Skandale in den modernen Medien sind keineswegs eine neuzeitliche Erscheinung. Vielmehr liegt ihre Entstehungsgeschichte bereits im 15. Jahrhundert, nahezu parallel zur Erfindung des Buchdruckes, und haben sich mit der Etablierung der modernen Massenmedien zu einem kraftvollen Werkzeug zur Einflussnahme in unterschiedlichsten Bereichen entwickelt: ein Informationsvirus mit schwer abschätzbarem Auswirkungspotenzial.
Dies gilt für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Teilbereiche, beispielsweise der Politik. Auch hier werden Menschen auf der ganzen Welt von Skandalen berührt, so weit, dass einige behaupten, die ganze heutige Politik sei ein einziger Skandal. Auch demokratisch gewählte Regierungen, z. B. die Regierung der USA, machen von der Wirksamkeit dieses Werkzeuges Gebrauch. Zur Vorbereitung des zweiten Golfkrieges gegen den Irak wurden verschiedene PR - Agenturen beauftragt, in der eigenen Heimat den öffentlichen Hass gegen den Irak zu schüren, um somit eine öffentliche Legitimation für militärische Einsätze am Golf hervorzurufen.
In der vorliegenden Hausarbeit wird erläutert, was ein Skandal überhaupt ist und wie sich ein Nicht-Medien-Skandal vom Medienskandal unterscheidet. Daran schließt eine Untersuchung der massenmedialen Bedingungen von Medienskandalen an. Untersucht werden auch die Rollenverteilung und die möglichen Phasen eines Medienskandals. Die Darstellung eines beispielhaften Skandalverlauf und ein resümierendes Fazit beschließen die Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Der Unterschied zwischen Skandal und Medienskandal
2.1 Was ist ein Skandal
2.2 Was ist ein Medienskandal
3. Information durch Massenmedien
4. Nachrichtenfaktoren als Grundlage
5. Rollenverteilung im Skandal
6. Phasen des Medienskandals
7. Skandalverlauf am Beispiel Eva Hermann
8. Fazit
9. Quellennachweis
1. Einführung
"Wir leben in einer skandalösen Welt. Eben erst platzte der Prügel - Skandal in Kriens (Blick). Zuvor flog der Dioxin - Skandal im Hirschacker auf (Baseler Zeitung), dazu der Schöngrün - Skandal in Solothurn (20 Minuten) und der Pflegeheim - Skandal in Adliswil (Tagesanzeiger). "[1]
Skandale in den modernen Medien sind keineswegs eine neuzeitliche Erscheinung. Vielmehr liegt ihre Entstehungsgeschichte bereits im 15. Jahrhundert, nahezu parallel zur Erfindung des Buchdruckes, und haben sich mit der Etablierung der modernen Massenmedien zu einem kraftvollen Werkzeug zur Einflussnahme in unterschiedlichsten Bereichen entwickelt: ein Informationsvirus mit schwer abschätzbarem Auswirkungspotenzial. Dies gilt für die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Teilbereiche, beispielsweise der Politik. Auch hier werden Menschen auf der ganzen Welt von Skandalen berührt, so weit, dass einige behaupten, die ganze heutige Politik sei ein einziger Skandal.[2] Auch demokratisch gewählte Regierungen, z. B. die Regierung der USA, machen von der Wirksamkeit dieses Werkzeuges Gebrauch. Zur Vorbereitung des zweiten Golfkrieges gegen den Irak wurden verschiedene PR - Agenturen beauftragt, in der eigenen Heimat den öffentlichen Hass gegen den Irak zu schüren, um somit eine öffentliche Legitimation für militärische Einsätze am Golf hervorzurufen. Eine der beauftragten Agenturen war der PR - Riese Hill & Knowlton, mit herausragenden Verbindungen zur Bush - Familie und Teil eines der weltgrößten Propagandakonzerne WPP. Ihr Auftrag war es, politische Entscheidungen, einschließlich Invasion, Folter und Entführungen zu vermarkten. Eines der wirkungsstärksten Vermarktungsinstrumente der Propaganda sind Medienskandale. Dieser Tatsache war sich die Agentur bewusst und sie verfügte ebenso über dass Know How, diese zu inszenieren. Als Beispiel sei hier an den Auftritt der kuwaitischen "Krankenschwester" Nayihra erinnert, welche vor dem amerikanischen Kongress tränenreich schilderte, wie irakische Soldaten angeblich kuwaitische Baby aus Brutkästen gerissen und zu Boden geworfen hatten. Die Geschichte selbst war frei erfunden und die angebliche Krankenschwester war eigentlich die Tochter des kuwaitischen Botschafters, aber der Skandal und die öffentliche Empörung waren groß. Ab diesem Zeitpunkt war die Invasion in den Irak moralisch abgesegnet.[3] Aber was ist eigentlich ein Skandal? Der Kommunikationswissenschaftler Hans Mathias Kepplinger definiert folgendermaßen:
"„Ein Skandal ist ein Missstand, der nach einhelliger Ansicht der Urteilenden bedeutend ist, vermeidbar gewesen wäre, durch schuldhaftes Verhalten hervorgerufen wurde und deshalb allgemeine Empörung hervorruft“[4]
