Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland nimmt stetig zu. In der vorliegenden Arbeit stehen zweisprachig aufwachsende Schüler und Schülerinnen mit griechischem Migrationshintergrund im Zentrum. Ziel der Arbeit ist es, herauszufinden, wie sich die Textkompetenz bei zweisprachig griechisch-deutsch aufwachsenden Kindern entwickelt. Es ist auch zu erforschen, ob sich die Textkompetenz bei Schülern in der Zweitsprache höher als in der Muttersprache entwickelt.
Zu diesem Zweck steht in der vorliegenden Arbeit eine korpusbasierte Analyse im Mittelpunkt. Es wird ein Analyseraster von 4 Perspektiven entwickelt, nämlich der Makrostruktur: Textordnungsmuster, der Argumentationsstruktur, dem Diskursmodus (konzeptionell schriftlich vs. mündlich) und der kommunikativen Grundhaltung. Anhand von diesem Raster werden 40 argumentative Texte der 20 Schüler mit dem griechischen Migrationshintergrund analysiert. Darüber hinaus wird der Einfluss der außersprachlichen Faktoren auf die Textkompetenz erforscht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Textkompetenz
2.1 Makrostruktur: Textordnungsmuster
2.2 Makrostruktur: Argumentationsstruktur
2.3 Diskursstrategien: Konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit
2.4 Kommunikative Grundhaltung: Involvierung und Distanzierung
3. Analyse der argumentativen Textkompetenz
3.1 Analysemethode
3.2 Analysen der Schülertexte
3.3 Ergebnisse
3.3.1 Gesamtergebnis
3.3.2 Korrelation zwischen Texttypen in L1 und L2
3.4 Wechselwirkungen der Textkompetenz in L1 und L2
3.5 Einfluss außersprachlicher Faktoren
3.5.1 Korrelation mit dem Alter
3.5.2 Korrelation mit Schularten
3.5.3 Korrelation mit der Schulbildung
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Deutschland ist ein buntes Land. Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland nimmt stetig zu. In der vorliegenden Arbeit stehen zweisprachig aufwachsende Schüler und Schülerinnen mit griechischem Migrationshintergrund im Zentrum. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der argumentative Textkompetenz von bilingualen Schülern mit Griechisch als Herkunftssprache. Ziel der Arbeit ist es, herauszufinden, wie sich die Textkompetenz bei zweisprachig griechisch-deutsch aufwachsenden Kindern entwickelt. Es ist auch zu erforschen, ob sich die Textkompetenz bei Schülern in der Zweitsprache höher als in der Muttersprache entwickelt.
Zu diesem Zweck steht in der vorliegenden Arbeit eine korpusbasierte Analyse im Mittelpunkt. Es wird ein Analyseraster von 4 Perspektiven entwickelt, nämlich der Makrostruktur: Textordnungsmuster, der Argumentationsstruktur, dem Diskursmodus (konzeptionell schriftlich vs. mündlich) und der kommunikativen Grundhaltung. Anhand von diesem Raster werden 40 argumentative Texte der 20 Schüler mit dem griechischen Migrationshintergrund analysiert. Darüber hinaus wird der Einfluss der außersprachlichen Faktoren auf die Textkompetenz erforscht.
2. Textkompetenz
In der derzeitigen Diskussion um mangelnden Schulerfolg von mehrsprachigen Schülern im Unterricht spielt der Begriff der Textkompetenz eine bedeutende Rolle. Portmann-Tselikas (2005) hat zuerst die Bedeutung von Textkompetenz herausgestellt. Der Begriff „Textkompetenz“ wird von ihm folgendermaßen definiert:
Textkompetenz ermöglicht es, Texte selbständig zu lesen, das Gelesene mit den eigenen Kenntnissen in Beziehung zu setzen und die dabei gewonnenen Informationen und Erkenntnisse für das weitere Denken, Sprechen und Handeln zu nutzen. Textkompetenz schließt die Fähigkeit ein, Texte für andere herzustellen und damit Gedanken, Wertungen und Absichten verständlich und adäquat mitzuteilen (Portmann-Tselikas 2005: 2).
In der Definition nach Portmann-Tselikas umfasst die Textkompetenz vor allem Lese- und Schreibkompetenz. In bisher vorliegenden Untersuchungen zur Textkompetenz stehen in der Regel allein Textprodukte im Mittelpunkt. (Petersen 2014: 33) In der vorliegenden Arbeit wird der Terminus „Textkompetenz“ als „Schreibkompetenz“ verstanden. Textkompetenz ist hier die Fähigkeit, einen guten, strukturierten und kohärente Text zu verfassen. In der vorliegenden Arbeit wird die Textkompetenz anhand von vier Aspekten analysiert, nämlich dem Textordnungsmuster, der Argumentationsstruktur, dem Diskursmodus (konzeptionell schriftlich vs. mündlich) und der kommunikativen Grundhaltung.
2.1 Makrostruktur: Textordnungsmuster
Was die Textstruktur betrifft, gibt es unterschiedliche Untersuchungsebenen, nämlich die Makrostruktur und die Mikrostruktur. Beim Makrostrukturwissen handelt es sich „um Wissen zu den allgemeinen Prinzipien der Organisation ganzer Texte, also um Wissen über Textsorten und alternative Möglichkeit der internen Strukturierung von Texten“ (Feilke/ Augst 1989: 305).
