Die Frage nach dem Entstehen der Welt und des Menschen und vor allem die Frage des „Warum?“ beschäftigen die Menschheit seit Jahrtausenden. Was war vor der Welt und was wird danach sein? Da die Menschen diese Dinge lange nicht wissenschaftlich aufarbeiten konnten, wurde die Entstehung der Welt schon immer durch religiöse und mythische Vorstellungen erklärt. Die meisten Kulturen und Religionen beriefen sich dabei auf eine erste Entstehungsursache, auf einen meist personifizierten Schöpfer.
Und da, wie es für ihn typisch ist, sich der Mensch in erster Linie Gedanken um sich selbst macht, beschäftigte ihn die Frage, was mit ihm nach dem Tod geschieht so sehr, dass er sein diesseitiges Leben nicht selten seinem jenseitigen Leben unterordnete. Vorstellungen von einem Gericht, von Lohn und Strafe bestimmten die Vorstellungen schon in der griechischen Mythologie. Dass der Mensch in seinem weltlichen Zustand unwissend ist und diese Welt nur ein blasses Abbild der eigentlichen Wirklichkeit ist, erkannte schon Platon.
Doch in den letzten 500 Jahren wurden diese alten Vorstellungen zum Teil radikal in Frage gestellt. Mit René Descartes und der von ihm eingeleiteten „Wende zum Subjekt“ rückte der Mensch wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Aufklärung mit ihrem Deismus stellt Gott weiter ins Abseits, indem sie die These eines Uhrmachergottes entwirft, der die Welt geschaffen hat und sich dann nicht weiter um sie kümmert. Auch Kant bewegt sich in dieser Linie. Er fordert sozusagen die Existenz Gottes um der Moral und der Unsterblichkeit des Menschen willen. Moralisch handeln bedeutet nämlich häufig, nicht zu seinem eigenen Vorteil zu handeln, ja sogar eigenen Nachteil in Kauf zu nehmen. Es bedarf also einer ausgleichenden Gerechtigkeit nach dem Tode, die das diesseitige rechte Tun belohnt. Spätere Denker wie Feuerbach und Marx konzentrieren sich noch radikaler auf den Menschen und bestreiten schließlich die Existenz Gottes und fordern einen Atheismus um des Menschen willen.
Aus diesem sich hier andeutendem Muster fällt Hegel jedoch komplett heraus. Er will nicht Gott leugnen, um dem Menschen mehr an Freiheit, Selbstbewusstsein, ja Bedeutung zukommen zu lassen. Er lässt sich als erster wieder darauf ein, die Welt und den Menschen einem Höheren völlig zu unterstellen, die Bedeutungslosigkeit des Diesseitigen zu proklamieren und so gesehen fällt Hegel völlig aus dem Geiste seiner Zeit.
