In der Seminararbeit wird der Film "Atash" von Tawfik Abu Wael aus dem Blickwinkel eines Interpretationsansatzes und geleitet von einer These analysiert. Nach allgemeineren Angaben und Hintergrundinformationen zum Film, die zu dessen Verständnis beitragen, werden der Interpretationsansatz erläutert und begründet und die These vorgestellt. Für die Analyse der Handlung wurden einige Szenen detailliert beschrieben, andere weniger oder weggelassen oder es wird an anderer Stelle auf sie Bezug genommen. Dies geschieht immer in Abhängigkeit ihrer Relevanz für die Aufgabenstellung. Andererseits sind der Bezug zum Interpretationsansatz und zur These nicht immer offensichtlich, da manches einfach für ein besseres Verständnis der Aussagen des Films genannt wird.
Es folgt die Analyse der Figuren, dann der Bauformen - die weniger ausführlich als die Handlungsanalyse ausfallen, für die aber die gleichen Erläuterungen gelten - , um am Ende zu einer Interpretation der Aussagen des Films zu führen. Hierbei wird die These durch zwei längere Zitate zum Thema Ehrenmord gestützt. Wie wurde der Film aufgenommen? Diese Frage bildet den Abschluss der Arbeit.
Inhalt
1. Einleitung
2. Basisinformationen zu Atash
2.1 Produktionsdaten
2.2 Einordnung des Films in Ort und Zeit seiner Entstehung und seine Hintergründe
2.3 Inhaltszusammenfassung
3. Interpretationsansatz und These
4. Handlungsanalyse
4.1. Merkmale der Handlung
4.2. Die Handlung und ihre Struktur
4.2.1. Rahmen 1: Eingangssequenz
4.2.2. Phase I: Exposition/Problementfaltung
4.2.3 Phase II: Steigerung der Handlung
4.2.4 Phase III: Krise und Umschwung
4.2.5 Phase IV: Verzögerung der Handlung
4.2.6 Phase V: die Katastrophe
4.2.7 Rahmen 2: Schlusssequenz
5. Figurenanalyse
5.1 Die Hauptfiguren
5.2 Die Nebenfiguren
5.3. Figurenkonstellation
6. Analyse der Bauformen
6.1 Kamera, Einstellung und Montage
6.2 Raum/Licht/Farbe
6.3 Dialoge/Geräusche/Musik
7. Abschließende Interpretation von Atash
8. Eigene Position zum Film, Rezeption und Kritiken
Literatur:
1. Einleitung
In der vorliegenden Seminararbeit wird der Film Atash von Tawfik Abu Wael aus dem Blickwinkel eines Interpretationsansatzes und geleitet von einer These analysiert.
Nach allgemeineren Angaben und Hintergrundinformationen zum Film, die zu dessen Verständnis beitragen, werden der Interpretationsansatz erläutert und begründet und die These vorgestellt. Für die Analyse der Handlung wurden einige Szenen detailliert beschrieben, andere weniger oder weggelassen oder es wird an anderer Stelle auf sie Bezug genommen. Dies geschieht immer in Abhängigkeit ihrer Relevanz für die Aufgabenstellung. Andererseits sind der Bezug zum Interpretationsansatz und zur These nicht immer offensichtlich, da manches einfach für ein besseres Verständnis der Aussagen des Films genannt wird.
Es folgt die Analyse der Figuren, dann der Bauformen - die weniger ausführlich als die Handlungsanalyse ausfallen, für die aber die gleichen Erläuterungen gelten - , um am Ende zu einer Interpretation der Aussagen des Films zu führen. Hierbei wird die These durch zwei längere Zitate zum Thema Ehrenmord gestützt. Wie wurde der Film aufgenommen? Diese Frage bildet den Abschluss der Arbeit.
