Der Strukturwandel im Einzelhandel stellt einen sich ständig weiterentwickelnden Prozess dar, der von verschieden Einflüssen geprägt wird. Auch heute sind die räumlichen Auswirkungen des bereits vollzogenen Strukturwandels noch sichtbar. Es erscheint daher wichtig die Einflussgrößen sowie deren bisherige Entwicklung näher zu beleuchten, um zu verstehen, wie es zum Strukturwandel und dem resultierenden Standortgefüge im Einzelhandel kommen konnte. Auf dieser Basis können zukünftige Einzelhandelsentwicklungen prognostiziert und räumliche Folgewirkungen besser gesteuert werden, sodass negative räumliche Strukturen weitestgehend verhindert werden können.
Die nähere Beschreibung der Einflussgrößen des Strukturwandels im Einzelhandel, wie auch deren Entwicklungen und räumlichen Auswirkungen, sind die Themen der vorliegenden Arbeit. Indessen ein besonderer Fokus auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Strukturbildnern des Einzelhandels gelegt wird.
Ich beziehe mich in meinen Ausführungen auf die Grundzüge des deutschen Strukturwandels im Einzelhandel in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, da dieser die vollständige Zerstörung der bis dato herrschenden Einzelhandelsstrukturen mit sich führte. Weiterhin behandeln die vorliegenden Ausarbeitungen, aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit, ausschließlich die Entwicklungen des stationären Einzelhandels.
Nach kurzer Einführung in das Thema, die sich aus Begriffserklärungen und -abgrenzungen zusammensetzt, wird zunächst der Zusammenhang der Strukturbildner des deutschen Einzelhandels erläutert, bevor anschließend näher auf die einzelnen Entwicklungen dieser Einflussgrößen eingegangen wird. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit den zusammengefassten räumlichen Auswirkungen des Strukturwandels, die am Beispiel der Entwicklungen und der resultierenden Einzelhandelslandschaften der neuen Bundesländer verdeutlicht werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Einzelhandel - Bedeutung, Einordnung und Abgrenzungen
3 Strukturbildner des Einzelhandels
3.1 Entwicklungen auf der Konsumentenebene
3.2 Entwicklungen auf der Betriebsebene
3.3 Einfluss der Raumplanung
4 Räumliche Auswirkungen des Strukturwandels im Einzelhandel (am Beispiel der Einzelhandelslandschaften in den neuen Bundesländern)
5 Fazit.13 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der Strukturwandel im Einzelhandel stellt einen sich ständig weiterentwickelnden Prozess dar, der von verschieden Einflüssen geprägt wird. Auch heute sind die räumlichen Auswirkungen des bereits vollzogenen Strukturwandels noch sichtbar. Es erscheint daher wichtig die Einfluss- größen sowie deren bisherige Entwicklung näher zu beleuchten, um zu verstehen, wie es zum Strukturwandel und dem resultierenden Standortgefüge im Einzelhandel kommen konnte. Auf dieser Basis können zukünftige Einzelhandelsentwicklungen prognostiziert und räumliche Fol- gewirkungen besser gesteuert werden, sodass negative räumliche Strukturen weitestgehend verhindert werden können.
Die nähere Beschreibung der Einflussgrößen des Strukturwandels im Einzelhandel, wie auch deren Entwicklungen und räumlichen Auswirkungen, sind die Themen der vorliegenden Arbeit. Indessen ein besonderer Fokus auf die wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Strukturbildnern des Einzelhandels gelegt wird.
Ich beziehe mich in meinen Ausführungen auf die Grundzüge des deutschen Strukturwandels im Einzelhandel in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, da dieser die vollständige Zerstörung der bis dato herrschenden Einzelhandelsstrukturen mit sich führte. Weiterhin behandeln die vorliegenden Ausarbeitungen, aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit, ausschließlich die Entwicklungen des stationären Einzelhandels.
Nach kurzer Einführung in das Thema, die sich aus Begriffserklärungen und -abgrenzungen zusammensetzt, wird zunächst der Zusammenhang der Strukturbildner des deutschen Einzel- handels erläutert, bevor anschließend näher auf die einzelnen Entwicklungen dieser Einfluss- größen eingegangen wird. Das letzte Kapitel beschäftigt sich mit den zusammengefassten räumlichen Auswirkungen des Strukturwandels, die am Beispiel der Entwicklungen und der re- sultierenden Einzelhandelslandschaften der neuen Bundesländer verdeutlicht werden.
2 Einzelhandel - Bedeutung, Einordnung und Abgrenzungen
Generell charakterisiert sich der Handel dadurch, dass Marktteilnehmer nicht selbst produzierte Waren von anderen Marktteilnehmern aufkaufen und an wieder andere Marktteilnehmer absetzen (Müller-Hagedorn 1998:15). Der Handel gliedert sich anhand seiner Stellung in der dargestellten Handlungskette in zwei verschiedene Betriebsformen.