Inhalt
1. Der absolute Geist als Mittelpunkt der Hegelschen Überlegungen
2. Die Ursprünge des Hegelschen Denkens bei Fichte
3. Hegels Prinzip der Dialektik
3.1. These – Antithese – Synthese
3.2. Die Geistdialektik
4. Die Form der Allgemeinheit
5. Die Entäußerungen des absoluten Geistes – Die Form der Vielheit
5.1. Entäußerung als Welt/Natur
5.2. Die Geistwerdung in der Welt
5.2.1. Die Frage nach der Freiheit
5.2.2. Die Menschwerdung Gottes im Christentum
5.2.2.1. Unveränderlichkeit Gottes vs. Gott im Prozess
5.2.2.2. Leidet Gott?
5.2.2.3. Jesus Christus, Gottes Sohn?
5.2.2.4. Hegel über Jesus von Nazareth
6. Der Rückgang – Die Versöhnung
6.1. Bewusstwerdung des Geistes durch Kunst, Religion und Philosophie
6.2. Exemplarische Darstellung der Bewusstwerdung durch die Religion Resümee zur Bedeutung des Individuums
Literaturverzeichnis
1. Der absolute Geist als Mittelpunkt der Hegelschen Überlegungen
Freundlos war der grosse Weltenmeister, Fühlte Mangel – darum schuf er Geister, Sel’ge Spiegel seiner Seligkeit! Fand das höchste Wesen schon kein gleiches, Aus dem Kelch des ganzen Seelenreiches Schäumt ihm- die Unendlichkeit.[1]
Die Frage nach dem Entstehen der Welt und des Menschen und vor allem die Frage des „Warum?“ beschäftigt die Menschheit seit Jahrtausenden. Was war vor der Welt und was wird danach sein? Da die Menschen diese Dinge lange nicht wissenschaftlich aufarbeiten konnten, wurde die Entstehung der Welt schon immer durch religiöse und mythische Vorstellungen erklärt. Die meisten Kulturen und Religionen beriefen sich dabei auf eine erste Entstehungsursache, auf einen meist personifizierten Schöpfer
Und da, wie es für ihn typisch ist, sich der Mensch in erster Linie Gedanken um sich selbst macht, beschäftigte ihn die Frage, was mit ihm nach dem Tod geschieht so sehr, dass er sein diesseitiges Leben nicht selten seinem jenseitigen Leben unterordnete. Vorstellungen von einem Gericht, von Lohn und Strafe bestimmten die Vorstellungen schon in der griechischen Mythologie. Dass der Mensch in seinem weltlichen Zustand unwissend ist und diese Welt nur ein blasses Abbild der eigentlichen Wirklichkeit ist, erkannte schon Platon. Doch in den letzten 500 Jahren wurden diese alten Vorstellungen zum Teil radikal in Frage gestellt. Mit René Descartes und der von ihm eingeleiteten „Wende zum Subjekt“ rückte der Mensch wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung. Die Aufklärung mit ihrem Deismus stellt Gott weiter ins Abseits, indem sie die These eines Uhrmachergottes entwirft, der die Welt geschaffen hat und sich dann nicht weiter um sie kümmert. Auch Kant bewegt sich in dieser Linie. Er fordert sozusagen die Existenz Gottes um der Moral und der Unsterblichkeit des Menschen willen. Moralisch handeln bedeutet nämlich häufig, nicht zu seinem eigenen Vorteil zu handeln, ja sogar eigenen Nachteil in Kauf zu nehmen. Es bedarf also einer ausgleichenden Gerechtigkeit nach dem Tode, die das diesseitige rechte Tun belohnt.
Spätere Denker wie Feuerbach und Marx konzentrieren sich noch radikaler auf den Menschen und bestreiten schließlich die Existenz Gottes und fordern einen Atheismus um des Menschen willen.
Aus diesem sich hier andeutendem Muster fällt Hegel jedoch komplett heraus. Er will nicht Gott leugnen, um dem Menschen mehr an Freiheit, Selbstbewusstsein, ja Bedeutung zukommen zu lassen. Er lässt sich als erster wieder darauf ein, die Welt und den Menschen einem Höheren völlig zu unterstellen, die Bedeutungslosigkeit des Diesseitigen zu proklamieren und so gesehen fällt Hegel völlig aus dem Geiste seiner Zeit.
2. Die Ursprünge des Hegelschen Denkens bei Fichte
Während Immanuel Kant sich noch auf das erkennende Subjekt konzentriert, welches die Wirklichkeit außerhalb seines Denkens überformt, geht Johann Gottlieb Fichte schon davon aus, dass außerhalb des ‚absoluten Ichs’ nichts existiert; die Welt wird von diesem ‚absoluten Ich’ hervorgebracht. Es existiert lediglich das Geistige, das Ideelle.[2] Hier wird der Grundgedanke des Idealismus zum ersten Mal formuliert.
