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Hausarbeit, 2014
19 Seiten, Note: 1,7
1. Einleitung
2. Klärung und Definition des Begriffs der Elementarisierung
3. Das Modell der Elementarisierung nach Nipkow und Schweitzer
3.1 Intention und Genese des Modells
3.2 Die fünf Dimensionen des Modells
3.2.1 Elementare Strukturen
3.3.2 Elementare Erfahrungen
3.3.3 Elementare Zugänge
3.3.4 Elementare Wahrheiten
3.3.5 Elementare Lernwege
4. Elementare Strukturen zu Mt 20, 1 - 16
5. Schluss
Was ist unter gutem Religionsunterricht zu verstehen? Gewiss kann dabei nicht an das berühmte Modell des Nürnberger Trichters gedacht werden. Vielmehr soll Religionsunterricht, laut Friedrich Schweitzer, „so gestaltet werden [...], dass er eine fruchtbare, authentische und lebensbezogene Begegnung zwischen den Inhalten und Themen einerseits und den Kindern und Jugendlichen andererseits ermöglichen kann.“1 Doch wie kam es zu einem solchen Aufeinandertreffen zwischen dem Unterrichtsgegenstand und den Kindern und Jugendlichen?
Zu Beginn der 1970er Jahre war es unausweichlich, „welch Trümmerfeld unge- ordneter, falscher und existentiell völlig bedeutungsloser biblisch-christlicher Überlieferungselemente“2 bei den Schülerinnen und Schülern vorzufinden war. Diese Einsicht veranlasste die Religionspädagogen sich auf die elementaren An- fangsprobleme zurückzuberufen, um sich bei theologischen Inhalten auf das Grundlegende zu konzentrieren. Dabei ging insbesondere Karl Ernst Nipkow dem Problem nach, wie in einem Unterrichtsvorgang des Lehr- und Lernbarem als Be- ziehungsgeschehen zwischen den Lernenden, dem Lehrer und der Sache elemen- tare Strukturen, elementare Erfahrungen, elementare Anfänge und elementare Wahrheiten zum Ausdruck kommen könnten. Daraufhin entwickelte Nipkow das Tübinger Modell der Elementarisierung, das primär für die Vorbereitung und Ge- staltung von Religionsunterricht angesehen werden kann und bei den religions- unterrichtlichen Themen stärker darauf abzielen sollte, Aspekte aus der Lebens- welt der Kinder und Jugendlichen in den Unterricht mit einzubeziehen.3
Die folgende Arbeit konzentriert sich auf das Elementarisierungskonzept und soll in einer deduktiven Vorgehensweise erfolgen, indem in einem ersten Schritt zu- nächst der Begriff der Elementarisierung allgemein geklärt werden soll, um an- schließend eine didaktische Definition des Begriffs aufzustellen. Danach soll das religionsdidaktische Prinzip der Elementarisierung nach Friedrich Schweitzer und Karl Ernst Nipkow vorgestellt werden, wobei der Fokus sowohl auf die Intention und Genese, als auch auf die fünf Dimensionen des Modells gesetzt werden soll. Im weiteren Verlauf soll das erste der fünf Elemente, die sogenannten „elementa- ren Strukturen“ am Beispiel des Gleichnisses von den Arbeiten im Weinberg aus Mt 20, 1-16 veranschaulicht werden. In einem letzten Schritt sollen die gesam- melten Ergebnisse in einem abschließenden Fazit zusammengeführt und kritisch beleuchtet werden.
Was ist unter dem Begriff der Elementarisierung zu verstehen? Bei der Aufspal- tung des Begriffs ergibt sich zunächst das Wort „elementar“, was so viel bedeutet wie grundlegend oder wesentlich, oft wird es aber auch als Synonym für einfach oder vereinfacht verwendet. Jedoch ist es ein Missverständnis Elementarisierung daher schlicht als Simplifizierung zu bezeichnen,4 worauf allerdings noch im wei- teren Verlauf eingegangen werden soll. Elementarisierung meint vielmehr einen Prozess oder Vorgang, bei dem etwas Schwieriges, Komplexes oder Unverständ- liches in eine vereinfachte, verständliche Form gebracht wird.5
Die allgemeine Bedeutung des Begriffs der Elementarisierung ergibt jedoch noch keine Antwort auf die Frage im didaktischen Sinne. Elementarisierung kann in der allgemeinen Didaktik als eine didaktisch zu verantwortende Vereinfachung von (Unterrichts-)Inhalten im Sinne einer Konzentration auf das Wesentliche, also das Elementare angesehen werden, wodurch fundamentale Sachverhalte zugänglich werden.6 Da direkte Zugänge zum Fundamental-Allgemeinen nur selten möglich sind, ist eine didaktische Vermittlung notwendig, die durch die Elementarisierung als Unterrichtsvorbereitung ermöglicht werden soll.7
Darüber hinaus geht es bei der Elementarisierung nicht nur um die Reduktion der Unterrichtsinhalte und die damit verbundene Vermittlung durch die Unterrichtsvorbereitung. Seit der frühen Elementarisierungsdiskussion besteht daher bis heute das Missverständnis, es drehe sich allein um die Sache. Sachverhalte treffen immer auf Schülerinnen und Schüler8, für die etwas verständlich, überzeugend und einfach erscheinen soll.9 Daher ist unter Elementarisierung vielmehr eine Beziehung zwischen dem inhaltlichen oder dem Thema einerseits und den Kindern und Jugendlichen andererseits zu verstehen.10