Abbildung 1: Stellung des Handels als Mittler zwischen Produktion und Verkauf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Vorlesung Wirtschaftsgeographie der Dienstleistungen von Prof. Dr. C. Neiberger
Dabei handelt es sich nach Seyffert (1972:146) zum einen um Großhandelsbetriebe und zum anderen um Einzelhandelsbetriebe. Das Abgrenzungskriterium vom Einzelhandel zum Großhandel besteht darin, dass der Einzelhandel, wie in der obigen Abbildung 1 zu sehen ist, das vorletzte Glied der Handlungskette darstellt und somit seine Handelswaren ausschließlich an den Konsumenten absetzt, wobei dieser Absatz meist in kleinen Mengen, die dem privaten Konsumbedarf entsprechen, erfolgt (Barth 19963:47).
Die interne Struktur der Einzelhandelsunternehmen setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Es handelt sich um die Branche, mit dem entsprechenden Sortimentsangebot, aber auch um diverse Unternehmenskonzepte, unter denen der Einzelhändler für sein jeweiliges Unternehmen wählen kann (Heinritz/Popp 20112:1004). Diese Unternehmenskonzepte definie- ren Heinritz und Popp (20112:1004) als „Ergebnis strategischer Entscheidungen über ihre Hand- lungsform, das heißt über Art und Umfang des Leistungsprogramms, Form und Standort der Leistungserstellung, aber auch über ihre Kooperationsform und über ihre Organisationsform (Filialisierung) und können insgesamt als Betriebsform [bzw. Betriebstyp] typisiert werden.“.
Darüber hinaus gibt es drei Formen des Einzelhandels, die sich mittels der Art des Kundenkon- takts differenzieren, den Versandhandel (inklusive des E-Commerce), den stationären Handel (Ladengeschäfte) und den „ambulanten und halb stationären Handel“ (Müller-Hagedorn/Natter 20115:91).
Insgesamt kommt dem Einzelhandel in Deutschland, mit einem Anteil von ca. 10% am Bruttonationaleinkommen und 12% an allen Beschäftigten, eine hohe wirtschaftliche Bedeutung zu (Kulke 20102:217).
3 Strukturbildner des Einzelhandels in Deutschland
Die Märkte des Einzelhandels sind in Deutschland weitgehend gesättigt, trotzdem unterliegt die Einzelhandelsstruktur einem fortwährendem Wandel (Kulke 20102:217). Dieser Wandel basiert auf den Entwicklungen der Angebots- und Nachfrageseite des Einzelhandels, die sich gegen- seitig bedingen. Die Entwicklungen implizieren auch eine räumliche Komponente, da die Unter- nehmen, aufgrund des räumlich veränderten Nachfrageverhaltens, ihre Standorte anpassen und somit ihre Standortpräferenzen verändern (Kulke 1998:162). Durch die räumliche Kompo- nente des Strukturwandels kommt es in Deutschland, im Zuge der Einflussnahme auf die ver- fügbaren Einzelhandelsstandorte, auch zur Beteiligung der Raumplanung (Kulke 1998:162).
Abbildung 2: Akteure der Struktur und Dynamik des Einzelhandelsstandortsystems
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (Kulke 20102:218)
Wie aus der Abbildung 2 deutlich wird, ergeben sich der Strukturwandel des Einzelhandels und seine resultierenden Einzelhandelslandschaften aus einem komplexen Wirkungsgefüge zwi- schen Einzelhandelsbetrieben (Anbieter), Konsumenten (Nachfrager) und Planern bzw. Politi- kern.
3.1 Entwicklungen auf der Konsumentenebene
Die strukturellen Veränderungen des Einzelhandels werden grundlegend durch das Konsumverhalten bzw. durch die starken Verschiebungen innerhalb der Konsumausgaben der Endverbraucher geprägt (Täger 2006:100).