Fichte geht davon aus, dass das ‚Ich’ das ‚Nicht-Ich’ setzt. Problematisch ist in dieser Denkstruktur, dass außerhalb des ‚Ichs’ nichts existiert; keine anderen Menschen, kein Gott![3] Somit „lebt [das ‚Ich’] in kältester Einsamkeit“[4]. Diese radikale Position wurde von Kant und Goethe kritisiert, ja zum Teil sogar ins Lächerliche gezogen. Wenn man davon ausgeht, dass das ‚Ich’ die anderen ‚Nicht-Ichs’ geschaffen hat, ist es sehr offensichtlich, dass das ‚Ich’ seine Kreaturen nicht im Griff hat, wie es Goethe andenkt.[5]
Kant gibt weiterhin zu denken, ob man, wenn man davon ausgeht, dass die gesamte Wirklichkeit nur Einbildung ist, nicht auch hinterfragen sollte, ob nicht auch das ‚Absolute Ich’ somit nur Einbildung sein könnte.[6]
Fichte erkennt die Angriffspunkte seiner Philosophie und sein Denken erfährt eine deutliche Wende. Nicht das menschliche Ich ist das ‚Absolute Ich’, es ist nur häufig versucht, sich dessen anzumaßen. Folglich setzt Fichte das ‚Absolute Ich’ mit Gott beziehungsweise mit dem ‚Absoluten’ gleich. Fichtes Gott ist aber nun nicht der Schöpfergott, wie wir Christen ihn kennen; Fichtes Gott schafft die Welt nicht, „er entäußert sich in dieser Welt und konkret in die Menschheit, die auf diese Weise nun ein Teil seiner selbst ist und in der er sich selber denkt“[7].
Mit diesem Wissen über die Entwicklung der Philosophie vor Hegel, kann man nun beginnen, sich mit Hegel selbst zu beschäftigen. Hierbei ist es nun von grundlegender Bedeutung, zuerst einmal die von Hegel geprägten Begriffe genauer zu erklären.
3. Hegels Prinzip der Dialektik
3.1. These – Antithese – Synthese
Hegel postuliert das Gesetz der Dialektik. Dieser Dreischritt von These – Antithese- Synthese bestimmt die gesamte Wirklichkeit[8]. Die Dialektik ist das „Grundgesetz des Lebens, aber auch der nicht lebenden Dinge und damit der Gesamtwelt […] und somit das Gesetz des Denkens und Erkennens“[9].
Vereinfacht dargestellt kann man sagen, dass die gesetzte These durch die Negation dieser zur Antithese wird, weiterhin entsteht im nächsten Schritt durch die Negation der Antithese die Synthese, welche sich auf einer höheren und vollkommeneren Ebene befindet, als die ursprüngliche These. Um diesen Dreierschritt anschaulicher zu machen soll im Folgenden knapp auf das häufig verwendete Beispiel der Liebe eingegangen werden.
Als These setzt sich der Liebende selbst und stellt die Ausgangsposition dar.[10]
Im zweiten Schritt „vergisst sich [der Liebende] selber geradezu“[11] in seiner Liebe zum anderen. Er negiert […] sich bzw. seine […] ursprüngliche Setzung und ‚entfremdet’ sich im anderen Menschen.“[12] Hier sind wir also bei der Antithese angelangt.
Doch nun folgt der alles entscheidende dritte Schritt: Der Liebende „findet sich selber im anderen Menschen wieder, [er] wird […] sich seiner […] selbst bewusst, auf einer anderen höheren Stufe.“[13] Durch die Negation der Antithese ist somit die Synthese entstanden. In diesem Zusammenhang verwendet Hegel auch das Wort „aufheben“: In der These setzt sich das ‚Ich’ selbst. In der Antithese negiert sich das ‚Ich’ selbst, es hebt sich selbst auf, „im Sinne von […] ‚destruere’“[14]. Durch die Synthese wird das ‚Ich’ sich auf einer höheren Ebene selbst bewusst, es hebt sich also hinauf, im Sinne von ‚elevare’[15]. Durch diesen Prozess wird „die mit der Antithese versöhnte These in einer umfassenden These“[16] aufgehoben, im Sinne von ‚conservare’[17].
3.2. Die Geistdialektik
Da, wie schon erwähnt, die gesamte Wirklichkeit vom Gesetz der Dialektik bestimmt ist, gilt dies auch für Gott, bzw. für den ‚Absoluten Geist’, wie ihn Hegel nennt.
