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Hausarbeit (Hauptseminar), 2016
14 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Quellenkritik
3. Was ist eine Zunft?
4. Die Zunfterhebung in Augsburg 1368
4.1. Burkard Zink
4.1.1. Forderungen der Zünfte
4.1.2. Ablauf der Zunfterhebung
4.2. Ausgang der Zunfterhebung
5. Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
Im Jahre 1368 kam es in Augsburg zu einem Aufstand einiger Zünfte. Bis zu diesem Zeitpunkt waren bereits Zunfterhebungen zunächst in Italien aufgezeigt worden, bevor die Ideen im Jahre 1226-1271 auch in Deutschland Anknüpfung fanden. Die erste deutsche Stadt, in der die Zünfte einen Aufstand wagten war im Jahre in Basel.[1]
Ziel der Arbeit wird es sein, der Frage nachzugehen, wie die Zünfte in Augsburg einen Aufstand legitimieren und durchsetzen konnten. Als wesentlicher Bestandteil der Analyse ist die Unzufriedenheit des Volkes zu bemerken, die v.a. aufgrund der erhobenen Steuern seitens des Patriziats ausgelöst wurde und in der Forschung als hauptsächlicher Beweggrund der Zunfterhebung in Augsburg gesehen werden kann.[2] Als Primärquelle für den Hauptteil werden die Chroniken des Burkard Zink genutzt. Seine Aussagen über die Zunfterhebung und das „ungelt“ stehen daher im Vordergrund der Ausarbeitung. Nicht umgehen kann man dabei seine Wertungen und seine einhergehende Einstellung zu den Zunftkämpfen, welche ebenfalls im Verlauf der Analyse Erwähnung finden werden. Um der Fragestellung gerecht nachgehen zu können, muss vorerst die Begrifflichkeit der ‚Zunft‘ näher beleuchtet werden. Zum einen weil der Begriff keine Anwendung im modernen Sprachgebrauch findet und somit Irritationen beim heutigen Leser aufzeigen könnte und zum anderen deswegen, weil die definitorische Auseinandersetzung mit dem Begriff, die Bedeutung der Zunfterhebung und den Wunsch ihrer Befürworter, das vorherrschende Stadtregiment und die -verfassung in Augsburg zu verändern, nachempfinden lässt. Daher wird sich die Definition vor allem auf das politische Mitspracherecht und die gesellschaftliche Stellung der Zünfte konzentrieren .
In der Arbeit werden Auszüge aus der Chronik von Burkard Zink verwendet:
Zink, Burk(h)ard: Augsburger Stadtchronik, in: Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 2, hg. v. Ferdinand Frensdorf, Leipzig/ Gotha 1866 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. - 16. Jahrhundert 5), S1-330.
Bei der ausgewählten Quelle handelt es sich um die Chronik des Burkard Zink, der um 1396 bei Memmingen/Steiermark geboren wurde. Als Sohn eines kleinen Kaufmanns und Hausbesitzers besuchte er mit 7 Jahren die Lateinschule. Er sollte Priester werden und wurde daher 1407 nach Krain zu seinem Onkel – einem Pfarrer – geschickt. Dieser plante, ihm ein Studium in Wien zu ermöglichen und ihm sein Vermögen zu vererben. Zink lehnte das jedoch ab und brach 1415 nach Memmingen auf, um sein mütterliches Erbe zu fordern, das er aber nicht erhielt.[3] Er war etwa zwei Jahre lang wandernder Schüler, Lehrer und arbeitete seitdem als Kaufmannsgehilfe. Als größtenteils selbständig arbeitender Kaufmann schaffte er den finanziellen Durchbruch, tätigte mehrere Hauskäufe und -verkäufe. Neben seinen Schreibertätigkeiten war er zudem Söldner und Ratsbediensteter. Später ermöglichte ihm seine finanzielle Unabhängigkeit die ungehinderte Tätigkeit als Stadtchronist, die er bis zu seinem Tod in 1474/75 in Augsburg ausübte. Zink gehörte der römisch-katholischen Kirche an und war verheiratet. Er hatte aus insgesamt 4 Ehen 20 Kinder.[4]
