Diese Arbeit befasst sich mit der Vorgehensweise bei der Einführung und beim Aufbau einer Prozesskostenrechnung (PKR) in ein Unternehmen. Die PKR ist ein Kostenrechnungsverfahren, welches vor allem für strategische Entscheidungen relevante Informationen liefern soll. Damit steht sie im Vergleich zu den traditionellen Kostenrechnungsverfahren, die lediglich ein kurzfristig ausgerichtetes Steuerungsinstrument zur Lösung operativer Planungs-, Kontroll-, und Lenkungsaufgaben darstellen. Diese Verfahren entstanden in einer Zeit, in denen das Umfeld der meisten Unternehmen durch Verkäufermärkte und Massenproduktion gekennzeichnet war. Jedoch hat sich dieses Umfeld seit Ende der siebziger Jahre nachdrücklich verändert, und auf diese Weise wandelten sich auch die Prozesse der betrieblichen Leistungserstellung. Es hat sich im Laufe der Zeit eine Kostenstrukturverschiebung herausgebildet, durch die sich der Anteil der Lohneinzelkosten an der Wertschöpfung immer mehr verringerte, während der Anteil der Gemeinkosten anstieg.1
In Folge dieser neuen Situation kommen die traditionellen Kostenrechnungsverfahren aufgrund ihrer Zurechnungsmethodik zu ungenauen Ergebnissen, da sie die wirklichen Gemeinkostenabhängigkeiten ignorieren, und damit fehlerhafte Informationen für das Management bereitstellen. Genau dort setzt die PKR an, denn sie soll eine verursachungsgerechtere Verrechnung der Gemeinkosten, vor allem in den indirekten Bereichen, gewährleisten. Die Leistungserstellung soll als eine Kette von Tätigkeiten und Prozessen betrachtet werden, die durch alle Bereiche des Unternehmens laufen. Die Einführung und der Aufbau der PKR in ein Unternehmen wird als ein Projekt2 durchgeführt. Dieses bedarf eines Projektmanagements3, welches durch die Unternehmensführung gewährleistet werden muss. Nach der Definition einiger Grundbegriffe folgt im Hauptteil der Arbeit die Darstellung der Vorgehensweise des Projektteams bei der Implementierung der PKR. Daran anschließend werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Hindernisse, auf die das Management und das Projektteam bei der Einführung stoßen können, gezeigt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundbegriffe
2.1. Tätigkeiten
2.2. Teilprozesse
2.3. Hauptprozesse
2.4. Prozesshierarchie
3. Vorgehensweise beim Aufbau einer Prozesskostenrechnung
3.1. Auswahl zweckmäßiger Unternehmensbereiche
3.2. Tätigkeitsanalyse
3.2.1. Vorstrukturierung der Hauptprozesse
3.2.2. Tätigkeitsanalyse und Bildung von Teilprozessen und Maßgrößen
3.3. Kostenzuordnung und Kalkulation der Teilprozesskosten
3.4. Prozessverdichtung
3.5. Ermittlung und Auswahl der Kostentreiber
3.7. Kalkulation der Hauprozesskosten
4. Erfolgsfaktoren und Hindernisse der Implementierung
5. Schlussbetrachtung
6. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Die Prozesshierarchie
Abbildung 2: Einsatzbereiche der Prozesskostenrechnung
Abbildung 3: Tätigkeitsübersicht der Kostenstelle Einkauf
Abbildung 4: Prozessliste der Kostenstelle Einkauf
Abbildung 5: Kostenstellentableau der Kostenstelle Einkauf
Abbildung 6: Unterschiedliche Verdichtungsvarianten
Abbildung 7: Beispiele für Hauptprozesse und ihre Kostentreiber
Abbildung 8: Bildung von Hauptprozesskostensätzen
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Diese Arbeit befasst sich mit der Vorgehensweise bei der Einführung und beim Aufbau einer Prozesskostenrechnung (PKR) in ein Unternehmen.
