Gesundheitsdienstleistungen und Fitnessangebote sind in Deutschland ein wachsender Sektor (vgl. Schneider 2010: 40). Immer mehr Menschen stellen sich die Frage: „Wie kann ich mich mehr um meinen Körper kümmern und welche Möglichkeiten gibt es?“ Zudem führt der demographische Wandel zu einer wachsenden Zahl an älteren Menschen, wo das Thema Gesundheitsberatung und Autonomieerhalt eine zunehmend wichtigere Rolle spielt.
Das Bewusstsein für eine gesunde Lebensführung war nie so stark ausgeprägt wie heute. Doch bei der Recherche im Internet und in Zeitschriften erwartet den Klienten eine regelrechte Wissensüberflutung. Viele Menschen verlieren den Überblick in Bezug auf Aktualität und Seriosität der Informationen. Weiterhin werden sie eingeschüchtert und die Motivation schwindet, da die mangelnde Orientierung zum Misserfolg führt und widersprüchliche Aussagen verwirren (vgl. Schneider 2008: 42).
An dieser Stelle kann sich der Physiotherapeut auf dem freien Markt positionieren und Leistungen als Berater und Coach anbieten. Zurzeit arbeiten noch wenig Therapeuten in diesem neuen Bereich. Doch mit medizinischem und präventivem Wissen verfügen sie über ausreichend Fachkompetenz. Die Methodenkompetenz muss in Weiterbildungen erworben werden, da die Berufsausbildung in diesem Bereich kein Fachwissen vermittelt. Die Grundlagen für ein Beratungsgespräch sind demnach gleichwertig mit therapeutischen Handlungsansätzen (vgl. Schneider 2010: 40).
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung in das Themengebiet
1.2 Fragestellung und Ziel der Arbeit
2 Theoretische Basis: Sport und Beratung
2.1 Coaching in der Physiotherapie
2.2 Sportverletzungen
2.2.1 Allgemein
2.2.2 Die PECH-Regel
2.2.3 Beispiel: Kreuzbandruptur
3 Methodisches Vorgehen
3.1 Konkretisierung der Zielgruppe
3.2 Recherche der wichtigstenBeratungskomponenten
3.2.1 Setting des Coachings
3.2.2 Beziehungsaspekt zwischen Berater und Patient (Bedürfnisse und Anforderungen)
3.2.3 Adressatengerechte Kommunikation
3.3 Verlauf eines Beratungsgesprächs
4 Ergebnisse und Diskussion
4.1 Erstellung eines Beratungskonzepts nach Kreuzbandrupturen für die ausgewählte Zielgruppe
4.2 Relevanz des Konzepts
5 Zusammenfassung und Generalisierbarkeit
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Strukturmodell der Gesprächsführung in der Physiotherapie
Tab. 1: Ablauf eines Beratungsgesprächs
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Einführung in das Themengebiet
Gesundheitsdienstleistungen und Fitnessangebote sind in Deutschland ein wachsender Sektor (vgl. Schneider 2010: 40). Immer mehr Menschen stellen sich die Frage: „Wie kann ich mich mehr um meinen Körper kümmern und welche Möglichkeiten gibt es?“ Zudem führt der demographische Wandel zu einer wachsenden Zahl an älteren Menschen, wo das Thema Gesundheitsberatung und Autonomieerhalt eine zunehmend wichtigere Rolle spielt. Das Bewusstsein für eine gesunde Lebensführung war nie so stark ausgeprägt wie heute. Doch bei der Recherche im Internet und in Zeitschriften erwartet den Klienten eine regelrechte Wissensüberflutung. Viele Menschen verlieren den Überblick in Bezug auf Aktualität und Seriosität der Informationen. Weiterhin werden sie eingeschüchtert und die Motivation schwindet, da die mangelnde Orientierung zum Misserfolg führt und widersprüchliche Aussagen verwirren (vgl. Schneider 2008: 42).
