In dieser Arbeit wird das Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15,3-7) präsentiert und analysiert.
Die gewählte Textstelle ist dem Makrokontext des synoptischen Lukasevangeliums zuzuordnen. Spezifisch für diese Schrift ist unter andrem die Suche nach dem Verlorenen, welche in einer Gleichnistrilogie in Lk 15 zum Ausdruck kommt.
Betrachtet man den Mikrokontext, findet man die Gleichniserzählungen dem Reisebericht zugehörig, welcher von Lk 9,51 bis Lk 19,27 den Weg Jesu nach Jerusalem schildert und welcher ausschließlich Sondergut und Q-Überlieferungen beinhaltet. Auffallend ist, dass Jesus von Lukas auf der gesamten Reise als Lehrer präsentiert wird.
In diesem Kontext finden sich drei Gleichnisse, welche alle unter dem Topos des Verlorenen und Wiedergefundenen stehen. Spezifisch für Lukas ist hierbei, im Gegensatz zu Matthäus, dass die Freude über das Verlorene und Wiedergefundene respektive die Freude über die Umkehr im Mittelpunkt steht.
Die beiden ersten Gleichnisse (Lk 3 bis Lk 10) können als Doppelgleichnis betrachtet werden und sind jeweils identisch gegliedert; diesen schließt sich das Gleichnis vom verlorenen Sohn an. Voraus geht die Situationsbeschreibung, in der Jesus von den Zöllnern und Sündern gehört wird (Lk 15, 1-2); dass diese des Hörens fähig sind, wird bereits in Lk 14,35 erwähnt.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten wenden sich jedoch gegen Jesus. Auf diese Kritik antwortet er – aber nicht mit Verteidigung, sondern mit einer Einladung, formuliert in den Gleichnissen.
Die Gleichnisse machen deutlich, wie Jesus das Verhältnis Gottes zu den wiedergefundenen Sündern sieht. Sie richten sich sowohl an die Pharisäer und Schriftgelehrten, um diese dazu zu bringen, Sünder als Verlorene anzusehen, als auch an die Leser, um diesen zu zeigen, dass eine Möglichkeit zur Umkehr gegeben und für Gott Anlass zur Freude ist.
Lukas macht mit dem erzählten Gleichnis vom verlorenen Schaf in der Textstelle Lk 15,7 deutlich, dass Jesus Handeln dem Willen Gottes entspricht und bestätigt damit auch dessen Selbstverständnis, welches bereits in Lk 5,31-32 angeklungen war („Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Umkehr“). Das zentrale Thema der Umkehr von Sündern, welches bereits zuvor anklang, wird somit in Lk 15 durch die drei Gleichnisse ausgeführt.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Präsentation des Textes.. 2
1.1 Textstelle: Lk 15, 3-7.. 2
1.2 Eigene Übersetzung.. 2
1.3 Abgrenzung.. 2
1.4 Gliederung.. 3
1.5 Kontexteinordnung.. 4
1.6 Vorstellung eines textkritischen Phänomens.. 5
2 Exegese.. 6
2.1 Analyse der Semantik.. 6
2.2 Analyse der Narration.. 8
2.3 Analyse von Motiven.. 10
2.4 Analyse der Gattung.. 12
3 Interpretation.. 14
1 Präsentation des Textes
1.1 Textstelle: Lk 15, 3-7
[Originaltext in dieser Leseprobe nicht enthalten]
1.2 Eigene Übersetzung
Er redete aber zu ihnen, indem er dieses Gleichnis sagte: Welcher Mensch von euch, habend hundert Schafe und verloren habend von ihnen eins, verlässt nicht die 99 in der Wüste und bricht auf zu dem Verloren gegangenen, bis er es finden wird? Und es gefunden habend, setzt er es, sich freuend, auf seine Schultern und sobald er in das Haus gekommen ist, ruft er die Freunde zusammen und die Nachbarn, ihnen sagend: Freut euch mit mir, weil ich mein verlorenes Schaf gefunden habe.
Ich sage euch, dass so Freude im Himmel sein wird über einen Sünder, der bereut als über 99 Gerechte, welche nicht das Bedürfnis der Umkehr haben.
1.3 Abgrenzung
Die gewählte Textstelle des Lukasevangeliums lässt sich innerhalb diesem thematisch dem Topos des Verlorenen und Wiedergefundenen zuordnen. Dieses Thema kennzeichnet das komplette 15. Kapitel, welches mit der Feststellung beginnt, dass Jesus mit Zöllnern und Sündern zusammentrifft und diese ihm zuhören. Dieser Sachverhalt wurde von Pharisäern und Schriftgelehrten kritisiert und ab Lk 15,3 wird dann, nach einem einleitenden Satz, die Reaktion Jesu auf deren Kritik erläutert. Nach der Hinführung in Vers 3 setzt in Vers 4 die Rede Jesu und damit seine Reaktion mit gleichzeitiger Argumentation auf die genannte Kritik ein, insofern ist dieser Passus der vorhergehenden Erzählung abzugrenzen. Vers 3 wurde noch in die zu untersuchende Textstelle mit einbezogen, obwohl der Erzählerwechsel und der Beginn von Jesu Rede erst ab Vers 4 beginnt. Grund hierfür ist die Nennung des Wortes [Originaltext in dieser Leseprobe nicht enthalten], mit welchem die folgende Gattung schon einleitend genannt wird und welches entsprechend einen Gattungswechsel und somit auch eine Inkohärenz zu den vorhergehenden Versen kennzeichnet. Zudem ist Vers 3 durch den abschließenden Doppelpunkt als Einleitung zu Vers 4 gekennzeichnet.
Nachfolgend beginnt mit Vers 8 das Gleichnis der verlorenen Drachme; dieses muss aufgrund der inhaltlichen Kohärenz bzw. des Themawechsels von den Versen 3-7 abgegrenzt werden.
Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass zwar das komplette Kapitel 15 unter dem Thema des Verlorenen und Wiedergefundenen steht; die Verse 3-7 jedoch innerhalb dessen nochmals abzugrenzen sind, weil hier eine Einheit des Themas „verlorenes Schaf“ vorhanden ist.
1.4 Gliederung
Eine Gliederung der gewählten Textstelle, respektive der eigenen Übersetzung derselben, um diese in Sinneinheiten aufzuteilen, scheint wie folgt sinnvoll:
[Abb. in dieser Leseprobe nicht enthalten]
1.5 Kontexteinordnung
Wie bereits unter 1.3 erwähnt, ist die gewählte Textstelle dem Makrokontext des synoptischen Lukasevangeliums zuzuordnen. Spezifisch für diese Schrift ist u.a. die Suche nach dem Verlorenen, welche in einer Gleichnistrilogie in Lk 15 zum Ausdruck kommt.
Betrachtet man den Mikrokontext, findet man die Gleichniserzählungen dem Reisebericht zugehörig, welcher von Lk 9,51 bis Lk 19,27 den Weg Jesu nach Jerusalem schildert und welcher ausschließlich Sondergut und Q-Überlieferungen beinhaltet.[2] Auffallend ist, dass Jesus von Lukas auf der gesamten Reise als Lehrer präsentiert wird.[3]
In diesem Kontext finden sich drei Gleichnisse, welche alle unter dem Topos des Verlorenen und Wiedergefundenen stehen. Spezifisch für Lukas ist hierbei, im Gegensatz zu Matthäus, dass die Freude über das Verlorene und Wiedergefundene, respektive die Freude über die Umkehr, im Mittelpunkt steht.
[...]
[2] Vgl. Schnelle, Einleitung, 321.
[3] Vgl. Bovon, Evangelium, 16.