In dieser Hausarbeit wird ein Vergleich zwischen der Traditio Apostolica und den Mystagogischen Katechesen des Cyrill von Jerusalem hinsichtlich ihrer jeweiligen Darstellung der Taufliturgie unternommen. Dies geschieht unter Berücksichtigung der je unterschiedlichen Textgattung und der unterschiedlichen Abfassungszeiten und -orte beider antiker Texte. Untersucht wird die jeweilige Beschreibung der Taufliturgie, unterteilt in die Hauptkomplexe der Taufhandlungen und der Salbungen. In einem dritten Schritt wird die jeweilige theologische Deutung des Geschehens in den Blick genommen.
Die Traditio Apostolica wird durchgängig nach der Übersetzung von Wilhelm Geerlings aus Band 1 der Fontes Christiani und die Mystagogischen Katechesen wird nach der Übersetzung von Georg Röwekamp aus Band 7 der Fontes Christiani zitiert.
Was die Verfasserschaft beider Texte angeht, so wird Hippolyt von Rom als Verfasser der Traditio Apostolica und Cyrill von Jerusalem als Verfasser der Mystagogischen Katechesen vorausgesetzt, da auf die bestehende Forschungsdiskussion über die Verfasserschaft im Rahmen dieser Hausarbeit nicht eingegangen werden kann und muss.
Zum Schluss werden in einer Gegenüberstellung die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Darstellung und Interpretation der Taufliturgie in den beiden Dokumenten herausgestellt. Erkenntnisintention der gesamten Hausarbeit ist es somit, ein Vergleichspanorama zu zeichnen, an dem die Eigenheiten der Darstellungen beider antiker Quellentexte zur Taufliturgie sichtbar werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Die Taufliturgie nach der Traditio Apostolica
2.1.1 Einleitung
2.1.2 Die Taufhandlung
2.1.3 Die Salbungen
2.1.4 Die theologische Deutung
2.2 Die Taufliturgie in den Mystagogischen Katechesen
2.2.1 Einleitung
2.2.2 Die Taufhandlung
2.2.3 Die Salbungen
2.2.4 Die theologische Deutung
3 Zusammenschau
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In der vorliegenden Hausarbeit wird ein Vergleich zwischen der Traditio Apostolica und den Mystagogischen Katechesen des Cyrill von Jerusalem hinsichtlich ihrer jeweiligen Darstellung der Taufliturgie unternommen. Dies geschieht unter Berücksichtigung der je unterschiedlichen Textgattung und der unterschiedlichen Abfassungszeiten und -orte beider antiker Texte. Untersucht wird die jeweilige Beschreibung der Taufliturgie, unterteilt in die Hauptkomplexe der Taufhandlungen und der Salbungen. In einem dritten Schritt wird die jeweilige theologische Deutung des Geschehens in den Blick genommen.
Die Traditio Apostolica wird durchgängig nach der Übersetzung von Wilhelm Geerlings aus Band 1 der Fontes Christiani und die Mystagogischen Katechesen wird nach der Übersetzung von Georg Röwekamp aus Band 7 der Fontes Christiani zitiert.
Was die Verfasserschaft beider Texte angeht, so wird Hippolyt von Rom als Verfasser der Traditio Apostolica und Cyrill von Jerusalem als Verfasser der Mystagogischen Katechesen vorausgesetzt, da auf die bestehende Forschungsdiskussion über die Verfasserschaft im Rahmen dieser Hausarbeit nicht eingegangen werden kann und muss.
Zum Schluss werden in einer Gegenüberstellung die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Darstellung und Interpretation der Taufliturgie in den beiden Dokumenten herausgestellt. Erkenntnisintention der gesamten Hausarbeit ist es somit, ein Vergleichspanorama zu zeichnen, an dem die Eigenheiten der Darstellungen beider antiker Quellentexte zur Taufliturgie sichtbar werden.
