Nicht nur PISA, sondern auch andere vergleichbare Untersuchungen „zeigen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler zu wenige Kompetenzen haben, sich eigenständig Wissen anzueignen und dieses auf andere Bereiche zu übertragen.“ Es mangelt ihnen somit vor allem an Fähigkeiten und Fertigkeiten, das gelernte Wissen in spezifischen Kontexten situationsgerecht und angemessen anzuwenden.
Jedoch stellt gerade der Erzieherberuf ein sehr praxisorientierter Bereich dar, in dem unmittelbar und pädagogisch professionell interagiert werden muss und somit schnelle und spontane Transferleistungen vom erworbenen Wissen auf die praktische Anwendung erforderlich sind. Eine Erzieherin muss beispielsweise nicht nur sofort eingreifen, wenn sich zwei Kinder streiten oder ein Kind weint, sondern sie ist auch täglich mit Tür-und-Angel-Gesprächen oder Entwicklungsgesprächen mit Eltern konfrontiert, in denen sie direkt, situationsangemessen und professionell handeln können muss. Oft sind solche Situationen bzw. deren Lösung nicht antizipierbar, z.B. wenn ein Kind weint, kann man zuvor nicht zu 100% wissen, wie „hier im Einzelfall vorzugehen ist, wie viel Zeit nötig ist, welche Faktoren mitberücksichtigt werden müssen“. Um einerseits die erforderlichen Kompetenzen für den Erzieherberuf zu schulen und andererseits zu lehren bzw. lernen, möglichst professionell und authentisch auf verschiedene Situationen reagieren zu können, ist das Besprechen und Einüben solcher Situationen im Unterricht unbedingt notwendig.
Hier stellt sich nun die Frage, mit welchen didaktischen Methoden diese Zielsetzung erreicht werden kann. Im Folgenden wird nun zunächst auf den Begriff der allgemeinen Didaktik und die Besonderheit der Fachdidaktik Sozialpädagogik eingegangen. Daraufhin wird der Begriff der Methodik eingeführt und die Unterrichtsarrangements Fallstudie und Rollenspiel im sozialpädagogischen Unterricht (in der Erzieherausbildung) vorgestellt und in einem abschließenden Fazit bewertet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Allgemeine Didaktik
3. Fachdidaktik Sozialpädagogik
4. Methodik, Methoden und Unterrichtsarrangements
4.1 Fallstudien
4.1.1 Fallstudien im (sozialpädagogischen) Unterricht
4.1.2 Stärken der Fallstudie
4.1.3 Schwächen und Grenzen der Fallstudie
4.2 Rollenspiele
4.2.1 Rollenspiele im (sozialpädagogischen) Unterricht
4.2.2 Stärken des Rollenspiels
4.2.3 Schwächen und Grenzen des Rollenspiels
5. Fazit
6. Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Einführung
Nicht nur PISA, sondern auch andere vergleichbare Untersuchungen „zeigen, dass deutsche Schülerinnen und Schüler zu wenige Kompetenzen haben, sich eigenständig Wissen anzueignen und dieses auf andere Bereiche zu übertragen.“[1] Es mangelt ihnen somit vor allem an Fähigkeiten und Fertigkeiten, das gelernte Wissen in spezifischen Kontexten situationsgerecht und angemessen anzuwenden.
Jedoch stellt gerade der Erzieherberuf ein sehr praxisorientierter Bereich dar, in dem unmittelbar und pädagogisch professionell interagiert werden muss und somit schnelle und spontane Transferleistungen vom erworbenen Wissen auf die praktische Anwendung erforderlich sind. Eine Erzieherin[2] muss beispielsweise nicht nur sofort eingreifen, wenn sich zwei Kinder streiten oder ein Kind weint, sondern sie ist auch täglich mit Tür-und-Angel-Gesprächen oder Entwicklungsgesprächen mit Eltern konfrontiert, in denen sie direkt, situationsangemessen und professionell handeln können muss. Oft sind solche Situationen bzw. deren Lösung nicht antizipierbar, z.B. wenn ein Kind weint, kann man zuvor nicht zu 100% wissen, wie „hier im Einzelfall vorzugehen ist, wie viel Zeit nötig ist, welche Faktoren mitberücksichtigt werden müssen“[3]. Um einerseits die erforderlichen Kompetenzen für den Erzieherberuf zu schulen und andererseits zu lehren bzw. lernen, möglichst professionell und authentisch auf verschiedene Situationen reagieren zu können, ist das Besprechen und Einüben solcher Situationen im Unterricht unbedingt notwendig.