Hegel kann den Begriff des absoluten Geistes auf den Gott mit Entschiedenheit erst anwenden, nachdem er sich entschlossen hat, den Gott einzig noch auszulegen von dem Gottmenschen her, mit dessen Menschlichkeit das Moment gegeben ist, das jener Begriff anfänglich weithin auch mittraf.[18]
Ursprünglich ist der absolute Geist „in seinem ewigen Wesen bei sich selbst, außerhalb von Welt und Zeit.“[19] Er ist die „ewige, einfache Idee“[20]. Die „absolute Idee ist kein abstrakter Allgemeinbegriff, unter den alles zu subsumieren ist. [Diese Idee ist vielmehr ‚freier subjektiver Begriff’[21] ], der Persönlichkeit hat.“[22] Sie ist „als vollendetes Kommunikationsgeschehen gedacht.“[23]
Dieser absolute Geist, wie Hegel ihn denkt, ist anders als der Gott des Christentums nicht unveränderlich. Er hat eine Geschichte[24], er durchlebt, wie die ganze Wirklichkeit, die Phasen der Dialektik. Dieser absolute Geist Hegels ist ein unvollkommener. Er muss sich selbst erst bewusst werden und, um dies zu erreichen, entäußert er sich als Welt beziehungsweise als Natur. An dieser Stelle muss ganz deutlich der Unterschied zur christlichen Vorstellung hervorgehoben werden. Denn während der Gott des Christentums die Welt erschafft und sich dann als Jesus Christus in diese inkarniert[25], entäußert sich der Gott Hegels „ als Welt“[26], als das, was „das Andere seiner selbst ist“[27], also die völlige Negation seines ursprünglichen Wesens. Dabei zerbricht der ‚Absolute Geist’ in zwei Teile.[28] Auf die Entäußerung als Welt folgt nun eine zweite Entäußerung: Die „Geistwerdung in der Welt“[29]. Das heißt, der absolute Geist „hat sich als Geist des Menschen (und konkret des Philosophen) entäußert.“[30]
Schließlich folgt nun der dritte, noch fehlende Schritt: Indem Gott, als Geist des Menschen, den anderen Teil seiner selbst, die Natur betrachtet, gelangt er langsam zu einem vertieften Bewusstsein seiner selbst. Im Hegelschen Denken nämlich ist die gesamte Wirklichkeit Geist und rein materielle Dinge gibt es nicht.[31] Indem also der „Geist des Menschen [oder] besser: [der] Geist der Menschen in der Menschheitsgeschichte“[32] den absoluten Geist erkennt, erkennt sich dieser selbst.
Wenn dieser Prozess der Bewusstwerdung abgeschlossen ist, vollzieht sich die Synthese. Die Selbstspaltung des absoluten Geistes wird wieder aufgehoben. Die Welt und die Menschen sind also nur Mittel zum Zweck. Nachdem der absolute Geist sich selbst bewusst geworden ist, braucht er die Welt nicht mehr und es gibt am Ende wieder nur ihn allein.
Soweit scheint alles logisch zu sein, jedoch kommen, je tiefer man in die Thematik einsteigt, immer mehr Fragen zum Vorschein: Wenn sich Gott zuerst als Natur und dann als Menschheit entäußert, wie erklärt sich dann die Evolution? Hegels Schriften scheinen sich an einem gravierenden Punkt zu widersprechen: Entäußert sich Gott nun als Menschheit allgemein oder als die großen Philosophen und die bedeutenden Gestalten der Weltgeschichte oder entäußert sich Gott als Jesus Christus. Wie ist es um die Freiheit des Menschen in diesem determiniert erscheinenden System bestellt? Wie ist unsere Individualität zu denken – ist diese in Hegels Weltsicht nur Täuschung und wie sind in diesem System zwischenmenschliche Beziehungen einzuordnen?
Dies und noch vieles mehr sind Fragen, welche man dem dialektischen System, bzw. Hegel stellen muss. In der folgenden Arbeit soll versucht werden, zumindest einige dieser Fragen zu klären. Der weitere Aufbau der Arbeit soll sich an der Geschichte des absoluten Geistes und seinen einzelnen Stationen orientieren, dabei soll dem Thema gemäß der Schwerpunkt auf die Menschwerdung gerichtet werden und selbstverständlich in Folge dessen auch darauf, wie letztendlich die Bewusstwerdung des absoluten Geistes vor sich geht.
