Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage nach der Außenpolitik und den kriegerischen Auseinandersetzungen der Nachfolger von Ptolemaios I. Soter, die diese vor allem mit dem benachbarten Seleukidenreich um Koilesyrien und die Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum führten. Diese Fragestellung ergibt sich vor allem aus der Beobachtung, dass Ptolemaios I Soter, der König Ägyptens wurde, sein nach den Tod Alexanders des Großen erworbenes Land aus den Zwängen der vorigen persischen Besatzung hin zu einer hellenistischen geprägten Macht führte und den nachfolgenden ptolemäischen Herrschern somit den Grundstein für die Großmachtstellung Ägyptens im dritten vorchristlichen Jahrhundert legte.
Es war Ägypten unter König Ptolemaios I. Soter und seinen Nachfolgern, welches nach dem Tod Alexanders des Großen 323 v. Chr. in Babylon nicht nur über weite Teile das mächtigste, sondern auch das am längsten bestehende Diadochenreich der hellenistischen Zeit wurde und erst nach der Niederlage in der Seeschlacht bei Actium im Jahre 31 v. Chr. seine Eigenständigkeit verlor und zur römischen Provinz wurde.
Gleichzeitig wurde die Hauptstadt des Ptolemäerreiches, das von Alexander dem Großen selbst gegründete und nach ihm benannte Alexandria, in den ersten drei Jahrhunderten vor Christus zum kulturellen Zentrum des damaligen Mittelmeerraumes und verhalf mit seiner idealen Lage und dem Nebeneinanderbestehen von ägyptischer und griechischer Kultur dem ptolemäischen Ägypten noch einmal zum Glanz altägyptischer Zeiten und ließ die letzten Jahrhunderte, in denen Ägypten abwechselnd von Fremdherrschern regiert wurde, in der Erinnerung verblassen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Literatur zur Thematik
2. Der Erste Syrische Krieg (274 bis 271 v. Chr.)
3. Der Zweite Syrische Krieg (260 bis 253 v. Chr.)
4. Der Dritte Syrische Krieg (246 bis 241 v. Chr.)
5. Der Vierte Syrische Krieg (219 bis 217 v. Chr.)
6. Schlussbetrachtung
7. Bibliographie
7.1 Literatur
7.2 Quellen
1. Einleitung
Es war Ägypten unter König Ptolemaios I. Soter[1] und seinen Nachfolgern, welches nach dem Tod Alexanders des Großen 323 v. Chr.[2] in Babylon nicht nur über weite Teile das mächtigste, sondern auch das am längsten bestehende Diadochenreich[3] der hellenistischen Zeit wurde und erst nach der Niederlage in der Seeschlacht bei Actium im Jahre 31 v. Chr.[4] seine Eigenständigkeit verlor und zur römischen Provinz wurde.
Gleichzeitig wurde die Hauptstadt des Ptolemäerreiches, das von Alexander dem Großen selbst gegründete und nach ihm benannte Alexandria, in den ersten drei Jahrhunderten vor Christus zum kulturellen Zentrum des damaligen Mittelmeerraumes und verhalf mit seiner idealen Lage und dem Nebeneinanderbestehen von ägyptischer und griechischer Kultur dem ptolemäischen Ägypten noch einmal zum Glanz altägyptischer Zeiten und ließ die letzten Jahrhunderte, in denen Ägypten abwechselnd von Fremdherrschern regiert wurde, in der Erinnerung verblassen.[5]
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage nach der Außenpolitik und den kriegerischen Auseinandersetzungen der Nachfolger von Ptolemaios I. Soter, die diese vor allem mit dem benachbarten Seleukidenreich um Koilesyrien und die Vormachtstellung im östlichen Mittelmeerraum führten. Diese Fragestellung ergibt sich vor allem aus der Beobachtung, dass Ptolemaios I. Soter, der König Ägyptens wurde, sein nach den Tod Alexanders des Großen erworbenes Land aus den Zwängen der vorigen persischen Besatzung hin zu einer hellenistischen geprägten Macht führte und den nachfolgenden ptolemäischen Herrschern somit den Grundstein für die Großmachtstellung Ägyptens im dritten vorchristlichen Jahrhundert legte.[6]
Um den Weg zur Vormachtstellung des Ptolemäerreiches im östlichen Mittelmeerraum aufzuzeigen, werden vorwiegend die Jahre 274 bis 217 v. Chr. betrachtet. Der Hauptteil der Arbeit gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil behandelt den Ersten Syrischen Krieg und seine Vorgeschichte zwischen Ptolemaios II. und Antiochos I. und den damit einhergehenden Kampf um Koilesyrien. Daran an schließt sich der zweite Teil, welcher die Beziehungen beider Königreiche vom Chremonideischen Krieg bis hin zum Friedensvertrag und der Heirat von Antiochos II. mit der ptolemäischen Prinzessin Berenike erläutert. Im dritten Teil wird die Eroberung von Gebieten durch die Ägypter im Dritten Syrischen Krieg nach der Ermordung von Berenike dargestellt. Schließlich werden im vierten Teil die Bemühungen von Antiochos III. um ein stärkeres Seleukidenreich bis hin zur Schlacht von Raphia im Jahre 217 v. Chr. ausführlich beleuchtet, welche seine Pläne zum Scheitern bringt und das Ptolemäerreich als Sieger aus diesem Konflikt hervorgehen lässt. Zuvor soll allerdings die dafür verwendete Literatur und deren Entwicklung beleuchtet werden.
