[...] In den Medien wird uns immer wieder im Rahmen der Debatten der Regierungs- und Oppositionsparteien der beinahe zum Schlagwort sozialer Reformen gewordenen Begriff der ‚Gerechtigkeit’ präsentiert. An diesem Punkt stellt sich zwingend die Frage, was unter dem nahezu inflationär verwendeten Gerechtigkeitsbegriff eigentlich zu verstehen ist. Auf welche Gerechtigkeitsprinzipien beruft sich die Politik, wenn sie von ‚gerechten Reformen’ des Sozialstaats spricht, und welche Form der Gerechtigkeit fordert die Gesellschaft ein? Oder anders gefragt: Kann die Institution Wohlfahrtsstaat auf ein Konzept von Gerechtigkeit zurückgreifen bzw. kann die Heranziehung eines theoretischen Gerechtigkeitskonzepts für die Erklärung oder gar Legitimation der Institution Wohlfahrtsstaat dienlich sein? Um dieser Frage nachzugehen, soll in der vorliegenden Arbeit die „Theorie der Gerechtigkeit“ von John Rawls aus dem Jahre 1971 in ihren Grundzügen betrachtet werden, um im Anschluss zu untersuchen, inwiefern sich diese Theorie eignet, wohlfahrtsstaatliche Interventionen unter dem Aspekt der Gerechtigkeit zu erklären. Als Beispiel einer der Dimensionen wohlfahrtsstaatlicher Wirkungsfelder soll hier knapp auf das gesellschaftlich dringlichste Problem der Massenarbeitslosigkeit und auf die politische Antwort darauf in Form sozialstaatlicher Versorgung von Arbeitslosen bzw. die Arbeitsmarktpolitik eingegangen werden. Bereits an dieser Stelle sei gesagt, dass davon auszugehen ist, dass die in der vorliegenden Arbeit aufgenommene Diskussion, sich nicht allzu detailliert aufzeigen lässt, da die Komplexität der Thematik dies in diesem Rahmen nicht gebietet. [...] Die Arbeit kann somit als eine ausschnittsweise Betrachtung des Wohlfahrtsstaates gesehen werden, die sich auf die Anwendung der Grundzüge der Gerechtigkeitstheorie Rawls’ konzentriert. Im ersten Kapitel soll zunächst der Begriff der Gerechtigkeit genauer beschrieben werden und anschließend das Gerechtigkeitskonzept Rawls’ aufgezeigt werden. Die Bedeutung der Rawls’schen Theorie für die Institution Wohlfahrtsstaat wird im zweiten Kapitel dargelegt, um abschließend darauf einzugehen, wie das Problem der Arbeitslosigkeit und die dazugehörigen wohlfahrtsstaatlichen Eingriffe unter dem Aspekt der Gerechtigkeit einzuordnen sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff der Gerechtigkeit und die Gerechtigkeitstheorie nach Rawls
- Definition: Gerechtigkeit
- Die Gerechtigkeitstheorie nach John Rawls: Verteilungsgerechtigkeit
- Die Gesellschaft im hypothetischen Urzustand
- Die Grundprinzipien der Gerechtigkeit
- Chancengleichheit
- Kritik
- Der Wohlfahrtsstaat: eine Institution der Verteilungsgerechtigkeit?
- Arbeitsmarkt und soziale Sicherung
- Gerechtigkeit im Wohlfahrtsstaat unter der Bedingung von Massenarbeitslosigkeit
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Institution Wohlfahrtsstaat im Lichte der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls. Ziel ist es, die Anwendbarkeit der Rawls'schen Theorie auf wohlfahrtsstaatliche Interventionen zu analysieren und anhand des Beispiels der Massenarbeitslosigkeit und der entsprechenden sozialstaatlichen Maßnahmen die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit im Wohlfahrtsstaat zu beleuchten.
- Das Gerechtigkeitskonzept von John Rawls
- Die Bedeutung von Verteilungsgerechtigkeit im Wohlfahrtsstaat
- Die Rolle des Wohlfahrtsstaates bei der Bewältigung von Massenarbeitslosigkeit
- Kritik an der Rawls'schen Theorie im Kontext des Wohlfahrtsstaates
- Das Verhältnis von Markt und Staat im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik des Wohlfahrtsstaates und der Gerechtigkeit ein. Sie stellt die Aktualität der Gerechtigkeitsdebatte im Kontext gesellschaftlicher und ökonomischer Herausforderungen heraus. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Frage nach der Legitimation des Wohlfahrtsstaates durch die Theorie der Gerechtigkeit zu untersuchen.
Der Begriff der Gerechtigkeit und die Gerechtigkeitstheorie nach Rawls
Dieses Kapitel definiert den Gerechtigkeitsbegriff und stellt die Hauptaspekte der Rawls'schen Gerechtigkeitstheorie dar. Es erläutert die Grundprinzipien der Theorie, die auf dem Konzept des hypothetischen Urzustands basieren. Dabei werden die zentralen Elemente der Verteilungsgerechtigkeit und die Bedeutung von Chancengleichheit hervorgehoben.
Der Wohlfahrtsstaat: eine Institution der Verteilungsgerechtigkeit?
Im zweiten Kapitel wird die Frage nach der Rolle des Wohlfahrtsstaates als Instrument der Verteilungsgerechtigkeit diskutiert. Es wird untersucht, inwiefern die Rawls'sche Theorie geeignet ist, wohlfahrtsstaatliche Interventionen im Arbeitsmarkt und der sozialen Sicherung zu erklären. Dabei werden die Herausforderungen der Massenarbeitslosigkeit und die entsprechenden sozialstaatlichen Maßnahmen im Fokus stehen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen wie Gerechtigkeitstheorie, Verteilungsgerechtigkeit, Wohlfahrtsstaat, Sozialstaat, Massenarbeitslosigkeit, Arbeitsmarktpolitik und dem Verhältnis von Markt und Staat. Die Schwerpunkte liegen auf der Anwendung des Gerechtigkeitskonzepts von John Rawls auf die Institution Wohlfahrtsstaat und auf der Analyse der Rolle des Sozialstaates in der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen.
- Quote paper
- Tamara Oberhauser (Author), 2004, Der Wohlfahrtsstaat - eine gerechte Institution? Eine Betrachtung des WFs anhand der Theorie von John Rawls, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/35293