Die weltpolitischen Konstellationen haben sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts radikal verändert. Besonders betroffen davon sind die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Der gemeinsame Feind existiert nicht mehr und Deutschland, Europa und Amerika werden früher oder später eine Neubestimmung ihrer Interessen vornehmen müssen. Wünschenswert wäre, dass dies einvernehmlich im Sinne von beidseitigem Nutzen geschieht. Möglich wäre aber auch das Gegenteil: außenpolitisch ein Auseinanderdriften der Partner. Letzteres kommt immer deutlicher zum Vorschein und spätestens nach dem Bundeskanzler Schröder im Herbst 2002 den USA und der Welt ein bedingungsloses Nein zur Beteiligung an einer militärischen Intervention im Irak angekündigt hat, selbst mit UNO Mandat, sprechen viele Experten von einer Krise in den transatlantischen Beziehungen. Betrachtet man allerdings die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und Amerika der Vergangenheit, so wird deutlich, dass die transatlantischen Beziehungen nicht immer problemlos verliefen. Zu nennen wäre hier der Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Protokoll, der umfassende Test - Stopp-Vertrag (CTBT= Comprehensive Test Ban Treaty), der nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erreichte und in jüngster Zeit die Absage der amerikanischen Regierung zum Internationalen Gerichtshof. Nicht unbegründet wird den Amerikanern immer häufiger Unilateralismus vorgeworfen. Hier stellt sich die Frage: Kann sich die Weltmacht USA es leisten, anderen Ländern ihren Willen aufzuzwingen, unter der Flagge der Terrorismusbekämpfung? Nach dem Motto: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Begriffserklärung „transatlantische Beziehungen“
2. Entwicklung der transatlantischen Beziehungen seit Ende des Ost-West-Konflikts
3. Reibungspunkte/Herausforderungen für die transatlantischen Beziehungen in den 90er Jahren
3.1 Test-Stopp-Vertrag (CTBT= Comprehensive Test Ban Treaty)
3.2 Der Widerstand der USA gegen den Internationalen S. 9 Gerichtshof
3.3 Kyoto-Protokoll
4. Der 11. September und seine Konsequenzen
4.1 Die Struktur des Internationalen Systems nach dem 11. September
4.2 Irak-Krise 2003
5. Status quo der deutsch-amerikanischen Beziehungen
5.1 Die unterschiedlichen Interessen beider Länder
5.2 „Haar-Risse“; „Krise“; „Vergiftung“ der transatlantischen Beziehung
5.3 Erklärungsversuche
5.4 Lösungsversuche: Wie kann die Krise überwunden werden?
6. Fazit
7. Bibliografie
1. Einleitung
Die weltpolitischen Konstellationen haben sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts radikal verändert. Besonders betroffen davon sind die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Der gemeinsame Feind existiert nicht mehr und Deutschland, Europa und Amerika werden früher oder später eine Neubestimmung ihrer Interessen vornehmen müssen.[1] Wünschenswert wäre, dass dies einvernehmlich im Sinne von beidseitigem Nutzen geschieht. Möglich wäre aber auch das Gegenteil: außenpolitisch ein Auseinanderdriften der Partner.[2] Letzteres kommt immer deutlicher zum Vorschein und spätestens nach dem Bundeskanzler Schröder im Herbst 2002 den USA und der Welt ein bedingungsloses Nein zur Beteiligung an einer militärischen Intervention im Irak angekündigt hat, selbst mit UNO Mandat, sprechen viele Experten von einer Krise in den transatlantischen Beziehungen. Betrachtet man allerdings die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und Amerika der Vergangenheit, so wird deutlich, dass die transatlantischen Beziehungen nicht immer problemlos verliefen. Zu nennen wäre hier der Ausstieg der USA aus dem Kyoto-Protokoll, der umfassende Test-Stopp-Vertrag (CTBT= Comprehensive Test Ban Treaty), der nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erreichte und in jüngster Zeit die Absage der amerikanischen Regierung zum Internationalen Gerichtshof. Nicht unbegründet wird den Amerikanern immer häufiger Unilateralismus vorgeworfen. Hier stellt sich die Frage: Kann sich die Weltmacht USA es leisten, anderen Ländern ihren Willen aufzuzwingen, unter der Flagge der Terrorismusbekämpfung? Nach dem Motto: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns?
