[...] Dazu werde ich in meiner Arbeit werde zunächst zeigen, dass Mediensysteme wesentlich
vom jeweiligen politischen System beeinflusst und geprägt sind. Die Rahmenbedingungen
für die journalistische Arbeit sind ausschlaggebend für die Qualität der Medien
und die Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Funktionen. Ich werde argumentieren, dass Lösungsansätze
für die aktuellen Problemlagen, die ich in einem ersten Schritt darlegen
werde, bei den Massenmedien ansetzen müssen, da sie eine Schlüsselposition für Wandlungsprozesse
einnehmen. Freie Medien sind die Voraussetzung für eine eigenständige
und bewusste Gestaltung der Transformationsprozesse durch die Menschen in Transnistrien.
Meine Arbeit gliedert sich in drei Teile: Zuerst werde ich in Kapitel 2 die zentralen Problemlagen
in Transnistrien erläutern und deren Ursachen diskutieren. Anknüpfend daran
werde ich in Kapitel 3 den Schwerpunkt meiner Arbeit entfalten: die Analyse des transnistrischen
Mediensystems. In Abschnitt 3.1 erörtere ich die relevanten Theorien für einen
differenzierten Mediensystemvergleich. Die Grundlagen der Medien zu Zeiten der Sowjetunion
werde ich aufzeigen und gehe anknüpfend daran ausführlich auf die aktuelle Lage
ein. Dabei skizziere ich die fünf maßgeblichen Probleme der transnistrischen Massenmedien
in Abschnitt 3.3. Im dritten Teil meiner Arbeit entwerfe ich Lösungsansätze und erarbeite
notwendige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Medien in
Transnistrien. Eine abschließende Bewertung meiner Arbeit erfolgt im fünften und letzten
Kapitel.
Meine Arbeit basiert auf Berichten verschiedener Akteure (Nichtregierungsorganisationen,
Regierungsorganisationen unter anderen), wissenschaftlichen Analysen und relevanten
Theorieansätzen des Mediensystemvergleichs. Zudem liegen meiner Arbeit Interviews
und Vorträge einer universitären Exkursion vom Mai 2002 zugrunde.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Probleme und Ursachen
2.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.2 Kernprobleme
3 Die besondere Stellung der Medien
3.1 Der Mediensystemvergleich
3.1.1 Die “Four Theories of the Press”
3.1.2 Der analytische Kontingenz-Ansatz
3.1.3 Der empirische Konvergenz-Ansatz
3.2 Grundlagen des Mediensystems zu Zeiten der Sowjetunion
3.2.1 Die historischen Wurzeln
3.2.2 Definierte Grundlagen und Ziele
3.2.3 Professionelle Praktiken
3.2.4 Aktuelle Entwicklungsdynamiken
3.3 Eine Zeitreise – Die Situation der Medien in Transnistrien
3.3.1 Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit
3.3.2 Pflichtlizenzierung – Ein Mittel zur staatlichen Selektion
3.3.3 Der ökonomische Druck der Produktionskosten
3.3.4 Durch Gerichtsverfahren zum Schweigen bringen
3.3.5 Die Bewertung der aktuellen Medienlandschaft in Transnistrien
4 Lösungsansätze
4.1 Verbesserung der journalistischen Ausbildung
4.2 Internationale Zusammenarbeit
4.3 Rechtsreformen
5 Fazit
Literatur
1 Einleitung
„I thought that there does not exist a time-machine, but this is what happens when you visit Transnistria. One can get the impression, in Tiraspol, that you are in the first year of the perestroika.“[1]
Alexander Ivanko, Bureau OSCE Representative on Freedom of the Media, 2002
Ein pluralistisches und unabhängiges Mediensystem ist unabdingbare Vorraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Die Medien sollen zur politischen Willensbildung beitragen, indem sie politische Entscheidungen nicht nur kommunizieren, sondern auch kritisch beleuchten. Unabhängiger Journalismus bedarf dabei angemessener Rahmenbedingungen. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Umbrüche können diese nur schwer garantiert werden, so dass Medien besonderen Zwängen ausgesetzt sind. Gleichzeitig kommt ihnen aber eine unmittelbare Rolle bei der Demokratisierung des politischen Systems zu. Im Folgenden werde ich darstellen, wie sich dieser Widerspruch im besonderen Fall der Republik Transnistrien gestaltet.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam für die damaligen Teilrepubliken unvorbereitet die Unabhängigkeit. Ein blutiger Bürgerkrieg spaltete 1992 das neu entstandene Land Moldawien. In der Folge entstand die unabhängige Teilrepublik Transnistrien, die sich in einer schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation befindet. Mangelnde diplomatische Anerkennung und wirtschaftliche Abhängigkeiten verhindern eine Normalisierung der Situation. Bisher hat diese Problematik in der EU kaum Beachtung gefunden. Im Zuge der EU-Osterweiterung gewinnt die Entwicklung der Region jedoch zunehmend an Bedeutung.[2] Die bisherigen Erfahrungen mit Transformationsprozessen haben gezeigt, dass funktionierende Medien bei der Etablierung und Stabilisierung demokratischer Strukturen eine Schlüsselrolle einnehmen. Gerade deswegen halte ich es für unerlässlich, sich mit dem Zustand der transnistrischen Medienlandschaft zu beschäftigen.