2 Hauptteil
2.1 Die Taufliturgie nach der Traditio Apostolica
2.1.1 Einleitung
Die sogenannte Traditio Apostolica[1] (im Folgenden TA genannt) ist, sofern man Hippolyt von Rom als ihren Verfasser hypothetisch voraussetzt, um etwa 215 n. Chr. – wenn auch nicht alle ihrer Abschnitte – verfasst worden. Die TA gehört zur Gattung der als apostolisch titulierten Kirchenordnungen, welche nach gängiger Vorgehensweise in der antiken Kirche die faktisch praktizierte Liturgie als „Weisungen der Apostel zur Norm in einem bestimmten Gebiet“[2] erheben soll. Im Falle der TA wird die Apostolizität nach Stenzel in Gegnerschaft zum damaligen liturgischen „Neurerer“ Kallist behauptet worden sein.[3] Unabhängig davon ist die TA jedoch die älteste ausführliche Darstellung des kirchlichen Taufritus, während man im ersten und zweiten Jahrhundert „von ihrer Gestakt nur schattenhafte Umrisse“[4] erkennen kann.
Ihre Grobstruktur kann in drei Komplexe eingeteilt werden, wobei im Folgenden der Blick ausschließlich auf den ersten Komplex, der Feier im Baptisterium mit der Kernhandlung des Wasseritus und auf den zweiten Komplex mit der Kernhandlung der Salbung und Handauflegung des Bischofs[5], gerichtet wird. Beim dritten Komplex handelt es sich um die Eucharistiefeier, sodass diese liturgische Struktur die Grundlage für die spätere Entwicklung und Herausstellung dieser drei Handlungen zu den drei Sakramenten der christlichen Initiation darstellt. Die Eucharistiefeier im Anschluss an den Taufritus wird in den folgenden Untersuchungen jedoch ausgeklammert.
2.1.2 Die Taufhandlung
Die Traditio Apostolica bezeichnet die Initiationsliturgie insgesamt als Taufe, in welcher der Wasserritus einer der zentralen Handlungskomplexe ist.[6] Die Taufhandlung findet in der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag „Zur Zeit des Hahnenschreis“[7] im Baptisterium statt, in dem ausschließlich die Taufbewerber und die für die Tauf- und Salbungshandlungen zuständigen Amtsträger – Diakone, Presbyter und Bischof – anwesend sind. Dies lässt sich daraus schließen, dass erst nach der Taufhandlung gesagt wird, dass die Neophyten „in die Kirche hineingehen“[8] und die Gemeinde deshalb wahrscheinlich aus räumlichen sowie aus Schicklichkeitsgründen – die Taufbewerber sind während der Taufhandlung nackt – im Baptisterium nicht anwesend ist.[9]
Die Liturgie beginnt mit einer Ölweihe durch den Bischof, während die Taufbewerber das erste Mal bei der Erfragung der Teufelsabsage und des Glaubensbekenntnisses aktiv in die Liturgie eingebunden sind. Während die hierbei stattfindende Salbung im entsprechenden Kapitel näher behandelt wird, sei hier kurz die Absage- und Bekenntnisformel der TA in den Blick genommen. Die Dreigliedrigkeit der Absageformel[10] entspricht dabei der dreigliedrigen Tauffomel und dem dreigliedrigen Taufakt.[11] Ihre unterschiedliche sprachliche Gestalt ist allerdings ebenso deutlich[12].
Hierbei fällt auf, dass in der TA beim Taufakt keine trinitarische Taufformel, wie heute üblich, bezeugt wird, sondern, dass die Dreigliedrigkeit der Tauffragen den trinitarischen Bezug der Taufe hinreichend deutlich machen.[13]
An der Bekenntnisformel fällt auf, dass der „christologisch-soteriologische Artikel vergleichsweise reich entfaltet“[14] und die Formulierung im Singular gehalten ist, was ihren Verwendungszweck innerhalb der Taufliturgie deutlich macht.[15]
Der eigentliche Wasserritus wird in der TA nicht detailliert beschrieben, weshalb einige Fragen offen bleiben: Wer vollzieht die Taufe genau, ist es der Bischof, oder der Presbyter?[16] Und vor allem: Wie wird die Taufe vollzogen? Handelt es sich um eine Immersions- oder um eine Infusionstaufe? Eine Immersionstaufe kann wegen des archäologischen Befundes, nach dem die Taufbecken meistens so flach und eng waren, sodass „volles Untertauchen recht schwierig gewesen sein muss“[17], eher ausgeschlossen werden. Die TA sagt zum eigentlichen Taufakt allein dies: „Ein Diakon soll danach mit ihm hinabsteigen. Sobald der Täufling ins Wasser gestiegen ist, legt der Täufer ihm die Hand auf“[18]. Mehr lässt sich hierzu nicht herausfinden.[19] Die Hilfestellung des Diakons beim Einstieg in das Taufbecken wird notwendig gewesen sein, wenn gemäß archäologischem Befund „der Abstieg und Aufstieg bei oft hohen Stufen – unter Wasser – angesichts spärlicher Beleuchtung nicht selten schwierig“[20] war. Das bei der Taufe verwendete Wasser soll eines sein, das „aus einer Quelle fließt oder von oben herabfließt“[21]. Man kann daher annehmen, dass es kaltes Wasser war, wobei hingegen warmes Wasser den „Hinweis auf die Ausgießung des Hl. Geistes über das Wasser der Taufe“[22] ausdrücken kann.
