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Hausarbeit, 2015
13 Seiten
Einleitung
Umgang mit Menschen mit Behinderung im Verlaufe der Zeit
Nachteile einer Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft
Vorteile einer Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft
Fazit
Literaturverzeichnis
Menschen, die mit einer Behinderung geboren wurden, sind vorerst in zweierlei Hinsicht benachteiligt. Zum einen sind sie Menschen ohne Behinderung, entsprechend ihrer jeweiligen Behinderung entweder seelisch, körperlich oder geistig, unterlegen, zum anderen haben sie soziologisch gesehen tendenziell einen eher ungünstigen Stand.
Während der naturgegebene Umstand schwer bis gar nicht von außen verändert werden kann, sind die Möglichkeiten der Gesellschaft positiv auf den Alltag von gehandicapten Menschen einzuwirken weitaus breiter gefächert (vgl. Greving & Ondracek 2009, S. 151). Allerdings sieht sich diese nicht zwangsläufig dazu berufen für das Wohl „Menschen zweiter Klasse“ Kompromisse einzugehen.
Damit das Schicksal von Personen, die außer dass sie der Gesellschaft exponiert, auf Assistenz bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen angewiesen sind, zudem nicht auch noch von der jeweiligen Gemütsverfassung der Bevölkerung abhängig ist, wurden in der Vergangenheit in Deutschland verschiedene politische Maßnahmen getroffen (vgl. Grimm 1995, S. 22, S. 32).
Erwähnt sei hier der Artikel 1 des Grundgesetzes, welcher die Menschenwürde für alle Bürgerinnen der Bundesrepublik Deutschland als unantastbar bezeichnet.
Des Weiteren wird ihnen in Artikel 3 in Absatz 1 die Emanzipation vor dem Gesetz zugesprochen und in Absatz 3 ist das ausdrückliche Verbot niedergeschrieben, Menschen mit Behinderung aufgrund dieser zu diskriminieren (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2011, S. 13). Außer diesen gesetzlich verankerten Regelungen soll Menschen mit Behinderung in Deutschland seit 2009 die auf der Allgemeinen Charta der Menschenrechte beruhende Behindertenrechtskonvention (BRK) zugutekommen.
Diese wurde im Jahr 2006 von den Vereinten Nationen beschlossen. Zu ihren Zielsetzungen zählt Menschen mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen zu erleichtern, sowie deren Diskriminierung und Exklusion zu verhindern.
Im Kontext der Übernahme, der BRK auf deutscher Ebene, bleibt zu erwähnen, dass es bei der Übersetzung zu einem Verständnisfehler kam. Infolgedessen wurde Inklusion mit Integration gleichgesetzt. Diese Begrifflichkeiten lassen sich jedoch differenzieren (Opp & Theunissen 2012, S. 301f).
So kann Inklusion als ein Prozess verstanden werden, bei dem versucht wird für alle Personen einer Einhalt bildenden Gemeinschaft jene Voraussetzungen zu schaffen, mithilfe deren sie sich innerhalb dieser individuell, gemäß ihren Anlagen, entfalten können. Ergo soll das jeweilige System durch diesen Prozess grundlegend verändert werden.
Der Prozess der Integration wiederum zielt darauf ab, das vorgegebene, gefestigte System in seiner Form zu erhalten und alle Menschen miteinzubeziehen, indem diese dazu befähigt werden, in dem System zu funktionieren (vgl. Leiprecht 2012, S. 49). Bevor in der folgenden Ausarbeitung näher durchleuchtet werden soll, ob Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft integriert werden sollten, bzw. welche Argumente dafür- oder dagegensprechen, wird ein Blick in die Vergangenheit geworfen, sodass die Entwicklung des Umgangs mit Menschen mit Behinderung seit der Antike bis heute vage verfolgt werden kann. Abschließend wird ein Resümee gezogen, in dem aufgezeigt wird welche Argumente sich in der Integrationsdiskussion als ausschlaggebend erwiesen haben.
„Die Kranken werden geschlachtet, die Welt wird gesund.“ Auch wenn dieser Satz von Erich Fried nicht aus dem antiken, sondern aus dem modernen Zeitalter stammt, ist es durchaus vorstellbar, dass dies in einem ähnlichen Wortlaut schon damals als Losung galt.
