Diese Hausarbeit bietet eine Übersicht über die Konzeptionen von Gerechtigkeit im Werk „Gerechtigkeit – Eine Lehre von den Grundgesetzen der Gesellschaftsordnung“ von Emil Brunner. Im Jahr 1942, mitten in der Schreckenszeit des 2.Weltkrieges, schreibt der Schweizer Theologe Emil Brunner das Buch über „Gerechtigkeit“. Der Zweck dieses Buches ist nicht primär ein wissenschaftlicher, sondern ein praktischer. Er schreibt, dass für eine sinnvolle Verwirklichung von Gerechtigkeit und Frieden die Erkenntnis des Gerechten unentbehrlich ist.
So beginnt der Verfasser in Kapitel 2 unter der Frage: „Was ist gemeint?“ mit einer grundlegenden Feststellung der abendländischen Gerechtigkeitsidee. In Teil II des Buches zieht er daraus die praktischen Folgerungen im Blick auf die göttlichen Ordnungen von Ehe, Familie, Wirtschaft, Staat und Völkergemeinschaft. Für den Verfasser sind sowohl der Kapitalismus als auch der Kommunismus Ergebnisse eines Zerfalls der abendländischen Gerechtigkeitsidee. Nicht weniger bedrohlich erscheint ihm die seiner Zeit weithin herrschende Staatsform der Diktatur, ob sozialistischer oder nationalistischer Ideologie entsprungen. Doch auch die Demokratie erscheint ihm gefährdet, insofern sie nicht geschützt ist gegenüber einer eigenmächtigen Durchsetzung des Volkswillens gegen machteingrenzende Verfassungsorgane und eine darin begründete feste gerechte Ordnung.
Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Grundlagen
Teil II: Folgerungen
1.Das gerechte Eigentum
2.Der gerechte Zins
3.Der gerechte Preis
4.Der gerechte Lohn
5.Die gerechte Verteilung der wirtschaftlichen Macht
6.Kapitalismus und Kommunismus
7.Die gerechte Ordnung des Staates
7.1.Die vier Stufen der staatlichen Gerechtigkeit
7.2.Die Ungerechtigkeiten des totalen Staates
7.3.Gerechtes Recht
7.4.Die gerechte Macht
7.5.Die gerechte Strafe
8.Stellungnahme
Teil 1: Grundlagen
Das Thema meiner Hausarbeit lautet „Gerechtigkeit- Eine Lehre von den Grundgesetzen der Gesellschaftsordnung“ von Emil Brunner.
Im Jahr 1942, mitten in der Schreckenszeit des 2.Weltkrieges, schreibt der Schweizer Theologe Emil Brunner das Buch über „Gerechtigkeit“.
Der Zweck dieses Buches ist nicht primär ein Wissenschaftlicher, sondern ein Praktischer. Er schreibt, dass für eine sinnvolle Verwirklichung von Gerechtigkeit und Frieden die Erkenntnis des Gerechten unentbehrlich ist.
So beginnt der Verfasser in Kapitel 2 unter der Frage: „Was ist gemeint?“ mit einer grundlegenden Feststellung der abendländischen Gerechtigkeitsidee. In Teil II des Buches zieht er daraus die praktischen Folgerungen im Blick auf die göttlichen Ordnungen von Ehe, Familie, Wirtschaft, Staat und Völkergemeinschaft. Für den Verfasser sind sowohl der Kapitalismus als auch der Kommunismus Ergebnisse eines Zerfalls der abendländischen Gerechtigkeitsidee. Nicht weniger bedrohlich erscheint ihm die seiner Zeit weithin herrschende Staatsform der Diktatur, ob sozialistischer oder nationalistischer Ideologie entsprungen. Doch auch die Demokratie erscheint ihm gefährdet, insofern sie nicht geschützt ist gegenüber einer eigenmächtigen Durchsetzung des Volkswillens gegen machteingrenzende Verfassungsorgane und eine darin begründete feste gerechte Ordnung.
