Die Nachkriegszeit in Deutschland ist bestimmt gewesen von einer veralten Psychologie, die Begabung ausschließlich genetisch begriff und annahm, dass die Menschen aus einer kleinen Gruppe hervorragend Begabter, einer etwas größeren Anzahl mittel Begabter und der breiten Masse der wenig Begabten bestände.1 Der Erziehungswissenschaftler Heinrich Roth hat in den alten Streit um den Begriff der Begabung eine Interpretation eingeführt, die einerseits heftig abgelehnt wurde und andererseits zu bildungspolitischer Euphorie beitrug. Begabung war bislang eher statisch verstanden und als etwas gleichsam schicksalhaft Gegebenes aufgefasst worden. Nunmehr setzte sich in den bildungspolitischen Diskussionen der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine dynamische Sichtweise durch. Die pädagogische Entwicklung ist von keinem anderen Buch so sehr beeinflusst worden wie von dem von Heinrich Roth im Auftrag des Deutschen Bildungsrats herausgegebenen Gutachtenbands „Begabung und Lernen“. Heinrich Roth hat seine bekanntesten Fachkollegen von Äbli und Heckhausen bis zu Ingenkamp, Skrowonek, Undeutsch und Oevermann und viele andere zusammengeführt.2
Das Ziel dieser Arbeit ist es, den dynamischen Begabungsbegriff darzustellen. Hierzu sind die wichtigsten Ergebnisse aus dem Gutachtenband „Begabung und Lernen“ zusammengefasst und erläutert worden, inwieweit Intelligenz- und Lernleistungen vererbt, durch Umweltbedingungen beeinflusst und durch gezielte pädagogische Bemühungen förderbar sind. Vor diesem Hintergrund wird zunächst im Kapitel drei die Bildungskommission und ihre Zielsetzung vorgestellt. Das Kapitel vier kann als der Schwerpunkt der Arbeit bezeichnet werden und beschäftigt sich mit den entscheidenden theoretischen Aspekten zur Erklärung des dynamischen Begabungsbegriffs. Als Basisliteratur ist das Gutachtenband „Begabung und Lernen“ verwendet worden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Bildungskommission und ihre Zielsetzung
- Die entscheidenden theoretischen Aspekte zur Erklärung des dynamischen Begabungsbegriffs
- Anlage und Lernen
- Reifen und Lernen
- Motivation und Lernen
- Denken und Lernen
- Sozialisationsbedingungen
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem dynamischen Begabungsbegriff und analysiert die Erkenntnisse aus dem Gutachtenband "Begabung und Lernen", herausgegeben vom Deutschen Bildungsrat. Im Mittelpunkt stehen die Untersuchung der Erblichkeit und Umweltbedingtheit von Intelligenz und Lernleistungen sowie die Frage, inwieweit gezielte pädagogische Bemühungen die Förderung von kognitiven Fähigkeiten ermöglichen.
- Die Entwicklung des Begriffs der Begabung im Kontext der Nachkriegszeit
- Die Rolle der Bildungskommission und ihre Zielsetzung bei der Reform des Bildungswesens
- Die Bedeutung von Anlage und Umwelt für die Entstehung kognitiver Lernleistungen
- Der Einfluss von Reifung und Motivation auf die Entwicklung von Fähigkeiten
- Die Bedeutung von Sozialisationsbedingungen für den Bildungserfolg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext der Arbeit dar und beleuchtet die Bedeutung des dynamischen Begabungsbegriffs. Sie skizziert die Herausforderungen der Nachkriegszeit in Deutschland im Bereich der Bildung und die Debatten um die Bedeutung von Anlage und Umwelt für die Entwicklung von Begabung.
Kapitel zwei beleuchtet die Bildungskommission und ihre Zielsetzung. Die Bildungskommission wurde im Jahre 1966 gegründet und mit der Entwicklung von Empfehlungen für die Reform des Bildungswesens beauftragt. Der Fokus lag auf der Frage, wie kognitive Lernleistungen entstehen und welche Faktoren, wie Persönlichkeitseigenschaften oder Umweltbedingungen, dabei eine Rolle spielen.
Kapitel drei widmet sich den entscheidenden theoretischen Aspekten zur Erklärung des dynamischen Begabungsbegriffs. Es werden die Themen Anlage und Lernen, Reifen und Lernen, Motivation und Lernen, Denken und Lernen sowie Sozialisationsbedingungen behandelt und analysiert, um die Frage zu beantworten, inwieweit Begabung genetisch festgelegt ist, wie viel menschliches Verhalten aus Reifevorgängen hervorgeht, welche Kräfte das Lernen in Bewegung setzen und wie weit kognitive Fähigkeiten durch Lernprozesse steigerungsfähig sind.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Begabung, Bildung, Bildungskommission, dynamischer Begabungsbegriff, Anlage, Umwelt, Lernen, Reifung, Motivation, Sozialisation, Intelligenz, kognitive Lernleistungen, Erbkunde, Humangenetik, Erbpsychologie.
- Arbeit zitieren
- Havva Yuvali (Autor:in), 2004, Anlage oder Umwelt? Heinrich Roth antwortet mit dem dynamischen Begabungsbegriff, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/32117