Und umgekehrt, kann Deutschland es sich leisten einem Land den Rücken zu kehren, dass es vom Nazi-Regime befreit und für Sicherheit in der BRD während des Kalten Krieges gesorgt hat?
„Von einem transatlantischen Verhältnis, das (gemessen am Normalfall internationaler Beziehungen) von einem hohen Maß an gegenseitiger Wertschätzung und wechselseitigem Vertrauen geprägt ist, profitieren beide Seite, und dies umso mehr in einer Zeit, in der mit dem transnationalen Terrorismus und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen neue und schwerwiegende Risiken für die internationale Sicherheit entstanden sind. Dementsprechend haben alle Beteiligten (mag ihnen das bewusst sein oder nicht) etwas zu verlieren, wenn die Entscheidungsträger und Völker es zulassen, dass dieses Verhältnis dauerhaft Schaden nimmt.[3]
Ziel dieser Arbeit ist es, dass Verhältnis zwischen Deutschland und den USA aufzuzeigen. Dabei spielt weniger die Entwicklung seit Ende des 2. Weltkriegs eine Rolle, als vielmehr die Probleme in der Zeit nach dem Ost-West-Konflikt. Ein besonderes Augenmerk kommt dabei der aktuellen Lage zugute, besonders während des Irak-Konflikts.
1.1 Begriffserklärung „transatlantische Beziehungen“
Unter dem Begriff „transatlantische Beziehungen“ versteht man das Verhältnis zwischen den Staaten, die durch den Atlantik getrennt werden. Wie schon in der Einleitung erwähnt, geht es in dieser Arbeit um das Verhältnis zwischen Deutschland und Amerika. Dieses bleibt natürlich nicht unberührt von der Beziehung zwischen Europa als Ganzes und den Vereinigten Staaten, allerdings taucht das Thema Europa in dieser Arbeit nur am Rande auf.
Deutschlands Außenpolitik ruht auf zwei tragenden Pfeilern: der europäischen Integration und der transatlantischen Orientierung. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Deutschland es den Vereinigten Staaten zu verdanken, dass es in die Gemeinschaft der freien Völker geführt wurde. Seitdem sind die USA Deutschlands engste Verbündete und Partner außerhalb der Europäischen Union.[4]
2. Die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Beziehung zwischen Deutschland und den USA von einem Abhängigkeitsverhältnis zu einem mehr und mehr gleichberechtigten Verhältnis gewandelt. Es entstand ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis, das nun, mit den wachsenden Emanzipationsbestrebungen Deutschlands, langsam ins Wanken gerät.
Die ersten vertraglichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA entstanden am 21. September 1949, als das Besatzungsstatut in Kraft trat. Die Rollenverteilung in dieser Beziehung war die eines Siegers und eines Besiegten. Von der amerikanischen Vormundschaft löste sich Deutschland jedoch im Laufe der Zeit immer mehr ab. In den Jahren des Ost-West-Konflikts waren die Beziehungen zu Amerika für das schutzlose Deutschland vor allem sicherheitspolitisch zentral geworden, denn nur die Vereinigten Staaten von Amerika konnte Deutschland genügend Sicherheit vor der aggressiven und expandierenden Sowjetunion geben. Das Verhältnis hatte sich nun also in eines zwischen „Schutzmacht und Schützling“[5] entwickelt.