„Gerechtigkeit“ bedarf einer Begriffsdefinition. Die Bibel versteht darunter zum Beispiel das umfassende personale Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Gott. Der Verfasser aber grenzt den Begriff ein auf ein spezielles Verständnis „ des gerechten Zuteilens des Gehörigen“ [1]
„ Dieser verengte Sprachgebrauch ist für uns schicksalhaft“. [2]
Es gilt das Prinzip dieser Gerechtigkeit aufzufinden, die die gerechte Behandlung des Menschen oder gerechtes Handeln von Wirtschaft und Staat von der ungerechten unterscheidet. Es handelt sich um eine weltliche Gerechtigkeit irdischer Ordnungen. Es ist die Gerechtigkeit, die „ dem Gerechtigkeitsgefühl des einfachen Menschen entspricht, wenngleich sie mit der himmlischen Gerechtigkeit im Alten und im Neuen Testament in einem letzten heimlichen Zusammenhang steht.“[3]
Angesichts ihres weltweiten Zerfalls ist „ die Wiedergewinnung dieser Idee der Gerechtigkeit die wichtigste Voraussetzung für einen Neuaufbau gerechter Ordnungen in der abendländischen Gesellschaft, deren Leben (schon) so grausam verwüstet ist.“[4]
In seinem 3.Kapitel „Der Ort der Gerechtigkeit“ beschreibt Emil Brunner Gerechtigkeit als eine Idee, die man in den Bereich der Beziehungen unter Menschen zu positionieren habe, denen es essentiell um eine zu erstrebende Gemeinsamkeit geht. Wenn wir etwas gerecht nennen, so wollen wir damit etwas sittlich Gutes bezeichnen; als etwas Sittliches, insofern Gerechtigkeit nur in Frage kommt, wo menschlicher Wille am Werk ist. Andererseits ist es für die Gerechtigkeit charakteristisch, dass sie nicht nur einen Menschenwillen bezeichnet, sondern ebenso von Menschen geschaffene Verhältnisse, Beziehungen und Einrichtungen.
Der Verfasser vergleicht in diesem Zusammenhang Gerechtigkeit und Nächstenliebe und stellt fest:
Liebe ist immer persönlich. Gerechtigkeit aber hat es immer mit einem für die Person gegebenen Sachbereich zu tun, die eine Person mit anderen gemeinsam hat und teilt. In der Konsequenz gilt da das alte Prinzip der Gerechtigkeit „Suum cuique“, d.h.: Jedem das Seine. Ein Verhalten, eine Ordnung, ein Gesetz, in dem einem Jedem das Seine gegeben wird, ist gerecht. Liebe gibt nicht nach Recht oder Anspruch: Sie schenkt. Gerechtigkeit dagegen ist etwas, was mir oder dir, dem einen oder anderen gehört, worauf er ein Recht hat, so wie es seinem Gerechtigkeitsgefühl entspricht: Anerkennung, Ehre, Würde, Lebensrecht. „ Die Uridee hinter der Idee der Gerechtigkeit ist also die des Gehörens.“[5]
Der Verfasser sieht den Menschen in eine Ordnung gestellt. Er ist Teil eines Gefüges, nicht ein völlig freies Individuum. Diese Ordnung umschließt ihn mit anderen. Gerechtigkeit beruht auf Gegenseitigkeit. „Die Idee der Gerechtigkeit gehört deshalb nicht in die Personenethik, sondern in die Ethik der Ordnungen und Institutionen.“[6]
Emil Brunner klärt in Kapitel 4 „Gerechtigkeit und Gesetz“ die Frage, worauf Gerechtigkeit beruht, auf Gesetz und/ oder Gleichheit. Fundamentaler sei das Gesetz, denn wo Ordnung ist, da sei auch Gesetz. Hier handle es sich um eine Urordnung, denn vor der Frage, was einem jeden zusteht, muss klar sein, dass ihm überhaupt etwas zusteht. Gerechtes Verhalten orientiert sich notwendigerweise am Gesetz, ist aber auch darauf eingeschränkt und bleibt damit unterhalb der Liebe. Es behandelt alle Betroffenen in der Regel gleich. „Gesetz heißt damit Gleichmachung.“[7]
Das Gesetz bewertet der Verfasser als zukünftige Ordnungsvorsorge. Es schränkt zwar die Freiheit des Individuums ein, gewährt aber dafür auch Schutz und Stabilität und damit auch eine relative Gleichheit für alle. Das Gesetz, auf das sich die Gerechtigkeit bezieht, ist kein rein menschliches Gesetz, denn es steht als Norm über aller menschlichen Satzung. Menschliches Gesetz kann auch ungerecht sein, dieses aber nicht. „ Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dem Menschen ins Herz geschrieben.“[8] Es ist kein Gesetz relativer Gerechtigkeit, sondern das unbeugsame, gerade Gesetz.
