Der Tageszeitung wird schon seit einigen Jahren ein schleichender Niedergang vorausgesagt. Die stetig abnehmenden Auflagen, der kleinen, wie auch der großen Zeitungen, sowie diverse Auflösungen, dokumentieren dies nachweislich.
Kein Wunder, denn in Zeiten von flächendeckendem Internetzugang, wo die Informationen im Web so zeitnah wie möglich präsentiert, und mithilfe von sozialen Netzwerken (beispielsweise Facebook) fast ebenso schnell über alle Grenzen hinaus verbreitet werden, ist die Abhängigkeit vom Druckwerk wohl mehr ein Hindernis, als wirklich eine Bereicherung. Die Webseiten der renommierten Zeitungsverlage (z. B. Frankfurter Allgemeine Zeitung) und deren Apps, steuern mit ihrem crossmedialen Ansatz ihr Übriges dazu bei, dass Untergangsprognose und Realität konvergieren. Dies kann desgleichen durchaus als ein stilles Zugeständnis für die technologische Aufbruchsstimmung des 21. Jahrhunderts, seitens der Verlage gesehen werden.
Aber selbst wenn jene Prognose zutreffen sollte, so wird dies per se in keiner Weise den Tod der Zeitung zufolge haben, denn ihre grundlegende Idee ist nicht unbedingt an ein bestimmtes Medium gebunden. Die Zeitung hat schon vor ihrer eigentlichen Geburt, bis heute immer wieder Entwicklungen durchgemacht, wobei sie in den unterschiedlichsten Formen in Erscheinung getreten ist; die Idee des massenmedialen Kommunikationsmittels hat jedes Mal überlebt.
Deswegen wäre eine vollständige Verdrängung der gedruckten Zeitung, durch eine rein online abrufbare Ausgabe, nur ein weiterer logischer Schritt von vielen. Dieser würde demnach schlicht und ergreifend dem heutigen Zeitgeist der Nachrichtenverbreitung entsprechen. Was sich nämlich nicht ändern wird, ist der Bedarf an seriösen Informationen in der Gesellschaft, seien sie in politischen, sportlichen oder anderen Themenbereichen angesiedelt. Diese Nachfrage ist ebenfalls die Ausgangslage zu Beginn der Frühen Neuzeit gewesen. Doch welche konkreten Faktoren waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts überhaupt für den Erfolg der gedruckten Zeitung in ‚Teutschland’ entscheidend, damit sie sich letztendlich etablieren konnte?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundlagen
2.1 Zeitungsperiodika
2.2 Geburt der gedruckten Zeitung
3 Merkmale und Limitationen des teutschen Zeitungswesens
3.1 Abgrenzungskriterien und typographische Standards
3.2 Standortabhängigkeit, Zensur und Privilegien
4 Erfolgsfaktoren des teutschen Zeitungswesens
4.1 Technische Faktoren
4.2 Politische Faktoren
4.3 Gesellschaftliche Faktoren
4.4 Wirtschaftliche Faktoren
5 Schluss
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der Tageszeitung wird schon seit einigen Jahren ein schleichender Niedergang vorausgesagt. Die stetig abnehmenden Auflagen, der kleinen, wie auch der großen Zeitungen, sowie diverse Auflösungen, dokumentieren dies nachweislich.1 Kein Wunder, denn in Zeiten von flächendeckendem Internetzugang, wo die Informa- tionen im Web so zeitnah wie möglich präsentiert, und mithilfe von sozialen Netz- werken (beispielsweise Facebook) fast ebenso schnell über alle Grenzen hinaus verbreitet werden, ist die Abhängigkeit vom Druckwerk wohl mehr ein Hindernis, als wirklich eine Bereicherung. Die Webseiten der renommierten Zeitungsverlage (z. B. Frankfurter Allgemeine Zeitung) und deren Apps, steuern mit ihrem cross- medialen Ansatz ihr Übriges dazu bei, dass Untergangsprognose und Realität kon- vergieren. Dies kann desgleichen durchaus als ein stilles Zugeständnis für die technologische Aufbruchsstimmung des 21. Jahrhunderts, seitens der Verlage ge- sehen werden.
Aber selbst wenn jene Prognose zutreffen sollte, so wird dies per se in keiner Weise den Tod der Zeitung zufolge haben, denn ihre grundlegende Idee ist nicht unbedingt an ein bestimmtes Medium gebunden. Die Zeitung hat schon vor ihrer eigentlichen Geburt, bis heute immer wieder Entwicklungen durchgemacht, wobei sie in den unterschiedlichsten Formen in Erscheinung getreten ist; die Idee des massenmedialen Kommunikationsmittels hat jedes Mal überlebt. Deswegen wäre eine vollständige Verdrängung der gedruckten Zeitung, durch eine rein online ab- rufbare Ausgabe, nur ein weiterer logischer Schritt von vielen. Dieser würde dem- nach schlicht und ergreifend dem heutigen Zeitgeist der Nachrichtenverbreitung entsprechen. Was sich nämlich nicht ändern wird, ist der Bedarf an seriösen Infor- mationen in der Gesellschaft, seien sie in politischen, sportlichen oder anderen Themenbereichen angesiedelt. Diese Nachfrage ist ebenfalls die Ausgangslage zu Beginn der Frühen Neuzeit gewesen. Doch welche konkreten Faktoren waren zu Beginn des 17. Jahrhunderts überhaupt für den Erfolg der gedruckten Zeitung in ‚Teutschland’ entscheidend, damit sie sich letztendlich etablieren konnte?
