Langfristig erfolgreiche Unternehmen sind vor allem aufgrund ihrer guten Produkt- und Prozessinnovationen gegenüber den vielen Wettbewerbern am Markt im Vorteil. Durch Innovationen können sich Marktteilnehmer vom wettbewerblichen Umfeld unterscheiden und wettbewerbsfähig bleiben. Der Innovationsprozess ist allerdings nicht nur mit Vorteilen für das Unternehmen verbunden. Der „Erste“ auf dem Markt sein zu wollen, hat zwar eine kurzfristige Monopolsituation und Informationsvorsprung gegenüber den langsameren Marktteilnehmern zur Folge, jedoch ist der Prozess auch mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden. Eine erfolgreiche Platzierung der Innovation, bestenfalls als zukünftigen Star auf dem Markt, kann das Unternehmen nicht garantieren. Kommt es schließlich zu einem Scheitern der Produktinnovation, wurden erhebliche finanzielle Aufwendungen für Forschung und Entwicklung ohne nennenswerte Erfolgsgenerierung aufgebracht. Eine Möglichkeit, die Aufwendungen für F&E zu reduzieren und das Risiko des Scheiterns zu minimieren, wäre ein Markteintritt mit einer Produktimitation nach einem erfolgreichen Pionier bzw. Innovator. Der Imitator könnte so am Erfolg der Innovation mit partizipieren, ohne aber die Anstrengungen des Pioniers für Marktforschung und Markteintritt bewerkstelligen zu müssen.
Diese Arbeit hat somit das Ziel herauszufinden, ob die Produktimitationsstrategie erfolgreicher sein kann als die Strategie der Produktinnovation und über welche Fähigkeiten das imitierende Unternehmen verfügen muss.
Dazu werden zunächst in Kapitel 2 die begrifflichen Grundlagen erläutert und anschließend in Kapitel 3 die Bestandteile von Produktimitationsstrategien vorgestellt. Diese werden in Kapitel 4 auf zwei Praxisbeispiele angewendet, so dass abschließend eine Beurteilung stattfinden kann.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Innovation
2.2 Imitation
3. Produktimitationsstrategien
3.1 Imitationspotentiale
3.2 Imitationsgründe
3.3 Imitationserfolg
4. Beispiele erfolgreicher Produktimitationsstrategien
4.1 IBM-PC
4.1.1 Unternehmensdarstellung
4.1.2 Imitationsstrategie
4.1.3 Analyse und Bewertung
4.2 Diet Coke
4.2.1 Unternehmensdarstellung
4.2.2 Imitationsstrategie
4.2.3 Analyse und Bewertung
5. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Langfristig erfolgreiche Unternehmen sind vor allem aufgrund ihrer guten Produkt- und Prozessinnovationen gegenüber den vielen Wettbewerbern am Markt im Vorteil. Durch Innovationen können sich Marktteilnehmer vom wettbewerblichen Umfeld unterscheiden und wettbewerbsfähig bleiben. Der Innovationsprozess ist allerdings nicht nur mit Vorteilen für das Unternehmen verbunden. Der „Erste“ auf dem Markt sein zu wollen, hat zwar eine kurzfristige Monopolsituation und Informationsvorsprung gegenüber den langsameren Marktteilnehmern zur Folge, jedoch ist der Prozess auch mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden. Eine erfolgreiche Platzierung der Innovation, bestenfalls als zukünftigen Star auf dem Markt, kann das Unternehmen nicht garantieren. Kommt es schließlich zu einem Scheitern der Produktinnovation, wurden erhebliche finanzielle Aufwendungen für Forschung und Entwicklung ohne nennenswerte Erfolgsgenerierung aufgebracht. Eine Möglichkeit, die Aufwendungen für F&E zu reduzieren und das Risiko des Scheiterns zu minimieren, wäre ein Markteintritt mit einer Produktimitation nach einem erfolgreichen Pionier bzw. Innovator1. Der Imitator könnte so am Erfolg der Innovation mit partizipieren, ohne aber die Anstrengungen des Pioniers für Marktforschung und Markteintritt bewerkstelligen zu müssen.