Um die Makrostruktur argumentativer Texte besser zu verstehen, soll zuerst der Begriff für das Argumentieren erklärt werden. Bayer (2007) definiert den Begriff des Arguments in seiner Einführung in die Grundlagen der Argumentationsanalyse wie folgt: „Ein Argument besteht immer aus mehreren Sätzen: Der Konklusion, dem Satz, den wir begründen wollen, und aus einer oder mehreren Prämissen, welche die Konklusion stützen sollen“ (Bayer 2007: 18). Für Bayer (2007) ist die Argumentation eine sprachliche Handlung, bei der ein Argument oder mehrere miteinander verknüpfte Argumente geäußert werden (vgl. Bayer 2007: 18). Im Gegensatz dazu sieht Winkler die Argumentation als das Produkt des Argumentierens und meint damit das Schreibprodukt, den argumentativen Text (Winkler 2003: 25).
In der vorliegenden Arbeit stützt sich die Analyse der Makrostruktur argumentativer Texte von Schülern auf die von Augst/ Faigel (1986) festgelegten Textordnungsmuster. In ihrer Untersuchung zur Ontogenese der schriftsprachlichen Fähigkeit von 13-23 - Jährigen in Deutschland unterscheiden die Autoren vier Textordnungsmuster: 1. linear- entwickelnd; 2. material-systematisch; 3. formal-systematisch; 4. linear-dialogisch.
Tabelle 1: Textordnungsmuster für die Strukturierung argumentativer Texte
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Makrostruktur: Argumentationsstruktur
Die Analyse der Argumentationen der vorliegenden Arbeit basiert auf der Methode von Kopperschmidt (1989). Er unterscheidet zwischen der makrostrukturellen und mikrostrukturellen Argumentationsanalyse. In der vorliegenden Arbeit geht es um die makrostrukturelle Argumentationsstruktur.
Unter der makrostrukturellen Argumentationsanalyse gewinnt man einen Überblick über die Anzahl der vorkommende Argumente und der Argumentationsstränge. Unter „Argumentationsstrang“ versteht Kopperschmidt den allgemeinsten Rahmen, „innerhalb dessen die Stützleistung der verschiedenen Argumente für einen GA (Geltungsanspruch) bzw. die unterschiedlichen Leistungen stützender wie schwächender Argumente für bzw. gegen einen GA koordiniert werden.“ (Kopperschmidt 1989: 208)
Nach Anzahl der Argumentationsstränge und nach Komplexitätsgrad der Argumente (nämlich ob das Argument entfaltet wird) wird es in einfachen und komplexen Argumentationen unterteilt. Komplexe Argumentationen gliedern sich wieder in einsträngige und mehrsträngige Argumentationen.
Unter komplexen Argumentationen versteht man die Argumentationen, in denen entweder mehrere Argumente eingesetzt werden, oder die nur ein einziges Argument enthalten, aber das Argument entfaltet und weiterhin gestützt wird. Im Gegensatz dazu kommt in einfachen Argumentationen ein einziges, nicht entfaltetes Argument vor.
In komplexen Argumentationen wird zwischen einsträngiger und mehrsträngiger Argumentation unterschieden. Einsträngige Argumentation bedeutet, dass die Argumentation nur aus einem Argument besteht, das entweder entfaltet wird oder nicht. Wenn es mehrere Argumente in der Argumentation vorkommen, dann handelt es sich um mehrsträngige Argumentation.
2.3 Diskursstrategien: Konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Schreiben bedeutet nicht einfach, das Gesprochene ins graphische Medium umzusetzen. Deshalb ist es wichtig, Schriftlichkeit in sprachlichen Merkmalen vom mündlichen Sprachgebrauch zu unterscheiden. Die Analyse der Diskursstrategie beruht auf dem Modell von Koch/Oesterreicher (1985ff.). Koch/Oesterreicher unterscheiden die konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit von der medialen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. In der medialen Dimension wird die Mündlichkeit und Schriftlichkeit als Realisierungsform der sprachlichen Äußerungen (phonisch vs. graphisch) betrachtet.
Dagegen handelt es sich bei konzeptionellen Unterschieden um den Duktus und die Ausdrucksweise. Während beim Medium die Mündlichkeit und Schriftlichkeit dichotomisch zu verstehen sind, bezeichnen die Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei der Konzeption die Endpunkte eines Kontinuums. Zwischen den Polen Mündlichkeit und Schriftlichkeit lassen sich verschiedene Äußerungsformen positionieren. (vgl. ebd.) Die verschiedene Äußerungsformen finden im Prinzip auf drei unterschiedlichen Ebenen statt: auf der lexikalischen, der morphosyntaktischen und der textuellen Ebene. Die folgende Tabelle zeigt den Unterschied zwischen konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit auf verschiedenen linguistischen Ebenen:
Tabelle 2: Merkmale konzeptioneller Mündlichkeit und Schriftlichkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
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