In der folgenden Arbeit wird der Frage nachgegangen, wie der Geisteskranke im Vergleich zum Religiösen (Fanatiker) innerhalb eines historischen Textes aus dem Jahr 1919 erscheint. Der Psychiater W. Horstmann erhielt vor 1919 den Auftrag, ein psychiatrisches Gutachten über den 23-jährigen S. zu erstellen, der nicht bereit war seinen Kriegsdienst zu tun und die Waffen zu ergreifen. Der junge Mann weigerte sich, laut eigenen Angaben deshalb seinen Dienst zu tun, da ihn religiöse Motive davon abhielten.
Horstmann sollte nun als Obergutachter fungieren, nachdem der Mann bereits von einem Vorgutachter als geisteskrank diagnostiziert worden war. Horstmann arbeitet in seinem Text hervor, dass es sehr wohl einige Parallelen zwischen religiösen Fanatikern und Geisteskranken gebe.
Das Herangehen an den Text wird ein Herangehen im Sinne Michel Foucaults sein. Er selbst beschreibt in seinem Werk Wahnsinn und Gesellschaft die Geschichte des Wahnsinns. Er versucht, den Wahnsinn nicht als Naturgegebenheit oder objektiv greifbares Phänomen anzusehen, sondern als soziales Konstrukt, das sich innerhalb eines bestimmten geschichtlichen Umfeldes herausbildet. Wahnsinn ist demnach eingebettet in bestimmte Wissens- und Machtverhältnisse.
Wenn Foucault die Geschichte des Wahnsinns schreibt, so bedeutet das für ihn eine „Strukturuntersuchung der historischen Gesamtheit - Vorstellungen, Institutionen, juristische und polizeiliche Maßnahmen, wissenschaftliche Begriffe – zu leisten“ (Foucault, 1973, S. 13). So ganz wird dies in der vorliegenden Arbeit wohl nicht gelingen, es soll aber zumindest versucht werden aus der Analyseperspektive Michel Foucaults zu arbeiten, was bedeutet, dass keine festen und ahistorischen Gegebenheiten angenommen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kontext des Gutachtens
- „Ernste Bibelforscher“
- Historischer Hintergrund
- Analyse des Gutachtens
- Persönliches Profil und Diagnose – kurze Zusammenfassung
- Der Seelisch Gesunde
- Der Seelisch Kranke
- Zur Unterscheidung von Krank und Gesund
- Der Religiöse (Fanatiker)
- Gemeinsamkeiten zwischen Paranoikern und Religiösen
- Zur Unterscheidung von Paranoikern und religiösen Fanatikern
- Conclusio und Interpretation
- Zur Legitimierung des Religiösen / zum Ausschluss des Geisteskranken
- Die Religion als wertvolles Element der Gesellschaft
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, wie der Geisteskranke im Vergleich zum Religiösen (Fanatiker) in einem psychiatrischen Text von W. Horstmann aus dem Jahr 1919 dargestellt wird. Der Text analysiert die religiösen Motive eines jungen Mannes, der seinen Kriegsdienst aufgrund seines Glaubens verweigerte, und diskutiert die Frage, ob er tatsächlich geisteskrank ist.
- Konstitution des Geisteskranken im Vergleich zum Religiösen
- Analyse eines psychiatrischen Textes aus dem Jahr 1919
- Die Rolle von Religion und Geisteskrankheit in der Gesellschaft
- Die Machtverhältnisse zwischen medizinischem Diskurs und religiösen Ansichten
- Der historische Kontext des Wahnsinns im frühen 20. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Diese Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und stellt die Forschungsfrage vor: Wie wird der Geisteskranke im Vergleich zum Religiösen (Fanatiker) in einem historischen Text aus dem Jahr 1919 dargestellt? Sie beschreibt den Kontext des Gutachtens, das den Ausgangspunkt der Analyse bildet, und stellt den Autor, W. Horstmann, vor.
Kontext des Gutachtens
Dieser Abschnitt untersucht den historischen Kontext des Gutachtens von W. Horstmann. Er gibt Einblicke in die „Ernsten Bibelforscher“, die Gruppe, der der Gutachtete angehörte, und beleuchtet den historischen Hintergrund der damaligen Zeit im Kontext des Wahnsinns und seiner Wahrnehmung.
Analyse des Gutachtens
Dieser Abschnitt analysiert den psychiatrischen Text von W. Horstmann, indem er die Argumentation des Autors und seine Beschreibung des Geisteskranken im Vergleich zum Religiösen aufzeigt. Er beleuchtet die Parallelen und Unterschiede zwischen beiden Kategorien, die Horstmann herausarbeitet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit widmet sich den Themen Geisteskrankheit, Religion, Wahnsinn, psychiatrischer Diskurs, soziales Konstrukt, Machtverhältnisse, historische Analyse und Michel Foucault.
- Arbeit zitieren
- Katharina Praniess (Autor:in), 2013, Religiosität und Wahn. Die Konstitution des Geisteskranken im Vergleich zum Religiösen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/339725