In dieser Hausarbeit wird der Frage nachgegangen, ob es sich bei der Leiharbeit in Deutschland entweder um ein reines wirtschaftliches Regulierungsinstrument handelt oder sie auch zu erhöhten Integrationschancen in den ersten Arbeitsmarkt führen kann.
Um diese beantworten zu können, wird die Leiharbeit zunächst definiert und ihre Merkmale analysiert. Darauf folgend wird auf die Reformen in Bezug auf die Leiharbeit eingegangen, wobei das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die Hartz-Reformen betrachtet werden. Darauf aufbauend wird herausgestellt, welche Funktionen die Leiharbeit für die unterschiedlichen Parteien erfüllen beziehungsweise welche Vor- und Nachteile sie birgt, um Zusammenhänge in Bezug zu der Fragestellung erläutern und herausarbeiten zu können.
Lieber schlechte Arbeit als gar keine. So wie Nicole Peters denken viele Menschen in Deutschland. Sie ist eine von insgesamt ca. 824.000 Leiharbeitnehmern in Deutschland.
Das oberste Prinzip der Arbeitsförderung in Deutschland ist laut des §4 SGBIII die Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt. Die ANU wird hierbei als Chance gesehen, Arbeitslosen einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, neue Arbeitsplätze aufzubauen und so letzten Endes den staatlichen Haushalt zu entlasten. Diese Überlegung der Instrumentalisierung der Leiharbeit beruht hinlänglich auf der Schröder-Regierung.
Aufgrund des definierten Rahmens der Arbeit wird nicht gesondert auf die Diskussion in Bezug auf die niedrige Bezahlung in der Leiharbeitsbranche eingegangen.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition von Leiharbeit
3. Reformen in der Leiharbeit
3.1. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
3.2. Hartz-Reformen
4. Arbeitskonditionen von Leiharbeit
4.1. Gleichbehandlungsgrundsatz
4.2. Tarifvorbehalt
5. Leiharbeit in Deutschland
5.1. Motivation der beteiligten Parteien
5.1.1. Arbeitnehmer
5.1.2d Verleih- und Entleihunternehmen
5.2. Entwicklung der Leiharbeit am Arbeitsmarkt
6. Fazit/Ausblick Seite
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Lieber schlechte Arbeit als gar keine.
So wie Nicole Peters denken viele Menschen in Deutschland. Sie ist eine von insgesamt ca. 824.0001 Leiharbeitnehmern in Deutschland.2
Das oberste Prinzip der Arbeitsförderung in Deutschland ist laut des §4 SGBIII die Eingliederung Arbeitsloser in den Arbeitsmarkt.3 Die ANU wird, hierbei als Chance gesehen, Arbeitslosen einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, neue Arbeitsplätze aufzubauen und so letzten Endes den staatlichen Haushalt zu entlasten.4 Diese Überlegung der Instrumentalisierung der Leiharbeit beruht hinlänglich auf der Schröder- Regierung.5
In dieser Hausarbeit wird sich mit der Frage beschäftigt, ob es sich bei der Leiharbeit in Deutschland entweder um ein reines wirtschaftliches Regulierungsinstrument handelt, oder sie auch zu erhöhten Integrationschancen in den ersten Arbeitsmarkt führt.
Um diese hinlänglich beantworten zu können, wird die Leiharbeit zunächst definiert und deren Merkmale analysiert. Darauf folgend wird auf die Reformen in Bezug auf die Leiharbeit eingegangen, wobei das Arbeit- nehmerüberlassungsgestz und die Hartz-Reformen betrachtet werden. Darauf aufbauend wird herausgestellt, welche Funktionen die Leiharbeit für die unterschiedlichen Parteien erfüllen bzw. welche Vor- und Nachteile sie birgt um darauffolgend Zusammenhänge in Bezug zu der Fragestellung zu erläutert und heraus zu erarbeiten. Abschließend soll ein Fazit gezogen werden, in welchem die Fragestellung im Besonderen berücksichtig wird.
Auf Grund des definierten Rahmens der Arbeit wird sich nicht gesondert auf die Diskussion in Bezug auf die niedrige Bezahlung in der Leiharbeitsbranche bezogen.