Die Idee der Gerechtigkeit steht als kritische Instanz über dem Richter und seinem Urteil.
Das 5.Kapitel seines Buches beschreibt die Verhältnisbestimmung von „Gerechtigkeit und Gleichheit“. Das Gesetz, das für alle gilt, schafft zunächst nur eine formale Gleichheit. Weil die Menschen nicht alle gleich sind, ist zunächst unklar, was denn einem jeden zukommt. Das Problem ist: „ Wegen der fundamentalen Beziehung zwischen Gerechtigkeit und Gleichheit ist es möglich, dass gesetzliche Normierung, die ihrem Wesen nach eine Gleichmachung der vielen ist, als dem Wesen der Gerechtigkeit entsprechend empfunden werden kann.“[9]
Der Forderung der Vernunftgemäßheit entsprechen beide: Gleichheit und Gesetz. Das „Jedem das Gleiche“ ist aber durchaus nicht der ideale Fall der Gerechtigkeit, sondern im Gegenteil das äußerste Maß an Schematisierung. Es müsste also nicht heißen „Jedem das Gleiche“, sondern „Allen das Gleiche“ in Berücksichtigung ihrer Ungleichheit. Je mehr nämlich die Gerechtigkeit das Verhältnis von Personen untereinander betrifft, desto weniger ist ihre Verschiedenheit zu ignorieren und desto mehr muss Gerechtigkeit darauf Rücksicht nehmen. Die Menschen sind, empirisch gesehen, einander sowohl gleich als auch ungleich. Hier das Richtige zu finden, sind Glaubensgründe anzuführen.
Im 15.Kapitel geht Emil Brunner auf das Verhältnis von „Gerechtigkeit und Liebe“ ein. Er klärt Unterschied und Wesensgegensatz und doch Zusammenhang durch gemeinsame Herkunft aus Gottes Willen. Nach antiker Auffassung gilt Freundschaft dem Menschen, der ihrer auch wert ist.
Dagegen steht das Wunder der Gottesliebe, dass sie auch den liebt, der ihrer nicht wert ist. Solche wertgebende Liebe ist nicht in Wesen und Art des Geliebten begründet, sondern im Liebeswillen des Liebenden selbst. Gott handelt an dem Menschen, um die verlorene Gemeinschaft wieder herzustellen ( Vergebung ). „ Der Glaube, von dem das NT spricht, ist nichts anderes als das Aufgeschlossenwerden von dieser Liebe und für diese in Empfang der Liebe Gottes“.[10]
Aber auch die streng sachliche Gerechtigkeit hat ihr hohes Pathos der damit gründenden Menschenrechte und der Menschenwürde. Aber dieses Pathos ist nicht das der Liebe. Gerechtigkeit gehört in die Ordnungswelt, nicht in die Personenwelt. Die Liebe steht höher, weil die Person selbst höher steht als die Ordnung. Aber in der Ordnungswelt kann der Christ sein wahres Christsein, sein Lieben, nicht anders auswirken, als indem er gerecht ist. Liebe und Gerechtigkeit geben einander Raum. Auch in den unpersönlichen Ordnungen bleibt der Mensch Person, Gegenstand der Liebe. Immer aber ist Gerechtigkeit auch Voraussetzung für die Liebe; nie darf die Liebe die Gerechtigkeit überspringen. Zuerst gebührt dem anderen das Seine, aus Gerechtigkeit. Die Liebe ist es, die dieses Gebot der Gerechtigkeit erfüllt. Sie ist das höchste und – recht verstanden- das einzige Gottesgebot.
So kann man der Forderung der Gerechtigkeit wohl genügen, der Forderung der Liebe aber nie.
Teil II: Folgerungen
In Kapitel 18 behandelt Emil Brunner „Die gerechte Ordnung der Wirtschaft“ und darin die Fragen nach Gerechtigkeit im Blick auf Eigentum, Zins, Preis, Lohn, Wirtschaftsmacht und Politik. Er versteht unter wirtschaftlicher Tätigkeit das Gewinnen von Lebensunterhalt und menschlicher Freiheit und sozialer Gerechtigkeit innerhalb der Ordnungen des Schöpfers.