Dazu werde ich in meiner Arbeit werde zunächst zeigen, dass Mediensysteme wesentlich vom jeweiligen politischen System beeinflusst und geprägt sind. Die Rahmenbedingungen für die journalistische Arbeit sind ausschlaggebend für die Qualität der Medien und die Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Funktionen. Ich werde argumentieren, dass Lösungsansätze für die aktuellen Problemlagen, die ich in einem ersten Schritt darlegen werde, bei den Massenmedien ansetzen müssen, da sie eine Schlüsselposition für Wandlungsprozesse einnehmen. Freie Medien sind die Voraussetzung für eine eigenständige und bewusste Gestaltung der Transformationsprozesse durch die Menschen in Transnistrien.
Meine Arbeit gliedert sich in drei Teile: Zuerst werde ich in Kapitel 2 die zentralen Problemlagen in Transnistrien erläutern und deren Ursachen diskutieren. Anknüpfend daran werde ich in Kapitel 3 den Schwerpunkt meiner Arbeit entfalten: die Analyse des transnistrischen Mediensystems. In Abschnitt 3.1 erörtere ich die relevanten Theorien für einen differenzierten Mediensystemvergleich. Die Grundlagen der Medien zu Zeiten der Sowjetunion werde ich aufzeigen und gehe anknüpfend daran ausführlich auf die aktuelle Lage ein. Dabei skizziere ich die fünf maßgeblichen Probleme der transnistrischen Massenmedien in Abschnitt3.3. Im dritten Teil meiner Arbeit entwerfe ich Lösungsansätze und erarbeite notwendige Schritte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Medien in Transnistrien. Eine abschließende Bewertung meiner Arbeit erfolgt im fünften und letzten Kapitel.
Meine Arbeit basiert auf Berichten verschiedener Akteure (Nichtregierungsorganisationen, Regierungsorganisationen unter anderen), wissenschaftlichen Analysen und relevanten Theorieansätzen des Mediensystemvergleichs. Zudem liegen meiner Arbeit Interviews und Vorträge einer universitären Exkursion vom Mai 2002 zugrunde.
2 Probleme und Ursachen
Eine Auseinandersetzung mit der jungen Republik Transnistrien bedarf zuvor einer geschichtlichen Verortung. Welche Schritte führten zur heutigen Isolation und tiefgreifenden Abhängigkeit von Russland?
2.1 Geschichtlicher Hintergrund
Der Zusammenbruch der Sowjetunion bedeutete für Moldawien zunächst politische Unabhängigkeit. Im Gegensatz zu Ländern wie Polen oder Ungarn verfügt Moldawien weder über eine eigene nationale Identität noch über eine historische Tradition politischer Unabhängigkeit. Moldawien gehörte bis dahin immer einem Staatenverbund an und war nun mit der sozialen Verantwortung der eigenen Staatlichkeit überfordert. Erst als Musterschüler der Demokratisierung bezeichnet, führten jedoch unkontrollierte Transformationsprozesse das Land in eine desolate Situation.[3] Transnistrien war erst 1940 durch Stalin an Bessarabien und somit der Moldawischen Sowjetrepublik zugesprochen worden. Dort sollte alsbald der Großteil der Industrie angesiedelt werden. In den Städten Rybnitza und Tiraspol zogen die Fabriken zahlreiche Arbeiter aus der Ukraine, Belarus, aber auch russische Moldawier an.