Seine Chroniken sind in deutscher Sprache verfasst und umfassen einen Zeitraum von 1368-1468 in vier Bänden. Es ist keine originale Überlieferung der Quelle vorhanden und es existieren lediglich drei Abschriften aus dem 16. Jahrhundert, deren Schreiber nicht bekannt sind.[5] Die benutzte Edition[6] beinhaltet die vollständige Ausgabe der Abschriften. Diese sind bezüglich der Chronologie und lateinischer Stellen fehlerhaft. Denn innere Indizien zeigen auf, dass Zinks Chronik nur lückenhaft abgeschrieben wurde. Die Chronik ist in der Ich-Form geschrieben und hat die Lebensgeschichte Zinks, seine Familiengeschichte und die Augsburger Stadtgeschichte zum Thema. Adressaten wurden seitens Zink nicht genannt. Der erste Band beginnt mit dem Zunftaufstand, der Gegenstand dieser Arbeit ist. [7] Er beleuchtet die Augsburger Geschichte von 1368-1406. Dabei benutzte Zink eine ältere Chronikvorlage, die er zu großen Teilen übernahm und mit Aktualisierungen versah. Die folgenden drei Bücher stammen gänzlich aus seiner Feder. Im zweiten Band, der die Jahre 1401-1466 in Augsburg umfasst, mischt Zink eigenes Erleben mit Ereignissen, die er vom Hörensagen weiß. Dazu erwähnt er die Namen seiner Informanten, um die Seriosität seiner Aufzeichnungen zu belegen. Dennoch schenkt er den Berichten Glauben, sodass kein kritischer Quellenumgang nach heutigen Kriterien zu erwarten ist.[8] Aus diesem Teil wird vor allem das Kapitel „Von ainer widerpart hie zu Augspurg und von ainem zwilauf von zünften hie“[9] nähere Aufmerksamkeit genießen. Der vierte Band, in dem man von der Augsburger Geschichte von 1416 bis 1468 lesen kann, überschneidet sich oft mit dem zweiten Band. Denn Zink kam nach dessen Niederschrift mit neuen Quellen in Berührung.[10] Der dritte Chronik-Band enthält die Autobiografie des Verfassers bis 1459. Sie wurde 1466 verfasst. In zwei Teile gegliedert, berichtet sie über die berufliche und finanzielle Aufstiegsgeschichte Zinks, über seine Ausbildung, Heirat, die Hauskäufe und einzelne Familienereignisse. Diese Autobiographie ist der wertvollste Beitrag von Burkhard Zink, denn sie „gibt dem Leser einen Einblick von seltener Originalität und Eindringlichkeit in die Lebenswelt eines spätmittelalterlichen Reichstadtbürgers“[11] und somit in die Lebensrealität des Spätmittelalters.
„Zunft“ ist, wie in der Einleitung bereits angedeutet, kein Begriff der Moderne, sodass für den heutigen Leser Schwierigkeiten bei der Erfassung des Begriffs berechtigt sind. Ziel des Kapitels ist es, einen kleinen Überblick über die Funktionen, Aufgaben und Strukturen der Zunft zu geben, sodass in Anbetracht der erarbeiteten Aspekte die Gründe und Faktoren für die Zunfterhebung deutlicher werden sollen.
Die Zunft kann – wie bei Sabine von Heusinger – in vier verschiedene Bereiche aufgeteilt und somit überschaubarer definiert werden: Die gewerbliche Zunft, die Bruderschaft, die politische Zunft und die Zunft als militärische Einheit.[12] Neben den vier elementaren Bereichen führt sich zudem folgende vier unterschiedliche Aufgaben und Funktionen der Zünfte an: Die Bildung berufsständischer Vertretungen, die Übernahme von religiös- karitativen Aufgaben, politische Partizipation und Verteidigungs- und Sicherheitsaufgaben.[13] Sie betont, dass die vier Bereiche der Zunft mit den vier Aufgaben nicht deckungsgleich sein müssen und im mittelalterlichen Alltag vielfältige Überscheidungen und Verschiebungen aufweisen. Beispielsweise wurden Machtverhältnisse innerhalb der Zunft nicht nur in der politischen Zunft kommuniziert, sondern ebenfalls in der Bruderschaft.[14]