2. Basisinformationen zu Atash
2.1 Produktionsdaten
Israel 2004
Buch und Regie: Tawfik Abu Wael
Kamera: Assaf Sudri
Schnitt: Galit Shaked-Shaul
Musik: Wissam M. Jibran
Darsteller/innen: Roba Blal (Gamila), Hussein Yassin Mahajine (Abu Shukri), Amal Bweerat (Um Shukri), Jamila Abu Hussein (Hamila), Ahmad Abed el Gani (Shukri)
Produktion: Avi Kleinberger für Atash Partnership Produktion
Länge: 110 Minuten, CinemaScope
Sprache: Arabisch
2.2 Einordnung des Films in Ort und Zeit seiner Entstehung und seine Hintergründe
Atash ist der erste „abendfüllende Spielfilm“ des palästinensischen Regisseurs Tawfik Abu Wael, der in Israel aufgewachsen ist und auch heute dort lebt. Geboren wurde er 1976 in der palästinensischen Stadt Um El-Fahim im Norden Israels. Seine Geburtsstadt ist auch der Drehort von Atash. (Vgl. Gräfe 2005, S. 18)
Tawfik Abu Wael gehört zur sogenannten „ Neuen Generation“ von kulturschaffenden Palästinensern in Israel. Diese blenden bewusst den Nahostkonflikt aus und beschäftigen sich mit Palästinensern, die in Israel leben. (Vgl. ebd. 2005, S.20)
20% der israelischen Bevölkerung sind Palästinenser. Diese fühlen sich häufig als Bürger zweiter Klasse, sind andererseits hinsichtlich vorteilhafter Lebensumstände erfreut, in Israel anstatt in einem arabischen Land zu leben. Oft haben sie als Palästinenser israelischer Staatsbürgerschaft jedoch mit Identitätskonflikten zu tun. (Vgl. Wisam Zureik 2013)
Das Zusammenleben mit der jüdischen Bevölkerung hat Einfluss auf die arabische Minderheit in Bezug auf ihre Gewohnheiten, Einstellungen und Traditionen. Auch verlassen junge Palästinenser immer wieder ihre arabischen Ortschaften und ziehen in nahegelegene mehrheitlich jüdische Städte um u.a. der Enge und sozialen Kontrolle ihrer Heimatdörfer zu entgehen. (Vgl.ebd.)
Um el Fahim, der Drehort von Atash ist Israels größte fast rein palästinensische Stadt und heißt übersetzt „Mutter der Kohle“. Mit diesem Namen weist sie auf die wirtschaftliche Vergangenheit des 1265 gegründeten Ortes hin. Die Gegend ist bewaldet und ein Zentrum für die Holzkohleproduktion. Sie ist geprägt von ländlichen Strukturen, der Ort ist ein Arbeiterghetto, es gibt keine kulturelle Infrastruktur. (Vgl. Gräfe 2005, S. 18)
Erwähnenswert ist die Nähe zur Grenze zum Westjordanland. Atash spielt auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz der israelischen Armee, der von Einsamkeit bestimmt ist, da er nicht besiedelt werden darf. Auch landschaftlich ist das Setting von Kargheit und Kampfspuren (Einschusslöcher im Gemäuer) bestimmt. (Vgl. Neidhardt 2004, S. 3)
Aber nicht nur was den Ort betrifft, ist Atash authentisch. Bis auf Gamila werden alle Figuren des Films von Laien aus Um el Fahim dargestellt. (Vgl. ebd., S. 3)
Die Idee für Atash beruht auf Tawfik Abu Waels Kurzfilm „„Diary of a Male Whore“ von 2001, der einer der erfolgreichsten arabischen Kurzfilme ist: Der junge palästinensische Flüchtling Esam arbeitet als Stricher in Tel Aviv. Durch verschiedene Begegnungen, unter anderem mit einem älteren jüdischen Mann, kommen Erinnerungen an sein Heimatdorf in ihm hoch. Der Kurzfilm wiederum basiert auf dem berühmten Roman „Das nackte Brot“ von Mohammad Choukri. (Vgl. Gräfe 2005, S. 18)
2.3 Inhaltszusammenfassung
Eine palästinensische Familie im Norden Israels lebt seit mehr als 10 Jahren in einem verlassenen ehemaligen Militärgeländer der israelischen Armee ohne Kontakte zur Außenwelt zu pflegen. Die Familie besteht aus dem Vater, Abu Shukri, der Mutter, Um Shukri, der ältesten Tochter, Gamila, dem Sohn, Shukri und der jüngeren Tochter, Hamila. Grund für ihr isoliertes Leben ist Gamila, die durch ein Ereignis die Familienehre verletzt hat. Anstatt sie zu töten, ging die Familie aus der Zivilisation ins Niemandsland.