Im Rahmen der Perestroika hielt die ethnische Spaltung der Region ihren Einzug in politische Strömungen innerhalb der kommunistischen Partei: Eine Bewegung zur Einführung des Moldawischen als Staatssprache entstand. Die moldawische Elite schloss sich dieser Bewegung an, um die von Moskau protegierten Transnistrier zu entmachten und die Bedeutung Chişinăus als politisches Zentrum Moldawiens zu stärken. Diese nationalistischen Bestrebungen bündelten sich 1989 schließlich in der ‚Moldauischen Volksfront’, die im August einen Beschluss zur Rückkehr der lateinischen Schrift und Einführung des Moldawischen als Staatssprache verabschiedete.
Die transnistrischen Eliten fühlten sich von diesen nationalistischen Kräften in Moldawien bedroht. Eine Protestbewegung um den späteren Präsidenten Transnistriens Igor Smirnov formierte sich, die sich weigerte den Beschluss im transnistrischen Teil Moldawiens durchzuführen. Der Beschluss wurde als separatistische Bewegung, weg von der Sowjetunion, gedeutet und nachdem sich kein Abweichen vom Beschluss abzeichnete, erklärte Transnistrien am 2. September 1990 seine Unabhängigkeit. Der Zusammenbruch der Sowjetunion stürzte die Region in einen unsicheren Schwebezustand. Das Überschreiten des Dnjestr durch transnistrische Truppen am 19. Juni 1992 führte zum Beginn einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Moldawien und Transnistrien, die nur wenige Tage dauerte. Dennoch kostete der Bürgerkrieg über 1 000 Menschen das Leben. Seit dem Waffenstillstandsabkommen im Juli 1992 wird die Grenzregion von russischen, moldauischen und transnistrischen Sicherheitskräften kontrolliert, die eine erneute Eskalation der Gewalt verhindern sollen. Politisch ist der Konflikt jedoch keineswegs gelöst. Eine OSZE-Mission in Tiraspol und Chişinău soll eine Lösung vermitteln. Transnistrien wird von keinem Land – außer Russland – diplomatisch anerkannt. Den Führern der Separatistenbewegung um Präsident Igor Smirnov ist es gelungen, ihre Position zu festigen und die Region Transnistrien bis heute zu kontrollieren.
2.2 Kernprobleme
Moldawien ist das ärmste Land Europas. Die Armut bildet den Nährboden für Kriminalität, Korruption und Selbstbereicherung. Transnistrien befindet sich in starker Abhängigkeit zu Russland. Die Industrie bezieht ihre Rohstoffe wie auch den größten Teil der Energie aus dem wirtschaftlich ebenfalls labilen Russland. Investoren bleiben aus, da die politische Lage unsicher ist. Arbeit gibt es kaum. Die Fabriken stehen monatelang still, Gehälter werden – wenn überhaupt – dann nur mit erheblicher Verzögerung ausbezahlt.
Armut und wirtschaftliche Depression begünstigen Kriminalität und Korruption. Nebeneinkünfte durch Autoschmuggel, Menschen- und Waffenhandel legitimieren sich durch die bedrohliche Lage. Transnistrien kennt keine Gesetze gegen die Drogenproduktion und -distribution.[4] Der Polizei mangelt es an Geld und Ausrüstung, um die Kriminalität zu bekämpfen. Der politische Wille zur Kriminalitätsbekämpfung ist nicht gegeben. Transnistrien leidet unter systemischer Korruption, d.h. das alle Bereiche der Gesellschaft korrumpiert wurden. Jeder Behördengang kostet zusätzliches Bestechungsgeld. Medizinische Behandlungen werden nur nach Bezahlung eines „Obolus’“ gewährt. Grenzübergänge nach Moldawien oder in die Ukraine können Bestechungsgelder kosten. Arbeitsstellen werden nicht nach Eignung, sondern nach finanzieller Ausstattung vergeben. Die Polizei sieht über Verstöße und Verbrechen für ein entsprechendes Bestechungsgeld hinweg. Der Staat in Person Präsident Smirnovs lässt sich Verträge und Ausschreibungsvergaben bezahlen. Nicht das Wohl der Bevölkerung steht im Vordergrund, sondern die eigene Bereicherung und Ausweitung der Macht.