Im Anschluss an den dreifachen Taufakt folgt die erste postbaptismale Salbung, weshalb im folgenden Kapitel die drei Salbungen der Taufliturgie der TA eigens untersucht werden sollen.
2.1.3 Die Salbungen
Die TA unterscheidet drei verschiedene Salbungen mit zwei verschiedenen Ölen. Die Öle werden zu Beginn der Liturgie vom Bischof durch Gebete geweiht: Zum festgesetzten Zeitpunkt der Taufe soll der Bischof das Danksagungsgebet über das Öl sprechen und es in ein Gefäß gießen.“[23]
Es wird ein Öl der Danksagung von einem Öl des Exorzismus unterschieden. In der Liturgie kommt allerdings zuerst das Öl des Exorzismus und zwar nachdem der jeweilige Taufbewerber die Absageformel gesprochen hat, zur Anwendung. Der Presbyter salbt daraufhin den Taufbewerber und spricht: „Jeder böse Geist weiche von dir.“[24] Während die Verwendung eines speziellen Öls für diese Salbung noch deren Bedeutung im Gesamtgeschehen unterstreichen mag, so kann sie analog zum Verhältnis der Teufelsabsage zum Glaubensbekenntnis und aufgrund ihrer rein presbyterialen Spendung gegenüber den postbaptismalen Salbungen als nachrangig angesehen werden.[25]
Das Öl der Danksagung kommt unmittelbar nach dem Taufakt das erste Mal zur Anwendung und wird ebenfalls von einem Presbyter verwendet: „Wenn er dann wieder heraufgestiegen ist, soll er vom Presbyter unter folgenden Worten mit dem Öl der Danksagung gesalbt werden. Ich salbe dich mit heiligem Öl im Namen Jesu Christi.“[26] Es kann vermutet werden, dass es sich hierbei um eine Ganzsalbung handelt. Die dritte Salbung, die vom Bischof vorgenommen wird, ist hingegen nur eine Hauptsalbung, allein schon deshalb, weil hier die Neophyten schon wieder vollständig bekleidet sind.[27]
Inwieweit die dritte, bischöfliche Salbung sich von den vorhergehenden presbyterialen absetzt, oder, ob eher eine enge Verbindung angenommen werden sollte, kann nicht eindeutig entschieden werden.[28] „Salbung, Signation, Handauflegung ist hier [jedenfalls, Amn. d. Verf.] die Reihenfolge der Gesten, die auf das Taufbad folgen und der Eucharistie voraufgehen.“[29]
Die Koppelung und Unterstreichung der jeweils vorangehenden Handlung durch die Salbung beschreibt Jilek folgendermaßen:
Sowohl unter formalem wie inhaltlichem Gesichtspunkt wird also deutlich, daß jede der drei Salbungen im Taufgottesdienst mit der jeweils vorangehenden Handlung in dieser Feier korrespondiert: die Salbung mit Öl des Exorzismus mit der Absage; die presbyteriale Ganzsalbung mit Öl der Eucharistie mit der Taufe; die Hauptsalbung durch den Bischof mit dessen Handausstreckung über den Neugetauften.[30]
[...]
[1] Zum Titel „Traditio Apostolica“ vgl. das einschlägige Kapitel von Christoph Markschies, in: Kinzig, Wolfram / Markschies, Christoph / Vinzent, Markus (Hrsg.), Tauffragen und Bekenntnis, 21ff.
[2] Messner, Reinhard, Einführung in die Liturgiewissenschaft, 36.