1.1 Literatur zur Thematik
Im Folgenden sollen die der Arbeit zugrunde liegende Literatur und Quellen genannt, sowie deren Inhalt und eventuell darin vorhandene wichtige Standpunkte bzw. persönliche Meinungen der Verfasser kurz dargestellt werden, da diese Arbeit darauf aufbaut. Zu Beginn sollen aber der Vollständigkeit halber noch zwei Literaturangaben erfolgen, welche keine große Bedeutung in dieser Arbeit haben, woraus aber dennoch zwei Zitate der vorliegenden Arbeit stammen.
Dies wäre zuerst ein älteres aus dem dänischen von Christiane Boehnke-Sjöberg übertragenes Buch von Vilhelm Grönbech, welches sich vor allem mit dem Menschen und der Religion im Zeitalter des Hellenismus beschäftigt und so einen Einblick in den Alltag auch der Menschen des Ptolemäerreiches erlaubt.[7]
Das zweite Buch ist das von Casati über Alexander den Großen, welches im Hinblick auf die Vorgeschichte des Hellenismus lesenswert ist und auch kurz die Enstehung der Diadochenreiche nach Alexanders Tod darstellt.[8]
Zur Heeresreform der ptolemäischen Streitmacht und ihrer Zusammensetzung vor und während der Entscheidungsschlacht des Vierten Syrischen Krieges im Jahre 217 v. Chr. findet man Angaben im Buch von Paul M. Meyer, welches 1966 erschienen ist.[9] Dabei kommt Meyer zum Ergebnis, dass der Erfolg der Ptolemäer bei der Entscheidungsschlacht in Raphia am Ende des Vierten Syrischen Krieges vor allem an der gut ausgebildeten hauptsächlich aus Ägyptern bestehenden Phalanx her rührt.[10]
Informationen über den Begründer des Ptolemäerreiches Ptolemaios I. Soter erhält man bei Jakob Seibert in einem älteren Buch von ihm.[11] Interessant zum Thema dieser Arbeit ist dabei aber die Meinung, zu der Seibert abschließend kommt, als er das Verhalten von Ptolemaios I. Soter gegenüber Seleukos und den Auseinandersetzungen um Koilesyrien im Jahre 302 v. Chr. beurteilt: „Mit diesem Verhalten hat Ptolemaios seinen Nachfolgern ein Problem hinterlassen, das die gesamte ptolemäische Geschichte hindurch fortbestehen sollte. Das von Ptolemaios besetzte Gebiet beanspruchte nach der siegreichen Schlacht bei Ipsos Seleukos.“[12] Seibert sieht also im Verhalten des Lagiden den ursprünglichen Grund auch für die in dieser Arbeit beschriebenen ersten vier Syrischen Kriege.