Die defekte Staatlichkeit, der Mangel an guter Regierungsführung („Good Governance“), ließ Transnistrien an den Herausforderungen plötzlicher Unabhängigkeit in Zeiten des extremen Wandels scheitern. Der Sheriff-Konzern beherrscht die Wirtschaft: Einkaufszentren, Telekommunikation, Energie, Medien. Hinter dem Konzern steht der Bruder des Präsidenten Smirnov. Nicht wirklich die Sprachunterschiede machen eine Lösung des Transnistrienkonflikts unmöglich, sondern die wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen der Regierung. Klassische Konfliktlinien wie Ethnie, Sprache und der Minderheitenstatus werden instrumentalisiert, um die Herrschaft zu legitimieren. Die Selbstbereicherungspolitiken werden unter dem Deckmantel eines Ideologiekampfes zwischen der Ausrichtung nach Russland und der Orientierung nach Rumänien verschleiert.
Die schwierige Lage Transnistriens ist nicht ausschließlich die Folge schwieriger wirtschaftlicher Voraussetzungen wie dem Mangel an natürlichen Ressourcen oder verursacht durch den Bürgerkrieg, sondern vor allem bedingt durch schlechte Regierungsführung. „Lack of experience and professionalism in governing a newly formed sovereign state, unfavorable climatic conditions, permanently changing circumstances, lack of understanding and support from the population’s side, lack of political will and fear of making major steps towards market reforms, and last but not least, the realization that the average life of the governments so far has been too short to allow significant changes, have all contributed to the poor level of governance in the country.”[5]
Gerade im Transformationsprozess sind Staaten sehr anfällig. Der rasche Wandel birgt viele Tücken und Versuchungen. Darum kommt es gerade in Phasen der Demokratisierung, in der demokratische Werte und Handlungsroutinen noch nicht in der Gesellschaft verankert sind, leicht zu defekter Staatlichkeit, das heißt der Staat kann bzw. will seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. In Transnistrien kann von State Capture gesprochen werden, also der illegitimen Kontrolle des Staatsapparates zur Verfolgung von Eigeninteressen auf Kosten des Allgemeinwohls.
Lilia Carasciuc untersuchte die Entwicklung der Korruption in Moldawien und Transnistrien und teilt sie in drei Phasen ein:[6] In der ersten Phase des Transformationsprozesses (1989-92) lösten sich die alten inoffiziellen Bande der Elite nicht. Die bereits bestehende Korruption, der Nepotismus und der privilegierte Zugang zu Waren, Geldern, Informationen und Dienstleistungen setzten sich fort, trotz des Systemumbruchs. In der zweiten Phase (1993-95) weitete sich das Ausmaß dieser Transaktionen noch aus. Wenige, doch dafür in höchsten Positionen Beschäftigte ließen sich „Gefälligkeiten“ mehr und mehr kosten. Die zunehmende Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und die Abnahme des Einkommens der Bevölkerung in der dritten Phase (1996-99) führte zu vermehrter Korruption im Alltag: Für normale Behördengänge musste jetzt Bestechungsgeld zur Beschleunigung der plötzlich erlahmenden Bürokratie bezahlt werden. Alltägliche Transaktionen wurden von nun an von Korruption überschattet.
3 Die besondere Stellung der Medien
Die Medien haben fünf zentrale Funktionen, die sie zu erfüllen suchen: (1)Information, (2)Mitwirkung an der Meinungsbildung, (3)Kontrolle und Kritik, (4)Unterhaltung und (5)Bildung.[7] Doch was mit den Begriffen letztlich in verschiedenen Mediensystemen gemeint ist, steht im engen Zusammenhang zu den jeweiligen geschichtlichen, kulturellen und politischen Wurzeln. Gerade Länder in komplexen Transformationsprozessen benötigen eine kritische und freie Medienlandschaft, die die Öffentlichkeit informiert und ihr eine freie Meinungsbildung ermöglicht. Die Republik Transnistrien kämpft mit großen Schwierigkeiten – wie ich gezeigt habe – und benötigt daher umso mehr freie und kritische Medien zu ihrer Bewältigung.
3.1 Der Mediensystemvergleich
Bei der Analyse eines Mediensystems droht stets eine Tendenz zur ethnozentrischen Bewertung. Hier soll versucht werden, nicht wertend, sondern analytisch aufzuzeigen, welche Rahmenbedingungen die journalistische Arbeit in Transnistrien bestimmen und welche Ursachen es dafür gibt. Zu diesem Zweck werde ich in einem ersten Schritt die maßgeblichen Theorieansätze zum Mediensystemvergleich entfalten, um dann in einem zweiten Schritt das transnistrische Mediensystem entsprechend einzuordnen.