Speziell für die Religionsdidaktik gewann der Gedanke weniger aufgrund der Komplexität des Wissens an Bedeutung, sondern viel mehr wegen des Bedeu- tungsverlustes des Christlichen.11 Zudem bestand in der religionspädagogischen Diskussion in den letzten dreißig Jahren lange Zeit das Missverständnis, Element- arisierung sei mit Elementartheologie gleichzusetzen. Gewiss besteht zwischen den beiden Begriffen ein Unterschied, denn „Elementartheologie“, - so Friedrich Schweitzer - „steht für die Konzentration auf das Wesentliche in der Theologie. Es geht um das Auswählen, Zusammenfassen und Vereinfachen theologischer Inhalte. Elementarisierung hingegen wird von vornherein als ein pädagogisches und religionspädagogisches Anliegen gefasst, das stärker von den Lernenden her denken will. Elementarisierung meint deshalb immer eine didaktische Relation, die von der Zweipoligkeit von Person und Sache ausgeht.“12
Der evangelische Theologe und Religionspädagoge Dietrich Zilleßen versteht Elementarisierung als eine „Lernentscheidung, dh. als einen Lernprozeß, in dem (die Lernenden) sich für die Perspektive entscheiden, die ihnen wesentlich ist, nämlich ihre existentiellen Fragen auf den Punkt bringt.“13 In diesem Sinne kann Elementarisierung wie bereits oben angesprochen als Verhältnis von Sache und
Person gedacht werden, allerdings wesentlich von der Person bestimmt wird und mit deren Identitätsstiftung und Persönlichkeitsbildung in Verbindung steht.14
Zusammenfassend lässt sich Elementarisierung als einen didaktischen Prozess beschreiben, bei dem in Form einer Vorbereitung und Gestaltung von (Religions-) Unterricht eine Reduktion der Komplexität stattfindet, um den Schülerinnen und Schülern fundamentale Sachverhalte in einer didaktischen Vermittlung zugänglich zu machen. Daher ist Elementarisierung als ein Verhältnis zwischen der Sache und der Person zu verstehen. Elementarisierung meint nicht, um nun das Missver- ständnis von vorhin anzusprechen, eine schlichte Vereinfachung, sondern ganz im Gegenteil die Beibehaltung des theologischen und wissenschaftlichen Niveaus. Trotz der Beibehaltung des Niveaus sollen die Sachverhalte den Lernenden in ei- ner verständlichen Form vermittelt werden.15
Nach dem Wandel zum erfahrungsorientierten Denken in der evangelischen Reli- gionspädagogik und zur Korrelationsdidaktik in der katholischen Religionspäda- gogik rückte vor allem der Prozess der Vermittlung zwischen den Inhalten und der lebensweltlich bedingten subjektiven Seite der Schülerinnen und Schüler in den Fokus.16 In diesem Zusammenhang erarbeitete Karl Ernst Nipkow 198217 das re- ligionspädagogische Modell der Elementarisierung, das zu Beginn vier Aspekte umfasste,18 im Nachhinein durch die Hinzufügung einer fünften Dimension von Friedrich Schweitzer ergänzt wurde.19 Die Aspekte sind für den Unterrichtsvor- gang und die daran beteiligten Kinder und Jugendliche vorgesehen und werden in
[...]
1 SCHWEITZER, FRIEDRICH, Elementarisierung - ein religionsdidaktischer Ansatz. Einführende Darstellung, in: SCHWEITZER, FRIEDRICH (Hg.), Elementarisierung im Religionsunterricht. Erfahrungen Perspektiven Beispiele, Neukirchen-Vluyn ²2007, 11.
2 OBST, GABRIELE, Kompetenzorientiertes Lehren und Lernen im Religionsunterricht. 2. durchges. Aufl., Göttingen 2009, 116.
3 Vgl. Ebd., 116f.
4 Vgl. BOSCHKI, REINHOLD, Einführung in die Religionspädagogik, Darmstadt 2008, 139.
5 Vgl. SCHWEITZER, ²2007, 9.
6 Vgl. LÄMMERMANN, GODWIN, Art. Elementarisierung, in: LexRP 1 (2001), 382.
7 Vgl. Ebd.
8 Vgl. SCHWEITZER, FRIEDRICH u.a., Religionsunterricht und Entwicklungspsychologie. Elementarisierung in der Praxis, Gütersloh 1995, 24f.
9 Vgl. Schweitzer, ²2007, 9f.
10 Vgl. Ebd.
11 Vgl. KUNSTMANN, JOACHIM, Religionspädagogik. Eine Einführung. 2. überarb. Aufl., Tübingen 2010, 175.
12 SCHLÜTER, RICHARD, Zur Elementarisierung theologischer Ausbildung und theologischer Persönlichkeitsbildung in neuen kirchlichen Verlautbarungen, in: RpB 47 (2001) 3.
13 Ebd.
14 Vgl. Ebd.
15 Vgl. BOSCHKI, 2008, 139.
16 Vgl. JOHANNSEN, FRIEDRICH, Art. Unterrichtsmodelle, in LexRp 2 (2001), 2159.
17 Vgl. GROß, ENGELBERT/ KÖNIG, KLAUS. (Hg.), Religionsdidaktik in Grundregeln. Leitfaden für den Religionsunterricht, Regensburg 1996, 72.
18 Vgl. BÄUMER, FRANZ-JOSEF, Religion zeigen. Elementarisierung als Planungsmodell und als didaktisches Prinzip des Religionsunterrichts, in: RpB 67 (2012) 5.
19 Vgl. KUNSTMANN, 2010, 175.