Eine mögliche und simple Antwort auf die Frage, was eine Zunft ist, könnte sein: Zünfte sind Zusammenschlüsse von Handwerkern, die denselben Beruf ausübten, z.B. die der Schuster, Schmiede oder Bäcker. Hierbei muss jedoch der Begriff des „Zusammenschlusses“ weiter erläutert werden. Dazu gibt Sabine von Heusinger eine explizite Definition, der die gängige Forschermeinung umfasst. Sie charakterisiert Zünfte nämlich als geschworene Einungen, die selbst Recht setzten, Sanktionen erließen und Gerichtsbarkeit ausübten.[15] Im Folgenden soll kurz auf alle genannten Aspekte einzeln eingegangen werden: Es musste ein sogenannter promissorischer Eid abgeleistet werden. Der Eid war ein elementarer Akt, denn er bestimmte das Grundprinzip der Vereinigung von den Zunftgemeinschaften. Die geschworene Einung hat den Schwörenden für die Zukunft gebunden und dessen Handeln bestimmt, sodass auf dem gegenseitig geleisteten Eid, eine auf dem freien Willen gegründete Gemeinschaft aufgebaut werden konnte.[16] Durch solch einen engen Zusammenschluss schaffte sich die Zunft einen Bereich der eigenen Gerichtsbarkeit, der mit selbstbestimmten Sanktionen geregelt wurde. Die Sanktionen bestanden meistens aus Geldstrafen und hatten die Funktion, den Stadtfrieden zu fördern, weil sie überwiegend auf Verhaltensregeln aufgebaut waren, die das Ziel hatten, eine soziale Ordnung zu schaffen. Zünfte haben selbst Recht gesetzt, indem sie frei getroffene Vereinbarungen in einer Zunftordnung zusammenfassten, einen Zunftmeister wählten oder den Genossen volle oder mindere Zunftrechte zusprachen. Die Zunftordnungen wurden in der Regel von dem Stadtherren oder vom Rat bestimmt. Bis zur Zunfterhebung hatten diese Eingriffs- und Kontrollrechte.[17]
Trinkstuben waren für die politische Zunft elementar, weil sie wichtige Zentren der Stadt waren, in denen Politik gestaltet und Informationen ausgetauscht, Zunftmeister und Ratsherren gewählt, die Besetzung des Zunftgerichts festgelegt und Wach- und Kriegsdienste geregelt wurden. Das hieß im Klartext: Wer keiner zünftigen Trinkstube angehörte, verzichtete somit auf seine politischen Mitspracherechte.[18] Die Zünfte waren Zusammenschlüsse von nichtpatrizischen Bürgern, um deren politische Mitsprache zu gewährleisten. Denn 1276 besaßen diese zunächst noch keine politischen Rechte. „Sie waren jedoch nicht minder von den sich allgemein ausbreitenden Bestrebungen erfüllt“[19], welches sich in ihrer eigenen Gerichtsbarkeit widerspiegelt. Erst Schritt für Schritt lösten sich die Zünfte aus der stadtherrlichen Vormundschaft, und entwickelten vor allem durch die Zunfterhebung autonome Züge und politische Mitbestimmung.
Außerdem waren alle Bürger und Einwohner der Stadt verpflichtet, sich an der Befestigung der Stadt zu beteiligen, Wach- und Kriegsdienst zu leisten[20] und an auswärtigen Kriegszügen teilzunehmen. Die Zunftgenossen waren die größte soziale Gruppe der Stadt und aufgrund ihrer numerischen Stärke besaßen sie für die militärische Verteidigung eine wichtige Rolle. Diese war sehr kostspielig und musste seit dem 13. Jahrhundert neben dem Stadtherren auch von der Stadtgemeinde getragen werden.
Seit dem 14. Jahrhundert waren „alle deutschen, besonders oberdeutschen Reichsstädte“[21] von Auseinandersetzungen zwischen dem Patriziat[22] - und den Handwerken geprägt. Die städtische Oberschicht war bis zur Zunfterhebung die politisch und wirtschaftlich führende Macht in Augsburg und bildete allein die Stadtregierung.[23] Die Handwerker und Handelsleute, die lange von der Stadtregierung ausgeschlossen blieben und somit im Rat nicht vertreten waren, strebten nach mehr politischen Rechten.[24]
[...]
[1] Vgl. Blendinger, Friedrich: Die Zunfterhebung von 1368 in der Reichsstadt Augsburg. Ihre Voraussetzungen, Durchführung und Auswirkung, in: Franz Quarthal und Wilfried Setzler (Hgg.): Stadtverfassung – Verfassungsstaat – Pressepolitik. Festschrift für Eberhard Naujoks zum 65. Geburtstag, Sigmaringen 1980, S. 74.
[2] Vgl. ebd., S.78.