Seinen Ursprung in der jüngeren deutschen Sprache findet das Wort Skandal im 18. Jahrhundert mit dem Französischen Begriff „scandale“, dem Lateinischen Begriff „scandalum“ und dem Griechischen Begriff „skandalon“. Im Laufe des 16. Jahrhunderts gewann der Begriff auch in den europäischen Sprachen an Bedeutung und musste sich im Laufe der Jahrtausende zahlreichen Transformations- und Re- Transformationsprozessen unterziehen. Grund hierfür waren gesellschaftliche Auf- und Umbrüche, politische Klassen, mit den Medien zusammenhängende technische Innovationen, der Öffentlichkeit oder auch der religiösen Gemeinschaften. Der Begriff des Skandals geht geschichtlich sogar soweit zurück, dass man schon in Diskursfragmenten der frühgriechischen Sprachperioden die Begriffe „skandalethorn“, „skandale“ und „skandalon“ verwendet hat.[5]
Ein Skandal verdankt seine Entstehung fast immer dem Vorhandensein eines Missstandes, wobei ein Misstand nicht immer zwingende Vorraussetzung einer Skandalentstehung sein muss. Die Einordnung in die Kategorien "Missstand" oder "Skandal" ist hierbei abhängig, von der Perspektive des Betrachters. Schäden und / oder Regelverletzungen sind hierbei symptomatisch für einen Misstand und wiegen "um so bedeutsamer, je schwerwiegender sie erscheinen".[6]
Um aus einem Misstand einen Skandal werden zu lassen, sind laut Kepplinger fünf Bedingungen notwendig, welche folgendermaßen herausgestellt wurden:
1. Der Missstand muss weithin bedeutsam erscheinen, wobei es unerheblich ist, ob dies den Tatsachen entspricht
2. Der Missstand muss allgemein vermeidbar erscheinen, wobei es unerheblich ist, ob er es tatsächlich war
3. Er muss durch schuldhaftes Verhalten verursacht worden sein, wobei es unerheblich ist, ob diese Ansicht zutrifft
4. Die Vorstellungen von der Bedeutsamkeit des Missstandes und der Art seiner Ursachen müssen zudem eine emotionale Reaktion auslösen - eine allgemeine Empörung über den Sachverhalt
5. Dies alles muss mit massiven Forderungen nach Konsequenzen einhergehen, der Bestrafung der Schuldigen und der Beseitigung ihrer Handlungsmöglichkeiten[7]
Trotz der Einzigartigkeit der verschiedenen Skandale besitzen sie doch stets gemeinsame Merkmale. Es geht grundsätzlich um Verstöße gegen moralische und / oder rechtliche Gepflogenheiten, welche einen Schaden, sei es materiell oder ideell hervorgerufen haben oder das Potenzial dazu besitzen. Ebenso gibt es immer einen Hauptschuldigen an der Entstehung des Skandals, wobei es unerheblich ist, ob es sich dabei um ein Individuum, ein Verein, eine Firma, Partei, etc. handelt. Dieser trägt die Hauptschuld an dem Vorhandensein des Missstandes, da er diesen verursacht oder nicht verhindert hat. Der Missstand zieht die erhöhte Aufmerksamkeit der Medien auf sich, welche wiederum intensiv darüber berichten. So kann der Eindruck entstehen, dass es sich bei dem Missstand um ein enormes Problem handelt. Die intensive Medienberichterstattung ist dann wiederum ursächlich für eine zunehmende Empörung der Öffentlichkeit und vermittelt zusätzlich dem angeprangerten Hauptverantwortlichen das Gefühl, das Opfer einer gezielten Medienkampagne geworden zu sein.[8]
2. Der Unterschied zwischen Skandal und Medienskandal 2.1 Was ist ein Skandal
"Ein Skandal bezeichnet ein Aufsehen erregendes Ärgernis und die damit zusammenhängenden Ereignisse oder Verhaltensweisen. Das Wort ist im Deutschen seit dem Ende des 16. Jahrhunderts belegt. Es wurde aus dem gleichbedeutenden französischen scandale entlehnt, das auf das kirchenlateinische scandalum zurückgeht, dieses wiederum auf das griechische skandalon „Fallstrick, Anstoß, Ärgernis“. Das abgeleitete Adjektiv skandalös mit der Bedeutung „ärgerniserregend, anstößig“ sowie „unerhört, unglaublich“ findet sich seit Anfang des 18. Jahrhunderts."[9]
Gelegentlich kann es verkommen, dass die Begriffe "Skandal" und "Affäre" im gleichen Zusammenhang Verwendung finden. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die Begriffe keine präzise Trennschärfe voneinander aufweisen. Man kann davon ausgehen, dass sie besonders in den gesellschaftlichen Teilbereichen der Politik und Wirtschaft nebeneinander vorkommen können und daher austauschbar sind. Ist ein bestimmtes Ereignis hingegen nicht in diesen beiden Kategorien zu verorten, sondern tangiert einen anderen Aspekt des gesellschaftlichen Lebens (z. B. Umwelt, Kunst, Finanzen, etc.) spricht man immer von einem Skandal.
