Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Testament von Kaiser Otto IV. Es wird untersucht, welche Absichten Ottos sich hinter den einzelnen Bestimmungen verbergen und warum er diese für wichtig erachtete, wie diese umgesetzt wurden und wie sie den weiteren Verlauf der Geschichte prägten. Dabei gehe ich auf einige wichtige Geschehnisse und Stationen seines Lebens ein, die ich vorher kurz umreiße, um die Hintergründe klarer darstellen zu können.
Otto IV. galt lange Zeit als reine Unterbrechung der staufischen Kontinuität und da sich seine Herrschaft auf vier Jahre beschränkte, wurde ihm nicht viel Bedeutung beigemessen. Erst als Bernd Ulrich Hucker Anfang der 90er Jahre ein Habilitationsthema suchte und auf den „Fußnotenkaiser“ aufmerksam gemacht wurde und besonders im Rahmen der Landesausstellung Otto IV. im „Kaiserjahr“ 2009 wurde der einzige welfische Kaiser ausführlich erforscht.
Für meine Arbeit nutze ich unter anderem neben dem Testament selbst die Narratio de morte Ottonis IV imperatoris , welche wahrscheinlich vom Abt Friedrich von Walkenried verfasst wurde , die Biographie „Otto IV.“ von Bernd Ulrich Hucker und den Ausstellungskatalog „Otto IV. – Traum vom welfischen Kaisertum“ mit mehreren Aufsätzen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Der welfische Kaiser
1) Geburt und die ersten Jahre
2) Die doppelte Königskrönung
3) Zerwürfnis mit dem Papst und das Ende Ottos
III. Der Tod des Kaisers
IV. Die testamentarischen Verfügungen
1) Die Reichsinsignien
2) Die Harligburg
3) Die Reliquien
4) Quedlinburg und die Baliste
5) Die Burg Walbeck
6) Die Harzburg und weitere Lehen
7) Mündliche Bestimmungen
8) Zusammenfassung
V. Der formale Aufbau
VI. Das Erbe des Welfenkönigs
VII. Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Testament von Kaiser Otto IV.
Es wird untersucht werden, welche Absichten Ottos sich hinter den einzelnen Bestimmungen verbergen und warum er diese für wichtig erachtete, wie diese umgesetzt wurden und wie sie den weiteren Verlauf der Geschichte prägten. Dabei gehe ich auf einige wichtige Geschehnisse und Stationen seines Lebens ein, die ich vorher kurz umreiße, um die Hintergründe klarer darstellen zu können.
Otto IV. galt lange Zeit als reine Unterbrechung der staufischen Kontinuität und da sich seine Herrschaft auf vier Jahre beschränkte, wurde ihm nicht viel Bedeutung beigemessen.
Erst als Bernd Ulrich Hucker Anfang der 90er Jahre ein Habilitationsthema suchte und auf den „Fußnotenkaiser“ aufmerksam gemacht wurde1 und besonders im Rahmen der Landesausstellung Otto IV. im „Kaiserjahr“ 20092 wurde der einzige welfische Kaiser ausführlich erforscht.
Für meine Arbeit nutze ich unter anderem neben dem Testament selbst die Narratio de morte Ottonis IV imperatoris 3, welche wahrscheinlich vom Abt Friedrich von Walkenried verfasst wurde4, die Biographie „Otto IV.“ von Bernd Ulrich Hucker und den Ausstellungskatalog „Otto IV. – Traum vom welfischen Kaisertum“ mit mehreren Aufsätzen.
II. Der welfische Kaiser
1) Geburt und die ersten Jahre
Bevor ich mich Ottos Tod zuwende, muss einiges über sein Leben gesagt werden. Es steht weder das genaue Datum noch der Ort von Ottos Geburt fest, da nicht sicher dokumentiert ist, wo sich seine Mutter in der Zeit aufhielt. Fest steht inzwischen, dass er 1175/76 als Sohn von dem Welfen Heinrich der Löwe und Mathilde von England als eines von sieben Kindern geboren wurde. Wichtig für den späteren Verlauf der Geschichte waren seine beiden Brüder Heinrich der Lange, Pfalzgraf bei Rhein und Wilhelm von Lüneburg.
Otto musste im jungen Alter seinem Vater ins Exil nach England folgen, wo Richard Löwenherz großen Gefallen an ihm fand. Richard war sein Onkel und wurde zum größten Förderer des welfischen Kaisers.5
2) Die doppelte Königskrönung
Im Jahre 1297 starb der Kaiser Heinrich VI. unerwartet und die deutschen Fürsten wurden vor das Problem der Nachfolgeregelung gestellt. Es gab bis dahin keine klaren Regeln zur Wahl eines Königs und da sich der Sohn Heinrichs und zum Mitkönig erhobene Friedrich nicht im Land befand, wählten die stauferfreundlichen und stauferfeindlichen Fürsten jeweils ihren eigenen König. Dies war zum einen Philipp von Schwaben und auf Vorschlag Richards auch Otto.6
Der Chronist Otto von St. Blasien schrieb dazu: „Also mühten sich die beiden Könige um ihren Vorrang und brachten fast zwölf Jahre im inneren Krieg zu“7.
