Das traditionelle Zahlensystem gilt als wichtigste Grundlage in der Mathematik. Der Aufbau dieses Zahlensystems beginnt seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bei den natürlichen Zahlen. Diese werden dann schrittweise zu den ganzen, den rationalen, den reellen bis hin zu den komplexen Zahlen erweitert. Die Schulmathematik umfasst im besten Fall das Zahlensystem bis hin zu den komplexen Zahlen. In dieser Arbeit wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob es jenseits der komplexen Zahlen noch andere Zahlbereiche zu konstruieren gibt und inwieweit diese noch sinnvoll sind. Diese hyperkomplexen Zahlbereiche werden seit Beginn des 20. Jahrhunderts reelle Algebren genannt.
Möchte man sich analog zu den komplexen Zahlen, die einen zweidimensionalen reellen Vektorraum bilden, höherdimensionale reelle Vektorräume zu hyperkomplexen Zahlbereichen machen, muss man entweder die Endlichkeit der Dimension aufgeben oder aber auf vertraute Körperaxiome wie die der Kommutativität oder der Assoziativität oder gar auf die Möglichkeit der Division verzichten. In dieser Arbeit werden wir uns auf die endlichdimensionalen Divisionsalgebren beschränken. Dies bedeutet, dass wir an der Endlichkeit der Dimension und der Möglichkeit der Division festhalten werden. Sollten wir diese Eigenschaften aufgeben, so würden wir von einer Masse neuer Zahlbereiche erschlagen werden.
Diese neuen Zahlbereiche werden Eigenschaften aufweisen, die uns auf den ersten Blick merkwürdig vorkommen. Der _Vollständigkeitssatz_ der reellen Zahlen beinhaltet vomWort her schon eine gewisse _Vollständigkeit_ des Zahlbereichs. Wir werden feststellen, dass, je weiter man sich von den reellen Zahlen entfernt, immer mehr uns vertraute Eigenschaften verloren gehen und in diesem Zusammenhang deutlich machen, welche Kuriositäten mit deren Wegfall einhergehen.
Hamilton schuf im Jahre 1843, nachdem er die komplexen Zahlen als erster rein arithmetisch begründet hatte, den vierdimensionalen Schiefkörper H der Quaternionen. Kurz darauf konstruierten Graves und Cayley die achtdimensionale Divisionsalgebra O der Oktonionen. Die Quaternionen sind bezüglich der Multiplikation nicht mehr kommutativ und bei den Oktonionen ist zusätzlich noch die Assoziativität verletzt. Bei beiden Zahlbereichen ist jedoch die Division noch eindeutig ausführbar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Die komplexen Zahlen
- 1.1 Die Entstehungsgeschichte der komplexen Zahlen
- 1.2 Die Konstruktion der komplexen Zahlen C
- 1.2.1 Definition der komplexen Zahlen
- 1.2.2 Die imaginäre Einheit i.
- 1.2.3 Geometrische Veranschaulichung von C
- 1.2.4 Nichtanordbarkeit von C
- 1.2.5 Die Vollständigkeit von C
- 1.3 Der Zwei-Quadrate-Satz
- 1.4 Axiomatische Charakterisierung von C
- 1.4.1 Die Existenz einer Nullstelle
- 1.4.2 Die Einzigkeit von C
- 2 Hamiltonsche Quaternionen H
- 2.1 Die Entstehungsgeschichte der Quaternionen
- 2.2 Die Konstruktion der Quaternionen H
- 2.2.1 Die Divisionsalgebren.
- 2.2.2 Der Schiefkörper H der Quaternionen
- 2.3 Alternative Beschreibung der Quaternionen.
- 2.4 Der Vier-Quadrate-Satz
- 2.5 Axiomatische Charakterisierung von H
- 2.5.1 Zur Nichtkommutativität von H
- 2.5.2 Der Satz von Frobenius.