2. Definition von Leiharbeit
Es werden unterschiedliche Termini äquivalent verwendet: Leiharbeit, Personalleasing, Arbeitnehmerüberlassung oder auch Zeitarbeit.6 Leihe wird laut des BGB die unentgeltlich Gebrauchsüberlassung einer Sache bezeichnet, wodurch mehrere Autoren diesen Begriff als diskriminierend definieren. Die gesetzliche Bezeichnung der gewerblichen Leiharbeit ist die Arbeitnehmerüberlassung.7 In jedem Fall handelt es sich um eine Tätigkeit, bei der ein Arbeitnehmer für
„eine begrenzte Zeit im Betrieb eines anderen Arbeitgebers arbeitet, ohne dass das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber gelöst wird“8
Laut der Bundesanstalt für Arbeit zählt die Leiharbeit nach der Klassifikation WZ 2008 zu den Wirtschaftsgruppen "Befristete Überlassung von Arbeitskräften" und "Sonstige Überlassung von Arbeitskräften". Die Überlassung an andere Unternehmen muss in diesem Rahmen von vornherein vereinbart werden.9 Sie dient der Förderung des Betriebszwecks.10 Neben der gewerbsmäßigen Leiharbeit ist es Arbeitgebern ebenfalls möglich Arbeitnehmer an einen dritten Arbeitgeber zu verleihen, um Kurzarbeit oder eine Entlassung zu vermeiden, wenn das Unternehmen weniger als 50 Arbeitnehmer beschäftigt.11
Die gewerbsmäßige Leiharbeit wird in dem Gesetz zur Regelungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) spezifiziert. Arbeitgeber, welche „als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, bedürfen [demnach] der Erlaubnis.“12
Neben dem Sachverhalt der Erlaubnispflicht, welche der Bundeanstalt für Arbeit als Erlaubnis- und Kontrollbehörde unterstellt ist, kristallisiert sich das
besondere Arbeitsverhältnis heraus. Bolder et al. Stellen heraus, dass die Arbeitgeberfunktion geteilt wird.13
Es kommt ein Dreiecksverhältnis zwischen der Zeitarbeitsfirma, dem Entleihbetrieb und dem Leiharbeitsnehmer zum Tragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten14
Wie in dem Schaubild dargestellt, stehen dem Arbeitnehmer zwei Arbeitgeber gegenüber. Zum einen ist der Arbeitnehmer bei der Zeitarbeitsfirma angestellt und zum anderen in dem Entleihbetrieb tatsächlich beschäftigt, wobei dieser ständig wechselt und lediglich über das Weisungs- und Direktionsrecht dem Arbeitnehmer gegenüber verfügt. Im juristischen Sinne gilt der Entleihbetrieb nicht als Arbeitgeber.15 Der Arbeitnehmer schließt lediglich mit der Zeitarbeitsfirma einen Arbeitsertrag. Zwischen Entleih-unternehmen und Zeitarbeitskraft kommt kein Vertrag zustande. Die Ansprüche, welche der Zeitarbeitsnehmer dem Entleihbetrieb gegenüber hat, werden gemäß §§9f sowie 13f AÜG ergänzend festgelegt.