Generell vollzog sich in Deutschland, nach Ende des zweiten Weltkrieges, ein Wandel von einer Produktions- zu einer Konsumgesellschaft (Pütz/Schröder 20112:991), was in der Einkommens- steigerung, im Zuge des anhaltendem Wirtschaftswachstums zu dieser Zeit, begründet ist. Allerdings hat sich das Konsumentenverhalten seit dem ständig gewandelt. Diese Konsumän- derung ist an die Veränderung der Variablen Einkommen, Alter und Haushaltsstrukturen ge- koppelt, wobei der Variablen des Einkommens eine besonders hohe Bedeutung zukommt (Heinritz/Popp 20112:1004f.). Zum einen steigerte sie die Nachfrage generell, zum anderen bil- dete die positive Einkommensentwicklung die Grundlage für die steigende Motorisierung der Konsumenten, was wiederum mit höheren Transportmöglichkeiten einherging (Bahn 2006:61f.). Die räumlichen Effekte dieser gesteigerten räumlichen Flexibilität sind, dass die Konsumenten nicht mehr an Einkaufsstandorte, die fußläufig oder mit dem ÖPNV erreicht werden können, gebunden sind (Kulke 20102:224) und somit ihren Wirkungsbereich vergrößern. Weiterhin führen die Entwicklungen der bereits angesprochenen Variablen zur Herausbildung zweier Phänomene im Kundenverhalten, das Kopplungsverhalten und die Mehrfachorientierung (Heinritz/Popp 20112:1007). Es kommt zur Kopplung von Besorgungen, da die Konsumenten, in Folge des Einkommensanstieges, immer mehr Güter nachfragen, sich das Zeitbudget für die Besorgungen jedoch nicht geändert hat (Kulke 20102:224). Räumlich gesehen drückt sich die- ses Phänomen durch die Bevorzugung von Standortagglomerationen aus (Heinritz/Popp 20112:1007).
Das Phänomen der Mehrfachorientierung besagt, dass die Kunden für ihre Einkäufe kein festes Einzugsgebiet besitzen, sodass die Konsumenten Angebotsstandorte innerhalb, wie auch außerhalb von Stadtgebieten nutzen (Heinritz/Popp 20112:1007).
Neben den quantifizierbaren Variablen Einkommen, Motorisierung und Zeitbudget wirken auch veränderte individuelle Einstellungen der Konsumenten auf ihr jeweiliges Einkaufsverhalten (Heinritz 2007:702). Sie führen zur Ausbildung verschiedener Einkaufstypen. Im Fokus des Convenience-Käufers steht die Bequemlichkeit seiner Einkäufe, sodass er bevorzugt Einkaufs- stätten mit langen Ladenöffnungszeiten und einem aus Güter und Dienstleistungen kombinier- ten Angebot, wie z.B. Tankstellenshops, aufsucht (Heinritz/Popp 20112:1006). Der Einkaufstyp des Preiskäufers zeichnet sich durch das gezielte Aufsuchen besonders preisgünstiger Ange- botsstandorte aus (Kulke 20102:225). Aufgrund der zunehmenden Dienstleistungs- und Erleb- nisorientierung der heutigen Gesellschaft (Eggert 2006:34) nimmt die Bedeutung des Erlebnis- käufers zu. Dieser Einkaufstyp verbindet den Vorgang des Einkaufes mit seiner Freizeitgestal- tung (Kulke 1998:165). Die raumwirksamen Folgen dieser verschiedenen Einkaufstypen erge- ben sich aus ihrer Orientierung an unterschiedlichen Betriebstypen mit differenzierten Standortansprüchen, die im folgenden Kapitel näher erläutert werden.
3.2 Entwicklungen auf der Betriebsebene
Die Entwicklungen auf der Konsumentenebene führen, wie auch in Abbildung2 zu erkennen ist, zu Veränderungen auf der Betriebsebene, da die Einzelhandelsunternehmen, mittels eines in- ternen Strukturwandels, auf die veränderten Konsumgewohnheiten reagieren (Kulke 20102:219).
Die neu entwickelten Konsumgewohnheiten werden als handelsexogene Einflussgrößen betrachtet. Zusätzlich werden die Strukturentwicklungen der Einzelhandelsbetriebe durch handelsendogene Einflüsse hervorgerufen, wobei es sich um unternehmerische Innovationen, wie z.B. das Selbstbedienungsprinzip, handelt (Heinritz/Popp 20112:1008).
Besonders anschaulich drückt sich die interne Strukturveränderung der deutschen Einzelhan- delsbetriebe durch den Wandel der Betriebstypen aus (Heinritz et al. 2003:46f.). Obwohl in die- sem Zusammenhang im Großteil der Literatur vom Wandel der Betriebsformen gesprochen wird, werde ich mich in den folgenden Ausführungen an die bereits in Abschnitt 2 dargestellte Abgrenzung zwischen Betriebsform und Betriebstyp halten und vom Betriebstypenwandel sprechen. Die einzelnen Betriebstypen definieren sich durch verschiedene Leistungs- und Faktorkombinationen (Barth 1996:47). Genauer gesagt handelt es sich dabei hauptsächlich um Kombinationen der Betriebsmerkmale: Verkaufsflächengröße, Bedienungsform und Preisni- veau, was auch an Abbildung 3 ablesbar ist.
Abbildung 3: Merkmale und Entwicklungsphasen von Betriebsformen des Einzelhandels
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: (Kulke 2006:151) verändert
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