4. Die Form der Allgemeinheit
Der absolute Geist existiert seit Ewigkeit an außerhalb der Zeit und ist somit an sich ohne Anfang und ohne Ende. Ursprünglich war er nur für sich, die ewige Idee, die Form der Allgemeinheit. So wie er war, war er jedoch mangelhaft. „Sein Mangel bestand darin, daß er, solange er nur er selbst ist, gerade noch nicht er selbst ist.“[33] Er kann diesen Mangel somit nur dadurch aufheben, dass er „sich selbst in seiner abstrakten Unmittelbarkeit aufhebt, [sich selbst negiert,] daß er sich realisiert, indem er die Bewegung anfängt.“[34] Er musste sich in Beziehung setzen, um das Denken, das in seinem ursprünglichen Zustand, da es kein Objekt hatte, abstrakt und leer war, weiterentwickeln zu können, damit es fähig wurde zu erkennen. In seiner ursprünglichen Natur muss also schon dieser Übergang angelegt gewesen sein, ihr liegt schon die Notwendigkeit des Fortgangs zu Grunde.[35] Um das zu werden, wozu er „bestimmt“ ist, muss er zuerst das andere seiner selbst werden, um sich dadurch selbst neu wieder entdecken zu können.
5. Die Entäußerungen des absoluten Geistes – Die Form der Vielheit
5.1. Entäußerung als Welt/Natur
Mit seinem ursprünglichen unvollkommenen Zustand unzufrieden beschließt der absolute Geist, sich als Welt zu entäußern und dadurch die Erfahrungen zu machen, derer es bedarf, um wirklich er selbst zu werden.
Er entäußert sich und teilt sich somit selbst in zwei Teile. Durch diesen Prozess entsteht der Weltgeist. Dieser ‚zeigt’ sich zum ersten Mal in der so genannten Ursuppe. Er strebt aber immer höhere Formen der Existenz an und somit entwickelt sich durch ihn die gesamte Welt. Zuerst entstanden die leblosen Dinge, dann die ersten Organismen bis hin zu den Pflanzen. Auch die Entwicklung der Tiere zählt noch zu diesem Stadium.
5.2. Die Geistwerdung in der Welt
Da die Geistwerdung aber das eigentliche Ziel seiner Entäußerung ist, geht aus dem Weltgeist die geistbegabte Menschheit, als höchste seiner Formen hervor. „Während [die Vernunft bzw. der Weltgeist] in den Dingen nur ist und wirkt, kommt sie im Menschen zum Selbstbewußtsein.“[36]
Die Entäußerung als Natur ist folglich eine passive Entäußerung, denn das, was dabei entsteht, die Welt beziehungsweise die Natur, wird selbst Objekt der Reflexion und kann so angeschaut werden.[37]
Jedoch muss die Menschheit und die mit ihr einhergehende Weltgeschichte wieder mit Bedacht auf die verschiedenen Stufen oder auch Entwicklungsstufen des Weltgeistes gesehen werden. Das Prinzip, das hinter der gesamten Weltgeschichte steht, ist, wie bereits erwähnt, dieser über alle Wirklichkeit waltende Weltgeist. Er bringt eine Reihe „konkrete[r] Volksgeister [hervor,] die sich zu einer von der Idee durchwalteten Einheit zusammenschließen. Jeder dieser Volksgeister bezeichnet eine bestimmte Stufe des freien Selbstbewusstseins.“[38] Somit hat der unendliche Geist sich als diese endlichen Geister entäußert, was so gesehen wieder eine Negation zu seinem eigenen Selbst darstellt. Diese endlichen Volksgeister können dann in Beziehung zueinander treten, wodurch dann das Allgemeine zur Vielheit, zum Partikulären geworden ist. Der Weltgeist bringt also durch immer neues Selbstproduzieren die Vielheit der Volksgeister hervor. Die Volksgeister sind die verschiedensten Versuche des Weltgeistes, sich selbst auszudrücken.[39] Sie unterliegen als endliche Geister der Zeit und sind somit vergänglich. Durch Entstehen und Vergehen lösen sie einander ab.