Neu war, dass dem Papst eine vorher bei den deutschen Fürsten nicht gekannte Schiedsrichterrolle zukam. In Briefen appellierten die Fürsten begründet ihren Kandidaten zu unterstützen.8
Letztendlich entschied sich Papst Innocenz III. für die Unterstützung des Welfen. Er hatte zwischen Philipp von Schwaben, Friedrich II. und Otto abgewogen. Der Papst hatte ganz eigene Pläne und dass Philipp und Friedrich, der außerdem als zu jung eingestuft wurde, Sizilien wieder dem Reich einverleiben wollten, passte nicht in seine Vorstellung der territorialen Macht, welche er selber erlangen wollte.9 Ausführlich begründet er seine Entscheidung in der Deliberatio super facto imperii de tribus electis.
Otto wurde „am rechten Ort“, in der von Karl dem Großen gestifteten Marienkriche in Aachen, von dem Kölner Erzbischof Adolf von Altena am 12. Juli 1198 zum König gekrönt.10
Als Dank für seine Unterstützung leistete Otto dem Papst den Neusser Eid, in dem er territoriale und poltische Abmachungen mit dem Papst traf, welche unter anderem dem Papst die Herrschaft über Sizilien zusicherten.
Trotz der Unterstützung und Beratung durch Innocenz III. konnte sich Otto erst durchsetzen, als Philipp von Schwaben am 21. Juni 1208 ermordet wurde, kurz bevor dieser zu einem entscheidenden Feldzug gegen Otto ziehen konnte. Sein Bruder Heinrich hatte ihm die Treue aufgekündigt11 und infolgedessen wechselten immer mehr Fürsten die Seiten. Nach einer schweren Niederlage am 27. Juni 1206 bei Wassenberg hat sich Otto nach Braunschweig auf sein sächsisches Ursprungsgebiet zurückgezogen.
Nach dem Tod Philipps wandten sich ihm die Fürsten und auch sein Bruder Heinrich wieder zu und somit stand einer Kaiserkrönung Ottos im Jahr 1209 in Rom durch den Papst nichts mehr im Wege.
3) Zerwürfnis mit dem Papst und das Ende Ottos
Otto hielt sich nicht an die Versprechen, die er dem Papst gegeben hat. Er hatte ihm Freiheit von kirchlichen Wahlen, Nichtbehinderung von Appellationen, Verzicht auf das Spolienrecht12, Unterstützung bei der Ketzerbekämpfung, Anerkennung der päpstlichen Gebietsgewinne, Hilfe bei Erlangen und Verteidigung der kirchlichen Herrschaft über das Königreich Sizilien versprochen.13
Am 18. November 1210 wurde Kaiser Otto IV. von dem Papst mit dem Kirchenbann belegt, weil dieser gegen Sizilien marschierte. Die ausgelöste Unsicherheit unter den Fürsten durch den Meinungswechsel des Kirchenoberhauptes und die Wahl Friedrichs II. zum König am 5. Dezember 1212 führten zu einem erneuten Bürgerkrieg, der seine Entscheidungsschlacht am 27. Juli 1214 bei Bouvines fand.
Kaiser Otto IV. zog mit König Johann von England in den Krieg um den französischen Verbündeten Friedrichs zu besiegen. Der Sieg der Schlacht schien sicher, bis des Kaisers Pferd zu Boden ging und er sich zur Flucht wandte.14
Die Niederlage war so bedeutend, dass sich viele Fürsten von Otto abwandten und ihm nichts anders übrig blieb, als sich wieder auf sein angestammtes Land Braunschweig zurückzuziehen und niederzulassen.
Es blieb Otto nichts anderes mehr übrig, als sich seinem Schicksal zu fügen. Sämtliche Verbündete hatten sich von ihm losgesagt und er konnte nichts mehr tun, außer seinen unmittelbaren Nachbarn gelegentlichen Schaden zuzufügen. Wie gering Friedrich II. die Bedrohung durch Otto einschätzt, zeigt sich dadurch, dass er nie versucht Braunschweig zu belagern oder gar zu erobern.15
Ohne das Geschehen des Reiches weiter zu beeinflussen starb der Welfe kinderlos am 19. Mai 1218 auf der Harzburg und hinterließ der heutigen Nachwelt das älteste im Original erhaltene Kaisertestament.16
III. Der Tod des Kaisers
Anders als in der heutigen Zeit gab es damals nichts Schlimmeres als einen schnellen, unvorbereiteten Tod. Viele Menschen empfinden es heutzutage als sehr schreckliche Vorstellung, lange auf dem Sterbebett zu liegen. Damals war es für alle Menschen, nicht nur für die mittelalterlichen Herrscher, wichtig, seine Angelegenheiten geregelt zu haben und besonders das Seelenheil zu erlangen. Die Einwohner des christlich geprägten Reiches hatten zumindest auf dem Sterbebett stets Angst auf Ewig im Fegefeuer oder der Hölle leiden zu müssen. Die Kirche besaß eine hohe Glaubwürdigkeit und Annerkennung. Keiner wollten eines „schlechten Todes sterben“. Deswegen war es für Otto besonders wichtig, vor seinem Tode die Aussöhnung mit der Kirche und die Lösung von dem Bann zu erlangen.17
Zur Erreichung dessen, so berichtet die Narratio, wird ihm die Absolution von drei Geistlichen erteilt, da er durch Beichte und Buße seine Sünden bereute.