Ein bestimmtes Ereignis wird immer dann zu einem Skandal, wenn es den Teilbereich des öffentlichen Raumes negativ berührt, welcher nicht durch Vorschriften und Gesetze klar geregelt ist. Der Skandal ist demzufolge keine irgendwie geartete kriminelle Handlung, sondern ein Verstoß gegen ungeschriebene gesellschaftliche Regeln. Er berührt somit das "gesunde Volksempfinden" auf negative Art und Weise und ist somit der Verursacher eines gesellschaftlichen Aufschreis.[10]
Obwohl der Skandal selbst eine sehr alte Erscheinung ist, hat er in der Neuzeit durch das Verschwinden der Obrigkeitshörigkeit einen zusätzlichen Bedeutungsinhalt bekommen.
"Er gehört zu einer Gesellschaft, in der Thron und Altar ihre Deutungshoheit verloren haben. Wenn der Blick nicht mehr auf das Jenseits, sondern auf die diesseitigen Verhältnisse fixiert ist, lockert sich das Wertesystem. Die Öffentlichkeit ist nicht mehr Verlautbarung der Mächtigen, sondern eroberter Spielraum als Gegenüber der Macht. Hier artikuliert sich ein immer selbstbewussteres Individuum, das sich selbst seinen Rahmen setzt. Der Skandal wird zum Kennzeichen einer
Gesellschaft, die sich auf ihr diesseitig begründetes Wertesystem immer wieder neu verständigen muss."[11]
2.2 Was ist ein Medienskandal
Grundlegend kann festgestellt werden, dass ein Medienskandal immer auch gleichzeitig ein Skandal ist, allerdings mit dem Zusatzmerkmal, dass dieser Skandal medial verbreitet worden ist. Skandalöse Ereignisse werden über Zeitungen, Zeitschriften, TV, Radio und Internet publik gemacht, obwohl sie unabhängig vom Mediensystem existieren. Tatsächliche oder angebliche Verfehlungen werden aufgegriffen und durch die vorhandenen strukturellen und funktionellen Produktionsmechanismen der Massenmedien verbreitet und somit zu einem Medienskandal gemacht. Die Medien können auf diesem Wege, unter zu Hilfenahme der eigenen Produktionsbedingungen, einen Einfluss auf die Meinungsbildung der Öffentlichkeit nehmen. Somit sind sie in der Lage, nicht nur den Skandal öffentlich zu machen, sondern auch die Beurteilung der verbreiteten Ereignisse durch die Rezipienten beeinflussen.
Somit haben alle Medienskandale die Gemeinsamkeit, dass die gemeldeten Verfehlungen, welche dem Skandal angeblich zugrunde liegen, niemals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden wären, wenn es die Medien nicht gegeben hätte. Die Existenz eines funktionierenden Mediensystems ist somit eine unverzichtbare Vorraussetzung für die Entstehung eines Medienskandals. Ob die gemeldeten Verfehlungen / Ereignisse / Zustände, etc... in der berichteten Form tatsächlich existieren oder stattgefunden haben, ist hingegen zweitrangig.
Sie wurden lediglich als Gegebenheiten durch die Massenmedien im sozialen Gedächtnis der Öffentlichkeit verankert. Medienskandale stellen daher eine spezielle Form der praktizierten Kommunikation in modernen Gesellschaften dar und unterscheiden sich deutlich vom so genannten "mediatisierten Skandalen".[12]
[...]
[1] Vgl. Zimmermann S. 11
[2] Vgl. Käsler S. 7
[3] Vgl. Burkhardt (2006) S. 25
[4] Vgl. Keppliner (2002) S. 81
[5] Vgl. Koch S. 4
[6] Vgl. Kepplinger (2002) S. 81
[7] Ebenda
[8] Vgl. Kepplinger (2005) S. 7
[9] http://de.wikipedia.org/wiki/Skandal
[10] http://www.i-r.de/downloads/bodohombach/Bodo Hombach - Uni Bonn Zur Definition des Skandals.pdf
[11] Ebenda
[12] Vgl. Burkhardt (2006) S. 26