1.Das gerechte Eigentum
Ausgehend von der Feststellung, dass es ohne Eigentum keine Freiheit gibt, sieht der Verfasser in Eigentum, auch in Privateigentum einen Schöpfungszweck. Da es jedem zusteht, sind Monopole ungerecht. Eigentum gehört natürlicherweise oder historisch aufgrund von Erwerb unmittelbar zur Person und zur freien Persönlichkeit. Darum hält er alle Ersetzung von Privateigentum durch Kollektiveigentum für sittlich gefährlich. Andererseits gehört dem Einzelnen sein Eigentum nicht unbedingt, da es göttliches Lehen ist.
„ Den anderen Menschen gegenüber ist ein Eigentümer allein Verfügender, Gott gegenüber aber Lehensmann, der Rechenschaft schuldig ist. Nicht durch Gerechtigkeit, sondern durch Barmherzigkeit ist er verpflichtet, dem Nächsten von seinem Eigentum zu geben. Als Notleidender hat er ein Recht darauf.“[11]
Von der Gerechtigkeit aus gesehen, steht also alles Eigentum unter „Gemeinschaftsvorbehalt“, ist also sozialpflichtig. Es ist ja erworben unter günstigen Bedingungen, die Staat und Gesellschaft hergestellt haben. Diese können ihr Mit- Recht von Steuern und Abgaben geltend machen.
Ein Problem für das Gerechtigkeitsdenken ist der große Besitz, der in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung wirtschaftliche Macht über andere in sich schließt. Ideal geregelt ist das im freien Bauerntum, wo in der Familie die Verbundenheit von Person und Eigentum eine besonders enge ist. Die Gemeinschaft hat das größte Interesse daran, die natürliche Kontinuität der Erbfolge im Bodenbesitz durch staatliches Recht zu schützen. Es wäre schädlich, wenn Bodenbesitz zur reinen Marktware und als Spekulationsobjekt seinem Zweck willkürlich entfremdet würde.
Der Verfasser geht in der Folge näher auf die Gerechtigkeit im Blick auf vererbtes Eigentum ein. Die Personenverbundenheit fasst er als Maßstab für rechtmäßige Gehörigkeit. Aus der Kontinuität des Erbrechts über den Tod hinaus folgt auch gerechte Erbschaft ( römisch- rechtlicher Eigentumsbegriff ).
Doch Kraft des christlichen Eigentumsvorbehalts kann von einem unbedingten Recht auf Eigentum nicht die Rede sein. Die Gerechtigkeit beim Vererben ist im Familienzusammenhang begründet.
Die Abschaffung der Erbschaft wäre eine Katastrophe für die Familie als soziale Einrichtung. Ginge der Besitz im Sinne des Kommunismus auf den Staat über, so wäre das eine Ungerechtigkeit.
Das Hauptproblem gerechten Eigentums ist die Frage nach gerechter Verteilung des Reichtums. Ist die Antwort: gerechte Verteilung, wo z.B. Besitz infolge geleisteter Arbeit eine andere Verteilung nahelegt? Vom christlichen Gerechtigkeitsbegriff aufgrund der Schöpfungsordnung ist die Identifikation von Gleichheit und Gerechtigkeit abzulehnen. Schöpfung ist in ihrer vorfindlichen Gestalt nicht Gleichheit, sondern auf Ungleichheit ausgerichtet. Ungleichheit im Besitz ergibt sich aus der Ungleichheit des Arbeitens und Wirtschaftens. Wer mehr leistet, soll auch mehr bekommen.
Gleiche Bezahlung lähmt die Wirtschaft. Das Gleichheitsprinzip ist ebenso ruinös wie ungerecht.
Andererseits kann sich Besitz auch einem Zufall verdanken und sich daraus faktische Ungleichheit in der Verteilung der Güter ergeben. Da spielt Glück mit oder Übertreibung des Erwerbswillens:
Geiz, Skrupellosigkeit und Brutalität statt bloßem Wagemut, Sparwillen und Fleiß und stellen Besitz unter den Verdacht gemeinschaftswidriger Energie. Großindustrielles Wirtschaften mit seiner weitgehenden Mechanisierung auf der Grundlage von Aktienkapital ist mit der Trennung von Eigentum an Produktionsmitteln und eigener Arbeitsleistung verbunden, das heißt mit der Anonymität des Eigentums. Diese Wirtschaftsform ist durch moderne Technik bedingt und schafft eine automatische Steigerung der Besitzunterschiede und begünstigt gemeinschaftswidriges Verhalten.