- 2.6 Anwendungsmöglichkeiten der Quaternionen
- 2.6.1 Die Quaternionen in den Naturwissenschaften
- 2.6.2 Die Quaternionen und die 3-dimensionale euklidische Geometrie
- 3 Die Divisionsalgebra O der Cayley-Zahlen
- 3.1 Die Entstehungsgeschichte der Oktonionen
- 3.2 Die Konstruktion der Oktonionen O.
- 3.3 Der Acht-Quadrate-Satz
- 3.4 Axiomatische Charakterisierung von
- 3.4.1 Zur Nichtassoziativität der Oktonionen
- 3.4.2 Der Satz von Hurwitz
- 4 Ausblicke
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Frage zu beantworten, ob es jenseits der komplexen Zahlen noch weitere Zahlbereiche gibt und inwieweit diese sinnvoll sind. Hierbei werden die Eigenschaften dieser "hyperkomplexen" Zahlbereiche untersucht, die als reelle Algebren bekannt sind. Der Fokus liegt auf den endlichdimensionalen Divisionsalgebren, welche die Eigenschaften der Endlichkeit der Dimension und der Möglichkeit der Division erhalten.
- Die Konstruktion und Eigenschaften von komplexen Zahlen, Quaternionen und Oktonionen.
- Die Untersuchung von Abweichungen von vertrauten Körperaxiomen wie Kommutativität und Assoziativität.
- Die axiomatische Charakterisierung der betrachteten Zahlbereiche und die Beweisführung von Einzigkeitssätzen.
- Die Anwendungsmöglichkeiten von Quaternionen in den Naturwissenschaften und der dreidimensionalen euklidischen Geometrie.
- Die Charakterisierung aller endlichdimensionalen reellen Divisionsalgebren durch den Satz von Hurwitz.
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 behandelt die Konstruktion und Eigenschaften der komplexen Zahlen. Es wird die Entstehungsgeschichte dieser Zahlen erläutert, ihre Definition über geordnete Zahlenpaare reeller Zahlen vorgestellt und die imaginäre Einheit i. eingeführt. Die geometrische Veranschaulichung von C sowie die Themen Nichtanordbarkeit und Vollständigkeit werden ebenfalls behandelt. Des Weiteren wird der Zwei-Quadrate-Satz vorgestellt und eine axiomatische Charakterisierung der komplexen Zahlen durchgeführt.
Kapitel 2 befasst sich mit den Hamiltonschen Quaternionen H. Die Entstehung der Quaternionen wird beschrieben, ihre Konstruktion über die Divisionsalgebren erläutert und der Schiefkörper H der Quaternionen definiert. Darüber hinaus wird die alternative Beschreibung der Quaternionen behandelt und der Vier-Quadrate-Satz vorgestellt. Die axiomatische Charakterisierung von H, die Nichtkommutativität der Quaternionen und der Satz von Frobenius als Einzigkeitssatz für assoziative reelle Divisionsalgebren werden ebenfalls behandelt. Schließlich werden Anwendungsmöglichkeiten der Quaternionen in den Naturwissenschaften und der dreidimensionalen euklidischen Geometrie aufgezeigt.
Kapitel 3 behandelt die Divisionsalgebra O der Cayley-Zahlen. Es werden die Entstehungsgeschichte und die Konstruktion der Oktonionen erläutert sowie der Acht-Quadrate-Satz vorgestellt. Die axiomatische Charakterisierung von O, die Nichtassoziativität der Oktonionen und der Satz von Hurwitz werden ebenfalls behandelt. Letzterer charakterisiert die reellen Zahlen, die komplexen Zahlen, die Quaternionen und die Oktonionen als die vier einzigen reellen normierten Divisionsalgebren mit Einselement.
Schlüsselwörter
Komplexe Zahlen, Quaternionen, Oktonionen, Divisionsalgebren, Körperaxiome, Kommutativität, Assoziativität, Nichtanordbarkeit, Vollständigkeit, Satz von Frobenius, Satz von Hurwitz, Naturwissenschaften, euklidische Geometrie.
- Arbeit zitieren
- Bastian Vincken (Autor:in), 2004, Quaternionen und andere Zahlbereiche. Was kommt nach den komplexen Zahlen?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/32031