Doch mit der Bewegung bleiben Verletzungen nicht aus. Fuchshuber schätzt die Zahl der durch Sport Geschädigten in Deutschland auf ca. zwei Millionen. Die untere Extremität sei dabei am meisten betroffen, gefolgt von den Armen, was auch durch die Umfrage der ARAG belegt ist (vgl. Fuchshuber 2003b). In dieser deutschlandweiten Untersuchung wurden die meisten Verletzungen im Vereinssport im Jahr 2013 mit 56% bei der unteren Extremität ermittelt. Des Weiteren waren Sprunggelenksläsionen mit 27% und Knieverletzungen mit 18% die häufigste Folge (vgl. ARAG 2013).
An dieser Stelle kann sich der Physiotherapeut auf dem freien Markt positionieren und Leistungen als Berater und Coach anbieten. Zurzeit arbeiten noch wenig Therapeuten in diesem neuen Bereich. Doch mit medizinischem und präventivem Wissen verfügen sie über ausreichend Fachkompetenz. Die Methodenkompetenz muss in Weiterbildungen erworben werden, da die Berufsausbildung in diesem Bereich kein Fachwissen vermittelt. Die Grundlagen für ein Beratungsgespräch sind demnach gleichwertig mit therapeutischen Handlungsansätzen (vgl. Schneider 2010: 40).
1.2 Fragestellung und Ziel der Arbeit
Da derartige Methodenkompetenzen noch nicht zum Unterrichtsinhalt während der Ausbildung von Physiotherapeuten gehören, soll in der folgenden Arbeit beispielhaft ein Konzept zur Beratung nach Kreuzbandrupturen entwickelt werden. Im Rahmen der Arbeit werden die Kriterien eines Coachings für Sportler mit Verletzungen, speziell Kreuzbandrupturen, in der Trainingswiederaufnahme untersucht und als Basis des Beratungskonzepts herangezogen.
Dazu werden zuvor das Coaching in der Physiotherapie sowie Sportverletzungen im Allgemeinen, die Erstversorgung und die konkrete Läsion im zweiten Abschnitt der Arbeit thematisiert. Im darauf folgenden Methodenteil wird die Zielgruppe klar definiert und eine systematische Literaturrecherche der Beratungskomponenten durchgeführt. Dabei stehen das Setting der Beratung, die Beziehung zwischen Berater und Patient und die adressatengerechte Kommunikation im Vordergrund. Ein beispielhafter Verlauf eines Beratungsgesprächs wird an dieser Stelle ebenfalls dargestellt. Im Anschluss wird auf Basis der Theorie und der methodischen Analyse ein Beratungskonzept nach Kreuzbandrupturen für die analysierte Klientel hergeleitet und auf seine Relevanz hin reflektiert. Den Abschluss der Hausarbeit bilden eine Zusammenfassung und die Überprüfung der Generalisierbarkeit des Konzepts.
2 Theoretische Basis: Sport und Beratung
2.1 Coaching in der Physiotherapie
Beratung ist ein „zwischenmenschlicher Prozess (Interaktion), in welchem eine Person in und durch die Interaktion mit einer anderen Person
1. Hilfe bei der Aneignung von Informationen erhält
2. eigene Fragen klären kann und
3. Hilfe bei Problemen und deren Bewältigung erhält.“ (Dierks 2006; zit. n. Hofmann-Kock, Petersen 2009: 257) Das Ziel der Beratung ist demnach, den Klienten zu befähigen, eine neue Herangehensweise an die Problematik zu entdecken und selbstwirksam eine Lösung zu finden.
Beratung ist also eine „Orientierungs-, Planungs-, und Entscheidungshilfe.“ (Dorsch et al. 1994; zit. n. Hofmann-Kock, Petersen 2009: 258)
Die Autorin Cornelia Schneider benennt in ihrem Artikel drei Haltungen, die ein Berater einnehmen kann (vgl. Schneider 2008: 43).
