Rund jedes zehnte Kind in den Industrieländern wird misshandelt. Zu diesem Schluss kommt eine alarmierende Analyse zur Gewalt gegen Kinder. Das zeigt, dass Kindesmisshandlung heutzutage in vielen Familien immer noch Realität ist. Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für das Jahr 2013 insgesamt 3 525 Fälle von Kindesmisshandlung in Deutschland.
Unter Kindesmisshandlung wird heute allgemein die psychische und physische Schädigung von Kindern und Jugendlichen durch Eltern, Erziehungsberechtigte und anderen nahe stehenden Personen wie Nachbarn oder Verwandte verstanden (Deegener & Körner, 2005).
Kindesmisshandlung kann bereits dort beginnen, wo Kinder durch Strafen, Überforderung oder Liebesentzug geschädigt werden. Diese Schädigungen können sowohl durch Handlungen, wie bei körperlicher und seelischer Misshandlung, als auch durch Unterlassungen, wie bei Vernachlässigungen, zustande kommen und haben immer Langzeitfolgen. Sie ereignen sich überwiegend innerhalb der Familie oder der Lebensgemeinschaft, aber auch in Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen (Deegener & Körner, 2005).
Inhaltsverzeichnis
1 Allgemeine Einleitung
2 Stress and anger as contextual factors and preexisting cognitive schemas: Predicting parental child maltreatment risk
2.1 Methode
2.2 Ergebnisse
3 Parental perceptions of neighborhood processes, stress, personal control, and risk for physical child abuse and neglect
3.1 Methode
3.2 Ergebnisse
4 Allgemeine Schlussfolgerung
5 Literaturverzeichnis
1 Allgemeine Einleitung
Rund jedes zehnte Kind in den Industrieländern wird misshandelt. Zu diesem Schluss kommt eine alarmierende Analyse zur Gewalt gegen Kinder. Das zeigt, dass Kindesmisshandlung heutzutage in vielen Familien immer noch Realität ist. Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für das Jahr 2013 insgesamt 3 525 Fälle von Kindesmisshandlung in Deutschland.
Unter Kindesmisshandlung wird heute allgemein die psychische und physische Schädigung von Kindern und Jugendlichen durch Eltern, Erziehungsberechtigte und anderen nahe stehenden Personen wie Nachbarn oder Verwandte verstanden (Deegener & Körner, 2005). Kindesmisshandlung kann bereits dort beginnen, wo Kinder durch Strafen, Überforderung oder Liebesentzug geschädigt werden. Diese Schädigungen können sowohl durch Handlungen, wie bei körperlicher und seelischer Misshandlung, als auch durch Unterlassungen, wie bei Vernachlässigungen, zustande kommen und haben immer Langzeitfolgen. Sie ereignen sich überwiegend innerhalb der Familie oder der Lebensgemeinschaft, aber auch in Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen (Deegener & Körner, 2005).
Man unterscheidet neben sexuellem Missbrauch drei weitere Arten der Kindesmisshandlung: die physische Misshandlung, die psychische Misshandlung und die Kindesvernachlässigung (Deegener, 2006). Physische Misshandlungen sind alle Handlungen von Eltern oder anderen Bezugspersonen, die zur körperlichen Verletzung oder sogar zum Tod des Kindes führen können. Psychische Misshandlungen, welche auch als „seelische Gewalt“ bezeichnet werden, sind alle Äußerungen oder Verhaltensweisen, die Kinder und Jugendliche ängstigen, sie herabsetzen, terrorisieren, isolieren oder überfordern und ihnen das Gefühl eigener Wertlosigkeit vermitteln (Deegener, 2006). Hierzu gehören sadistische Erziehungsmethoden, wie beispielsweise das Kind stundenlang in eine dunkle Kammer sperren, ebenso aber auch scheinbar harmlosere Formen der Ablehnung und psychischen Bestrafung, etwa wie ständige demütigende Bevorzugung eines Geschwisterkindes, die Isolierung des Kindes oder die Bestrafung mit andauerndem Liebesentzug (Deegener, 2006). Kindesvernachlässigung bedeutet, dass Kinder die für ihre körperliche und seelische Entwicklung unbedingt notwendige Zuwendung, den Schutz und die Fürsorge nicht oder nicht in ausreichendem Maße erhalten und dadurch geschädigt werden. Auch die Vernachlässigung kann für Kinder tödlich sein (Deegener, 2006).