Zwischen Ver- und Entleihunternehmen wird darüber hinaus eine Leistungsvereinbarung geschlossen (§12 AÜG).16 In dieser wird vereinbart, welche Anzahl von Arbeitskräften mit welcher Qualifikation, für welchen Zeitraum und an welchem Ort, überlassen werden. Der Verleiher hat lediglich eine Auswahlpflicht. Demgemäß haftet der Verleiher nicht für die ordnungs gemäße Durchführung der geleisteten Arbeit. Weiterhin übernimmt er die üblichen arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Aufgaben17 und trägt neben den Lohn- und Lohnnebenkostenrisiko (in verleihfreien Zeiten) auch das Risiko für Urlaub, Krankheit, Feiertage, etc. Der Entleiher verpflichtet sich über die Eingliederungsgewährleistung des Arbeitnehmers in seinem Betrieb hinaus, zur Zahlung der vereinbarten Überlassungsvergütung, welche den zu zahlenden Verrechnungssatz beinhaltet.18
3. Reformen in der Leiharbeit
3.1. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
Bis 1964 lag, nach den Regelungen des Gesetzes der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG), das Vermittlungsmonopol bei staatlichen Instanzen. Durch ein Urteil des BVG wurde dieses gekippt, da die „Ausdehnung des Arbeitsvermittlungsmonopols auf ANÜV [...] mit dem Grundrecht der freien Berufswahl“19 nicht vereinbar sei. Darüber hinaus dürfte ein Arbeitnehmer durch seine Freiheit auf Flexibilität nicht dazu gezwungen werden, eine Daueranstellung anzunehmen, wenn er dieses aus persönlichen Gründen nicht wolle. Auch müsse Unternehmen die Möglichkeit geboten werden, auf konjunkturelle Schwankungen mit einer flexiblen Personalplanung reagieren zu können.20 Beides ist mit dem Art. 12 GG zu begründen. Daraus resultierte, eine regelrechte Expansion der Leiharbeit in den Jahren 1967-1972, wobei häufig der Schutz der Leiharbeitnehmer nicht gewährleistet war.21 Leihabeiter waren meist weder arbeitslosen- noch sozialversichert und die Sozialkassen wurden erheblich belastet.22
1972 wurde schließlich das Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verabschiedet, welches die Basis des AÜG bildete. Durch deren Einführung wurde die ANÜ von der Arbeitsvermittlung abgegrenzt und erlaubnispflichtig, wodurch Leiharbeitnehmer geschützt werden sollten. Zu diesem Zweck wurde die Bundesregierung beauftragt alle vier Jahre einen Erfahrungsbericht zu verfassen, wodurch Verstöße vor allem im Bauhauptgewerbe festgestellt wurden und die Leiharbeit in diesem Bereich 1982 verboten wurde.23 Die maximale Überlassungsdauer wurde zunächst auf drei Monate begrenzt, und mit der Zeit schrittweise ausgedehnt.24 1985 auf sechs Monate, 1994 auf neun Monate, 1997 auf zwölf Monate und schließlich 2002 auf 24 Monate. 2004 fiel sie schließlich komplett weg. Darüber hinaus waren das zeitliche Gleichschalten der Beschäftigungsdauer eines Arbeitnehmers bei einem Zeitarbeitunternehmen und dem Einsatz beim Kundenunternehmen (Synchronisationsverbot) sowie der wiederholte Einsatz beim selben Einsatzbetrieb (Wiedereinstellungsverbot) verboten. Eine befristete Beschäftigung war ausführlich zu begründen.25 Das Ziel sollte es folglich sein, die unterschiedlichen Arbeitseinsätze schließlich in ein Dauerarbeitsverhältnis münden zu lassen.26 Hurst konstatiert den einmaligen Eingriff in eine gesamte Branche. Dies nicht nur in das Individualarbeitsverhältnis, sondern auch in die Vertragsfreiheit. Weiterhin würden gewerberechtliche Vorgaben durch die Genehmigungsbedürftigkeit gemacht.27
3.2. Hartz-Reformen
„Ziel der Schröder-Regierung war es, den Niedriglohnsektor umfassend auszubauen. Dadurch sollten ungenutzte Beschäftigungspotenziale erschlossen werden und insbesondere Geringqualifizierte wieder Zugang zum Arbeitsmarkt finden.“28
