Aufgrund der großen Zahl von Möglichkeiten und Mitteln, sich in die deutsche Demokratie einzubringen, verändert sich die Teilnahme an der Politik mit der Zeit. Dem Bürger ist es freigestellt, inwiefern er sich daran beteiligen möchte. Für manche reicht es aus, regelmäßig zur Bundestagswahl zu gehen. Andere wiederum enthalten sich bei dem Punkt komplett. Aber auch unkonventionelle Mittel der politischen Anteilnahme bieten für einige Menschen Anreiz, sich in das politische Geschehen zu integrieren. Die Frage ist, wie sich die politische Partizipation in Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990 verändert hat. Ein guter Indikator für die Teilnahme an institutionalisierten und konventionellen Formen ist mit Sicherheit die Bundestagswahl, da sie wohl das medienpräsenteste Mittel der politischen Mitgestaltung ist. Aber auch unkonventionelle Formen und weniger institutionalisierte Formen wie Demonstrationen oder auch Streiks werden von der deutschen Bevölkerung genutzt, um sich in die Politik zu integrieren.
Gliederung
1. Einleitung
2.überblick zur demographischen Entwicklung
3.überblick zur Wahlbeteiligung
4. Entwicklung der Wählerschaft
4.1 Nach Bundesländern
4.2 Nach Geschlecht
4.3 Nach Alter
5. Unkonventionelle, weniger institutionalisierte und weitere Formen der politischen Partizipation
5.1 Das politische Interesse
5.2 Demonstrationen
5.3. Politische Parteien, Gewerkschaften und Interessensgruppen
6. Fazit
7. Anhang
1. Einleitung
Aufgrund der großen Zahl von Möglichkeiten und Mitteln, sich in die deutsche Demokratie einzubringen, verändert sich die Teilnahme an der Politik mit der Zeit.
Dem Bürger ist es freigestellt, inwiefern er sich daran beteiligen möchte. Für manche reicht es aus, regelmäßig zur Bundestagswahl zu gehen. Andere wiederrum enthalten sich bei dem Punkt komplett. Aber auch unkonventionelle Mittel der politischen Anteilnahme bieten für einige Menschen Anreiz, sich in das politische Geschehen zu integrieren.
Die Frage ist, wie sich die politische Partizipation in Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990 verändert hat. Ein guter Indikator für die Teilnahme an institutionalisierten und konventionellen Formen ist mit Sicherheit die Bundestagswahl, da sie wohl das medienpräsenteste Mittel der politischen Mitgestaltung ist. Aber auch unkonventionelle Formen und weniger institutionalisierte Formen wie Demonstrationen oder auch Streiks werden von der deutschen Bevölkerung genutzt, um sich in die Politik zu integrieren.
Inwieweit sich diese Bereiche seit der Wiedervereinigung verändert haben, wird Schwerpunkt dieser Arbeit sein. Ob und wie sich bestimmte Trends entwickeln, wird sich herausstellen und ob gewisse Entwicklungen in der politischen Partizipation Deutschlands vielleicht jetzt schon Folgen haben oder erst spätere Generationen davon betroffen sein werden, wird sich zeigen.
2.überblick zur demographischen Entwicklung
Um die politische Partizipation in Deutschland seit 1990 zu untersuchen, ist es erforderlich, einen kurzen und prägnantenüberblick zur demographischen Entwicklung zu erstellen.
Wie dem Datenreport 2008 zu entnehmen ist, stieg die bundesdeutsche Bevölkerung von 79,753 Mio. (Stand 1990) auf 82,315 Mio. im Jahr 2006 an. Erwähnenswert ist hierbei, dass der Höchstwert bereits 2002, mit 82,537 Mio., erreicht wurde und die Bevölkerung seit dem einen Rückgang erfährt.
Das Sinken der deutschen Bevölkerung hängt zum einen mit dem Geburtenrückgang zusammen. „Mit der im Jahr 2006 in Deutschland rechnerisch ermittelten durchschnittlichen Kinderzahl von 1,33 Kindern je Frau wird die zur Erhaltung der Bevölkerungszahl auf längere Sicht erforderliche Zahl von 2,1 Kindern je Frau deutlich unterschritten.“1
Die deutsche Bevölkerung wird älter, verdeutlicht durch den Jugendquotienten2 und Altenquotienten3 des Datenreports 2008. Denn der Jugendquotient ist von 34,3% (1995) auf 32,5% (2006) gesunken; der Altenquotient hingegen stieg im gleichen Zeitraum von 24,7% auf 32,7%. Das bedeutet beispielweise, dass 1995 noch 21,5% der deutschen Bevölkerung unter 20 Jahre alt waren, 2006 sind es nur noch 19,7%.
Ebenfalls wissenswert für die nachfolgende Arbeit ist die Zahl der Wahlberechtigten in Deutschland. Das „Altern der Bevölkerung“ trägt trotz gleichzeitiger Abnahme der Bevölkerungszahl dazu bei, dass die Zahl der Wahlberechtigten steigt. Im Jahr 1990 waren 60,4 Mio. Menschen wahlberechtigt. Bis 2005 stieg die Zahl auf rund 61,9 Millionen4.