Wissenschaftler sind sich einig, dass es spezielle Risikofaktoren für Misshandlung und Vernachlässigung gibt (Deegener, 2006; Rodriguez & Richardson, 2007; Guterman, Lee, Taylor & Rathouz, 2009). Aufgrund des hohen Dunkelfeldes bestehen zwar keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über ein eindeutiges Ursache-Wirkungs-Verhältnis, aber es gibt Einflussfaktoren, welche die Kindesmisshandlung begünstigen (Rodriguez & Richardson, 2007; Guterman et al. 2009).
Das Kindesmisshandlungsrisiko kann unter anderem anhand der Theorie der sozialen Informationsverarbeitung (Milner, 2000) auf Mikroebene, also innerhalb der Eltern-Kind Beziehung vorhergesagt werden. Milner beschreibt in seinem Modell die elterliche Kognition als entscheidend im Prozess der Entstehung von kindeswohlgefährdendem Elternverhalten. Man geht davon aus, dass vorbestehende kognitive Schemata diese elterlichen Kognitionen beeinflussen. Zu den vorbestehenden kognitiven Schemata gehören eine externale Kontrollüberzeugung, unangemessene Entwicklungserwartungen, eine geringe Fähigkeit der Perspektivübernahme und eine geringe wahrgenommene Bindung zum Kind. Zusätzlich beeinflussen Kontextfaktoren, wie Stress und Ärger die vorbestehenden kognitiven Schemata (Rodriguez & Richardson, 2007).
Als andere Einflussfaktoren für Kindesmisshandlung kann man die fehlenden oder nicht ausreichenden Sozialen Netzwerke, also das unmittelbar soziale Umfeld bzw. die Nachbarschaft nennen. Soziale Netzwerke haben vielfältige Schutzfunktionen für die Familien und insbesondere für die Kinder (Korbin, 2002). Sie stellen eine Möglichkeit dar, sowohl persönliche als auch Erziehungsprobleme zu besprechen, Kinder kurzfristig unterzubringen, tatkräftige Hilfe bei der Kinderpflege zu bekommen oder finanzielle Notlagen auszugleichen. Wenn die Kontakte zur Nachbarschaft oberflächlich sind, sodass sie auch nicht als eine gegenseitige Hilfemöglichkeit angesehen werden, kann das die Entstehung von Kindesmisshandlung und Vernachlässigung begünstigen. Nachbarschaften können also einen Kontext bilden, der sowohl eine Familie unter Stress unterstützt als auch ein erhöhtes Risiko für Misshandlung bildet (Korbin, 2002). Einflüsse der Gemeinschaft und Nachbarschaft finden auf der Mesoebene statt (Guterman et al., 2009).
Das Risiko zur Kindesmisshandlung kann demnach sowohl aus Einflüssen des Mikrosystems als auch des Mesosystems abgeleitet werden, daher ist eine genauere Erforschung der Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Kindesmisshandlung von besonderem Interesse. Vor diesem Hintergrund stellen sich einige zentrale Fragen. Auf Mikroebene: Welche der vorbestehenden kognitiven Schemata haben einen Einfluss auf das Risiko der Kindesmisshandlung? Auf Mesoebene: Besteht ein direkter oder ein indirekter Zusammenhang zwischen den Wahrnehmungen der Nachbarschaft und der Kindesmisshandlung und Vernachlässigung? Die Klärung dieser Fragestellungen soll das Ziel dieser Arbeit sein.
Hierzu werden im Folgenden die Inhalte der Studie „Stress and Anger as Contextual Factors and Preexisting Cognitive Schemas: Predicting Parental Child Maltreatment Risk“ von Rodriguez und Richardson (2007) vorgestellt, in der Aspekte der Theorie zur sozialen Informationsverarbeitung von Milner (2000) für die Vorhersage des Kindesmisshandlungsrisikos auf Mikroebene untersucht werden. Im Weiteren wird die Studie „Parental perceptions of neighborhood processes, stress, personal control, and risk for physical child abuse and neglect“ von Guterman und Kollegen (2009) behandelt, die der Frage nachgeht, ob die mütterliche Wahrnehmung der sozialen Prozesse in ihrer Nachbarschaft, Kindesmisshandlung und Vernachlässigung direkt vorhersagen, oder letztere indirekt über den berichteten Erziehungsstress der Eltern und dem Gefühl der persönlichen Kontrolle in der Erziehung vorhergesagt werden. Abschließend wird auf Basis der bis dahin gewonnenen Erkenntnisse eine Schlussfolgerung zu den Zusammenhängen zwischen den unterschiedlichen Einflussfaktoren der Mikro- und Mesoebene auf die Kindesmisshandlung gezogen und die Ergebnisse der Studie von Guterman und Kollegen (2009) zur Klärung der Fragestellungen dieser Arbeit herangezogen.
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