Der Alltag besteht hauptsächlich aus dem Herstellen von Holzkohle, für die der Vater und Shukri im nahegelegenen Wald illegal Bäume fällen und von deren Verkauf die Familie lebt.
Ansonsten verbringt Gamila Zeit mit Lesen und der Erinnerung an frühere Tage und Hamila baut sich Musikinstrumente aus Patronenhülsen und Drähten und spielt darauf. Shukri versucht seinen Schulbesuch aufrecht zu erhalten und muss sich deswegen gegen den Vater durchsetzen bzw. läuft davon (zur Schule).
Die Familie leidet unter Wassermangel, besonders seit Abu Shukri in seiner Wut über Shukris Abhauen zur Schule den Regenwassertank zerstört hat. Er baut eine Wasserleitung und zahlt dafür viel Geld. Ihm ist diese Leitung sehr wichtig, der Rest der Familie ist dagegen, denn sie bedeutet, dass der Vater vorhat weiter an dem Ort zu bleiben. Immer wieder versucht die Mutter ihn dahingehend zu beeinflussen, an die Zukunft, besonders von Shukri und Hamila zu denken.
Zum Ide-el-Kebir Fest (Opferfest) bringt der Vater seiner Frau und seinen Kindern neue Kleider aus der Stadt mit (wo er die Kohle verkauft). Gamila bekommt ein schneeweißes Kleid und läuft damit weg. Nach wenigen Tagen kommt sie zurück, wird vom Vater auf dem Weg gefunden, nach Hause getragen und eingesperrt.
Shukri zertrümmert das Schloss mit einem Hammer und befreit sie. Daraufhin verlässt der Vater die Familie. Das Leben scheint ohne den Vater erst einmal unverändert so weiterzugehen, mit Shukri als neuem Familienoberhaupt.
3. Interpretationsansatz und These
Naheliegend ist bei Atash eine Interpretation des Films auf der Grundlage des soziologischen Interpretationsansatzes.
Tawfik Abu Wael erschafft eine Familiensituation, die ihre Ursache in der Gesellschaft hat. Das „Vergehen“ Gamilas hätte wohl einen Ehrenmord verlangt. Der Vater als Familienoberhaut, der die Verantwortung hat die Familienehre wiederherzustellen, bringt seine Tochter nicht um, hält aber der Verachtung der Umgebung nicht stand. Deshalb geht er mit seiner Frau und seinen Kindern, um außerhalb der Gesellschaft zu leben. Somit wird die ganze Familie für Gamilas Zerstörung der Familienehre bestraft.
Aber die Strukturen und Normen der Gesellschaft sind natürlich auch in dem Denken und Handeln der Familienmitglieder verankert. Dabei zeigt der Film ein Entwicklung der beiden männlichen Protagonisten, des Vaters Abu Shukri und des Sohnes Shukri. Shukri stellt sich gegen den Vater zu seiner Schwester, indem er sie befreit und lässt so dem Vater endgültig bewusst werden, dass er seine Autorität und Macht in der Familie nicht aufrechterhalten kann bzw. verloren hat.
These: Atash, das heißt „Durst“ ist nicht nur Durst nach Wasser sondern nach Freiheit, nach Ausbruch aus der Gefangenschaft der Isoliertheit, in der Abu Shukri mit dem Wasserleitungsbau offensichtlich die ganze Familie für immer halten will, sowie Durst nach dem Ausbruch aus gesellschaftlich verlangten Verhaltensweisen und Rollenbildern. Von dem Durst aus den Grenzen auszubrechen sind dabei alle betroffen, nicht nur die Frauen. Väter und Söhne sind selber Opfer und Gefangene der patriarchalen palästinensischen Gesellschaft in Israel.
4. Handlungsanalyse
4.1. Merkmale der Handlung
Vor der eigentlichen detaillierteren Analyse der Handlung, sollen zuerst einige übergreifende Merkmale der Handlung betrachtet werden.
