Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Hausarbeit (Hauptseminar), 2016
18 Seiten, Note: 2,5
1 Einleitung
2 Bedeutung von Aggression und Gewalt
2.1 Aktuelle Zahlen
2.2 Unterschied zwischen Aggression und Gewalt
3 Auslöser von Aggression und Gewalt
4 Gewaltformen - Alte Menschen und Pflegepersonal in der Opferrolle
4.1 Direkte, strukturelle und kulturelle Gewalt
4.2 Formen der Gewalt und Erscheinungsbilder bei alten Menschen
4.3 Formen der Gewalt und Erscheinungsbilder beim Pflegepersonal
4.4 Zusammenfassung
5 Interventionsmöglichkeiten zur Vermeidung von Aggression und Gewalt in der ambulanten Pflege
5.1 Tipps für Mitarbeiter in der ambulanten Pflege
5.2 Tipps für Zeugen von Aggression und Gewalt in der ambulanten Pflege
5.3 Deeskalierende Verhaltensweisen
6 Fazit
Literaturverzeichnis
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Gewalt in der ambulanten Pflege.
Im zweiten Kapitel werden aktuelle Zahlen von Gewalt in der ambulanten Pflege benannt. Es wird zwischen der Bedeutung von Aggression und Gewalt unterschieden. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Auslösern von Aggression und Gewalt. Hier werden einige konkrete Beispiele aufgeführt.
Besondere Bedeutung kommt den unterschiedlichen Gewaltformen gegenüber alten Menschen und dem Pflegepersonal von ambulanten Pflegediensten zu. In Kapitel vier werden alte Menschen und Pflegepersonal in der Opferrolle beschrieben und unterschiedliche Gewaltformen anhand von Beispielen aufgezeigt und erläutert. Schließlich werden die einzelnen Aspekte zusammengefasst und mögliche Straftatbestände erläutert.
Kapitel fünf bietet Lösungen zur Vermeidung von Aggression und Gewalt in der ambulanten Pflege. Es werden ausgewählte Interventionsmöglichkeiten aufgeführt und beschrieben.
Abschließend wird noch einmal darüber diskutiert, wie wichtig das Thema „Gewalt in der Pflege“ für unsere Gesellschaft ist.
Die Belastungen von pflegenden Angehörigen nehmen zu. Um weiterhin für den Pflegebedürftigen die häusliche Pflege sicherzustellen, wird in vielen Familien über sogenannte Pflegearrangements diskutiert. Ein Pflegearrangement könnte zum Beispiel die Kombinationspflege sein. Hierbei wird die häusliche Pflege weiterhin durch den pflegenden Angehörigen durchgeführt in Kombination mit einem professionellen ambulanten Pflegedienst. Aufgrund der Intensität der Pflege und der Gewährleistung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, nehmen immer mehr pflegende Angehörige dieses Pflegearrangement in Anspruch. Im Jahr 2013 wurden bundesweit rund 616.000 Pflegebedürftige durch einen ambulanten Pflegedienst im häuslichen Umfeld versorgt (vgl. Statistisches Bundesamt 2013: 7). Die dauerhafte Pflege setzt sowohl Pflegepersonal als auch den pflegenden Angehörigen physischer und psychischer Belastungen aus. Diese können zu Erschöpfung, Überforderung bis hin zur Depression führen. Auch die Pflegebedürftigen selbst bleiben hiervon nicht unberührt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Pflegebedürftige am Pflegepersonal oft Gewalt ausüben. Eine Befragung aus dem Jahr 2010 zeigt, dass insgesamt 47,6% der pflegenden Angehörigen in den letzten 12 Monaten psychischen Misshandlungen ausgesetzt wurden. 19,4% des Pflegepersonals übte demnach psychische Gewalt an einem pflegebedürftigen Menschen aus. Gewalt in der häuslichen Pflege ist durch stetige Überforderung und Überlastung keine Seltenheit und kein Tabuthema mehr (vgl. Görgen 2010: 465-481).
Die nachfolgenden Schätzungen für Europa wurden aus mehreren Studien zum Thema „Gewalt gegen ältere Menschen“ zusammengestellt und in einem WHO-Bericht (European report on preventing elder maltreatment) von 2011 veröffentlicht (vgl. WHO 2011: 5-35):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine eindeutige Definition von Aggression scheint es in der Literatur nicht zu geben. Der Autor Nolting beschreibt die Aggression als ein „hypothetisches Konstrukt“, welches von jeder einzelnen Person selbst definiert werden soll. Jeder Mensch kann eine Aggression unterschiedlich empfinden (vgl. Nolting 2002: 76). Der Autor Zillmann definiert Aggression demnach, dass eine handelnde Person versucht, anderen Personen in seinem Umfeld einen körperlichen Schaden oder einen psychischen Schmerz zuzufügen. Nach diesen beiden Auffassungen kann man davon ausgehen, dass die Definition eine reine Interpretation jedes Einzelnen ist. Eine Aggression wird als zwischenmenschliches Phänomen dargestellt. Ohne soziale Interaktionen gäbe es keine Aggressionen (vgl. Zillmann 1979: 53-59).