Die PKR ist ein Kostenrechnungsverfahren, welches vor allem für strategische Entscheidungen relevante Informationen liefern soll. Damit steht sie im Vergleich zu den traditionellen Kostenrechnungsverfahren, die lediglich ein kurzfristig ausgerichtetes Steuerungsinstrument zur Lösung operativer Planungs-, Kontroll-, und Lenkungsaufgaben darstellen. Diese Verfahren entstanden in einer Zeit, in denen das Umfeld der meisten Unternehmen durch Verkäufermärkte und Massenproduktion gekennzeichnet war. Jedoch hat sich dieses Umfeld seit Ende der siebziger Jahre nachdrücklich verändert, und auf diese Weise wandelten sich auch die Prozesse der betrieblichen Leistungserstellung. Es hat sich im Laufe der Zeit eine Kostenstrukturverschiebung herausgebildet, durch die sich der Anteil der Lohneinzelkosten an der Wertschöpfung immer mehr verringerte, während der Anteil der Gemeinkosten anstieg.[1]
In Folge dieser neuen Situation kommen die traditionellen Kostenrechnungsverfahren aufgrund ihrer Zurechnungsmethodik zu ungenauen Ergebnissen, da sie die wirklichen Gemeinkostenabhängigkeiten ignorieren, und damit fehlerhafte Informationen für das Management bereitstellen. Genau dort setzt die PKR an, denn sie soll eine verursachungsgerechtere Verrechnung der Gemeinkosten, vor allem in den indirekten Bereichen, gewährleisten. Die Leistungserstellung soll als eine Kette von Tätigkeiten und Prozessen betrachtet werden, die durch alle Bereiche des Unternehmens laufen.
Die Einführung und der Aufbau der PKR in ein Unternehmen wird als ein Projekt[2] durchgeführt. Dieses bedarf eines Projektmanagements[3], welches durch die Unternehmensführung gewährleistet werden muss.
Nach der Definition einiger Grundbegriffe folgt im Hauptteil der Arbeit die Darstellung der Vorgehensweise des Projektteams bei der Implementierung der PKR. Daran anschließend werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Hindernisse, auf die das Management und das Projektteam bei der Einführung stoßen können, gezeigt.
2. Grundbegriffe
2.1. Tätigkeiten
Tätigkeiten[4] sind Abläufe innerhalb einer Kostenstelle die Produktionsfaktoren beanspruchen und verbrauchen, z.B. die Aufgabe einer Bestellung oder die Bearbeitung von Kundenaufträgen durch einen einzelnen Mitarbeiter des Unternehmens. Eine Tätigkeit stellt somit die kleinste erfassbare Einheit dar, die Kosten verursacht.
2.2. Teilprozesse
Teilprozesse sind ebenfalls kostenstellenbezogene Arbeitsvorgänge, jedoch stellen sie nicht mehr die kleinste erfassbare Einheit dar, denn sie repräsentieren eine „Kette homogener Aktivitäten einer Kostenstelle“[5], d.h. ein Teilprozess ist die Zusammenfassung mehrerer sachlich zusammenhängender Tätigkeiten eines oder mehrerer Mitarbeiter des Unternehmens. Da in jeder Kostenstelle ein gewisser Input (Personal-, Material- und Kapitaleinsatz) durch das Ausführen einer Tätigkeit zu einem Output (z.B. Bearbeitete Kundenaufträge) generiert wird, ist jede Tätigkeit von einer beeinflussenden Größe abhängig. Solche Einflussgrößen werden auch als Maßgrößen bezeichnet, z.B. die Anzahl der Kundenaufträge.[6]
Teilprozesse werden unterschieden in „leistungsmengeninduzierte“ (lmi) und „leistungsmengenneutrale“ (lmn) Prozesse.[7] Die Kosten, die durch die lmi-Prozesse entstehen, sind vom Leistungsvolumen der jeweiligen Kostenstelle direkt abhängig, z.B. in der Kostenstelle Einkauf der Teilprozess „Bestellungen aufgeben“, der von der Anzahl der Bestellungen der Kostenstelle Einkauf abhängt. Die Kosten von lmn-Prozessen sind dahingegen unabhängig vom Leistungsvolumen der Kostenstelle, z.B. der Teilprozess „Abteilung leiten“ oder „Mitarbeiter beurteilen“.[8]