Das Ende des Kalten Krieges und die deutsche Vereinigung stellten dann völlig neue Rahmenbedingungen für die deutsch-amerikanischen Beziehungen dar. Zum einen war das grundlegende Sicherheitsinteresse der USA in Europa nicht länger gefährdet; ihre Strategie der „doppelten Eindämmung“ war nicht mehr nötig, denn das außenpolitische Ziel Amerikas, der Erhaltung des Machtgleichgewichts in Europa und der Eindämmung der feindlichen Macht Sowjetunion, welche nach der Vorherrschaft strebte, war nach deren Zerfall hinfällig. Zum anderen war damit auch die Eindämmung Deutschlands, welche durch die Einbindung in die westliche Gemeinschaft erfolgte, abgelöst durch die deutsche Politik der „Selbsteindämmung“. Diese Ereignisse führten dazu, dass der militärische Schutz durch die USA für ganz Westeuropa und damit auch für Deutschland an Bedeutung verlor. „ Mit der Herabstufung Europas auf der außenpolitischen Prioritätenliste Washingtons bricht […] das Fundament einer der beiden Säulen früherer Außenpolitik weg.“[6]
Es kam zu einer Phase des Umbruchs in den transatlantischen Beziehungen. Dieser anhaltende Prozess wird durch zwei globale Veränderungen beschleunigt: „Zum einen wurde die vorherrschende Bipolarität durch eine komplexere Realität abgelöst, die weder durch Unipolarität noch Multipolarität richtig wiedergegeben wird.“[7] Andererseits hatte der erwähnte Wegfall der Bedrohung durch die Sowjetunion faktisch und psychologisch die Abhängigkeit vom Schutz durch die Vereinigten Staaten von Amerika verringert.
Die Transformation des internationalen Systems hat dazu geführt, dass sowohl Deutschland, als auch die USA nach neuen Rollen suchen mussten und dies nach wie vor müssen. Der Wegfall der sowjetischen Bedrohung hat keines Falls den ewigen Frieden eingeleitet oder das Ende der Geschichte, wie einige Wissenschaftler prophezeiten. An vorderster Stelle steht hier Francis Fukuyama, der die These vom „Ende der Geschichte“ bereits 1989 verkündete. Darin zweifelt er die Überlebensfähigkeit des westlichen Modells an, sobald ihm der antagonistische Pol im System fehlt, was seit dem Niedergang des Kommunismus der Fall ist, denn die bipolare Weltordnung brach zusammen und das Abschreckungssystem existierte nicht mehr.
„Es entstand jedoch mit dem Ende des alten Systems nicht – quasi automatisch - eine neue internationale Ordnung im Sinne einer stabilen Verteilung der Macht mit allseits anerkannten Prinzipien friedlicher Interaktion zwischen den Akteuren. Stattdessen begann eine auch gegenwärtig noch nicht endgültig abgeschlossene Phase der Transformation, des Umbruchs, der Orientierungs- und Rollensuche, die auch das transatlantische Verhältnis nachhaltig prägte.[8]
Durch die Realisierung der Europäischen Union mit dem Ziel einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik kam nun die Frage nach den zukünftigen transatlantischen Beziehungen auf. Sie stellte einen Belastungsfaktor dar, da die Bush, Sen.-Administration in dieser Entwicklung die Gefahr eines Bedeutungsverlustes der NATO sah. Trotzdem war das deutsch-amerikanische Verhältnis während der Regierungszeit Helmut Kohls von „Dankbarkeit gegenüber den USA für ihre Hilfe und Unterstützung, nicht zuletzt beim Prozess der deutschen Vereinigung“ und von „freundschaftlichen Gefühlen, die Helmut Kohl und George Bush füreinander empfanden“[9], geprägt. Aber auch nach dem Amtsantritt Bill Clintons 1993 waren die persönlichen Beziehungen der beiden Regierungschefs von „freundlichem Respekt“[10] gekennzeichnet, und die bilateralen Beziehungen auf Akteursebene waren unkompliziert. Clinton bejahte den Fortschritt der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik als einen natürlichen Teil des Integrationsprozesses. Dies entsprach dem amerikanischen Interesse, die finanziellen Kosten ihrer Führungsrolle in der internationalen Politik zu verringern.
Die deutschen Wahlen im Oktober 1998 führten nicht nur einen Regierungswechsel, sondern auch einen Generationswechsel herbei. Während die Politik der Ära Kohl von den Erfahrungen der Nachkriegszeit geprägt war, kam nun mit der Regierung Schröder/Fischer eine Generation an die Macht, die in ihrer Jugend gegen den Vietnam-Krieg und Amerika protestierte. Der selbstbewusste Stil dieser Regierung geht mit einem verringerten Schuldbewusstsein für die vergangene NS-Zeit einher und verlangt nach Gleichberechtigung in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. Durch diesen neuen Anspruch hat sich u. a. das deutsch-amerikanische Verhältnis abgekühlt. Eine deutliche Verschlechterung erfuhr es mit der ungewöhnlich provokanten Kritik Deutschlands am gewaltsam herbeizuführenden Regime-Wechsel im Irak seitens der USA. Auf diesen Punkt werde ich später noch genauer eingehen.