3.überblick zur Wahlbeteiligung
Grundsätzlich ist die Wahlbeteiligung der deutschen Bevölkerung in einem positiven Licht zu sehen. Im internationalen Vergleich mit anderen westlichen Industriestaaten ist die Teilnahme an nationalen Abstimmungen vergleichsweise hoch.
Von 1953 bis 1987 lag die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl in Deutschland immer höher als 84%, wobei im Jahr 1972 der Höchstwert mit 91,1% und 1987 die geringste Wahlbeteiligung von 84,3% vorliegen. Seit 1987 lässt sich eine vermehrte Wahlenthaltung verzeichnen. Beispielweise lag die Wahlbeteiligung 1990 bei 77,8% und bei der Bundestagswahl 2009 sogar nur bei 70,8%.
Den Statistiken ist zu entnehmen, dass seit der Wiedervereinigung und der ersten Wahlteilnahme der neuen Länder bei der Bundestagswahl 1990 das frühere Bundesgebiet eine höhere Wahlbeteiligung als das alte Bundesgebiet aufweist. 1994 gingen 80,5% des alten Bundesgebietes zur Wahl. Im Gegensatz dazu waren es im neuen Bundesgebiet lediglich 72,6%. Dieser Trend setzte sich fort und 2009 gingen 7,5% weniger Menschen aus den neuen Ländern zur Wahl.
Gemessen seit 1990: Männer und Frauen zwischen dem 45. und dem 70. Lebensjahr gehen am häufigsten zur Wahl. Im Jahr 2002 beispielsweise gingen 86,4% der 60-70 Jährigen wählen, bei jungen Menschen im Alter von 21-25 Jahren lag die Beteiligung an der Bundestagswahl hingegen bei 68,1%.
Da diese Arbeit hauptsächlich auf die neuere Entwicklung der Wahlbeteiligung eingeht, lässt sichüberblickshalber feststellen, dass die Wahlenthaltung seit Mitte der 80er Jahre zugenommen hat. Es gehen mehr Menschenüber 45 Jahren zur Wahl und die Wahlbeteiligung ist in den alten Bundesländern höher. Der geschlechtsspezifische Unterschied ist hingegen sehr gering, wodurch ihm kaum Relevanz zuzuschreiben ist.
4. Entwicklung der Wählerschaft
Nachdem im zweiten Punkt ein kurzerüberblick zur Wahlbeteiligung geschaffen wurde, wird im nachfolgenden die Wählerschaft thematisiert. Charakteristische Merkmale wie Alter, Geschlecht und Herkunft nach Bundesland spielen dabei zentrale Rollen. Es ist davon auszugehen, dass sich sowohl die Wahlbeteiligung, als auch Wahlverhalten und Einstellungen mit der Zeit verändern.
Im Folgenden soll mit Hilfe vorhandener repräsentativer Wahlstatistiken dargestellt werden, inwiefern sich der deutsche Wähler verändert hat.
4.1 Nach Bundesländern
Da die repräsentativen Statistiken zu den Bundestagswahlen eine enorme Fülle an Detailreichtum bieten, beschränkt sich die Untersuchung auf Veränderungen im Wahlverhalten der einzelnen Bundesländer auf die Jahre 1990, 2002 und 2009. Somit bleibt eine gewisseübersichtlichkeit gewährleistet.
1990 lag die Wahlbeteiligung der gesamten deutschen Bevölkerung bei 76,3%. Im früheren Bundesgebiet und Westberlin gingen 76,9% zur Wahl, in den neuen Bundesländern und Ostberlin 74%. Die höchste Wahlbeteiligung 1990 hatte das Saarland mit mehr als 83%. Im Gegensatz dazu bildet Sachsenanhalt das Schlusslicht mit der niedrigsten Wahlbeteiligung, hier waren es nur 71,7%. In Bayern war die Wahlbeteiligung mit 71,9%überraschend niedrig, Zwölf Jahre später stieg die Wahlbeteiligung im gesamten Bundesgebiet um 3,3%. Dieser prozentuale Anstieg resultiert daraus, dass vor allem in den alten Bundesländern mehr Leute zur Wahl gingen und mit 81,2% im Jahr 2002 ein Anstieg von 4,3% im Vergleich zur Bundestagswahl 1990 zu verzeichnen ist. Die Wahlbeteiligung in den neuen Bundesländern ist hingegen gesunken. Die geringste Wahlbeteiligung verzeichnet weiterhin Sachsen Anhalt und ist im Vergleich zu 1990 sogar auf 69,1% gesunken.
Deutlich stieg die Zahl der Wählerinnen und Wähler in Bayern und im Vergleich zum Bundestagswahljahr kurz nach der Wiedervereinigung weist Bayern mit 82,1% die höchste Wahlbeteiligung im gesamten Bundesgebiet auf. In Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, aber auch in Bremen und Hamburg gingen 2002 mehr Leute zur Wahl als es 1990 der Fall war.