Therapeut als Experte: Bei der Expertenhaltung ist der Physiotherapeut mit seinem Fachwissen ein Problemlöser und Ratgeber. Das Wissensdefizit soll beim Patienten schnell und fundiert ausgeglichen werden. Dafür gibt der Berater Handlungsanweisungen und Vorschläge für Therapieansätze. Die Gefahr dabei besteht, dass der Ratsuchende zu viele Informationen auf einmal erhält und die Eigeninitiative dadurch sinkt. Des Weiteren ist bekannt, dass eine nachhaltige Verhaltensveränderung nur aus dem eigenen Antrieb heraus und durch eigene Wahrnehmung bewirkt werden kann. Bei einer Reha- oder Hilfsmittelberatung ist diese Haltung sinnvoll, in der Beratung von chronisch Kranken jedoch nicht.
Therapeut/Patient-Haltung: In der Medizin ist diese Haltung das klassische Modell. Die Verantwortung liegt fast gänzlich beim Arzt oder Therapeuten, welcher die Aufgabe hat, dem Patienten Entscheidungen abzunehmen und Änderungen bzw. Maßnahmen zur Besserung des Zustandes vorzugeben. Diese Rolle ähnelt dem Expertenmodell und kann als Steigerung dieses gesehen werden. In akuten Situationen, in denen eine Gefahr besteht, kann diese Haltung Anwendung finden, um Schaden zu vermeiden. Dennoch gilt auch hier die Regel: „Belehrungen aktivieren nicht!“ (Schneider 2008: 43)
Therapeut als Coach: In dieser Haltung gibt der Physiotherapeut die Verantwortung an den Patienten weiter. Dabei verzichtet er auf inhaltliche Beratung und sucht gemeinsam mit dem Klienten nach einer Lösung. Durch Selbstreflexion des Ratsuchenden und gezielte Fragen des Coachs rücken die Patientenressourcen in den Vordergrund. So erarbeitet der Patient selbstwirksam seinen eigenen Strategieplan zur Problemlösung. Bei dieser Form von Beratung kann die Hilfe zur Selbsthilfe länger dauern als die direkte Vorgabe von Lösungen. In Bezug auf die Nachhaltigkeit lohnt es sich deshalb, Coaching zu fördern und Kompetenzen zu erweitern. Voraussetzung dafür ist ein aufgeschlossener, geistig orientierter Patient.
Das Gesundheitswesen ist im ständigen Wandel. So hat sich in den letzten Jahren eine grundlegende Änderung im Verständnis von Krankheit und Gesundheit vollzogen. Das bio-medizinische Modell mit dem Schwerpunkt auf den Defiziten wurde abgelöst durch das bio-psycho- soziale Modell, welches sich an den Ressourcen orientiert. Das Salutogenesemodell von Antonovsky und der Klientenzentrierte Ansatz von Rogers sind weitere Vertreter, die den Wandel im Hinblick auf Gesundheit beeinflusst haben (vgl. Flieder, Overlander 2012a: 15 ff.). Der Patient wird in diesen Theorien nicht nur als passiver Leistungsempfänger, sondern als wichtigster, aktiver Mitgestalter in dem Prozess zur Genesung gesehen. Weiterhin soll der Therapeut gemeinsam mit dem Patienten einen ganzheitlichen Therapieansatz entwickeln, der auf dessen Stärken aufbaut. Die Perspektive des Klienten ist dabei der Ausgangspunkt. Empathie, Compliance und Partizipation sind entscheidende Wörter in den neuen Ansätzen zur Behandlung und Beratung im Gesundheitswesen.
Zusätzlich zum Rollenwandel müssen immer mehr Therapien privat gezahlt werden. Das bedeutet, dass Patienten bessere Transparenz der erbrachten Leistungen erwarten und eine kritischere Haltung gegenüber den Behandelnden einnehmen (vgl. Hofmann-Kock, Petersen 2009: 258 f.).
Die Haltung des Therapeuten als Coach wird in diesem Zuge an Bedeutung gewinnen, weil dieser Ansatz den neuen Forderungen und Bedürfnissen der Kunden gerecht wird. Durch diese veränderte Situation sind die Ansprüche an die Therapeuten in vielerlei Hinsicht gewachsen. Sie müssen zwingend ihre Beratungskompetenzen gezielt erweitern und kommunikative Fähigkeiten schulen. Auch in der Ausbildung muss die Beratung als Kernkompetenz vermittelt werden, um in Zukunft auf dem Markt bestehen zu können (vgl. Schneider 2008: 43 f.).