Zu diesem Zwecke wurde die Hartz-Kommission 2002 damit beauftragt, eine Arbeitsmarktreform zu konzipieren. Anlass für die Kommission war das Bekanntwerden von geschönten Statistiken der Bundesanstalt für Arbeit über den Vermittlungserfolg und den Umfang des Verwaltungspersonals im Verhältnis zur Zahl der Vermittler.29 Ferner war die günstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in den Vorjahren gekippt und das Job-AQTIV Gesetz trat mit dem Jahr 2002 in Kraft, welches vor allem die Intensivierung der Vermittlung zum Schwerpunkt.30 Die Kommission stellte die ANÜ als Instrument in den Mittelpunkt des Konzeptes. Es kam zu einer Liberalisierung des AÜG. Es wurde gehofft, dass in den meisten Fällen ein Klebeeffekt (Überlassung führt zu einer Festanstellung) ausgelöst sowie eine sozialpolitische Brückenfunktion (Von der Arbeitslosigkeit zum Normalarbeitsverhältnis) geschaffen würde.31 Das erklärte Ziel war in diesem Rahmen die Arbeitslosenzahl von damals vier Millionen auf die Hälfte zu reduzieren.32
In Folge der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 2003 wurde Leiharbeit zu einer regulären personalpolitischen Option.33
„Wesentliche Neuerungen waren [...] einerseits die Aufhebung des Synchronisations-, Befristungs- und Wiedereinstellungsverbots sowie der Überlassungshöchstdauer von 24 Monate und andererseits die Begründung eines Gleichstellungsgrundsatzes.“34 Das Wiedereinstellungsverbot hatte das Ziel, dass Leiharbeitnehmer nicht nochmals an einen Entleihbetrieb überlassen werden durfte, bei welchem er bereits zuvor als Leiharbeiter beschäftigt war. Der Wegfall des Befristungsverbotes hat zur Konsequenz, dass Verträge von Leiharbeitnehmern befristet werden konnten. Vor dem Wegfall des Synchronisationsverbots mussten Verleihfirmen, unabhängig von den verfügbaren Verleihmöglichkeiten für den Arbeitnehmer, ihre Mitarbeiter längerfristig einstellen. Folglich trugen die Firmen das Risiko der Nichtverleihbarkeit und mussten diesen in ihre Preisen einkalkulieren. Demzufolge war Zeitarbeit teuer und die Nachfrage gering. In Folge des Wegfalles des Verbotes und der nun möglichen Befristung der Beschäftigung auf die absehbare Verleihdauer, sanken die Preise und die Nachfrage stieg erheblich.35 Es kam zu einer „Goldgräberstimmung [...], nicht nur die Umsätze, auch die Beschäftigungszahlen verdoppelten bis verdreifachten sich in kurzer Zeit. 36
[...]
1 (Bundesagentur für Arbeit 2015, 6)
2 Vgl. (Schröder 2010, 57)
3 Vgl. §4 Abs.1 SGBIII und (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 24)
4 Vgl. (Seigis 2011, 1)
5 (Hirschel 2013, 190)
6 Vgl. (Brömser 2008, 479) in (Seigis 2011,5)
7 Vgl. (Gutmann und Kilian 2011, 15)
8 Duden
9 Vgl. (Pusch 2015, 6)
10 Vgl. (Seigis 2011,9)
11 Vgl. (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 24)
12 AÜG §1 Absatz 1 Satz 1
13 Vgl. (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 23f.)
14 Vgl. (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 23-24) und (Junker 2009)
15 Vgl. (Wank 2005, 164 u. 172)
16 Vgl. (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 23)
17 Vgl. (Seigis 2011,8)
18 Vgl. (Hurst 2010, 35ff)
19 (Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. kein Datum) in (Seigis 2011)
20 Vgl. (Schröder 2010, 31)
21 Vgl. (Wandel 2007, 16-17) in (Seigis 2011, 14)
22 Vgl. (Schröder 2010, 32)
23 Vgl. (Seigis 2011, 14)
24 Vgl. (Schröder 2010, 33)
25 Vgl. (Hurst 2010, 4)
26 Vgl. (Bolder, Naevecke und Schulte 2005, 23)
27 Vgl. (Hurst 2010, 3f.)
28 (Hirschel 2013, 190)
29 Vgl. (Hurst 2010, 5)
30 Vgl. (Friedrich-Ebert-Stifung Abteilung Arbeit und Soziapolitik 2003, 111f.)
31 Vgl. (Seigis 2011, 15f.)
32 Vgl. (Hurst 2010, 5)
33 Vgl. (Holst 2012, 151)
34 (Deutscher Gewerkschaftsbund Ausgabe 06/ 2001, 8) in (Seigis 2011, 16)
35 Vgl. (Schneider 2013, 155)
36 (Schröder 2010, 55)