Gewalt und Pflege sind nun zwei unterschiedliche Konstellationen. Gewalt meint hier nicht nur einen körperlichen Zwang, sondern auch verbales, aggressives und demütiges Verhalten, eine pflegerische Vernachlässigung oder Eigentums- und Vermögensdelikte gegenüber älteren Menschen. International wird dies als „elder abuse and neglect“ oder „elder mistreatment“ bezeichnet. Die britische Organisation Action on Elder Abuse (AEA) definiert „elder abuse“„als einmalige oder wiederholte Handlung, beispielsweise Unterlassung einer angemessenen Handlung, die sich in einer Beziehung ereignet, in der eine Vertrauenserwartung besteht, und dem älteren Menschen Schaden zufügt oder Leiden verursacht.“ (Görgen 2011: 12). In der Regel werden hierunter folgende Formen zusammengefasst (vgl. Görgen: 12-15):
- Körperliche und psychische Misshandlungen (auch verbale Aggressionen)
- Pflegerische Vernachlässigung gegenüber dem Pflegebedürftigen
- Emotionale sowie psychosoziale Vernachlässigung
- Finanzielle Ausbeutung
- Einschränkungen in den Bereichen der Freiheit sowie der Handlungs- und Entscheidungsautonomie
In diesem Zusammenhang ist erkennbar, dass sich die beiden Begriffe Aggression und Gewalt nur sehr schwer voneinander trennen beziehungsweise ableiten lassen. Aggression und Gewalt entstehen meist aus verschiedenen Faktoren, welche mit den Belastungen des Pflegepersonals einhergehen können. Häufen sich diese Faktoren wird die eigene Belastungsgrenze überschritten und ein Wegfall der Hemmschwelle ist gegeben (vgl. Hirsch 2014: 5-9).
Die Pflege eines Pflegebedürftigen stellt eine sehr verantwortungsvolle, fordernde und belastende Aufgabe dar. Die Auslöser von Aggression und Gewalt können demnach sehr vielseitig sein. Eine Befragung von Rabold und Görgen aus dem Jahr 2007 zeigte, dass folgende Faktoren zu einer Erhöhung der Gewaltbereitschaft bei Pflegekräften gegenüber dem Pflegebedürftigen führten (vgl. Görgen 2011: 14):
- Psychische, physische oder sexuelle Übergriffe durch den Pflegebedürftigen.
- Alkohol als Nutzenmittel, um den Belastungen standzuhalten.
- Eine regelmäßige hohe Anzahl an Versorgung von Demenzkranken.
- Individuelle Belastungsfaktoren, wie zum Beispiel berufliche oder private Pro-bleme.
- Eine stetige Überlastung aufgrund von Zeitdruck und Schlafdefiziten.
- Finanzielle, soziale oder gesundheitliche Probleme.
Laut einem Bericht der WHO aus dem Jahr 2011 sind folgende Risikofaktoren ausschlaggebend für Gewalt:
- Demenzielle Erkrankungen
- Soziale Isolation des Opfers/Vereinsamung
- Psychische Störungen
- Alkoholmissbrauch
Diese Ergebnisse decken sich mit den Ergebnissen aus der Studie von Rabold und Görgen. Weitere Studien müssten durchgeführt werden, um auch die Bedeutung von anderen Risikofaktoren einschätzen zu können (vgl. WHO 2011: 47-86).
Es werden drei Formen der Gewalt unterschieden, die meist gemeinsam auftreten können:
1. Direkte Gewalt
2. Strukturelle Gewalt
3. Kulturelle Gewalt
Die direkte Gewalt wird auch als personale Gewalt bezeichnet und wird durch die Täterschaft und den eigentlichen Gewaltakt sichtbar. Die personale Gewalt kann durch Drohungen, sexuelle Belästigungen, Folterungen und Zufügen von Verletzungen in Erscheinung treten. Die strukturelle Gewalt ist eine integrierte Gewaltform in der Sozialstruktur der Gesellschaft. Diese kann sich in ungleichen Machtverhältnissen sowie der Einschränkung von materiellen und ideellen Ressourcen äußern. Sie wird auch als indirekte Gewalt bezeichnet. Die kulturelle Gewalt legitimiert und provoziert die personale sowie die indirekte Gewalt und wird in der Gesellschaft eher als soziale und gesellschaftliche Gewalt bezeichnet (vgl. König 2004: 220-229).
[...]