Die BILD-Zeitung ist eine umstrittene, aber dennoch – oder gerade deshalb? - bedeutsame Institution in der deutschen Presselandschaft. Von intellektuellen Milieus wird sie traditionell verachtet. Sie trage durch einseitige und verkürzte Darstellungen zur Verdummung des Volkes bei, verbreite Lügen (die berühmten „Enten“) oder Halbwahrheiten und fahre hetzerische Kampagnen gegen Personen der Öffentlichkeit oder komplett unbekannte Privatpersonen (etwa gegen den ausgewanderten Sozialhilfeempfänger „Florida-Rolf“. Dennoch wagt kaum ein Politiker die offene Konfrontation mit der Zeitung „mit den vier großen Buchstaben“, denn BILD besitzt durch seine Kampagnenfähigkeit und seinen großen Leserkreis ein außerordentliches Machtpotential, das Volkes Meinung und damit indirekt die Regierungspolitik stark beeinflussen kann. Der bekannte Slogan der Zeitung „BILD Dir Deine Meinung“ kommt der Wahrheit wohl weniger nahe als die leicht abgewandelte Version „BILD bildet Deine Meinung“. Dieser Tatsache sind sich Politiker nur allzu bewusst, weshalb sie möglichst den Schulterschluss mit dem Hamburger Boulevardblatt such(t)en. Helmut Kohl konnte lange Jahre seiner Regierungszeit auf die Unterstützung des mächtigen Springer-Organs bauen und von Gerhard Schröder wird das Zitat transportiert, dass er zum Regieren lediglich „BILD und die Glotze“ benötige.
Es ist auf Grund dieser außerordentlichen Bedeutung des Mediums besonders interessant zu untersuchen wie sich die BILD im zentralen und besonders sensiblen Politikfeld der Arbeitslosigkeit im Laufe der Jahrzehnte „positionierte“. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ vorgehenden Arbeit wird die These vertreten, dass das Springer-Blatt zwei Gesichter zeigt: Ein arbeitnehmernahes, mitfühlendes und scheinbar an Einzelschicksalen interessiertes und ein arbeitgeberfreundliches, dem neoliberalen Argumentationsmuster nahe stehendes Gesicht. Daraus ergeben sich Widersprüchlichkeiten, deren Ursachen in der Geschichte des Blattes vermutet werden können. Am Anfang allerdings sollen einige Bemerkungen zur Begrenztheit des Datenmaterials und zum methodischen Vorgehen stehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. BILD bildet Meinung
- 2. Die beschränkten Möglichkeiten Quantitativer Analyse
- 3. Zwischen Einzelschicksalen und Neoliberalismus
- 3.1 Die Personalisierung von Arbeitslosigkeit in BILD
- 3.2 Die andere, neoliberale Wirklichkeit
- 4. Mögliche Erklärungen für den Drahtseilakt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Berichterstattung der BILD-Zeitung zum Thema Arbeitslosigkeit im Laufe der Jahrzehnte. Dabei wird die These aufgestellt, dass die Zeitung zwei Gesichter zeigt: ein arbeitnehmernahes und ein arbeitgeberfreundliches. Die Arbeit untersucht, wie sich die BILD im sensiblen Politikfeld der Arbeitslosigkeit „positionierte“ und wie sie sich mit dem komplexen Phänomen der Arbeitslosigkeit auseinandersetzte.
- Die ambivalenten Positionierungen der BILD-Zeitung zum Thema Arbeitslosigkeit
- Die Darstellung von Arbeitslosigkeit durch die BILD im Kontext von Einzelschicksalen
- Die Verbindung von Arbeitslosigkeit mit neoliberalen Argumentationsmustern
- Die Rolle der BILD als einflussreiche Institution in der deutschen Presselandschaft
- Die Auswirkungen der BILD-Berichterstattung auf die öffentliche Meinung
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Bedeutung der BILD-Zeitung in der deutschen Presselandschaft und stellt die These der Arbeit vor, dass die Zeitung zwei Gesichter zeigt: ein arbeitnehmernahes und ein arbeitgeberfreundliches. Kapitel 2 diskutiert die Herausforderungen bei der quantitativen Analyse von Daten aus der BILD-Zeitung. Kapitel 3.1 analysiert die Personalisierung von Arbeitslosigkeit in der BILD-Berichterstattung und zeigt, wie die Zeitung das Problem der Arbeitslosigkeit durch die Darstellung von Einzelschicksalen für den Leser greifbarer macht. Kapitel 3.2 beleuchtet die Nähe der BILD-Berichterstattung zu konservativen, arbeitgebernahen Argumentationsmustern.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Arbeitslosigkeit, Medienberichterstattung, BILD-Zeitung, Neoliberalismus, Personalisierung, Einzelschicksale, quantitative Analyse, qualitative Analyse und Diskurs.
- Quote paper
- Andreas Huber (Author), 2004, Arbeitslosigkeit in der BILD-Zeitung - zwischen Einzelschicksalen und Neoliberalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/35336