Atash ist ein Drama bzw. eine Tragödie. Die Erzählung ist realistisch und ernst. Ein gesellschaftliches Problem wird an den Figuren in Atash als sich stetig entwickelnder familiärer Konflikt gezeigt und endet in der Tragödie (das Scheitern des Protagonisten[1] ).
Die Handlung wird aus einer externen Fokalisierung erzählt. Als Zuschauer wissen wir weder mehr als die Figuren der Erzählung und auch nicht genauso viel wie sie. Vieles bleibt uns verborgen und wir können es nur durch das, was uns durch die einzelnen filmischen Gestaltungsmittel gezeigt wird, erahnen.
Die Erzählform ist eine geschlossene Form. Am Anfang werden dem Zuschauer der Ort des Geschehens und die Figuren bei ihrer alltäglichen Arbeit vorgestellt. Daraus baut sich von Anfang an langsam über verschiedene Stufen bis zu seinem Höhepunkt ein Konflikt auf. Wie der Film begonnen hat, so endet er auch. Wieder sehen wir die Familie bei ihrer alltäglichen Arbeit, diesmal nur mit einem neuen Familienoberhaupt. So wirkt die Handlung in sich abgeschlossen. Offen ist, wie sich Shukri in seiner neuen Rolle verhalten wird.
4.2. Die Handlung und ihre Struktur
Die Handlung kann nach der klassischen 5-Akt-Struktur in fünf Phasen gegliedert beschrieben werden.
Außerdem wird sie von einer Eingangs- und Schlusssequenz eingerahmt.
Sie ist chronologisch linear aufgebaut.
4.2.1. Rahmen 1: Eingangssequenz
Wir sehen zuerst den zentralen Ort der Handlung und dann nacheinander Shukri und Gamila ins Bild laufen, zum Wassertank rennen und zwei Wassereimer füllen. Auffällig sind die Blicke, mit denen sie sich dabei anschauen. Dann sehen wir die Mutter, Um Shukri und den Vater, Abu Shukri den brennenden Holzkohleberg mitten auf dem Hof löschen. Nun rücken der Vater, der energisch „Shukri“ ruft und Shukri, der sehr langsam vom Wassertank zurück kommt, während alle hektisch löschen (nun ist auch Hamila, die jüngere Schwester das erste Mal zu sehen) in den Fokus. Shukri läuft weg, er rennt zur Schule und murmelt dabei:“Ich kann nicht mehr, ich will zur Schule!“ und der Vater schimpft:“Der Mistkerl ist schon wieder entwischt!“ Der Blick fällt auf den langen schweren Hammer. Und in einem Anflug von Wut reißt er damit den Ständer des Wassertanks um. Auf die Frage der Mutter, wie sie jetzt Wasser kriegen, antwortet er:“Ich hab's satt, ich will Leitungswasser wie alle.“ Wir sehen das Gesicht Gamilas von der Seite, das kritisch, verbissen, böse in Richtung Vater schaut, die Öffnung zwischen den Mauern, durch die Shukri kam um in die Schule zu laufen, die zwei Wassereimer an dieser Stelle und wieder Shukri auf seinem Weg, der weiter murmelt: „Ich kann nicht mehr“. Das Wasser verläuft auf dem trockenen Boden und zu lesen ist der Titel: Atash – Durst.
Einige Elemente dieser Eingangssequenz haben symbolischen Charakter: Da ist das Wasser mit seiner Bedeutung und seinem Wert für das Leben der Familie sowie seinem Mangel. Es ist nicht das eigentliche Problem – wie für den Interpretationsansatz schon angedeutet - aber es hat den Anschein, als bräuchte der Vater eine Wasserleitung, um seine Position als Oberhaupt der Familie zu erhalten und zu beweisen. Er hat seinen einzigen Sohn nicht wirklich im Griff, für den der Schulbesuch nicht nur eine Fluchtmöglichkeit ist, sondern auch einen eigenen Weg zu gehen.
Auch der Hammer hat symbolische Funktion. Er bedeutet jedes Mal, wenn er zum Einsatz kommt eine Veränderung, dadurch, dass er Zerstörung und etwas Neues bringt.
4.2.2. Phase I: Exposition/Problementfaltung
Das Thema „Wasser“ wird nun entfaltet. Außerdem bekommen wir weitere Einblicke in das Verhältnis der Familienmitglieder untereinander.