2.2 Sportverletzungen
2.2.1 Allgemein
Die Beratung durch einen Physiotherapeuten wird bei vielfältigsten Verletzungen, akuten sowie chronischen, benötigt. Sport und Fitness sind ein neuer Trend mit wachsender Klientel. Dadurch steigt jedoch auch die Zahl von Sportverletzungen und Läsionen. Die meisten Verletzungen sind oftmals auf unzureichend geübte Bewegungsabläufe und zu sparsame Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen. Durch Selbstüberschätzung und fehlende Körperwahrnehmung werden verschiedene Sportarten zu sehr gefährlichen Aktivitäten, die eine Körperbeschädigung nach sich ziehen können. Dieses Phänomen ist bei Untrainierten und Anfängern sehr verbreitet, welche sich mit voller Motivation und zu wenig Achtsamkeit in die Belastung stürzen. Sportverletzungen können leicht vorgebeugt werden, indem Patienten folgende einfache Regeln beachten:
1. Ein adäquates Aufwärmen und Dehnen vor der Belastung ist wichtig (angepasst an die nachfolgende Sportart)
2. Auswahl der richtigen Hilfsmittel (z.B. Schuhwerk, Bandagen, Tapes, Sportbekleidung)
3. Vorbereitung und Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Belastung (Welche Reize werden auftreten? Welches Leistungsniveau habe ich? Kenne ich meine Grenze?) rechtzeitige Pausen
4. Während des Trainings genug Flüssigkeit zu sich nehmen (keine Dehydrierung abwarten)(vgl. Fuchshuber 2003c)
Da diese Regeln die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung minimieren, können sie ein Einstiegspunkt für die professionelle Beratung sein. Dadurch wird dem Klienten verdeutlicht, wo die Ursache der Verletzung zu finden ist.
2.2.2 Die PECH-Regel
Da Verletzungen nicht selten im Sport vorkommen, sollte jedem Trainierenden die Erstversorgung nach der PECH-Regel bekannt sein. Sie beugt weiteren Schäden vor und bietet vier wichtige Eckpunkte der ersten Therapie.
P = Pause Das verletzte Körperareal sollte sofort entlastet werden. Dadurch werden Schmerzen verringert und eine weitere Schädigung ist nicht möglich.
E = Eis Bei dieser Anwendung gibt es einiges zu beachten! Die Kälte sollte am besten in Intervallen von ein paar Sekunden verabreicht werden und nicht direkt auf die Haut gelangen. Diese Methode verhindert die dauerhafte Gefäßverengung (bei anhaltender Kälte) und die Heilung wird nicht blockiert. Zudem wird auch hier der Schmerz gelindert und einer Schwellung vorgebeugt.
C = Compression
Nach der Kühlung empfiehlt sich die Anlage eines Druckverbandes um das entsprechende Gelenk/Areal. Mit dieser Maßnahme stabilisiert man die Körperregion und komprimiert das Gewebe und Gefäße von außen, sodass Einblutungen und Ödeme gemindert werden.
H = Hochlagern Zum Abschluss der Erstversorgung sollte das geschädigte Gebiet über Herzniveau gelagert werden. Das begünstigt den Rückfluss des Blutes zum Herz und unterstützt den Lymphabfluss (vgl. Fuchshuber 2003a).
„Die Akut-Phase einer Verletzung endet meist am zweiten Tag. Danach sollte - darin sind sich Sportmediziner einig - die verletzte Region ruhig wieder dosiert beansprucht werden. Voraussetzung hierfür ist aber immer, dass die Verletzung (zum Beispiel Prellung oder Zerrung) harmlos ist und ärztlicherseits keine weiteren Behandlungsschritte angeraten werden.“ (Fuchshuber 2003a) In der Physiotherapie spricht man in diesem Kontext von der frühfunktionellen Behandlung, die sich sofort nach der ersten Versorgung anschließt.
[...]