2.3. Hauptprozesse
Hauptprozesse stellen die wesentlichen gemeinkostenverursachenden Vorgänge in den indirekten Leistungsbereichen eines Unternehmens dar. Sie werden aus mehreren sachlich zusammengehörigen Teilprozessen verschiedener Kostenstellen gebildet und unterliegen dem gleichen Kosteneinflussfaktor. Für sie sollen die Prozesskosten ermittelt werden. Hauptprozesse bilden die wertschöpfungsrelevanten Kernfunktionen des Unternehmens ab. Die Abgrenzung verschiedener Hauptprozesse wird durch unterschiedliche Kostentreiber und unterschiedliche Prozessergebnisse gewährleistet. Allerdings dürfen nur Teilprozesse zu einem Hauptprozess zusammengefasst werden, wenn sie sich in Struktur, Ablauf, Arbeitsaufwand und der damit verbundenen Ressourceninanspruchnahme nicht grundsätzlich unterscheiden.[9] Kostentreiber (Cost Driver[10]) sind die wichtigsten gemeinkostenverursachenden Einflussgrößen in einem Unternehmen. Ein Hauptprozess ist zum Beispiel die Abwicklung eines Kundenauftrages, dessen Cost Driver die Anzahl der Kundenaufträge darstellt.[11]
2.4. Prozesshierarchie
Die PKR erfolgt innerhalb einem strukturiertem Hierarchiegerüst. Der Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten in den Kostenstellen, den Teilprozessen und den Hauptprozessen soll durch Abbildung 1 deutlich gemacht werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Prozesshierarchie.[12]
3. Vorgehensweise beim Aufbau einer Prozesskostenrechnung
3.1. Auswahl zweckmäßiger Unternehmensbereiche
Generell sind alle betrieblichen Kosten und alle Unternehmensbereiche für die Anwendung der PKR geeignet.[13] Dieser Einsatzbereich muss unternehmensindividuell im Wege von Kosten-Nutzen-Analysen durch das Projektteam ausgewählt werden. Jedoch hängt die Anwendbarkeit der PKR in einem bestimmten Unternehmensbereich von zwei wesentlichen Eigenschaften ab. Es muss sich um Tätigkeiten und Prozesse handeln die sich durch geringe Entscheidungsspielräume auszeichnen, wie auch um Tätigkeiten die repetitiv durchgeführt werden.
Bei repetitiven Tätigkeiten handelt es sich um identische, stets wiederkehrende und eher ausführende Aktivitäten. Als Beispiele lassen sich Aufgaben wie Auftragsabwicklung und Versandabwicklung anführen. Ein geringer Entscheidungsspielraum liegt vor, wenn die Aufgabenstellungen an einen Mitarbeiter genau definiert sind, und er von dieser Aufgabenstellung nur marginal abweichen darf.
Abbildung 2 bringt die Einsatzbereiche der PKR zum Ausdruck.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Einsatzbereiche der PKR.[14]
Diese Einschränkung des Einsatzbereiches der PKR liegt darin begründet, dass Arbeitsabläufe die die oben angeführten Eigenschaften nicht aufweisen, nicht zu quantifizieren sind. Denn Tätigkeiten wie z.B. Führungsaufgaben, die sich durch erhebliche Entscheidungsspielräumen und schlecht standardisierbare Leistungen auszeichnen, sind von ihrer Art her jeweils so unterschiedlich, dass es wirtschaftlich nicht sinnvoll wäre all diese Tätigkeiten mit Hilfe der PKR zu untersuchen.[15]
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass sich das Projektteam bei der Einführung der PKR in ein Unternehmen primär auf solche Unternehmensbereiche beschränken sollte, in denen die Arbeitsabläufe relativ gesehen eher gleichförmig ablaufen und die Struktur der ablaufenden Tätigkeiten von vorneherein feststeht.
