Unter dem Label "Nachgedacht" beschreiben wir im ersten Teil die Ableitung der Differentialansätze für die Volumenarbeit. Volumenarbeit verrichtet ein Gas an der Umgebung, wenn es sich gegen einen äußeren Druck ausdehnt. Die Umgebung verrichtet am Gas Volumenarbeit, wenn es dieses komprimiert.
Indem wir die Differentialansätze für die Volumenarbeit aus dem Skalarprodukt von Kraft und Verschiebung nach einem allgemein gültigen, didaktisch vorteilhaften Algorithmus ableiten, zeigen wir, dass für die Ableitung sowohl die äußeren Kräfte als völlig gleichberechtigt die vom Gas ausgehenden systemimmanenten Kräfte verwendet werden können. Bei Verwendung der systemimmanenten Kräfte muss das Skalarprodukt wegen der Vorzeichenkonvention bezüglich des Energieaustausches zwischen System und Umgebung ein negatives Vorzeichen erhalten. Im zweiten Teil befassen wir uns mit der Volumenarbeit bei nichtquasistatischer Prozessführung, welche vorliegt, wenn sich Gasdruck und Außendruck merklich unterscheiden. Wir kritisieren die Vorschrift, die Volumenarbeit in jedem Falle mit dem Außendruck zu berechnen als unsymmetrisch. Denn bei einer Expansion ist der Außendruck der zu überwindende kleinere Druck, während er bei der Kompression der wirksame größere Druck ist.
Berechnet man bei einer nichtquasistatischen Prozessführung die Arbeit mit dem kleineren zu überwindenden Druck, so berechnet man nur den Teil der Arbeit, der auch bei quasistatischer reversibler Prozessführung anfällt. Wir haben dies verglichen mit der Arbeit, die wir verrichten müssen, wenn wir einen Stein nach oben werfen und ihm damit potentielle und kinetische Energie verleihen, aber für die Berechnung der Arbeit nur die reversible Verschiebungsarbeit gegen die Erdanziehung, also die Vermehrung der potentiellen Energie, in Rechnung stellen und die Beschleunigungsarbeit unberücksichtigt lassen. Wir haben diesen Zusammenhang als Reversibel-Share-Theorem bezeichnet. Unter Zugrundelegung dieses Theorems haben wir Gleichungen abgeleitet, die bei nichtquasistatischer Prozessführung in grober Näherung die Anteile reversibler Verschiebearbeit und irreversibler dissipativer Arbeit abschätzen lassen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Definitionen und Konventionen
- 2.1 System und Umgebung
- 2.2 Vorzeichenkonvention
- 2.3 Innere und Äußere Energie
- 2.4 Definition mechanischer Arbeit durch das Skalarprodukt von Kraft und Weg
- 2.5 Definition des Begriffes „systemimmanente Kraft F“
- 2.6 Quasistatische Prozessführung, konservative Prozesse, Reversibilität
- 3. Ableitung der Differentialansätze zur Volumenarbeit
- 3.1 Kompression, Verwendung des Betrages der äußeren Kraft Fext
- 3.2 Kompression, Verwendung des Betrages der systemimmanenten Kraft F
- 3.3 Expansion, Verwendung des Betrages der äußeren Kraft Fext
- 3.4 Expansion, Verwendung des Betrages der systemimmanenten Kraft Fs
- 4. Vom Differentialansatz zu Arbeitsgleichungen für den Gesamtprozess
- 4.1 Quasistatischer Verlauf bei konstanter Stoffmenge an Gas, Volumenarbeitspotential
- 4.2 Quasistatischer Verlauf bei veränderlicher Gasmenge und konstantem Druck
- 5. Arbeiten bei nichtquasistatisch verlaufender Druck-Volumen-Änderung
- 5.1 Gesamtarbeit als Summe von Verschiebungsarbeit und Beschleunigungsarbeit
- 5.2 Dissipative Arbeit, Irreversibilität
- 6. Berechnung der Arbeiten bei nichtquasistatischer irreversibler isothermer Druck-Volumen-Änderung
- 6.1 Expansion, Berechnung der Gesamtarbeit
- 6.2 Expansion, Berechnung des Anteils reversibler Verschiebearbeit
- 6.3 Expansion, Berechnung der irreversiblen Arbeitsanteile
- 6.4 Kompression, Berechnung der Gesamtarbeit
- 6.5 Kompression, Berechnung des Anteils reversibler Verschiebearbeit
- 6.6 Kompression, Berechnung der irreversiblen Arbeitsanteile
- 6.7 Beispiel
- 7. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Zielsetzung des vorliegenden Artikels ist die kritische Auseinandersetzung mit der Berechnung der Volumenarbeit in der Physikalischen Chemie. Der Autor beabsichtigt, bestehende Unklarheiten und potenzielle Fehlerquellen bei der Ableitung relevanter Gleichungen aufzuzeigen und einen verbesserten Algorithmus vorzuschlagen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass eine korrekte Berechnung der Volumenarbeit essentiell für ein fundiertes Verständnis thermodynamischer Prozesse ist.
