Die Thematik der folgenden Illustration ist konzentriert auf die Disziplinierungsmaßnahmen während einer autoritären und vergangenen Ära und der demokratischen Zeit, die bis in die Gegenwart beständig ist. Die Begrifflichkeiten der Disziplin im schulischen Kontext und die der Lehrerautorität werden von jeweiligen Generationen unterschiedlich aufgefasst und definiert.
Wie und in welchen Situationen haben Kinder und Jugendliche der nationalsozialistischen Zeit Autorität erlebt? Sind die Erziehungsgrundsätze unmittelbar gleich geblieben oder spricht man heute von "Disziplin im Wandel der Zeit"?
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Der Begriff "Disziplin"
2.1. Disziplinierungstechniken
2.2. Pädagogisch gerechtfertigte Maßnahmen
3. Illustration der Disziplinierung
3.1. Disziplin in der Schule in der nationalsozialistischen Zeit
3.2. Disziplin in der Schule zur heutigen Zeit
4. Disziplin und Didaktik
4.1. Die Lehrer - Schüler - Beziehung
4.2. Didaktik als Hilfsmittel
4.3. Elternarbeit zwischen Disziplin und Klassenführung
4.4. Disziplinschwierigkeiten - Ursachen und Reduktion
5. Schlusswort
6. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Dieser Hausarbeit liegt das Seminar "Fluch und Segen der Disziplin" von Prof. Dr. Becker zu Grunde. Geleitet durch dessen Vorträge über seine schulische Laufbahn, die einschlägig durch das nationalsozialistische Regime in Deutschland geprägt war, basiert die Thematik der folgenden Illustration auf den Disziplinierungsmaßnahmen während einer autoritären und vergangenen Ära und der demokratischen Zeit, die bis in die Gegenwart beständig ist. Die Begrifflichkeiten der Disziplin im schulischen Kontext und die der Lehrerautorität werden von jeweiligen Generationen unterschiedlich aufgefasst und definiert. Wie und in welchen Situationen haben Kinder und Jugendliche der nationalsozialistischen Zeit Autorität erlebt? Sind die Erziehungsgrundsätze unmittelbar gleich geblieben oder spricht man heute von "Disziplin im Wandel der Zeit"? (SCARBATH, 1987).
2. Der Begriff "Disziplin"
Hören wir den Begriff "Disziplin", kommen uns die verschiedensten Assoziationen in den Sinn: Ordnung, Ein- oder Unterordnung, nur dann zu sprechen, wenn man gefragt wird, Militär, Selbstdisziplin, Stillsein. Beispielsweise weckt das Wort "Disziplin" bei einem Schüler den Gedanken, jeden Tag vorbildlich in die Schule zu gehen. Bei einem Sportler hingegen, entsteht die Assoziation, dass er Sport zum Selbstzweck erfüllt und aus diesem Grund Selbstdisziplin erlernen muss. In einem ähnlichen Sinn meint der Begriff auch den Grad der Ordnung innerhalb einer Institution, der einen möglichst effizienten Organisationsablauf ermöglicht. In der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Disziplin“ findet sich das lateinische Wort disciplina wieder. Das Wort disciplina stand nicht nur für „Zucht, Grundsatz, Ordnung, sondern stellte einen Sammelbegriff für Unterricht dar, die damit verbundene Lehrmethode für das Unterrichtsfach selbst, die darin erworbenen Kenntnisse, für Wissen, Bildung und Erziehung schlechthin“ (MÖLLER, 1991).
2.1. Disziplinierungstechniken
Die Disziplinierungstechniken in der nationalsozialistischen Zeit unterlagen einem streng reglementierten Aufbau. Mit seinen Hierarchien, Dienstvorschriften und ideologischen Grundsätzen wurde von einem Disziplinarsystem nach bürokratisch- militärischem Muster flankiert, nach dem alle "Verfehlungen gegen die Zucht, die Ordnung und die Interessen der Bewegung" bestraft wurden. Je nach Schwere des Verstoßes reichten die Disziplinierungsmaßnahmen von Verwarnungen über Degradierungen bis hin zu Ausschluss. Dabei wurde abweichendes Jugendverhalten keinesfalls nur dann bestraft, wenn es um kriminelle Handlungen ging, sondern auch im Falle von Freizeitaktivitäten, die nach Ansicht der Hitlerjugend eine Provokation und einen Verstoß gegen das "Verbot der bündischen Jugend" darstellten. Verhaftete Jugendliche wurden in der Regel zunächst verhört, was zum Teil auch mit brutalen Methoden geschah und anschließend entweder mit einer Verwarnung entlassen oder in Schutzhaft behalten. Bei schweren Vergehen wurden sie mit Jugendarrest bestraft oder kamen in ein Jugend-KZ. (ORTMEYER, 1996)
2.2. Pädagogisch gerechtfertigte Maßnahmen
Wenn es um die Disziplin in der Schule zur heutigen Zeit geht, ist von pädagogisch gerechtfertigten Maßnahmen die Rede. Schülerinnen und Schüler sind weder permanenten Druck, noch Angst oder Brutalität im Unterricht ausgesetzt. „Erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen dienen der Personen und Sachen. Sie können angewendet werden, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Pflichten verletzt (...)." (Schulgesetz für das Land, 2005). Schülerinnen und Schüler haben in der Schule gewisse Aufgaben: Sie sollen der Schul- und Klassenordnung folgen, Andere mit Respekt behandeln und eine "gute" Erziehung aufweisen. Falls dies nicht eingehalten wird, kann es zu gewissen Maßnahmen kommen, die jedoch human und zu pädagogisch gerechtfertigten Zwecken dienen. Pädagogisch gerechtfertigte Maßnahmen tragen weder körperliche Gewalt noch jegliche Folgen mit sich. Sie dienen lediglich der Disziplinierung und Einhaltung von Ordnung. Maßnahmen, denen ein Sinnzusammenhang zum Fehlverhalten fehlt, sind in fast allen Schulgesetzen der deutschen Bundesländer verboten. Schon aus grundsätzlichen pädagogischen Erwägungen heraus, ist es vielmehr angebracht, diesen Zusammenhang durch die individuelle Gestaltung der Maßnahme deutlich herauszustellen. Ein Beispiel dafür wäre die Reinigung der Tische als erzieherische Maßnahme für Schüler, die ihre Tische verunstaltet haben.