Diese Arbeit hat somit das Ziel herauszufinden, ob die Produktimitationsstrategie erfolgreicher sein kann als die Strategie der Produktinnovation und über welche Fähigkeiten das imitierende Unternehmen verfügen muss.
Dazu werden zunächst in Kapitel 2 die begrifflichen Grundlagen erläutert und anschließend in Kapitel 3 die Bestandteile von Produktimitationsstrategien vorgestellt. Diese werden in Kapitel 4 auf zwei Praxisbeispiele angewendet, so dass abschließend eine Beurteilung stattfinden kann.
2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Innovation
Für den Begriff der Innovation existieren zahlreiche verschiedene Begriffsdefinitionen und Abgrenzungen in der Literatur. Allgemein versteht man unter der Innovation etwas „Neues“. Dabei können darunter reine Produktinnovationen, Prozessinnovationen oder auch neuartige Vertragsformen oder Vertriebswege verstanden werden.2 Hauschild versteht unter der Innovation:
„…qualitativ neuartige Produkte oder Verfahren, die in den Markt oder in den Betrieb – in Produktion oder Administration – erstmalig eingeführt werden.“3
Nach dieser Definition kann, abhängig von der Betrachtungsebene, eine Innovation bereits von einem Unternehmen als neuartig angesehen werden, obwohl diese schon von einem anderen Konkurrenten erfolgreich am Markt positioniert wurde. In so einem Fall könnte die Innovation des einen, eine Imitation des anderen Unternehmens darstellen. Um aber eine erfolgreiche Abgrenzung zwischen der Innovation und Imitation tätigen zu können, darf sich der Systembezug der Innovation nicht rein auf die subjektive Ebene der Unternehmenssichtweise beziehen, sondern muss sich vielmehr auf den gesamten Markt des neuen Produktes bzw. Verfahrens ausdehnen.4 Diese Hausarbeit befasst sich mit erfolgreichen Imitationen von Innovationen, was folglich voraussetzt, dass die Innovationen bereits erfolgreich von einem Innovator am Markt eingeführt wurden. Die Unternehmen verfolgen mit der Produktinnovation das Ziel, eine Leistung zu offerieren, die aus Konsumentensicht völlig neuartig ist und sich durch neue Anwendungs- oder Verwendungsmöglichkeiten profiliert.5 Ein Unternehmen muss ständig darum bemüht sein, neuartige Produkte oder Modifizierungen auf den Markt zu bringen, um seinen existenziellen Marktanteil zu verteidigen, wettbewerbsfähig zu bleiben oder auch die Marktführerrolle einzunehmen.6 In der Literatur wird meistens das positive Image, der Aufbau von Markteintrittsbarrieren und Distributionskanälen sowie die Pioniergewinne und Erfahrungskurveneffekte im Zusammenhang mit Innovationen als Vorteile gegenüber der Produktimitation genannt. Als Nachteile sind sicherlich die hohen Aufwendungen für F&E, die Unwissenheit über Nachfragebedürfnisse sowie mögliche Kinderkrankheiten bei der Produkteinführung zu nennen.7
2.2 Imitation
Wie es schon bei der Begriffsbestimmung der Innovation keine einheitliche Definition und Abgrenzung gab, so existiert auch für den Imitationsbegriff keine allgemein gültige Festlegung.8 Imitationen sind im Grunde genommen Produkte, die eine besonders große Ähnlichkeit zu bereits am Markt existenten Produkten aufweisen. Daher kann man für die Imitation auch den Begriff der Nachahmung verwenden. Der Imitator, in dieser Arbeit auch „Folger“ genannt, bedient sich der Entwicklungsleistung und/oder der Erfindung von Innovatoren bzw. Pionieren, um seine eigenen Produkte anschließend selbst am Markt anzubieten.9 Die Imitation hat ein relativ negatives Image in der Gesellschaft, da man mit ihr Ideenlosigkeit und mangelnden Einfallsreichtum in Verbindung bringt. Allerdings sei an dieser Stelle auch gesagt, dass es keine bedeutende Erfindung gibt, die nicht bereits von jemand anderem imitiert wurde und keine Erfindung von der man nicht behauptet, sie sei nichts mehr als eine bloße Imitation.10 So sagt Albach:
„Innovation zieht Imitation nach sich, und Imitation treibt zu neuer Innovation.“11 Durch diese Aussage wird deutlich, dass Innovationsmanagement und Imitationsmanagement in einer besonderen Form miteinander verbunden sind und somit oft gemeinsam im Unternehmen betrieben werden.12 Was die Zulässigkeit von Imitation angeht, so gibt es nach dem UWG kein allgemeines Nachahmungsverbot. Jede Imitation müsste letztendlich separat auf ihre Lauterkeit überprüft werden.13 Ein generelles Verbot von Nachahmungen wäre auch aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht wünschenswert, da wie bereits Albach erwähnt hat, Folgeinnovationen durch Imitationen ermöglicht werden. Imitationen erhöhen den Preiswettbewerb und führen zu weiteren Preissenkungen, wodurch Innovationen allen Gesellschaftsschichten angeboten werden können. Dieser wirtschaftliche Prozess wird auch als Trickle-Down-Effekt bezeichnet.14 Die Charakteristika einer Imitation sind zum einem die zeitliche Folge nach Innovationen. Zudem entsprechen die Anwendungs- bzw. Verwendungsmöglichkeiten größtenteils der der Innovation, die verwendete Technologie ist weitestgehend ähnlich und Imitationen sind das Ergebnis bewussten Handelns.15 Die Vor- und Nachteile einer Imitationsstrategie, erwachsen in der Regel aus umgekehrten Vor- und Nachteilen der Innovationsstrategie.
Somit kann als Vorteil, beispielsweise der geringere F&E-Aufwand und die Nutzung des Pionierwissens genannt werden, während Nachteile das negative Image eines Nachahmers und die Markteintrittsbarrieren des Pioniers sein können.16
3. Produktimitationsstrategien
3.1 Imitationspotentiale
Die erforderlichen Fähigkeiten für einen erfolgreichen Markteintritt des imitierenden Unternehmens werden in diesem Abschnitt als Imitationspotentiale näher erläutert. Dabei werden die Fähigkeiten auf die vier Potentialbündel Aufklärungs-, Technologie-, Marketing- und Produktionspotentiale aufgeteilt.
Bevor ein Unternehmen ein Produkt imitieren kann, muss es von dessen Vorhandensein Informationen haben.17 Das Aufklärungspotential dient somit der Wahrnehmung von Imitationspotentialen, um frühzeitig mit der Initiative zur Imitation starten zu können.18
Neben dem Aufspüren von Imitationschancen, dient das Potential auch der Analyse von Markteintrittssignalen und den eigenen technischen Fähigkeiten. Der Imitator muss seine Fähigkeiten einschätzen können, um letztendlich die Entscheidung zu treffen, ob ihm der Imitationsprozess kurzfristig selbst gelingt oder ob er eventuell einzelne Entwicklungsschritte outsourcet, um so den Imitationsprozess zu beschleunigen.19 Der Zeitbezug kann bei Imitationen eine wichtige Rolle spielen, wenn der Imitator versucht, über einen schnellen Markteintritt, den noch jungen Markt für sich zu gewinnen. Mit Hilfe des Aufklärungspotentials sollen die Barrieren der Unwissenheit überwunden werden, in dem der Imitator sich systematisch Informationen über Wettbewerbsaktivitäten, deren Produkte und Verfahrenstechniken sowie Nachfrageänderungen einholt.20