- Klare und präzise Definitionen von Begriffen wie System, Umgebung und Arbeit.
- Systematische Ableitung von Differentialansätzen zur Volumenarbeit unter Berücksichtigung verschiedener Kraftarten.
- Unterscheidung zwischen quasistatischen und nichtquasistatischen Prozessen.
- Analyse der Rolle der Volumenarbeit in der Beziehung zwischen innerer Energie und Enthalpie.
- Entwicklung eines Algorithmus zur Vermeidung von Fehlern bei der Berechnung der Volumenarbeit.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Der Artikel beginnt mit der Begründung des Projekts "Nachgedacht," welches sich mit der kritischen Auseinandersetzung mit bestehenden Unklarheiten in der Fachliteratur befasst. Der Fokus liegt auf der Volumenarbeit, wobei der Autor auf gängige Vereinfachungen und potenzielle Fehlerquellen in der Herleitung von Berechnungsgleichungen hinweist. Es wird eine Notwendigkeit für einen präziseren und umfassenderen Ansatz zur Berechnung der Volumenarbeit betont, der über die gängigen, oft vereinfachten Ansätze in Lehrbüchern hinausgeht.
2. Definitionen und Konventionen: Dieses Kapitel legt die grundlegenden Definitionen und Konventionen fest, die für das Verständnis der folgenden Ableitungen unerlässlich sind. Es werden Begriffe wie System und Umgebung, die Vorzeichenkonvention für Arbeit und die Modellierung eines idealen Gases in einem Behälter mit beweglichem Kolben präzise definiert. Die Bedeutung der Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Kraft sowie die Betrachtung quasistatischer Prozesse werden hervorgehoben. Die Konventionen zur Bewertung von Arbeit (positiv für von der Umgebung auf das System verrichtete Arbeit, negativ für vom System an die Umgebung verrichtete Arbeit) werden erläutert und begründet.
3. Ableitung der Differentialansätze zur Volumenarbeit: In diesem Kapitel werden die Differentialansätze zur Berechnung der Volumenarbeit systematisch abgeleitet. Dabei wird sowohl die Verwendung der äußeren Kraft als auch der systemimmanenten Kraft für Kompressions- und Expansionsprozesse berücksichtigt. Die verschiedenen Ansätze werden sorgfältig hergeleitet und die jeweiligen Vorzeichenkonventionen präzise begründet. Dieses Kapitel bildet die Grundlage für die folgenden Kapitel, die die Berechnung der Gesamtarbeit für verschiedene Prozessverläufe behandeln.
4. Vom Differentialansatz zu Arbeitsgleichungen für den Gesamtprozess: Aufbauend auf den Differentialansätzen des vorherigen Kapitels werden hier die Arbeitsgleichungen für den Gesamtprozess hergeleitet. Es werden sowohl quasistatische Prozesse bei konstanter Stoffmenge als auch bei veränderlicher Gasmenge und konstantem Druck betrachtet. Der Schwerpunkt liegt auf der systematischen Anwendung der zuvor definierten Konventionen und der korrekten Integration der Differentialansätze. Die Kapitel erläutert, wie man von infinitesimalen Arbeitsschritten zur Gesamt-Volumenarbeit gelangt.
5. Arbeiten bei nichtquasistatisch verlaufender Druck-Volumen-Änderung: Dieses Kapitel behandelt die Berechnung der Volumenarbeit für nichtquasistatische Prozesse. Es wird die Gesamtarbeit als Summe von Verschiebungsarbeit und Beschleunigungsarbeit dargestellt und der Begriff der dissipativen Arbeit im Kontext der Irreversibilität erläutert. Das Kapitel stellt den Übergang zu komplexeren, realitätsnäheren Szenarien dar, bei denen die Annahme quasistatischer Prozesse nicht mehr gerechtfertigt ist.
Schlüsselwörter
Volumenarbeit, quasistatischer Prozess, nichtquasistatischer Prozess, Druck-Volumen-Änderung, äußere Kraft, systemimmanente Kraft, Reversibilität, Irreversibilität, Thermodynamik, Physikalische Chemie, Algorithmus, Expansion, Kompression, innere Energie, Enthalpie.
Häufig gestellte Fragen zu: Volumenarbeit in der Physikalischen Chemie
Was ist der Gegenstand des Artikels "Nachgedacht"?