3. Illustration der Disziplinierung
Seit dem zweiten Weltkrieg hat sich unser Verhältnis zur Disziplin verändert. Erziehungsgrundsätze, welche zu "Abgründen der Disziplin" sowie Verzicht auf eigenes Denken führen, wurden zu mahnenden Hinweisen. Disziplin in der Schule hat sich im letzten Jahrzehnt gewandelt. Die Erziehungsgrundsätze haben sich in unserer Zeit deutlich verändert. In der nationalsozialistischen Zeit wurden - für uns heute unvorstellbar - andere Grundsätze und Disziplinierungstechniken angewandt. In der gegenwärtigen Zeit hingegen liegt der Fokus eher auf pädagogisch gerechtfertigten Maßnahmen. Hierzu stellt das folgende Kapitel eine Illustration dar, inwiefern Disziplin in der nationalsozialistischen Zeit angewendet wurde und in der heutigen Zeit angewendet wird.
3.1. Disziplin in der Schule in der nationalsozialistischen Zeit
„In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die gesamte Bevölkerung weitgehend diszipliniert, und schon allein deshalb ist der Begriff der Disziplin in Deutschland zeitgeschichtlich belastet.“ (BECKER, 2009). Hitlers Gedanken über die deutsche Jugend kommen sehr deutlich in seiner Schrift „Mein Kampf“ (DHM), die er schon im Jahre 1924 zu schreiben begann und in einigen seiner vielen Reden zum Ausdruck. Körperliche Gesundheit und Sport sowie eine äußerst strenge Erziehung werden immer wieder in diesem Buch und in den Reden betont, weil sie die wichtigsten Komponenten der nationalsozialistischen Erziehung waren. Die Nationalsozialisten hatten sehr strenge Vorstellungen darüber, wie ein Mensch denken und handeln sollte (ORTMEYER, 1996). Die Herkunft war darüber hinaus unermesslich wichtig. Es gab keinen Raum für Abweichungen. Aus diesem Grund ist es interessant, die Verhältnisse, in denen die Kinder lebten, zu analysieren und die nationalsozialistische Einstellung zur Kindererziehung zu untersuchen. Um die Kinder und Jugendlichen auch außerhalb der Schule zu erreichen, wurden schrittweise alle Jugendverbände und Jugendgruppen verboten. Mit dem Gesetz über die Hitlerjugend von 1936 wurde die Hitlerjugend für die Erziehung und Bildung außerhalb der Schule und des Elternhauses verantwortlich. Hitlerjugend oder kurz "HJ" war die Bezeichnung für alle nationalsozialistischen Jugendorganisationen. Ein wesentliches Element, die Jugendlichen in der HJ im Sinne der Volksgemeinschaftsideologie auszurichten, bestand in ihrer Uniformierung. Die Uniform sollte, als Ausdruck der Volksgemeinschaftsideologie, die sozialen Unterschiede zwischen den Jugendlichen einebnen und ersetzte sie durch eine innerorganisatorische Hierarchisierung. Die Zugehörigkeit zu einer Einheit, der Rang und die Stellung waren an der Uniform durch verschiedene Abzeichen genau ablesbar. Ab 1939 mussten alle Kinder und Jugendlichen an den Veranstaltungen der Hitlerjugend teilnehmen: Die 10 bis 14- jährigen Jungen im "deutschen Jungvolk"; die 14 bis 18-jährigen Jungen in der "Hitlerjugend"; die Mädchen von 10 bis 14 Jahren im "Jungmädelbund" und die Mädchen von 14 bis 18 Jahren im "Bund deutscher Mädel". Beim Eintritt in die Hitlerjugend mussten die Kinder die "Treueformel" sprechen: „Ich verspreche, in der Hitler-Jugend allzeit meine Pflicht zu tun in Liebe und Treue zum Führer und unserer Fahne“. Hitler wollte, wie er selbst sagte, eine „gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend“ (DHM), die keine Schwäche zeigt und sich in den Dienst des Vaterlandes stellt. Die Kinder und Jugendlichen sollten „hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder und flink wie Windhunde“ (DHM) sein und dabei auch auf die Wehrmacht und für einen möglichen Krieg vorbereitet werden. Die Jungen sollten körperlich fit sein und kämpfen lernen. Dazu gehörte auch der Umgang mit Waffen. Kinder und Jugendliche konnten sich einem solchen Angebot nicht entziehen. Verbindungen oder Vereine von Schülern, die mit der HJ in Konkurrenz standen, wurden geächtet und schließlich ganz verboten. Dagegen gerichtete Verstöße konnten weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen (ORTMEYER, 1996).