Interessante weitergehende Informationen bekommt man im Buch von Hermann Bengtson aus dem Jahre 1975, in welchem er sich mit herausragenden Herrschergestalten des Hellenismus beschäftigt.[13] Im Falle dieser Arbeit kann man auf genauere Angaben zu dem Seleukidenherrscher Antichos III. zurückgreifen, der am Vierten Syrischen Krieg beteiligt war, und auch Angaben über Ptolemaios II. und seiner Gattin Arsinoe II. Der ägyptische Herrscher Ptolemaios II. war der Hauptakteur auf ägyptischer Seite während der hier behandelten ersten Zwei Syrischen Kriege und auch im Chremonideischen Krieg, auf dem an späterer Stelle in dieser Arbeit während der Vorgeschichte des Zweiten Syrischen Krieges eingegangen wird. Dabei kommt Bengtson zu dem Schluss, dass Ptolemaios II. „die führende Stellung“ seines Reiches in der damaligen hellenistischen Staatenwelt erfolgreich wahren konnte.[14] Desweiteren führt er die Erfolge des zweiten Ptolemäers vor allem auf dessen diplomatisches Können zurück, worauf später in dieser Arbeit noch eingegangen werden wird.[15] Aber auch dem Seleukidenherrscher Antiochos III. gesteht Bengtson kluges staatsmännisches Handeln zu, wenngleich er den Vierten Syrischen Krieg verloren hat.[16]
Eine explizite Untersuchung der Geschichte der Aussenpolitik von Ptolemaios IV. hat Werner Huss im Jahr 1976 in München veröffentlicht.[17] Darin werden auch genau die Vorgänge und Ereignisse des Vierten Syrischen Krieges gegen Antiochos III. aus Sicht der Ägypter geschildert. Huss kommt dabei zum selben Schluss wie Bengtson in Bezug auf Ptolemaios II., nämlich dass Ptolemaios IV. ebenfalls sein Kriegsziel erreicht hat, indem er den Status Quo bestätigt hatte und nicht weitere Eroberungen in Koilesyrien beabsichtigte, da diese nach Meinung von Huss aufgrund der immer wiederkehrenden „zentrifugalen Tendenzen“ im Osten des Seleukidenreiches nur mit größeren Schwierigkeiten verbunden gewesen wären.[18] Antiochos III. wird dagegen bei Huss im Gegensatz zu Bengtson neutral dargestellt ohne irgendwelche negativen oder positiven Bezüge auch bei der Entscheidungsschlacht von Raphia.[19]
Weitergehende Informationen über die Anfänge der Diadochdenzeit sowie den für diese Arbeit relevanten Teil der Herrschaft des Ptolemaios II. findet man bei Jakob Seibert wieder, welcher ein sehr aufschlussreiches Buch über das Zeitalter der Diadochen geschrieben hat, welches sich hauptsächlich auf die Anfangsjahre der Diadochenzeit und die dazugehörigen Quellen bezieht und diese analysiert, indem es sich mit ihnen und ihrem Aussagewert in einen beachtlichen Teil auseinandersetzt.[20] So erfährt man z.B. Informationen allgemeiner Art über Koilesyrien.[21]
Schließlich wird in dieser Arbeit auch auf Quellen zurückgegriffen, welche von Stanley M. Burstein vom Altgriechischen und Lateinischen ins Englische übersetzt wurden und einen interessanten Einblick in die Gedankengänge einiger Hauptakteure der hier beschriebenen ersten vier Syrischen Kriege liefert.[22] Bei der Darstellung der Beziehung von Arsinoe II. und ihrem Brudergemahl Ptolemaios II. kommt er zu dem Schluss wie auch Hölbl, dass diese sehr großen Einfluss auf den zweiten Ptolemäer ausgeübt haben soll.[23]
„Als große Geschenke der Ptolemäerzeit an unsere Gegenwart bleiben die eindrucksvollen Tempelbauten und die alexandrinische Wissenschaft bestehen.“[24] Zu dieser Erkenntnis kam Prof. Dr. Günther Hölbl im Jahre 1993 am Ende seines Buches „Geschichte des Ptolemäerreiches“, welches als aktuelles Standardwerk zur Ptolemäerzeit zu betrachten ist. Hölbl ist als Ägyptologe prädestiniert, um Einblicke in die Aussenpolitik des Ptolemäerreiches im dritten Jahrhundert v. Chr. zu geben. Dabei lassen sich aber im Bezug auf die hier behandelten ersten Vier Syrischen Kriege keine nennenswerten Abweichungen von den früheren bereits genannten Autoren feststellen.
Ein weiteres Standardwerk über das Zeitalter des Hellenismus stammt von Hans-Joachim Gehrke[25], in welchem er versucht, sowohl den Begriff des Hellenismus und auch die Epoche der Diadochen von Alexander dem Großen ausgehend zu beschreiben und die Entwicklung der einzelnen Diadochenstaaten sowohl innen- als auch außenpolitisch darzustellen. Anders als z.B. Hölbl oder Huss sieht er den Beginn des Ersten Syrischen Krieges auch durch Ptolemaios II. verursacht, indem er das Machtvakuum, welches sich mit dem Ende von Lysimachos, Seleukos und Ptolemaios Keraunos ergeben hatte, ausnutzen wollte, um seinen eigenen Machtbereich zu erweitern.[26] Dies soll in der eigentlichen Arbeit noch mal genauer beleuchtet werden.