Hier stellt sich nun die Frage, mit welchen didaktischen Methoden diese Zielsetzung erreicht werden kann. Im Folgenden wird nun zunächst auf den Begriff der allgemeinen Didaktik und die Besonderheit der Fachdidaktik Sozialpädagogik eingegangen. Daraufhin wird der Begriff der Methodik eingeführt und die Unterrichtsarrangements Fallstudie und Rollenspiel im sozialpädagogischen Unterricht (in der Erzieherausbildung) vorgestellt und in einem abschließenden Fazit bewertet.
2. Allgemeine Didaktik
Der Begriff Didaktik geht ursprünglich auf verschiedene griechische Wörtern zurück, darunter „didáskein“ (unterrichten, lehren), „didáskalos“ (Lehrer), „didaskaleíon“ (Raum zum Lernen) oder „didaktiké téchne“ (Lehrtechnik).[4] In der heutigen Zeit versteht man die allgemeine Didaktik meist als „die Theorie und Praxis des Lernens und Lehrens.“[5] Diese Definition beschreibt Didaktik somit als eine wissenschaftliche Beschäftigung mit didaktischen Problemstellungen, die aber zugleich Praxisrelevanz zeigt und einen Entwurf für guten Unterricht darstellt, indem sie „Anregungen, Hilfestellungen und Beurteilungskriterien für die konkrete Planung und Durchführung von Unterricht“[6] gibt. Insbesondere das WAS, das WIE und das WOZU, d.h. die Inhalte, Methoden und Ziele des Unterrichts, sind dabei von großer Bedeutung. Abzugrenzen von der allgemeinen Didaktik ist die Fachdidaktik, welche sich auf die Besonderheiten bezüglich Planung, Durchführung und Analyse von Unterricht in einem bestimmten Fach konzentriert.
3. Fachdidaktik Sozialpädagogik
Für die sozialpädagogischen Fächer in der Erzieherausbildung liegt bisher keine umfassende, eigenständige Didaktik vor. Eine Orientierung an didaktischen Modellen der Schulpädagogik oder der beruflichen Bildung (z.B. kaufmännische oder gewerblich-technische Ausbildungsgänge) ist zwar sinnvoll, dennoch fehlt eine wissenschaftlich abgesicherte Basis für die sozialpädagogische Unterrichtspraxis. Dies stellt aber ein Problem dar, denn gerade im sozialpädagogischen Bereich „gibt es spezifische Anforderungen und Aufgaben, bei denen der Rückgriff allein auf didaktische Konzepte der Schulpädagogik bzw. anderer beruflicher Fachrichtungen […] nicht ausreicht.“[7]
In der Sozialpädagogik hat nämlich der Unterricht bzw. die Didaktik eine Art Doppelfunktion: Zum einen soll der Lehrer seinen Bildungs- und Erziehungsauftrag verwirklichen, d.h. er muss seinen Schüler die schulischen Inhalte vermitteln und sie zugleich erziehen. Zum anderen zielt der inhaltliche Fokus der Sozialpädagogik darauf ab, dass die Schüler später einmal selbst professionell erziehen werden. Lehrer der Ausbildungsstätten für Sozialpädagogik müssen somit zusätzlich „angehenden sozialpädagogischen Kräften helfen, erzieherische Handlungskompetenzen zu erwerben“[8] und sie auf die pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vorbereiten. Um dies zu erreichen, sind daher Lehr-Lern-Arrangements erforderlich, welche den hohen Anforderungen in der sozialpädagogischen Ausbildung gerecht werden.