Der Beantwortung dieser Frage wird dadurch nachgegangen, indem wissen- schaftliche Literatur aus den Bereichen Kommunikations-, Medien- und insbeson- dere Buchwissenschaft herangezogen wurde - so z. B. Die Zeitung - Ein Nachruf (Fleischhacker 2014), 400 Jahre Zeitung - Die Entwicklung der Tagespresse im internationalen Kontext (Welke/Wilke 2008) oder Als die Post noch Zeitung machte - Eine Pressegeschichte (Beyrer/Dallmeier 1994). In der Forschung zum Nachrichtenwesen der Frühen Neuzeit, hat es mittlerweile erhebliche Fortschritte gegeben. Die Wissenschaftler (Weber, Welke, Behringer, Bauer u. a.) haben sich daran gemacht, fachliche Mängel zu beseitigen, mit Innovation zu glänzen, und etwaige Lücken zu schließen. Allerdings existieren trotz neuer Theorien und Ansätze, weiterhin Desiderate, welche erforscht werden müssen, weswegen dieses Forschungsfeld auch noch in Zukunft ergiebig bleibt.2
Da das Nachrichtenwesen ein großes Themengebiet darstellt, kann in dieser kurzen Abhandlung, mit den ersten Zeitungsperiodika, lediglich ein einzelner Aspekt, und bestimmter Zeitraum (ca. 1600 bis 1650) betrachtet werden. Den dar- aus entstandenen Ansatz, gilt es im Idealfall in vertiefender Art und Weise weiter zu verfolgen. Darum wird zunächst die Definition des Begriffs ‚Zeitungsperiodi- ka’ geklärt und die Geburt der gedruckten Zeitung erläutert. Danach werden die daraus folgenden Merkmale des ‚teutschen’ Zeitungswesens herausgestellt, sowie die damals vorherrschenden Limitationen näher betrachtet. Auf Grundlage dessen, wird sich der letzte Teil der Arbeit mit den damaligen Erfolgsfaktoren für die ge- druckte Zeitung im Alten Reich in verschiedener Hinsicht auseinandersetzen, wor- aufhin eine tabellarische Zusammenfassung der Ergebnisse folgt. Das Thema für diese Hausarbeit wurde aufgegriffen, weil es zum einen - wegen dem starken Be- zug zur Buch- und Medienwissenschaft - interdisziplinär ist, und zum anderen freilich weiterer Forschung bedarf.
2 Grundlagen
2.1 Zeitungsperiodika
Der Begriff der ‚Zeitungsperiodika’ ist bislang eher selten in Gebrauch, insofern ist es ganz natürlich, dass hier ein Mangel in Sachen Definition besteht. Im Zuge dessen gilt es zunächst selbst die genaue Bedeutung zu klären. Duden hält sich lei- der mit einer stichhaltigen Definition zurück, und beschreibt den Teilbegriff ‚Peri- odikum’ (sing. von ‚Periodika’) allein für sich gestellt so: „periodisch (a) erschei- nende [Zeit]schrift, [Fach]zeitung“3, jedoch geben die Synonyme - „Zeitschrift; Fachblatt, Jahresschrift, Monatsschrift, Publikationsmittel, Publikationsorgan, Vierteljahresschrift; (bildungssprachlich) Organ“4 - schon mehr Aufschluss über die eigentliche Bedeutung. Ergänzend dazu definiert Duden ‚periodisch’ als „1. in gleichen Abständen, regelmäßig [auftretend, wiederkehrend] [oder] 2. (seltener) von Zeit zu Zeit, phasenhaft [auftretend, wiederkehrend]“5. Im Zusammenhang dazu erschließt sich letztendlich auch die genannte Definition zu ‚Periodikum’ besser. Im buchwissenschaftlichen Sinne ist ‚Periodika’ lt. Mentzel-Reuters ein „Sammelbegriff für alle Arten von Publikationen, deren Umfang nicht von vorn- herein begrenzt ist; im strengeren Sinn regelmäßig erscheinende Zeitungen und Zeitschriften“6.