„ Fragen wir nach Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, so erscheint der heutige Besitzunterschied als zweifellos höchst ungerecht, weil er nicht so sehr in einem Mehr an Leistung als in dem Vorteil begründet ist, den die heutige Wirtschaftsform dem Besitzenden gibt.“[12]
Das christliche Gerechtigkeitsdenken fordert nicht die Gleichheit wohl aber den Ausgleich. Allzu großer Besitz bedeutet immer eine Gefahr für die Volksgemeinschaft, denn er bedeutet Übermacht, Aufhebung der Rechtsgleichheit und Bedrohung der Freiheit der anderen.
Die Lösung kann nicht in der Kollektivierung von Besitz (im Sozialismus) liegen, der Grundprinzipien der Gerechtigkeit verletzt.
2.Der gerechte Zins
Kapitalzins wird als „arbeitsloses Einkommen“ und daher häufig als ungerecht, als Profit für Kapitalisten bezeichnet. Vom Gesamtertrag der heutigen Wirtschaft wird ein sehr großer Teil als Zins für dargeliehenes Produktionskapital als arbeitsloses Einkommen abgezogen und er entgeht damit denen, die die Arbeit geleistet haben. Nicht die werden reich, die gearbeitet haben, sondern, die das Geld investiert haben. Anders muss dieses Wirtschaften beurteilt werden, wenn der Kapitalgeber auch der Unternehmer ist. Unternehmereinkommen ist nicht arbeitsloses Einkommen und damit ethisch unproblematisch. Das verfügbare Geld kann Frucht früherer Arbeit sein. Auf dieser völlig gerechten Leistung des Sparens beruht die gesamte materielle Kultur.
In gleicher Weise erbringt die Mehrzahl unserer durchaus nicht reichen, fleißigen und sparsamen Volksgenossen eine gewaltige ökonomische Leistung. Als Grundlage der Wirtschaft sparen sie, verzichten sie auf sofortigen Verbrauch und legen sie die Spargelder an. Damit leistet der Bürger für die Volkswirtschaft einen Dienst, für den er rechtens eine jährliche Entschädigung fordern kann.
Diese Entschädigung ist der Zins. So ist der Zins also arbeitsloses, aber nicht leistungsloses Einkommen. Eine Belohnung für erwiesenen Sparwillen, also gerechter Lohn.
Es gibt daher eine Gerechtigkeit des Zinses. „ Es zeugt für den Gerechtigkeitssinn der Reformatoren, dass sie den Kapitalzins an sich für gerecht hielten, nur aber seine Übermäßigkeit kritisierten.“[13]
Im Prinzip: Der gerechte Zins konnte nur der sein, der der Leistung des Darlehers für das Ganze im Verhältnis zur Leistung des Arbeitenden entspricht. Die Wirtschaft ist als göttliche Ordnung nicht dazu da, um hohe Zinsansprüche zu befriedigen, das heißt also Kapitalrendite hervorzubringen, sondern um die Volksgemeinschaft zu ernähren und mit Notwendigem zu versorgen. Der Sparer hat Recht mit seinem Bestehen auf Entschädigung in Form des Sparzinses. Übergeordnet aber ist das Recht auf menschenwürdigen Lohn für redlich geleistete Arbeit.
Der Verfasser lehnt Zwangssparen und Zwangsdarlehen der kommunistischen Wirtschaft ab. Doch sind auch kapitalistische Auswüchse der Zinswirtschaft zurückzuschneiden.
„ Der Volkswirtschaft ist es zur Pflicht gemacht, die Institutionen des Zinses in den Grenzen des wirtschaftlich Notwendigen so einzurichten, dass das Primat des Rechtes der Arbeitenden über das des arbeitslosen Einkommens möglichst kraftvoll zur Geltung kommt.“[14]
„ Der Zins ist eine ethisch problematische Größe; er hat seine Gerechtigkeit, aber eine untergeordnete, die in keiner Weise der ungeheuren Bedeutung, die ihm in der heutigen Wirtschaft faktisch zugute kommt, zu rechtfertigen vermag.“[15]
[...]
[1] S.16
[2] S.16
[3] S.17
[4] S.18
[5] S.21
[6] S.24
[7] S.26
[8] S.27
[9] S.30
[10] S.149
[11] S.176
[12] S.184
[13] S.191
[14] S.193
[15] S.195