Innerhalb dieser Kulturformen aber bilden sich die mannigfaltigsten Gestalten des geistigen Lebens, und diese sind für sich nicht in der Zeit. Es besteht keine zeitliche Aufeinanderfolge der Entwickelung [!] des Bewußtseins vom sinnlichen Bewußtsein bis zum spekulativen Denken; sondern alle Formen dieser Entwicklung bestehen nebeneinander. Ebenso ist es mit Familie, Staat, Gesellschaft, mit Kunst, Religion, Wissenschaft. Solche Gestalten sind gegen den Zeitunterschied gleichgültig, sie erhalten sich mit- und ineinander durch allen Wechsel der Volksgeister hindurch.[40]
In diesen Formen offenbart sich somit nicht der an die Zeit gebundene Weltgeist, sondern der über alle Zeit erhabene absolute Geist.[41]
Was ist aber nun mit dem Individuum? Welche Rolle spielt der einzelne Mensch in diesem System? Diesbezüglich sind völlig widersprüchliche Aussagen in der Hegelliteratur zu finden. Manche gehen davon aus, dass das Individuum in Hegels Philosophie nicht genügend gewürdigt wird, ja sogar verloren geht, andere wiederum erklären, dass „Hegels ganzer Denkstil […] nur auf die rationale Erfassung des Individuellen ausgerichtet“[42] sei. So kritisieren die Linkshegelianer, wie beispielsweise
[...]
[1] Friedrich Schiller: Die Freundschaft, zitiert nach: http://www.lyrikwelt.de/gedichte/schillerg4.htm [letzter Zugriff am 23.03.2009]
[2] Vgl. Klausnitzer, Wolfgang. Gott und Wirklichkeit. Lehrbuch der Fundamentaltheologie für Studierende und Religionslehrer. Regensburg: Friedrich Pustet 2000. S. 166.
[3] Vgl. Ebd. S. 166.
[4] Ebd. S. 166.
[5] Vgl. Ebd. S. 167.
[6] Vgl. Ebd. S. 167.
[7] Ebd. S. 167
[8] Vgl. ebd. S. 172.
[9] Ebd. S. 172.
[10] Vgl. ebd. S. 170.
[11] Ebd. S. 170.
[12] Ebd. S. 170.
[13] Ebd. S. 170 f.
[14] Ebd. S. 171.
[15] Vgl. ebd. S. 171.
[16] Ebd. S. 171.
[17] Vgl. ebd. S. 171.
[18] Zitat von Theunissen in: Hünermann, Peter. Jesus Christus. Gottes Wort in der Zeit. Eine systematische Christologie. Münster: Aschendorff Verlag 1997. S. 314.
[19] Klausnitzer, Wolfgang. Gott und Wirklichkeit. S. 173.
[20] Ebd. S. 173.
[21] Vgl. Hünermann, Peter. Jesus Christus. Gottes Wort in der Zeit. S. 322.
[22] Ebd. S. 322.
[23] Vgl. ebd. S. 322.
[24] Vgl. Klausnitzer, Wolfgang. Gott und Wirklichkeit. S. 173.
[25] Vgl. ebd. S. 174.
[26] Ebd. S. 174.
[27] Ebd. S. 174.
[28] Vgl. ebd. S. 174.
[29] Ebd. S. 174.
[30] Ebd. S. 174 f.
[31] Vgl. ebd. S. 175.
[32] Ebd. S. 175.
[33] Guzzoni, Ute. Werden zu sich. Eine Untersuchung zu Hegels „Wissenschaft der Logik“. Freiburg/München: Verlag Karl Alber 1963. (= Symposion 14). S. 37.
[34] Ebd. S. 37.
[35] Vgl. ebd. S. 38 ff.
[36] Michelet, Dr. C. L. und Haring, Dr. G. H. Historisch-kritische Darstellung der dialektischen Methode Hegels. Nebst dem gutachtlichen Berichte über die der Philosophischen Gesellschaft zu Berlin eingereichten Bewerbungsschriften und einer Geschichte dieser Preisbewerbung. Leipzig: Duncker und Humblot 1888.S. 101.
[37] Vgl. Klausnitzer, Wolfgang. Gott und Wirklichkeit S. 174.
[38] Lasson, Georg. Hegel als Geschichtsphilosoph. Leipzig: Verlag von Felix Meiner 1920. (=In Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte 5). S. 83.
[39] Vgl. ebd. S. 84.
[40] Ebd. S. 87.
[41] Vgl. ebd. S. 88.
[42] Ottmann, Henning. Individuum und Gemeinschaft bei Hegel. Band 1. Hegel im Spielgel der Interpretationen. Hrsg. von Günther Patzig, Erhard Scheibe, Wolfgang Wieland. Berlin: Walter de Gruyter 1977. (=Quellen und Studien zur Philosophie 11). S. 3.