Heiligkeit ist keine natürliche Eigenschaft des Menschen, sondern wird konstruiert. Heilige werden gemacht, weil an ihrer Existenz ein Interesse besteht. Dies ist gerafft die Kernthese des amerikanischen Religionswissenschaftlers Kenneth L. Woodward, der ich in der vorliegenden Arbeit nachgehe und am Beispiel der Johanna von Orléans untersuche.
Leitende Fragestellung soll hierbei sein, in welchen Phasen dieser Prozess ablief und welche Bedingungen und Interessen hierbei eine Rolle spielten. Hierzu erscheint es hilfreich, zunächst in gebotener Kürze aufzuzeigen, wo die Heiligenverehrung ihren Ursprung hat und wie die Kirche das Verfahren der Heiligsprechung formalisierte und praktizierte. Die Figur Johanna ist historisch wie mythologisch, nur vor dem Hintergrund des bedeutendsten Ereignisses ihrer Zeit zu verstehen: Dem Hundertjährigen Krieg. Zunächst bestimmt dieser ihre Kindheit, später greift sie in ihn ein, schließlich wird sie durch ihn zur historischen Gestalt und bis in die heutige Zeit zur Ikone Frankreichs.
Der vorgegebene Rahmen lässt hierbei eine lediglich kursorische Darstellung zu, wobei das hauptsächliche Interesse der Frage gilt, wie sich diese längste militärische Auseinandersetzung der europäischen Geschichte auf das Leben Johannas auswirkte. Im darauf folgenden Abschnitt unternehme ich den Versuch, das historisch Gesicherte über die Gestalt Johannas auszubreiten, wobei die Frage, an welchen Lebensstationen die künftige Heilige aufscheint, den Schwerpunkt bildet. Im Hauptteil identifiziere ich schließlich Phasen der „Heiligwerdung“ Johannas, beginnend mit ihren Visionen im Kindesalter bis zu ihrer Kanonisierung im 20. Jahrhundert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Fragestellung, Herangehensweise und Abgrenzung
- Kanonisierung als interessengeleiteter Prozess
- Johanna von Orleans
- Der Hundertjährige Krieg und die politische Situation im Frankreich des 15. Jahrhunderts
- Die historische Figur der Johanna
- Phasen der Heiligwerdung
- Johannas Selbstbeschreibung als Mystikerin und Gottgesandte
- Chinon, Poitiers uns Orleans als Beginn der tätigen Verehrung durch das Volk „Per viam cultus“
- Der Prozess gegen Johanna und ihre Rehabilitation
- „Johanna nostra est“ Die Ausbildung der Johanna-Verehrung in Frankreich, Mythisierung und Entwicklung zur „Nationalheiligen
- Bischof Dupanloup und die Heiligsprechung der Johanna
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht die Konstruktion von Heiligkeit anhand des Beispiels der Johanna von Orléans. Ziel ist es, die verschiedenen Phasen dieses Prozesses zu beleuchten und die Bedingungen sowie Interessen zu analysieren, die dabei eine Rolle spielten. Dabei wird die Geschichte Johannas als Beispiel für das „making saints“ in historischer, (kirchen)politischer und formaler Hinsicht betrachtet.
- Die Konstruktion von Heiligkeit als interessengeleiteter Prozess
- Die Rolle von Mystik und Visionen in der Heiligwerdung
- Der Einfluss politischer und gesellschaftlicher Faktoren auf die Heiligsprechung
- Die Entwicklung der Johanna-Verehrung in Frankreich und ihre Bedeutung als Nationalheilige
- Der Vergleich der historischen Figur Johannas mit ihrer mythischen Darstellung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Heiligenverehrung ein und erläutert die wissenschaftliche Bedeutung des Heiligenkultes. Sie stellt die Fragestellung der Arbeit vor und beschreibt die Herangehensweise sowie die Abgrenzung des Themas. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Prozess der Kanonisierung und zeigt auf, wie die Kirche die Heiligenverehrung im Laufe der Geschichte formalisierte und kirchenrechtlich regelte. Das dritte Kapitel widmet sich der historischen Figur der Johanna von Orléans und setzt sie in den Kontext des Hundertjährigen Krieges. Es beleuchtet die politische Situation im Frankreich des 15. Jahrhunderts und untersucht Johannas Rolle im Krieg. Das vierte Kapitel analysiert die verschiedenen Phasen der Heiligwerdung Johannas, von ihren Visionen im Kindesalter bis zu ihrer Kanonisierung im 20. Jahrhundert. Es untersucht die Bedeutung von Mystik, Volksverehrung und politischem Einfluss in diesem Prozess.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Themenkomplex der Heiligenverehrung, insbesondere mit der Konstruktion von Heiligkeit am Beispiel der Johanna von Orléans. Wichtige Schlüsselwörter sind: Kanonisierung, Heiligsprechung, Mystik, Visionen, Hundertjähriger Krieg, Nationalheilige, Volksverehrung, politischer Einfluss, Frankreich.
- Arbeit zitieren
- Stefan Schätzler (Autor:in), 2016, Die Konstruktion von Heiligkeit am Beispiel der Johanna von Orléans, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/342362