Der Artikel "Nachgedacht" befasst sich kritisch mit der Berechnung der Volumenarbeit in der Physikalischen Chemie. Er zielt darauf ab, bestehende Unklarheiten und potenzielle Fehlerquellen bei der Ableitung relevanter Gleichungen aufzuzeigen und einen verbesserten Algorithmus vorzuschlagen.
Welche Themen werden im Artikel behandelt?
Der Artikel behandelt die systematische Ableitung von Differentialansätzen zur Volumenarbeit, die Unterscheidung zwischen quasistatischen und nichtquasistatischen Prozessen, die Berechnung der Volumenarbeit bei verschiedenen Prozessverläufen (konstante Stoffmenge, veränderliche Gasmenge, konstanter Druck), die Berücksichtigung von dissipativer Arbeit und Irreversibilität sowie die Entwicklung eines Algorithmus zur Vermeidung von Fehlern bei der Berechnung der Volumenarbeit.
Welche Definitionen und Konventionen werden im Artikel festgelegt?
Der Artikel legt präzise Definitionen für System, Umgebung, innere und äußere Kraft, sowie die Vorzeichenkonvention für Arbeit fest. Er erklärt die Bedeutung quasistatischer Prozesse und die Unterscheidung zwischen reversiblen und irreversiblen Prozessen. Die Konvention zur Bewertung der Arbeit (positiv für von der Umgebung auf das System verrichtete Arbeit, negativ für vom System an die Umgebung verrichtete Arbeit) wird erläutert.
Wie werden die Differentialansätze zur Volumenarbeit abgeleitet?
Die Differentialansätze werden systematisch abgeleitet, wobei sowohl die Verwendung der äußeren Kraft als auch der systemimmanenten Kraft für Kompressions- und Expansionsprozesse berücksichtigt wird. Die verschiedenen Ansätze werden sorgfältig hergeleitet und die jeweiligen Vorzeichenkonventionen präzise begründet.
Wie wird die Volumenarbeit bei quasistatischen und nichtquasistatischen Prozessen berechnet?
Für quasistatische Prozesse werden Arbeitsgleichungen für den Gesamtprozess hergeleitet, sowohl bei konstanter Stoffmenge als auch bei veränderlicher Gasmenge und konstantem Druck. Bei nichtquasistatischen Prozessen wird die Gesamtarbeit als Summe von Verschiebungsarbeit und Beschleunigungsarbeit dargestellt, und der Begriff der dissipativen Arbeit im Kontext der Irreversibilität erläutert.
Welche Rolle spielt die Irreversibilität bei der Berechnung der Volumenarbeit?
Im Kontext nichtquasistatischer Prozesse wird die Irreversibilität berücksichtigt. Die dissipative Arbeit, ein Maß für die Irreversibilität, wird explizit behandelt und in die Berechnungen einbezogen.
Wie kann man Fehler bei der Berechnung der Volumenarbeit vermeiden?
Der Artikel entwickelt einen Algorithmus, der helfen soll, Fehler bei der Berechnung der Volumenarbeit zu vermeiden. Dieser Algorithmus basiert auf den im Artikel dargestellten präzisen Definitionen und systematischen Ableitungen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt des Artikels?
Schlüsselwörter sind: Volumenarbeit, quasistatischer Prozess, nichtquasistatischer Prozess, Druck-Volumen-Änderung, äußere Kraft, systemimmanente Kraft, Reversibilität, Irreversibilität, Thermodynamik, Physikalische Chemie, Algorithmus, Expansion, Kompression, innere Energie, Enthalpie.
Welche Kapitel umfasst der Artikel?
Der Artikel umfasst folgende Kapitel: Einführung, Definitionen und Konventionen, Ableitung der Differentialansätze zur Volumenarbeit, Vom Differentialansatz zu Arbeitsgleichungen für den Gesamtprozess, Arbeiten bei nichtquasistatisch verlaufender Druck-Volumen-Änderung, Berechnung der Arbeiten bei nichtquasistatischer irreversibler isothermer Druck-Volumen-Änderung und Zusammenfassung.
Was ist die Zielsetzung des Artikels?
Die Zielsetzung ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Berechnung der Volumenarbeit, um bestehende Unklarheiten und potenzielle Fehlerquellen aufzuzeigen und einen verbesserten Algorithmus vorzuschlagen. Eine korrekte Berechnung der Volumenarbeit ist essentiell für ein fundiertes Verständnis thermodynamischer Prozesse.
- Arbeit zitieren
- Joachim Schmidt (Autor:in), 2016, Nachgedacht I. Zur Volumenarbeit bei quasistatischer und nichtquasistatischer Prozessführung, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/324236