Was den Begriff ‚Zeitung’ an sich angeht, so hält Duden verschiedene Lösun- gen parat:
1. a. täglich bzw. regelmäßig in kurzen Zeitabständen erscheinende (nicht ge- bundene, meist nicht geheftete) Druckschrift mit Nachrichten, Berichten und vielfältigem anderem aktuellem Inhalt [oder] b. Redaktion bzw. Unterneh- mung, die eine Zeitung gestaltet, herstellt [oder] 2. (veraltet) Nachricht von einem Ereignis.7
Rautenberg beschreibt den Zeitungsbegriff in seinen Grundzügen als „periodische Publikation, die universell - d. h. nicht auf bestimmte Themengebiete einge- schränkt - und aktuell ist (i. Ggs. zur Zeitschrift)“8. Die Betrachtung der unter- schiedlichen Definitionen zu den beiden Begriffen ‚Zeitung’ und ‚-periodika’, haben ein klareres Bild von deren Bedeutung gezeichnet. Demnach wäre der Begriff zusammenfassend folgendermaßen zu definieren: Zeitungsperiodika sind in ihrer zeitnahen zyklischen Erscheinung, aktuelle gedruckte Publikationen, deren Umfang und Thema in keiner Weise begrenzt ist.
2.2 Geburt der gedruckten Zeitung
Bevor das erste echte Zeitungsperiodikum in den Druck gegangen ist, hat es noch einen wichtigen Vorläufer gegeben: die Messrelation (siehe Abbildung 1-1). Diese hat der österreichische Drucker Michael von Aitzing erstmalig zur Frankfurter Buchmesse 1583 veröffentlicht - 1605 hat das leipziger Pendant nachgezogen. Messrelationen sind im Buchhandel erhältlich, und somit für jedermann zugäng- lich gewesen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1-1: Fr ü hneuzeitliche Neuigkeitsmedien im Ü berblick (Hillg ä rtner 2013 , S. 28.)
Es gibt mehrere Unterschiede zwischen den beiden Medien, was die Messrelatio- nen allerdings maßgeblich von den frühen Zeitungsperiodika abhebt, ist die Ak- tualität. Denn erstere ist lediglich halbjährlich oder sogar jährlich erschienen, während bei letzterer mindestens ein wöchentlicher Rhythmus vorgeherrscht hat.9
Die Stra ß burger Relation und der Wolfenb ü tteler Aviso markieren schließlich die Geburt der gedruckten Wochenzeitung, wobei die ‚Relation’ nach dem neusten Stand der Forschung bereits 1605, also vier Jahre früher als der ‚Aviso’ erschienen ist. Hierfür zeigt sich der straßburgische Drucker Johannes Carolus verantwort- lich, der somit als erster überhaupt ein Zeitungsperiodikum publiziert hat.10 Leider macht es den Anschein, als sei die Ausgabe der ‚Relation’ von 1605 im Laufe der Geschichte verloren gegangen, so ist es nur möglich sich von der Ausgabe 1609 ein genaueres Bild zu machen.11 So verrät der Titel schon, worum es sich hier in- haltlich handeln wird, wenn von gedenkwürdigen Historien z. B. in Frankreich, Italien und England gesprochen wird (siehe Abbildung 1-2); nämlich nicht nur von nationalen bzw. regionalen, sondern desgleichen internationalen Nachrichten. Beim ‚Aviso’ sieht die Sache wiederum anders aus, denn glücklicherweise ist der Forschung die erste Ausgabe aus dem Jahr 1609 er- halten geblieben.12 Hier ist ebenso be- reits im Titel der Inhalt genau defi- niert, wo z. B. neben Spanien und Schweden, sogar Ereignisse aus West Indien Erwähnung finden sollen (siehe Abbildung 1-3)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1-2: Titelseite der ‚ Stra ß burger Relation ’ 1609 (P ü rer/Raabe 2007 , S. 46.).
[...]
1 Vgl. Kuckel, http://www.journalisten-bloggen.de/2014/03/04/michael-fleischhacker-nachruf-auf- die-gedruckte-zeitung/ [23.09.2015].
2 Vgl. Bellingradt 2014, S. 235-239.
3 Duden [a], http://www.duden.de/node/712403/revisions/1085088/view [24.09.2015].
4 Ebd.
5 Duden [b], http://www.duden.de/node/652481/revisions/1155427/view [24.09.2015] (Anmer- kung: eingefügtes Wort ‚oder’ zur besseren Unterscheidung kursiviert).
6 Mentzel-Reuters 2003, S. 398.
7 Duden [c], http://www.duden.de/node/678834/revisions/1380813/view [25.09.2015].
8 Rautenberg 2003, S. 547.
9 Vgl. Hillgärtner 2013, S. 21-23.
10 Vgl. Bellingradt 2015, S. 432-434 .
11 Universitätsbibliothek Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/relation1609 [26.09.2015].
12 Gloning / Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover / Seim, http://www.deutschestextar- chiv.de/book/show/anonym_aviso_1609 [26.09.2015].