Vaspasian, seiner Zeit Herrscher im antiken römischen Reich, hat nach Suetons ein klares Bild von einem Kaisertod: Ein Kaiser muss stehend sterben! Um diesem Anspruch gerecht zu werden versuchte Otto IV sein letztes Gebet stehend zu verrichten.18
In der Narratio wird berichtet, dass Otto an starken Darmstörungen erkrankte, nachdem er auf der Burg Harliberg wie jeden Frühling ein Medikament eingenommen hat. Dieses Medikament, vermutlich gegen Malaria, welches er sich auf seinem Sizilienfeldzug eingefangen haben kann, wurde in einer zu großen Menge eingenommen und führte dazu, dass der Kaiser sich todkrank auf die Harzburg bringen ließ. Otto war nicht der einzige, den das italienische Klima niederwarf. Ein Drittel der deutschen Herrscher, die sich in Italien aufhielten wurden von dem dortigen Klima krank.19
Weiter berichtet die Narratio, wie Otto sich mit der Kirche aussöhnen wollte. Es ist ihm wichtig, keinem „schlechten“ Tod zu erliegen, und als der Abt von Walkenried nicht sofort kommen konnte, schickte er auch nach dem Probst des Buchhardiklosters zu Halberstadt. Dieser nimmt ihm seine Beichte ab und erteilt ihm die Absolution. Otto bereut alle seine Sünden und bekennt seine schwere Schuld dem Papste gegenüber, beharrt aber auf die Rechtmäßigkeit seines Kaisertums. Auch der später eintreffende Abt nimmt ihm die Beichte ab und erteilt im ebenso die Absolution, wie der in der Nacht seines Todes eintreffende, für ihn zuständige Ortsbischof von Hildesheim. Diese drei Absolutionen sind auch nötig, werden aber erst wirksam, wenn der Papst persönlich ihnen zustimmt. Papst Innocenz III. ist schon vor Otto verstorben, Honorius, sein Nachfolger, bestätigte auf Nachricht seines würdigen Todes die Absolution.20
Desweiteren beschreibt die Narratio, wie Otto nach der zweiten erteilten Absolution in Anwesenheit der Kaiserin, einiger Sekretäre und des Grafen Heinrich von Wohldenberg erklärt: „Wem nützt es, dass wir noch von meinem Leben reden, denn es ist keines mehr. Eines zu tun ist besser, dass wir nämlich für unseren Todesfall verfügen. Ich verlange, dass mein unterzeichnetes Testament ungeschmälert gehalten werde, sowohl hinsichtlich der Burgen, als der Leute.“
[...]
1 http://www.tagesspiegel.de/kultur/otto-iv-der-fussnotenkaiser/1574644.html
2 800 Jahre zuvor wurde Otto zum Kaiser gekrönt
3 Marténe/U. Durant: Thesaurus novus anecdotorum complectens chronica varia, Band 3, ed. E., 1717, Sp. 1373-1378.
4 Hucker, Bernd Urlich: Otto IV – der wiederentdeckte Kaiser, Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig, 2003, S. 443.
5 www.welfen.de/ottoiv.htm
6 Schneidmüller, Bernd: Die Welfen – Herrschaft und Erinnerung, Kohlhammer Urban, Stuttgart 2000, S. 242.
7 Ebd. S. 244
8 Ebd. S. 246
9 Krieb, Steffen: Vermitteln und Versöhnen – Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198-1208, Böhlau Verlag, Köln 2000, S. 78-81.
10 Schneidmüller (wie Anm. 6), S. 243
11 Otto hatte sich geweigert im Braunschweig und weitere Ländereien zu übergeben, welche Heinrich als ihm zustehend betrachtete
12 Verfügung des Königs über Nachlass und Einkünfte eines verstorbenen Bischofs
13 Innocentius: Regestum Innocentii III papae super negotio Romani imperii, Hrsg: Friedrich Kempf, Univ. Gregoriana, 1947, Nr. 160, S.189.
14 Schneidmüller, (wie Anm. 6), S. 264.
15 Winkelmann, Eduard: Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, Unveränderter fotomechanischer Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1878, S. 462f.
16 Schlögl, Waldemar: Diplomatische Bemerkungen über die Testamente deutscher Herrscher des Mittelalters, in: ders./Herde, Peter (Hg.), Grundwissenschaften und Geschichte, Festschrift für Peter Acht, Kallmütz 1976, S.157-168, hier S. 161.
17 Schaller, Hans Martin: Der Kaiser stirbt, in: Borst/v. Gravenitz, Patschovsky, Stierle (Hg.): Tod im Mittelalter, Universitätsverlag Konstanz
18 Ebd. S.65
19 Hucker (wie Anm. 4), S.445.
20 Hucker (wie Anm. 4), S. 451.