Die Gesichtspunkte Repetivität sowie Entscheidungsspielraum reichen jedoch nicht aus um den Bereich herauszufiltern in dem die PKR letztendlich zum Einsatz kommen soll. Da die Einführung eine sehr aufwendige Aufgabe darstellt, ist es unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sinnvoll, die Anwendung der PKR zunächst auf bestimmte Bereiche zu beschränken.
Das Projektteam muss bei dieser Auswahl besonders folgende Merkmale beachten:[16]
1. Hohes Kostenvolumen:
Der zu bestimmende Bereich sollte einen betrieblichen Kostenschwerpunkt darstellen, der besonders teure Ressourcen benutzt und verbraucht. Dadurch wird ein systematisches aber parallel auch ein wirtschaftliches Gemeinkostenmanagement gewährleistet. Ebenso ist damit sichergestellt, dass ein großer Teil der im Unternehmen anfallenden Gemeinkosten verursachungsgerecht verteilt werden kann.
2. Unterschiedliche Ressourceninanspruchnahme:
Bei diesem Kriterium soll die ungleiche Beanspruchung von Ressourcen der indirekten Leistungsbereiche berücksichtigt werden. Besonders in Kostenstellen, bei denen es eine nicht verursachungsgerechte Verrechnung der Gemeinkosten auf die Produkte gibt, in dessen Folge die Produktkosten verfälscht dargestellt werden, kann die PKR für eine starke Verbesserung sorgen.
[...]
[1] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), Abbildung 3, S. 23.
[2] Gemäß der Deutschen Industrienorm (DIN) 69901 ist ein Projekt ein Vorhaben, das im wesentlichen gekennzeichnet ist durch seine Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit, wie z.B. Zielvorga- be, zeitliche, personelle oder andere Begrenzungen, Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben und einer projektspezifischen Organisation; vgl. Steinbuch, P. A. (1998), S. 24 f.
[3] Als Projektmanagement beschreibt die DIN 69901 die Gesamtheit von Führungsaufgaben, - organisa- tion, - techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projektes. In der Praxis versteht man darunter gewöhnlich die direkte, fachübergreifende Leitung aller Projektprozesse; vgl. Steinbuch, P. A. (1998), S. 27 f.
[4] Eine Tätigkeit wird hier synonym zum Begriff der Aktivität verwendet.
[5] Mayer, R. (1998), S. 8.
[6] Vgl. Eisele, W. (2002), S. 790 f.
[7] Die Bezeichnung als leistungsmengeninduzierte und leistungsmengenneutrale Prozesse wurde von Hor- váth und Mayer geprägt; vgl. Horváth P.; Mayer, R. (1989), S. 216.
[8] Vgl. Freidank, C.-C. (2001), S. 232, Reckenfelderbäumer, M. (1998), S. 55 ff.
[9] Vgl. Horváth, P.; Mayer, R. (1993), S. 16 f; Sie unterteilen die Prozesse in drei Kategorien: In Vor- leistungs-, Betreuungs- und Abwicklungsprozesse; Diese Untergliederung der Prozesse wird im weite- ren Verlauf dieser Arbeit nicht vorgenommen.
[10] Die Begriffe Cost Driver und Kostentreiber werden im weiteren Verlauf synonym verwendet.
[11] Vgl. Mayer, R. (1998), S. 6 ff.
[12] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), Abbildung 6, S. 35, Küting, K.; Lorson P. (1993), Abbildung 5, S. 31.
[13] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), S. 49; Er weist jedoch darauf hin, dass Kosten für Überkapazitä- ten, sowie Kosten für Forschung und Entwicklung für neue Produkte sich nicht für die Prozesskostenrechnung eignen.
[14] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), Abbildung 11, S. 50.
[15] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), S. 50 f.
[16] Vgl. Reckenfelderbäumer, M. (1998), S. 51 f.