3. Reibungspunkte/Herausforderungen für die transatlantischen Beziehungen in den 90er Jahren.
Der amerikanischen Außenpolitik wird seit Ende des Ost-West-Konflikts immer häufiger der Vorwurf gemacht, sich von Deutschland, aber auch von Europa abzuwenden. Seit der Republikaner George W. Bush, Jr. den Demokraten Bill Clinton im Amt des US-Präsidenten abgelöst hat, haben sich beide Regierungen diesseits und jenseits des Atlantiks immer häufiger außerstande gesehen, in wichtigen Fragen der internationalen Politik einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss zu finden.[11] Hiervon betroffen sind nicht nur die wirtschaftlichen Beziehungen. Auch im Bereich der Umweltpolitik, Sicherheitspolitik und selbst in Menschenrechtsfragen gibt es immer häufiger Reibungspunkte zwischen den USA und Deutschland. Hauptreibungspunkt war zuletzt die Irak-Krise.
„Die Gründe für das Auseinanderdriften zwischen Washington und Berlin liegen nicht nur in der gegensätzlichen Bewertung der Bedrohung durch den Irak. Die Differenzen kündigten sich schon in den neunziger Jahren an, doch erst die weltanschaulich-politische Machtverschiebung in Deutschland nach „links“ ließen diplomatische Kompromisse, wie sie noch zwischen Bill Clinton und Kohl oder Clinton und Schröder möglich waren, nicht mehr zu.“[12]
Nach Ansicht von Christian Hacke, wurde die US-Außenpolitik schon vor dem 11. September 2002 zunehmend militarisiert, unilateral und hegemonial. Wohingegen die Deutschen und Europäer zivile, multilaterale, gleichberechtigte und völkerrechtliche Formen von Außenpolitik bevorzugen.
[...]
[1] Vgl. Weidenfeld, Werner: Kulturbruch mit Amerika? Das Ende transatlantischer Selbstverständlichkeit. Gütersloh. 1996. S. 10.
[2] Ebd.
[3] Mayer, Peter; Rittberger Volker; Zelli, Fariborz: Risse im Westen? Betrachtungen zum transatlantischen Verhältnis heute. Tübinger Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Friedensforschung. Nr. 40. 2003. S. 2.
[4] Die transatlantischen Beziehungen. Stand Februar 2002. (http://www.auswärtiges-amt.de)
[5] Haftendorn, Helga: Der gütige Hegemon und die unsichere Mittelmacht: deutsch-amerikanische Beziehungen im Wandel, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,1999, S.3.
[6] Hellmann, Gunther: Der ’deutsche Weg’ - Eine außenpolitische Gratwanderung. In: Internationale Politik (Nr. 9/2002). S. 1-8.
[7] Voigt, Karsten D. : „Die Zukunft der deutsch – amerikanischen Beziehungen“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (B44/2000) S.1.
[8] Meier-Walser, Reinhard: Transatlantische Partnerschaft, Perspektiven der amerikanisch-europäischen Beziehungen.1997. S. 9.
[9] Haftendorn, Helga: Der gütige Hegemon und die unsichere Mittelmacht: deutsch-amerikanische Beziehungen im Wandel, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,1999, S.5.
[10] ebd, S. 5.
[11] Mayer, Peter; Rittberger Volker; Zelli, Fariborz: Risse im Westen? Betrachtungen zum transatlantischen Verhältnis heute. In: Tübinger Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Friedensforschung. Nr. 40. 2003. S. 3
[12] Hacke, Christian: Die Außenpolitik der Regierung Schröder/Fischer: Zwischenbilanz und Perspektiven. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Bundeszentrale für politische Bildung. B 48/2002.
S. 13. (http://www.bpb.de)