Schließlich war es in Griechenland und Rom zu dieser Zeit üblich Menschen, welche nicht der Norm entsprachen, schlichtweg umzubringen (vgl. Arnade 2003, S. 3). Ursache dafür mag sein, dass es in der Öffentlichkeit als erstrebenswert galt, ein ansehnlicher, der Tugend verpflichteter und physisch leistungsfähiger Mensch zu sein. Auch Philosophen wie Platon und sein Schüler Aristoteles waren sich in Bezug auf den Mord von Menschen mit Behinderung einig und sahen diesen als gerechtfertigt an. Die Lage im Mittelalter weist Analogien auf. Abgesehen von religiösen Einrichtungen und Pflegeheimen, die im Sinne der Nächstenliebe agierten und deren Mitarbeiterinnen ihre Aufmerksamkeit und Fürsorge dem Erhalt und der Pflege von Menschen mit Behinderung widmeten, wurden diese in der Allgemeinheit nach wie vor als Menschen minderen Wertes betrachtet, deren Leben als nicht lebenswert eingestuft wurde und deren Tötung nicht zur Rechenschaft gezogen wurde.
Mit Schuld daran war die Verbreitung des angeblich auf Aussagen Martin Luthers beruhenden Glaubens, dass Menschen mit Behinderung „massa carnis“ seien, seelenlose Geschöpfe, die der Teufel geschickt hat, um die restliche Bevölkerung zu quälen (vgl. Antor & Bleidick 1995, S. 17ff).
Erst zu Zeiten der Aufklärung wurde die Einstellung der Masse gegenüber Menschen mit Behinderung reformiert. Kindern mit Behinderung wurde eine anthropologische Vorsehung zuteil, die ihnen via Erziehung näher gebracht werden sollte, sodass sie ein Bewusstsein dafür aufbauen konnten, ein Leben zu haben, welches zu leben sinnvoll erscheint (vgl. Antor & Bleidick 2000, S. 63).
Mit dem Zugeständnis, dass dem Leben von Menschen mit Behinderung eine Bedeutung zukommt, geht ihr Recht auf Leben sowie auf Lernen einher und lässt ihren Anspruch auf Bildung, welche schließlich auch Menschen ohne Behinderung zum „Menschwerden“ verhilft, laut werden.
Eine Zäsur, in der Weiterentwicklung im humanen Umgang mit gehandicapten Menschen, fand in Zeiten als der Nationalsozialismus in Deutschland herrschte statt. Zunächst trat 1934 das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (GzVeN)“ in Kraft, wodurch Menschen die an erblich bedingten Behinderungen erkrankt waren gegen ihren Willen unfruchtbar gemacht werden durften. 1939, sowie in den darauffolgenden Jahren, wurden dann in verschiedenen Euthanasieaktionen, ohne gesetzliche Grundlage sondern lediglich mit der Rechtfertigung einen sogenannten Gnadentod durchzuführen, zahlreiche Leben von Menschen mit Behinderung durch Morde beendet (vgl. Antor & Bleidick 1995, S. 30f, S. 32f). Diese Taten verletzten eindeutig das Recht der Menschen mit Behinderung auf Leben.
Es kann somit als Versuch der Wiedergutmachung verstanden werden, dass wie in der Einleitung bereits erwähnt, die Erkenntnis, dass Menschen mit Behinderung Recht auf Leben haben, seit 1945, dem Jahr als die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland beendet wurde, als Grundgesetz gilt.
Spätestens seit 1994 mit einer Ergänzung des Artikels 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in Absatz 3 Satz 2: „[...] Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“, wurde öffentlich anerkannt, dass dieses Recht auf Gleichberechtigung beruht (Antor & Bleidick 2000, S. 52).
Nichtsdestominder wird in der Realität auch über 20 Jahre später ein Umgang abseits der schwarz-weiß formulierten Normen praktiziert.
Menschen mit Behinderung oder deren sie stellvertretenden Personen müssen nach wie vor dafür kämpfen, dass ihnen ein Schulalltag gewährleistet wird, in dem ihnen auf Augenhöhe begegnet wird und in dem sie sich als ein Teil der Gemeinschaft wahrnehmen können, ohne dass ihnen permanent ihre Sonderstellung bewusst gemacht wird, wie es bspw. in speziell für sie etablierten Einrichtung der Fall ist.
In solch einer wird zwar anerkennenswerterweise versucht ihre essenziellen Bedürfnisse zu befriedigen, darüber hinaus werden im Allgemeinen jedoch kaum Anstrengungen veranlasst, die ihnen dabei helfen könnten, sich aus diesem institutionellen Rahmen zu befreien, und die ihnen dabei nützlich sein könnten künftig ein Leben zu haben, dass von ihnen zumindest teilweise autonom gesteuert wird.
Damit diesem moralischen Bruch des Grundgesetzes langfristig entgegengewirkt werden kann, ist es unabdingbar die, aktuell stattfindende, Exklusion zu überwinden. Ob der Integrationsprozess eine angemessene Methode darstellt den über die Jahrhunderte entstandenen, schriftlich festgehaltenen Fortschritt bzgl. des menschlichen Miteinanders mit gehandicapten Personen, umzusetzen, bleibt vorerst fraglich.
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