Die moderne Gesellschaft besteht aus Subsystemen, die sich wechselseitig beeinflussen. Herausragend in ihrer Bedeutung sind das politische, wirtschaftliche und kulturelle System. Der Kommunikationswissenschaftler Ulrich Saxer charakterisiert sie wie folgt: „Das politische System bringt die allgemeinverbindlichen Entscheidungen hervor, derer die Gesellschaft zu ihrer Steuerung bedarf. Das System Kultur, mit Institutionen der Erziehung, Kunst und Religion, vermittelt den Sinnhorizont der Gesellschaft, und das System Wirtschaft ordnet die Versorgung der Gesellschaftsmitglieder mit Gütern und Dienstleistungen.“ [8]
Nach Saxer stellt das Mediensystem als Verbindungsstück Öffentlichkeit für die verschiedenen Teilsysteme her, ist aber zugleich an die anderen Systeme gekoppelt: „Publizistik, wie sie daher auch genannt wird, stellt Öffentlichkeit für Personen und Sachverhalte her und macht diese bekannt. Auf diese Leistungen sind politische Entscheidungen und Sinngehalte ebenso angewiesen wie Güter und Dienstleistungen. Von ihren Funktionen her dienen daher die publizistischen Medien grundsätzlich ebenso der Kultur, der Politik wie der Wirtschaft. Umgekehrt sind die Massenmedien ihrerseits auch wieder von der Politik, Kultur und Wirtschaft für ihren Bestand und ihr Funktionieren abhängig.“ [9]
Die Verschränkung der verschiedenen gesellschaftlichen Sphären bedingt eine starke gegenseitige Beeinflussung. Jede Sphäre versucht den Macht- und Wirkungsbereich auszuweiten, um die fragile Balance zu ihren Gunsten zu entscheiden. Die Mediensysteme liefern den Normenkontext des Journalismus. Die Rahmenbedingungen beeinflussen weitgehend die journalistische Arbeit und die tatsächlichen Funktionen der Medien, die sich hinter Meyns Begriffen verbergen.
3.1.1 Die “Four Theories of the Press”
Die Wissenschaft, insbesondere die Kommunikationswissenschaft, teilte verschiedene Mediensysteme lange in das von Siebert, Peterson und Schramm 1956 formulierte Raster der “Four Theories of the Press“ ein.[10] Sie unterscheiden vier Medienmodelle, die ich im Folgenden darstellen werde. Allen Modellen liegt die zentrale Hypothese zugrunde, dass die Medien immer die Form und Ausprägung der sozialen und politischen Strukturen übernehmen, in denen sie arbeiten.[11]
a) Das Autoritarismus-Modell
- Die Medien dienen als verlängerter Arm der Autorität. Sie sind nicht dazu berechtigt, die Legitimität der gegebenen Herrschaft zu untergraben, der sie untergeordnet sind.
- Vergehen gegen gültige moralische und politische Werte sind von den Medien zu vermeiden.
- Zu diesem Zwecke kann Zensur gerechtfertigt sein.
- Vergehen gegen die Autorität, Abweichungen von der offiziellen Politik oder Verstöße gegen moralische Kodizes haben den Charakter von Straftaten.
[...]
[1] Flux, 07.09.2002: http://www.transparency.md/News/a116.htm (20.04.04).
[2] Durch die Osterweiterung ist Moldawien näher an die Grenze der Europäischen Union gerückt. Das Nachbarland Belarus hat bereits heute eine gemeinsame Grenze mit der EU. Rumänien ist ein Beitrittskandidatenland, so dass auch Moldawien mittel- bis langfristig eine Grenze mit der EU teilen wird.
[3] Vgl. OSCE-Representative on Freedom of the Media, 2003, 190.
[4] Vgl. Transparency International – Moldova, 2002, 17ff.
[5] Carasciuc, 2001, 1.
[6] Vgl. Carasciuc, 2001, 1f.
[7] Vgl. Meyn, 1999, 32.
[8] Saxer, 1987, 10.
[9] Saxer, 1987, 10.
[10] Vgl. Siebert et al., 1956.
[11] Vgl. Siebert et al., 1956, 1f.