Einen guten knappen Gesamtüberblick über das Zeitalter des Hellenismus allgemein erhält man schließlich im aktuellen Buch von Prof. Burkard Meißner, in dem vor allem Basiswissen vermittelt wird, welches unabdingbar für eine detailliertere Betrachtung des Themas ist.[27]
2. Der Erste Syrische Krieg (274 bis 271 v. Chr.)
In den Syrischen Kriegen kämpften das Ptolemäerreich und das Seleukidenreich hauptsächlich um das Gebiet von Koilesyrien. Der altgriechische Name bedeutet nach Ansicht einiger Historiker soviel wie „hohles Syrien“[28]. Ein genaues Gebiet, auf welches sich diese Bezeichnung bezieht, ist ebenfalls nicht genau festzulegen.
Zum einen kann die heutige Landschaft zwischen Libanon und Antilibanon links und rechts des Flusses Orontes damit bezeichnet werden. Während der hier behandelten Kriege in der Diadochenzeit meint der Begriff Koilesyrien das ganze heutige südliche Syrien, teilweise sogar unter Einbeziehung von Palästina und Phönizien.[29] In der römischen Kaiserzeit wiederum entstand die Provinz Syria Coele, welche den Nordteil der bereits bestehenden Provinz Syrien bildete.
Im ersten syrischen Krieg von 274 bis 271 v. Chr. kämpfte das Ptolemäische Ägypten unter König Ptolemaios II. Philadelphos[30] und Arsinoe II.[31] gegen das Seleukidenreich unter seinen damaligen König Antiochos I.[32]
[...]
[1] Das altgriechische Wort „Soter“, welches der Beiname von Ptolemaios I. ist, bedeutet „Der Retter“.
[2] Hölbl, Günther: Geschichte des Ptolemäerreiches, S. 12.
[3] Ebd., S. 31.
[4] In der Schlacht bei Actium besiegte Octavian, der spätere Kaiser Augustus, Kleopatra VII. und Marcus Antonius, was gleichzeitig das nominelle Ende des Ptolemäerreiches darstellte und Ägypten in der Folge zu einer römischen Provinz machte.
[5] Casati, Giampaolo: Alexander der Grosse, Der Eroberer, S. 69.
[6] Hölbl, Geschichte des Ptolemäerreiches, S. 31.
[7] Grönbech, Vilhelm: Der Hellenismus, Göttingen 1953.
[8] Giampaolo, Casati: Alexander der Grosse, Der Eroberer, Mailand 2003.
[9] Meyer, Paul M.: Das Heerwesen der Ptolemäer und Römer in Ägypten, Neudruck der Ausgabe Leipzig 1900, Aalen 1966.
[10] Ebd., S. 20 ff.
[11] Seibert, Jakob: Untersuchungen zur Geschichte des Ptolemaios I., München 1969.
[12] Ebd., S. 233.
[13] Bengtson, Hermann: Herrschergestalten des Hellenismus, München 1975.
[14] Ebd., S. 124.
[15] Ebd., S. 127.
[16] Ebd., S. 195.
[17] Huss, Werner: Untersuchungen zur Aussenpolitik Ptolemaios IV., in: Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte (Hg.), 1. Auflage, München 1976.
[18] Huss, Untersuchungen zur Aussenpolitik Ptolemaios IV., S. 83.
[19] Ebd., S. 57 f.
[20] Seibert, Jakob: Das Zeitalter der Diadochen, Darmstadt 1983.
[21] Ebd., S. 156.
[22] Sherk, Robert K. (Hrsg.): Volume 3 The Hellenistic Age from the battle of Ipsos to the death of Cleopatra VII., Cambridge University Press 1985.
[23] Seibert, Das Zeitalter der Diadochen, S. 201.
[24] Hölbl, Geschichte des Ptolemäerreiches, S. 279.
[25] Gehrke, Hans-Joachim: Geschichte des Hellenismus, Oldenbourg Grundriss der Geschichte, München 2003.
[26] Gehrke, Geschichte des Hellenismus, S. 169.
[27] Meißner, Burkard: Hellenismus, Darmstadt 2007.
[28] Der altgriechische Name, hervorgehend vom griechischen Adjektiv „koilos“ (hohl), ist vielleicht abgeleitet vom semitischen „kol surija“, was wiederum „ganz Syrien“ bedeutet.
[29] Seibert, Jacob: Das Zeitalter der Diadochen, S. 157.
[30] Ptolemaios II. war schon in den letzten zwei Jahren seines Vaters Mitregent gewesen.
[31] Arsinoe II. und ihre Heirat mit ihrem Bruder Ptolemaios II. war in den Augen der griechisch-makedonischen Elite eigentlich ein Tabubruch, doch damit wurde in Ägypten nur eine alte Tradition fortgesetzt, da es seit Beginn des Alten Reiches um 2500 v.Chr. bis zum Einmarsch durch die Makedonen üblich gewesen war, dass ein Pharao seine Schwester heiratete.
[32] Meißner, Hellenismus, S. 38.