Die Kultur diente der Hitlerjugend als wichtiges Mittel um die Jugendlichen emotional an den Nationalsozialismus zu binden. Dabei waren es insbesondere die mit großem Pathos inszenierten Feiern und kulturellen Veranstaltungen, die die Jugendlichen für die NS-Weltanschauung begeistern und ihnen das Gefühl vermitteln sollten, in einer großen Gemeinschaft einer großen Idee zu dienen. Fahnen prägten als zentrales Symbol des Nationalsozialismus‘ entscheidend den Alltag der Hitlerjugend. Die Fahne war bei jedem Anlass präsent: Beim Marschieren wurde sie vorweg getragen, im Lager morgens feierlich gehisst und abends feierlich wieder eingeholt, auf den großen Feiern in mächtige Fahnenblöcke zusammengestellt und bei den Aufnahmefeiern als quasi sakrales Objekt verwendet, auf das die Pimpfe und Jungmädel ihr Treueversprechen ablegten.
Es gibt viele Beispiele der Indoktrination von Kindern in den Volkschulen. Eines der deutlicheren Beispiele ist die Ausgestaltung des Unterrichts, das heißt die Inhalte der verschiedenen Fächer. Das Hauptfach der nationalsozialistischen Schule war Geschichte. Die Kinder sollten besonders politische Geschichte lernen, die nicht nur historische Tatsachen vermittelte, sondern auch Gefühle für das Vaterland weckte. Der Geschichtsunterricht wurde auf drei Pfeilern aufgebaut. Zum Einen die Rassenlehre, in der die Schüler die für die Nationalsozialisten unzweifelhaften Unterschiede zwischen Rassen lernen sollten - es ging ganz einfach um Rassenhochmut, d.h. die Auffassung, dass "arische" Rassen den übrigen Rassen überlegen sein sollten. Zweitens die Ideologie der Volk-Ohne-Raum-Bewegung, die für die Nationalsozialisten Eroberungskriege gegen gewisse osteuropäische Länder bedeuteten. Es wurde hierbei die Auffassung vertreten, dass die Deutschen sich gegen andere ausländische Einflüsse verteidigen müssten. Als dritter Pfeiler die Führer-und-Reich-Ideologie, in der die Kinder ihre Achtung und Liebe für Hitler und Deutschland entwickeln sollten. Der Geschichtsunterricht des Dritten Reiches verfälschte unbedingt die Wahrheit, zum Beispiel dadurch, dass er die „nationalsozialistische Partei und die Taten des Führers in hellerem Licht erschienen ließ“ (FLESSAU, 1977 S. 59-61). Es gab auch ein Fach, "Leibeserziehung" genannt, dessen Ziel es war, „willensstarke Männer und gesunde Mütter zu erziehen“ (FLESSAU, 1977 S. 61 f.). Die Jungen sollten kampfbereit und dienstwillig werden, während die Mädchen nur ein Ziel hatten: sie sollten Kinder zur Welt bringen und das reine, deutsche Blut weiterführen (FLESSAU, 1977 S. 54). Auf diese Weise sollte die neue Generation für Krieg und Vorherrschaft bereit sein.
Ein weiteres prägnantes Beispiel dieser politischen Indoktrination sind die Schulbücher und die begrenzte Auswahl der Literatur in den Schulen. Eine gute Beschreibung der Schulbücher ist, dass sie „von der ersten bis zur letzten Seite mit dem Gedankengut der herrschenden Partei durchtränkt“ waren (FLESSAU, 1977 S. 97). Die Literatur, die die Schüler lesen durften, war von den Nationalsozialisten sorgfältig ausgewählt und wies viele Ideen der nationalsozialistischen Ideologie auf. Zum Beispiel waren in den Biologiebüchern Menschen unter dem Oberbegriff "Herrentiere" zu finden. Weiter war der germanische Mensch hervorgehoben und Juden galten als Menschen dritter Klasse (FLESSAU, 1977 S. 158-159). Über die Biologiebücher hinaus, sind die Rechenbücher ein Musterexempel der Indoktrination von Kindern. Es gab bei allen Rechenexempeln und Aufgaben, die die Schüler lösen sollten, immer einen gut durchdachten Hintergedanken. Die Kinder mussten beispielsweise Aufgaben über Menschenopfer und Verluste des Ersten Weltkrieges lösen, um ein nationalistisches Denken zu entwickeln.
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