Zusammenhang die Nutzung vorteilhafter Möglichkeiten wie z. B. optionale Hilfstexte oder multimedialer Vorlagen. Weiterhin kann bei Onlinebefragungen die Anonymität leichter hergestellt werden als bei Interviewer-gestützten Befragungen. Bisher gibt es noch keine Hinweise darauf, dass das Medium Internet einen bedeutenden Einfluss auf die Validität hat. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass die Validität von Onlinebefragungen im Vergleich zu anderen Befragungsformen – bei sonst gleichen Bedingungen – als mindestens gleichwertig anzusehen ist.[20]
Aufgrund der Erläuterungen wird festgestellt, dass das Messverfahren der Onlinebefragung tendenziell gegenüber anderen Methoden eine höhere Objektivität, aber geringere Reliabilität aufweisen kann. In Bezug auf die Validität wird von einem gleichwertigen Niveau ausgegangen. Demnach handelt es sich um ein objektives und valides Messinstrument, das jedoch Schwächen in der Zuverlässigkeit zeigt.
Allerdings wird darauf hingewiesen, dass dieses Ergebnis nicht als Grundsatz formuliert werden kann. Vielmehr muss die Aussagekraft im konkreten Anwendungskontext beurteilt werden. Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang der Geltungsbereich der Befragungsergebnisse zu betrachten. Dieser wird durch die Repräsentativität bestimmt. Diese legt fest, gegenüber welcher Stichprobe Aussagen getroffen werden können. Damit ist gemeint, dass eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob die auf einer Stichprobe basierenden Ergebnisse auf eine bestimmte Zielgruppe, die zuvor definierte Grundgesamtheit, übertragen werden können und somit repräsentativ sind.[21] Bei Onlinebefragungen wird oft positiv hervorgehoben, dass viele Personen an der Befragung teilnehmen können. Eine große Stichprobe „schützt“ allerdings nicht vor mangelnder Repräsentativität. Diekmann nennt zwei Fehlerquellen, warum bei Onlinebefragungen keine Aussagen über die allgemeine Bevölkerung getroffen werden können. Zum einen entspricht die Grundgesamtheit der Internetnutzer nicht der Zielgruppe der Gesamtbevölkerung und zum anderen besteht das Problem der Selbstselektivität, weshalb die Befragten auch keine Zufallsstichprobe aus der Population der Internetnutzer darstellen.[22] Ein zentrales Problem der meisten Onlinebefragungen ist somit eine mangelhafte Repräsentativität.
Als Zwischenfazit, basierend auf den theoretischen Erkenntnissen, wird festgehalten, dass hinsichtlich der Hauptproblematik der Stichprobenbildung Onlinebefragungen in keinem Fall repräsentative Bevölkerungsumfragen darstellen. Trotz dieses erheblichen qualitativen Mangels wird die Ansicht vertreten, dass auf Onlinebefragungen nicht generell verzichtet werden kann. Schließlich bietet sich mittels dieser Befragungsform oft erst die Gelegenheit einen Bereich empirisch zu untersuchen, wo vorher lediglich eine theoretische Auseinandersetzung möglich gewesen ist. Darüber hinaus gibt es auch Befragungen, bei denen der Aspekt der Repräsentativität eine untergeordnete Rolle spielt. In diesen Fällen ist die Onlinebefragung durchaus ein geeignetes Instrument.[23]
Im nächsten Kapitel wird anhand eines konkreten Fallbeispiels verdeutlicht, wie sich die methodischen Stärken und Schwächen in der Praxis auswirken können.
3. Evaluation am Beispiel einer Bürgerbefragung der Stadt X
In diesem Kapitel wird am Beispiel einer Bürgerbefragung evaluiert, ob die Onlinebefragung ein preiswertes Instrument zur Datenerhebung ist. Dazu wird zunächst die Ist-Situation hinsichtlich dieser Befragungsform bei der Stadt X dargestellt und anschließend das methodische Vorgehen dokumentiert und kritisch gewürdigt.
3.1 Ist-Situation Onlinebefragung
Das Internet hat sich zu einem flächendeckenden Informations- und Kommunikationsmedium entwickelt, dessen Nutzerkreis immer größer wird und es sich laut Wallbott keine Stadt mehr erlauben kann, auf ihre eigene Internetseite zu verzichten.[24] Die Stadt X ist seit 1997 „online“. Zunächst im Verbund mit anderen Institutionen und seit 2004 schließlich mit einem eigenständigen Internetauftritt. Die Internetpräsenz wird vorwiegend zur Information der Bürger[25], zur touristischen Vermarktung sowie zum Angebot bestimmter Online-Dienstleistungen wie z. B. Antragstellungen oder Terminvereinbarungen genutzt. Im folgenden Fallbeispiel wird der Internetauftritt der Stadt X Untersuchungsgegenstand einer Bürgerbefragung sein. Bisher nehmen empirische Befragungen bei der Stadt X eine untergeordnete Rolle ein. In Bezug auf Onlinebefragungen können keinerlei Erfahrungen nachgewiesen werden. Ursächlich hierfür ist, dass Themenstellungen ungeeignet erscheinen und die Meinung der Bürger grundsätzlich durch die politischen Gremien vertreten wird. Somit kann im Rahmen der Evaluierung nur ein konstruiertes Fallbeispiel angebracht werden, das aufzeigen soll, ob die Onlinebefragung ein preiswertes Instrument für die Stadt X ist.[26]
[...]