Die Bundestagswahl 2009 weist mit 71,4% eine noch geringere Wahlbeteiligung als 1990 auf. Wie schon in den Vorjahren ist die Wahlbeteiligung in den neuen geringer als in den alten Bundesländern. Die Zahl der Wähler ist in Sachsen-Anhalt noch weiter gesunken und 2009 waren es nur um die 60%, die dort zur Wahl gingen.
Zur Entwicklung der Wahlbeteiligung nach Bundesländern lässt sich also zusammenfassend sagen, dass seit der Wiedervereinigung Menschen in den neuen Bundesländern und Ostberlin weniger zur Wahl gehen als die Leute, die im alten Bundesgebiet leben. Bezeichnend ist hierbei, dass vor allem Sachsen Anhalt mit der geringsten Wahlbeteiligung heraussticht, die 2009 sogar auf 60,8% gesunken war. Es wäre naiv zu sagen, dass der Trend, welcher seit den 80er Jahren immer weiter sinkende Wahlbeteiligungen nach sich zieht, in Folge der Wiedervereinigung nur durch den Mangel an Wahlbereitschaft in den neuen Bundesländern zu Stande käme, denn obwohl im Vergleich immer noch mehr Menschen des alten Bundesgebietes zur Wahl gehen, sinkt auch dort die Zahl der Wählerinnen und Wähler. Somit lässt sich kein genauer Trend in Bezug auf die Entwicklung nach Bundesländern abzeichnen. Gewisse Schwankungen sind normal und die Wahlbeteiligung sinkt allgemein. In Sachen Anhalt scheint die Motivation der Wähler etwas stärker nachzulassen, als es vielleicht in Bremen oder Hamburg der Fall ist.
4.2 Nach Geschlecht
Die Frage, ob sich die Wahlbeteiligung bei Männern und Frauen signifikant verändert hat, lässt sich relativ schnell beantworten. Fakt ist, dass repräsentative Statistiken aufweisen, dass ein allgemeiner Unterschied in der Wahlbeteiligung bei Männern und Frauen sehr gering ist.
1990 waren es 77% der wahlberechtigten Männer, die zur Wahl gingen. Bei den Frauen lag die Beteiligung bei 75,7%. Diese fast gleiche Wahlbeteiligung hat sich im Jahr 2002 weiter angeglichen. Es waren nur 0,5%, die Männer mehr zur Bundestagswahl gingen. Auch 2009 lag die Wahlbeteiligung der Männer nur um 0,8% höher als bei den Frauen
Dementsprechend lässt sich weder ein Trend noch eine Prognose aufzeigen, nach dem es im Moment oder zukünftig eine Ungleichheit in der Wahlbeteiligung bei Männern und Frauen gibt.
4.3 Nach Alter
Im vorangegangen Punkt wurde bereits angesprochen, dass das Geschlecht bei Wahlen eine untergeordnete Rolle spielt. Insofern ist bei der Untersuchung nach dem Alter nicht nach Geschlecht zu trennen, es werden hierbei die Altersgruppen allgemein unterschieden und eine weitere Trennung nach dem Alter erscheint hier unnötig.
1990 gingen am meisten Menschen im Alter zwischen 40 und 70 zur Wahl. Den höchsten Wert der Wahlbeteiligung erreichen die 60 bis 70 Jährigen mit 86,5%. Von den jüngsten Wählern (18-21 Jahre) gingen 70,2% zur Wahl. Wer vermutet hätte, genau diese jungen und zum Teil Neuwähler gehen vergleichsweise wenig zur Wahl, liegt falsch. Mit 61,8% ist es die Altersgruppe der 21 bis 25 Jährigen, welche die niedrigste Wahlbeteiligung aufweist. Um es vorwegzunehmen: sowohl 2002, als auch 2009 gingen in dieser Altersgruppe die wenigsten Deutschen zur Wahl.
Auch bei den Bundestagswahlen 2002 und 2009 war es der Fall, dass die 40 bis 70 Jährigen am häufigsten wählen gingen. Von den deutschen Wählern sind die jüngeren Generationen unter 35 Jahren, weniger motiviert oder gehen aus anderen Gründen nicht zur Wahl. Die älteren Bundesbürger sind in diesem Fall eindeutig engagierter, denn von den 60 bis 70 Jährigen gingen 1990 und 2002 mindestens 86% zur Bundestagwahl. Lediglich 2009 lag die Wahlbeteiligung in dieser Altersgruppe bei etwas mehr als 80%, was jedoch die allgemein geringere Wahlbeteiligung in diesem Jahr nach sich zieht.
[...]
1 Statistisches Bundesamt (2008): Datenreport 2008. Ein Sozialbericht für die Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden: Bundeszentrale für politische Bildung: 14.
2 „Altersgruppe der unter 20-Jährigen bezogen auf die Altersgruppe der 20- bis unter 65-Jährigen.“ (Ebd.)
3 „Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren bezogen auf die Altersgruppe der 20- bis unter 65-Jährigen.“ (Ebd.)
4 vgl. Abbildung 1