Zwei Wassereimer sollen nach Abu Shukri bis zum Leitungsbau reichen. Außerdem scheint sein Vorhaben ernst zu sein. Es gibt zwei Szenen, in denen Um Shukri, die Mutter, auf den Vater einredet, den Plan eine Wasserleitung zu bauen zu lassen und an die Zukunft von Shukri und Hamila zu denken. Sie hätten das Geld nötiger und mit dem Geld könne man eine Wohnung nehmen. Für Gamila, die Große „ist es zu spät“(Mutter). Sowohl die Mutter, als auch Gamila sprechen aus, was die Leitung zu bedeuten hat: Der Vater scheint für die Zukunft der Familie keine Alternative zu sehen, als zu bleiben. (Gamila zu Shukri: „Er will uns hier festsetzen.“)
Während die Mutter mit ihm spricht und für die Kinder eintritt, kämpft Gamila zum Teil offen gegen ihn und seine Pläne. Sie nimmt kein Wasser von ihm an, verkippt vor seinen Augen einen Becher, den er ihr brachte und wahrscheinlich war sie es auch, die Nachts einen der Eimer umwarf.
Shukri ist der Leidtragende: Anstatt zur Schule zu gehen, muss er daraufhin mit Abu Shukri Wasser holen.
Hamila ignoriert den Vater völlig. Sie spricht kein Wort mit ihm, schaut ihn nicht an.
In dieser ersten Phase des Films erleben wir, dass Abu Shukri wichtige Entscheidungen, die die ganze Familie betreffen, alleine trifft und sich nicht davon abbringen lässt. Auch Shukri gegenüber ist er unnachgiebig und grob. Er macht ihm deutlich, dass er den Vorrang vor Schule und Prüfungen hat.
Shukri wiederum empfindet sich den Frauen der Familie gegenüber im Vorteil, wenn er Gamilia antwortet, dass er nicht vom Vater an dem Ort festgesetzt werden, sondern gehen kann, weil er ein Mann ist. „Ein Mann für wen?“ ist Gamilas Antwort, in der die Misere, in der auch Shukri steckt, zum Ausdruck kommt.
4.2.3 Phase II: Steigerung der Handlung
Eine Steigerung der Handlung tritt mit dem Bau der Wasserleitung ein.
Abu Shukri baut diese gemeinsam mit einem Bekannten der Familie. Dieser will ihn genauso wie Um Shukri vom Leitungsbau abhalten und rät ihm zurück in die Stadt zu kommen. Es gäbe wegen Gamila kein Gerede mehr, die Zeiten haben sich geändert und jeder wisse, dass sie belästigt wurde.
Bald muss Shukri jedoch etwas anderes erleben.
Zuvor jedoch profitieren alle erst einmal von der Wasserleitung. Die Anspannung scheint vorüber zu sein.
In einer weiteren Sequenz sehen wir den Vater und Sukri gemeinsam im Wald Holz für die Kohleproduktion fällen. Hier wird uns ein weiterer Aspekt des Lebens der Familie vorgestellt. Ihre Situation bedeutet nicht nur Gefangenschaft, sondern ist auch gefährlich. Im Gespräch auf der Fahrt zum Bau der Wasserleitung drückte der Bekannte der Familie seine Verwunderung über das Leben an diesem Ort aus: Was, wenn sie euch erwischen? Im Wald versetzt Motorengeräusch Abu Shukri in Panik, da er eine Patrouille befürchtet.
Interessant ist nun wie in der anschließenden Sequenz in der Dämmerung beim Arbeiten am Holzkohlehaufen der Vater seinen Rollkragen bis zur Nase über das Gesicht zieht. Seine Augen haben dabei etwas Bedrohliches. Er dreht sich zu Shukri und beide werfen sich einen langen Blick zu. Die gleiche Geste finden wir in der Schluss-Sequenz. Dort ist es dann Shukri, der den Rollkragen wie sein Vater über das Gesicht zieht und Gamila anschaut.
[...]
[1] „Wichtigstes Element der Tragödie ist das Scheitern des Protagonisten“ Lonnemann 2013