Auf die Frage, was meine Privatsache ist und was eine öffentliche Angelegenheit, scheint bei oberflächlicher Betrachtung schnell eine Antwort gefunden zu sein: Privat ist alles, was hinter den verschlossenen Türen der eigenen Wohnung passiert, öffentlich ist der Rest. Das sich diese beiden Sphären jedoch nicht so leicht unterscheiden lassen, macht bereits das Beispiel von Handytelefonaten in der U-Bahn klar. Ob dieses Telefonat ein öffentliches oder ein privates Gespräch ist, lässt sich bei genaueren Überlegungen nicht eindeutig beantworten. Vielmehr scheint hier eine Vermischung stattzufinden.
Diese Arbeit dient dem Zweck an einem weiteren Phänomen unserer Zeit die Trennlinie zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen zu beleuchten. Es geht um ein Phänomen der Straße, denn die Straße kann beschrieben werden als „Schwellenort zwischen dem Privaten und Öffentlichen“ (Geschke 2009: 18). Das hier zu untersuchende Phänomen heißt Graffiti. Renate Neumann stellte bereits 1986 fest, dass sich durch den unerlaubten Eingriff auf private Flächen die Grenzen zwischen privat und öffentlich verschieben. Der Sprüher irritiert mit seinen Werken. Diese Irritationen können zu neu geregelten Kommunikationsweisen führen (vgl. Neumann 1991:202).
Das Ziel der Arbeit ist es, zu untersuchen, inwiefern Graffiti ein Phänomen des Privaten ist und wie weit die Existenz dieser Ausdrucksform in die öffentliche Sphäre reicht. Dafür werde ich mich dieser Erscheinung auf verschiedenen Ebenen annähern, um auf diese Weise eine konsistente Beschreibung zu erreichen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Unterscheidungen zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen
- Annäherung und Definition des Begriffs Graffiti
- Raumaneignung als Darstellung des autonomen Identitätsentwurfs
- Graffiti als Geheimnis im öffentlichen Raum
- Der Writer als anonymer Öffentlicher
- Der Writer als Prominenter in der Szene
- Graffiti als Politikum
- Überschneidungen privater Interessen im öffentlichen Raum
- Graffiti als öffentliches Infragestellen des Status Quo
- Abschließende Betrachtung der Untersuchung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit setzt sich zum Ziel, die Trennlinie zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen am Beispiel von Graffiti zu untersuchen. Dabei wird betrachtet, inwiefern Graffiti als ein Phänomen des Privaten verstanden werden kann und wie weit die Existenz dieser Ausdrucksform in die öffentliche Sphäre reicht.
- Die Definition und Abgrenzung des Begriffs Graffiti
- Die Rolle von Graffiti in der Identitätsbildung und Selbstdarstellung
- Die öffentliche Präsentation von Geheimnissen im Kontext von Graffiti
- Die politischen Implikationen von Graffiti und die Verbindung zum Privaten
- Die Veränderungen des klassischen Dualismus zwischen Öffentlichkeit und Privatheit im Kontext von Graffiti
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit und die Problemstellung vor. Sie untersucht die Ambivalenz von Privatem und Öffentlichem anhand von Handytelefonaten und führt den Leser in die Untersuchung von Graffiti ein.
Das zweite Kapitel gibt einen Überblick über verschiedene Theorien zur Unterscheidung von Privatheit und Öffentlichkeit. Es werden verschiedene Ansätze vorgestellt, die die beiden Sphären in Bezug auf Macht, Raum, Autonomie und Geheimnis definieren.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Definition des Begriffs Graffiti. Es werden unterschiedliche Sichtweisen und Definitionen des Begriffs vorgestellt und analysiert.
Das vierte Kapitel stellt das Phänomen Graffiti als Aspekt der Identitätsbildung und Selbstdarstellung vor. Es wird die Frage behandelt, inwiefern Graffiti als Ausdruck von Autonomie und Individualität verstanden werden kann.
Das fünfte Kapitel befasst sich mit der öffentlichen Präsentation von Geheimnissen im Kontext von Graffiti. Es wird die Frage aufgeworfen, inwiefern Graffiti als eine Form der Kommunikation im öffentlichen Raum dient und gleichzeitig ein Element der Privatsphäre bewahrt.
Schlüsselwörter
Graffiti, Privatheit, Öffentlichkeit, Raumaneignung, Identität, Geheimnis, Politik, Status Quo, öffentlicher Raum, Identitätsentwurf, Selbstdarstellung, Kommunikation, Theorien der Privatheit und Öffentlichkeit
- Quote paper
- Philipp Woywode (Author), 2012, Graffiti. Die Kontingenz der Grenzziehung zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/295443