Ein hohes technologisches Know-how ist die nächste, wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Imitation. Das Unternehmen muss Kenntnisse über die notwendigen Entwicklungsleistungen, Fertigungstechniken sowie Roh- und Hilfsstoffe haben und die Fähigkeiten besitzen, durch Fachkräfte und Maschinen, diese auch zu realisieren. Besonders vor dem Hintergrund, dass der Innovator durch spezielle und teure Verfahrenstechniken versucht, schnelle Imitationen zu verhindern, um seinen Monopolstatus zu erhalten, ist ein hohes Technologiepotential für die kurzfristige Fertigung von Imitationen zwingend erforderlich.21 Das Technologiepotential dient aber nicht nur der Überwindung und Reduzierung von technologischen Komplexitätsbarrieren des Innovators, es ermöglicht auch den Aufbau neuer Barrieren gegenüber anderen Imitatoren, um ihnen den Markteintritt zu erschweren und die eigene Imitation zu schützen.22 Mit Hilfe des Marketingpotentials sollen primär die Kunden für das Imitationsprodukt gewonnen werden. Dabei geht es nicht nur um Preis- und Kommunikationspolitik, sondern auch um die Distributionspolitik des Imitators.23 Die Bekanntmachung der Imitation und die Verankerung der Botschaft in den Köpfen der Konsumenten sind wichtige Fähigkeiten für die erfolgreiche Vermarktung des eigenen Produktes. Die Fähigkeit Nachfragebedürfnisse zu erkennen, der Einsatz von absatzpolitischen Marketinginstrumenten oder auch die Größenvorteile des eigenen Marketingbereichs gegenüber dem Wettbewerb sind entscheidende Potentiale für eine erfolgreiche Imitationsstrategie. Das Marketingpotential kann dazu verwendet werden, neue oder eigene Vertriebs- und Distributionskanäle als Standard zu setzen und somit maßgeblich die Marktstruktur zu prägen.24
Beachtet man, dass der Imitator erst nach einer gewissen Zeit in den Markt des Innovators eintritt, so kann man aufgrund des Innovationserfolges mit einer direkt hohen Nachfrage der Konsumenten rechnen. Das imitierende Unternehmen muss ein hohes produktionstechnisches Potential aufweisen, um diese Nachfrage bewältigen zu können. Speziell das Produktionspotential bei der Großserienfertigung ist in Hinblick auf Vorteile bei Kostendegressionseffekten zu nennen. Der Imitator kann gegenüber dem Innovator im Vorteil sein, wenn dieser aufgrund einer hohen Produktion, die angebotenen Produkte zu niedrigeren Stückkosten produziert und somit dem Markt kostengünstiger anbietet.25
3.2 Imitationsgründe
Die Entscheidung ob ein Unternehmen eine Imitationsstrategie verfolgen sollte oder nicht, hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab. Das imitierende Unternehmen muss sich die Frage stellen, ob von der Innovation ein Anreiz zur Imitation ausgeht und ob es über die im Kapitel 3.1 erwähnten Potentiale verfügt.
[...]
1 Vgl. Schewe G. (2007), S. 51.
2 Vgl. Hauschild J. et al. (2007), S.3.
3 Hauschildt (Innovationsstrategien 1989), S.256, zit. nach: Schewe G. (1992), S.12.
4 Vgl. Schewe G. (1992), S.12 ff.
5 Vgl. Hauschildt J. et al. (2007), S. 9; Schewe G. (2007), S. 52.
6 Vgl. Bischoff A. (1980), S.25 f.
7 Vgl. Schewe G. et al. (2009), S. 23.
8 Vgl. Schewe G. (1992), S. 14.
9 Vgl. Rauth A. (2012), S. 16.
10 Vgl. Hauschildt J. et al. (2007), S.71.
11 Albach (1990), S. 97, zit. nach: Hauschildt J. et al. (2007), S. 71.
12 Vgl. Granig P. et al. (2012), S. 65.
13 Vgl. Jenny A. (1996), S. 1 f.
14 Vgl. Hahn P. (2014), S. 36 f.
15 Vgl. Hauschildt J. et al. (2007), S. 71.
16 Vgl. Schewe G. et al. (2009), S.23.
17 Vgl. Bischoff A. (1980), S. 56.
18 Vgl. Schewe G. (1992), S.228 f.
19 Vgl. Schewe G. et al. (2009), S.32.
20 Vgl. Schewe G. (1992), S. 229 ff.
21 Vgl. Bischoff A. (1980), S. 61 f.
22 Vgl. Schewe G. (1992), S. 227 ff.
23 Vgl. Schewe G. et al. (2009) S. 33.
24 Vgl. Schewe G. (1992), S. 228.
25 Vgl. Schewe G (1992), S. 227 f.