[3] Vgl. Schnith, Karl: Die Augsburger Chronik des Burkard Zink. Eine Untersuchung zur reichsstädtischen Geschichtsschreibung des 15. Jahrhunderts, München 1958, S.3.
[4] Vgl. ebd., S.4 und http://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/ZinkBurkhard.
[5] Vgl. Weber, Dieter: Geschichtsschreibung in Augsburg. Hektor Mülich und die reichsstädtische Chronistik des Spätmittelalters (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg Bd. 30), Augsburg 1984, S.38 und http://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/ZinkBurkhard.
[6] Zink, Burk(h)ard: Augsburger Stadtchronik, in: Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 2, hg. v. Ferdinand Frensdorf, Leipzig/ Gotha 1866 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. - 16. Jahrhundert 5), S1-330.
[7] Vgl. Weber, Dieter (1984): Geschichtsschreibung in Augsburg, S.38.
[8] Vgl. ebd. und Schnith, Karl (1958): Die Augsburger Chronik des Burkard Zink, S.6-8.
[9] Zink, Burk(h)ard: Augsburger Stadtchronik, in: Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, Bd. 2, hg. v. Ferdinand Frensdorf, Leipzig/ Gotha 1866 (= Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. - 16. Jahrhundert 5), S.118.
[10] Schnith, Karl (1958): Die Augsburger Chronik des Burkard Zink, S.32.
[11] Weber, Dieter (1984): Geschichtsschreibung in Augsburg, S.38 und http://www.augsburgwiki.de/index.php/AugsburgWiki/ZinkBurkhard.
[12] Vgl. Heusinger, Sabine von: Von „antwerk“ bis „zunft“: Methodische Überlegungen zu den Zünften im Mittelalter, in: Zeitschrift für historische Forschung 37 (2010), HJ, S.39. In der Forschung wird meist nur einer dieser Bereiche oder eine einzelne Zunft untersucht, weil sich eine Gesamtdefinition bei der Fülle unterschiedlicher Zunftstrukturen des Mittelalters, die sich u.a. je nach Region, Mitglieder, Erwartungshaltungen etc. differenzieren, nicht oft ergab. Heusingers ausgearbeitete definitorische Struktur kann auf alle Zünfte angewendet werden und erlaubt Vergleiche anzustellen und einzelne Aspekte detaillierter zu bearbeiten, sodass sie für das Kapitel als zentrale Orientierung gilt.
[13] Vgl. ebd., S.40.
[14] Vgl. ebd.
[15] Vgl. ebd., S.38-40.
[16] Vgl. Heusinger, Sabine von (2010): Von „antwerk“ bis „zunft“, S.38.
[17] Vgl. ebd., S.38f. und Isenmann, Eberhard: Die deutsche Stadt im Mittelalter 1150-1550. Stadtgestalt, Recht, Verfassung, Stadtregiment, Kirche, Gesellschaft, Wirtschaft, Wien [u.a.] 2012, S.299-308.
[18] Vgl. Heusinger, Sabine von (2010): Von „antwerk“ bis „zunft“, S.48f.
[19] Vgl. Blendinger, Friedrich (1980): Die Zunfterhebung von 1368 in der Reichsstadt Augsburg, S.75.
[20] Vgl. Heusinger, Sabine von (2010): Von „antwerk“ bis „zunft“, S.40. Frauen waren von den Zünften nicht ausgeschlossen. Sie und ältere Männer übten die Dienste nicht persönlich aus, sondern schickten Stellvertreter mit entsprechenden Ausrüstungsteilen.
[21] Blendinger, Friedrich (1980): Die Zunfterhebung von 1368 in der Reichsstadt Augsburg, S.1.
[22] Die Bürger aus dem Adel oder den Geschlechtern wurden seit dem Humanismus ‚Patriziat‘ genannt. Sie lebten ausgeschlossen von handwerklicher Arbeit und besaßen gewisse politische und gesellschaftliche Vorrechte und gesicherte Lebensverhältnisse. Zudem zeichnete sich das Patriziat durch eine ständische Exklusivität mittels Geburt aus. Vgl. hierzu: Blendinger, Friedrich (1980): Die Zunfterhebung von 1368 in der Reichsstadt Augsburg, S.2 und Sieh-Burens, Katarina: Die Augsburger Stadtverfassung um 1500, in: Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben 77 (1983), S.130.
[23] Vgl. Blendinger, Friedrich (1980): Die Zunfterhebung von 1368 in der Reichsstadt Augsburg, S.1.
[24] Vgl. ebd., S.2.