4. Methodik, Methoden und Unterrichtsarrangements
Unter dem Begriff Methodik versteht man die Theorie der (Unterrichts-) Methoden. Sie stellt „eine Teildisziplin der Didaktik [dar], die die Fragestellungen, Forschungen und Reflexionen über die einzelnen Methoden zum Gegenstand hat.“[9] Die Methodik kümmert sich also um das WIE der Lehr-Lernprozesse und hat zum Ziel, den Schülern optimales und effektives Lernen zu ermöglichen. „Dabei soll der Lernende das ihm unter methodischer Vermittlung dargebotene nicht nur einfach übernehmen, sondern lernen, selbständig Erkenntnisse zu machen und sich Wissen und Fertigkeiten anzueignen.“[10] Es gibt jedoch keine Methode, die als Universalmethode eingesetzt werden könnte; vielmehr sollte ein Lehrer ein vielfältiges Repertoire an Methoden besitzen und beherrschen, „um Schülern das Lernen zu erleichtern und zusätzlich ihre Lernbereitschaft zu fördern.“[11] Verschiedene Unterrichtsmethoden sind beispielsweise Lernhilfen durch den Lehrer, Sozial- und Gesprächsformen, Aktionsformen, Medien oder Unterrichtsarrangements.
Doch welche Methoden zielen einerseits auf die erforderlichen Kompetenzen einer zukünftigen Erzieherin ab und sind gleichzeitig so gestaltet, dass die Schüler später ihre theoretischen Kenntnisse in spezifischen praktischen Situationen angemessen anwenden können? Ein kontinuierlicher Frontalunterricht wäre wohl keine sinnvolle und nutzbringende Lösung, denn Erkenntnisse der Lerntheorie „besagen, dass wir, während wir nur etwa 10% dessen behalten, was wir lesen, wir uns schon 70% dessen, was wir selbst sprechen und sogar 90% dessen, was wir selbst ausprobieren und ausführen, merken können.“[12] Auf dieser Grundlage stellt somit ein praxisorientierter und interaktiver Unterricht eine bessere Methode dar.
Damit die zukünftigen Erzieher im Sozialpädagogikunterricht ihre pädagogische Handlungskompetenz entwickeln bzw. verbessern können, „müssen sie Gelegenheit erhalten, ihnen begegnende Lebenswirklichkeit aus pädagogischer Perspektive zu reflektieren und zu gestalten.“[13] Dazu eignen sich insbesondere Unterrichtsarrangements, da in deren Zentrum Lernprozesse stehen, „welche Lernende selbstverantwortlich mitsteuern“[14] und dadurch die Möglichkeit zur aktiven Partizipation am Unterricht gegeben ist. Zu den Unterrichtsarrangements zählen beispielsweise Werkstattunterricht, Lernen mit Arbeitsplänen, Projektunterricht, Fallstudien und Plan- / Simulationsspiele.[15] Um den Umfang dieser Arbeit nicht zu überschreiten, wird im Folgenden als Exempel für Unterrichtsarrangements nur näher auf den Einsatz von Fallstudien und Rollenspielen im sozialpädagogischen Unterricht eingegangen.
[...]
[1] Moh 2010, S. 151.
[2] Um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen, wird im Folgenden nur je eines der beiden Geschlechter genannt, auch wenn immer beide Geschlechter gemeint sind.
[3] Küls 2010b, S. 118.
[4] Vgl. Jank / Meyer 1991, S. 10 f.
[5] Ebd. S. 14.
[6] Küls 2010a, S. 12.
[7] Küls 2010c, S. 91.
[8] Küls 2010a, S. 11.
[9] Weinschenk 1976, S. 71.
[10] Thiesen 1991, S. 17.
[11] Ebd.
[12] Kolbe-Peythieu 2010, S. 263.
[13] Beyer 1997, S. 8.
[14] Grunder et al. 2007, S. 211.
[15] Vgl. ebd., S. 212.