[1] Vgl. Meier, Gerd/Heckel, Christiane: Online-Stichproben; in: Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V. (ADM) (Hrsg.): Stichproben-Verfahren in der Umfrageforschung, Eine Darstellung für die Praxis, 2. Auflage, Wiesbaden 2014, S. 215 f.; ebenso ADM: Jahresbericht 2013, S. 8; unter: www.adm-ev.de (vom 09.12.2014).
[2] Vgl. Thielsch, Meinald T./Weltzing, Simone: Online-Umfragen und Online-Mitarbeiterbefragungen; in: Thielsch, Meinald T./Brandenburg, Torsten (Hrsg.): Praxis der Wirtschaftspsychologie II, Themen und Fallbeispiele für Studium und Anwendung, Münster 2012; über: http://www.thielsch.org/download/wirtschaftspsychologie/thielsch_2012.pdf (vom 10.12.2014), S. 109 f.
[3] Vgl. Hauptmanns, Peter/Lander, Bettina: Zur Problematik von Internet-Stichproben; in: Theobald, Axel/ Dreyer, Marcus/Starsetzki, Thomas (Hrsg.): Online-Marktforschung – Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen, Wiesbaden 2003, S. 28.
[4] Siehe Anlage A 1 „Phasen einer empirischen Untersuchung“, S. 22 f.
[5] In Anlehnung an Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung, Grundlagen, Methoden, Anwendungen, 4. Auflage, Hamburg 2010, S. 187, 192 f.
[6] Vgl. Kromrey, Helmut: Empirische Sozialforschung, Modelle und Methoden der standardisierten Datenerhebung und Datenauswertung, 12. Auflage, Stuttgart 2009, S. 336, 363 ff.
[7] In Anlehnung an Kromrey (2009), S. 364.
[8] Bei einem reaktiven Verfahren erfolgt unabhängig von der zeitlichen Komponente eine Interaktion mit dem Befragten.
[9] Vgl. Batinic, Bernad/Bosnjak, Michael: Fragebogenuntersuchungen im Internet; in: Batinic, Bernad (Hrsg.): Internet der Psychologen, Göttingen 1997, S. 222.
[10] Döring, Nicola: Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen, 2. Auflage, Göttingen Bern Toronto Seattle 2003, S. 242.
[11] Vgl. Pospeschill, Markus: Testtheorie, Testkonstruktion, Testevaluation, München 2010, S. 30.
[12] Vgl. hierzu und im Folgenden Thielsch/ Weltzing (2012), S. 111 f.; ebenso Kuckartz, Udo et. al.: Evaluation online – Internetgestützte Befragung in der Praxis, Wiesbaden 2009, S. 110 ff.; ebenso Batinic/Bosnjak 1997, S. 221 ff.; ebenso Dzeyk, Waldemar: Ethische Dimensionen der Online-Forschung; unter: http..//kups.ub.uni-koeln.de/2424/1/ethdimon.pdf (vom 05.12.2014).
[13] Eigene Darstellung.
[14] Erfasst werden die Reaktionen der Befragten beim Ausfüllen des Online-Fragebogens. Non-reaktive Daten sind dann bspw. „Wer schaut sich den Fragebogen nur an?“ oder „Wie lange beträgt die Bearbeitungszeit?“.
[15] Siehe hierzu die Veröffentlichungen des ADM e.V. „Richtlinie für Online-Befragungen“ und „Standards zur Qualitätssicherung für Online-Befragungen“, unter: www.adm-ev.de (vom 09.12.2014).
[16] Vgl. Pospeschill (2010), S. 18 ff.
[17] Vgl. Theobald, Axel: Handbuch Online-Marktforschung: Ein Leitfaden für die Praxis, 1. Auflage, Norderstedt 2014, S. 280 f.
[18] Vgl. Theobald (2014), S. 281 f.
[19] Vgl. Pospeschill (2010), S. 24 ff.
[20] Vgl. Theobald (2014), S. 283 f.
[21] Vgl. Pospeschill (2010), S. 28.
[22] Vgl. Diekmann (2010), S. 521.
[23] Vgl. Hauptmanns/Lander (2003), S. 38.
[24] Wallbott, Harald G.: Warum ist das Internet wichtig für die Psychologie?: in: Batinic, Bernad (Hrsg.): Internet für Psychologen, Göttingen/Bern/Toronto/Seattle 1997, S. 13.
[25] Zur besseren Lesbarkeit wird die männliche Schreibweise verwendet. Soweit nicht explizit ausgewiesen, ist in dieser Schreibweise sowohl die männliche als auch die weibliche Form gemeint.
[26] Vgl. Auskunft Interviewpartner der Stadt X, vom 16.12.2014.