[3] „Der Anspruch: ‚da ist die Kirche der Apostel, wo die Liturgie in den beschriebenen Riten vollzogen wird‘, ist nämlich gegen seinen Gegner, den ,Neurerer‘ Kallist, gerichtet.“ Stenzel, Alois, Die Taufe, 55.
[4] Jungmann, Josef A., Liturgie der christlichen Frühzeit, 65.
[5] Vgl. Jilek, August, Die Taufe, in: Bieritz, Karl Heinrich / Schmidt-Lauber, Hans-Christoph, Handbuch der Liturgik, 297.
[6] Vgl. Jilek, Die Taufe, 297.
[7] TA 7 (FC 1, 257 Geerlings).
[8] Ebd., 265.
[9] Vgl. dazu Jilek, August, Initiationsfeier und Amt. e. Beitr. zur Struktur u. Theologie d. Ämter u.d. Taufgottesdienstes in d. frühen Kirche (Traditio Apostolica, Tertullian, Cyprian), 87f.
[10] „Ich widersage dir, Satan, all deinem Pomp und all deinen Werken.“ TA 7 (FC 1, 259 Geerlings). Zum Begriff „Pomp“ siehe auch Jungmann, Liturgie der christlichen Frühzeit, 85.
[11] Kretschmar, Georg, Die Geschichte des Taufgottesdienstes in der alten Kirche, 96-101.
[12] „Nur bedingt sind Taufbekenntnis und Taufabsage miteinander vergleichbar. […] Die sprachliche Gestalt des Glaubensbekenntnisses zur Taufe ist die dreimalige Frage und Antwort, während die Absage […] zunächst als Erklärung vollzogen wird […]. Historisch und theologisch hat das Taufbekenntnis den Vorrang vor der Taufabsage; allein das Bekenntnis des Glaubens ist mit dem Zeichen des Wassers verbunden.“ Kleinheyer, Sakramentliche Feiern I, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, in: Meyer, Hans Bernard u.a. (Hrsg.), Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft. Teil 7,1, 46.
[13] Vgl. Kinzig, Wolfram, in: Kinzig / Markschies / Vinzent, Tauffragen und Bekenntnis, 95.
[14] Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 47.
[15] Vgl. ebd.
[16] „Ob man sich die diesbezügliche Praxis möglicherweise so vorzustellen hat, daß […] der Bischof etwa nur die ersten drei, vier oder auch mehr Kandidaten selbst tauft und die weiteren dann ein Presbyter, dafür fehlen nähere Anhaltspunkte.“ Jilek, Initiationsfeier und Amt, 90.
[17] Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 50.
[18] TA 7 (FC 1, 261 Geerlings).
[19] Jilek legt in „Initiationsfeier und Amt“ seinen Rekonstruktionsversuch auf S. 91 dar: „Der Taufende legt dem Kandidaten die Hand auf das Haupt und stellt ihm die Glaubensfrage; auf dessen „Credo“ hin beugt er ihn einmal unter das Wasser […], und zwar unter den Wasserstrahl, den entweder der Taufende selbst oder der Diakon, der ja im Wasser seht, ausgießt.“
[20] Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 50.
[21] TA 7 (FC 1, 257 Geerlings).
[22] Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 49.
[23] TA 7 (FC 1, 259 Geerlings).
[24] Ebd.
[25] Vgl. Jilek, Die Taufe, 300.
[26] Ebd., 263.
[27] Vgl. ders., Initiationsfeier und Amt, 92. Die Ganzsalbung an den Frauen wurde hingegen aus Dezenzgründen von Diakonissen oder anderen Frauen vorgenommen. (Vgl. Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 51.)
[28] Je nach Perspektive gibt es für beide Interpretationen Argumente: Jilek sieht die Verwendung ein- und desselben Öls für die beiden postbaptismalen Salbungen, sowie die Bezeugung von nur insgesamt einer postbaptismalen Salbungen bei Tertullian und Cyprian als Argument für eine enge Verbindung, während der vorhergehende Einzug in die Kirche, das bischöfliche Gebet und dessen Handauflegung vor der letzten Salbung eher für eine Absetzung ebendieser gegenüber der ersten postbaptismalen Salbung sprechen könnte. (Vgl. Jilek, Die Taufe, 300f.)
[29] Vgl. Kleinheyer, Die Feiern der Eingliederung in die Kirche, 53.
[30] Jilek, Initiationsfeier und Amt, 116f.