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Hausarbeit, 2014
27 Seiten, Note: 1,0
1. Formen der Feindseligkeit
1.1 Definition horizontale Feindseligkeit
1.2 Folgen horizontaler Feindseligkeit
1.2.1 für den Betroffenen
1.2.2 für die Institution
1.3 Verbreitung horizontaler Feinseligkeit
1.4 Entstehung / Ursachen
1.4.1 Die Unterdrückungstheorie
1.4.2 weitere Ursachen
1.5. gefährdete Gruppierungen
2. Horizontale Feindseligkeit und das Lernen
2.1 Die Neurobiologie des Lernens
2.2 implizites Lernen
2.3 Lernen am Modell
2.4 Emotionen als Einflussfaktor für das Lernen
3. Gegenmaßnahmen
3.1 Was die Praxisanleitung dem Lernenden vermitteln kann
3.1.1 Information
3.1.2 Anleitesituation Rollenspiel
3.2 Rückmeldungen des Lernenden nutzen
3.3 Gegenmaßnahmen auf Ebene der Station
3.3.1 Rückmeldung geben
3.4 Führungsaufgaben
Quellen
Anhang
Informationsblatt zum Thema Feindseligkeit unter Pflegekräften
Reaktionen auf feindseliges Verhalten
Fragebogen Stimmungsbild
Fragebogen zum Thema horizontale Feinseligkeiten
In der vorliegenden Abschlussarbeit im Rahmen der Weiterbildung zum Praxisanleiter geht es um das Thema „Feindseligkeiten unter Pflegenden“. Es soll konkret darauf eingegangen werden, was feindseliges Verhalten unter Pflegenden ist, welche Ursachen und Folgen es haben kann und welche Gegenmaßnahmen möglich sind. Der Schwerpunkt soll darauf liegen, wie sich Feindseligkeiten auf Lernende auswirken und welche Gegenmaßnahmen durch die Praxisanleiter möglich sind. Unter Lernenden werden hier in erster Linie Auszubildende der Krankenpflege und Teilnehmer der Fachweiterbildung Psychiatrie genannt, weil der Praxisanleiter für diese ganz speziell zuständig ist. Natürlich kann dieses Thema besonders Berufsanfänger, aber auch alle anderen Kollegen betreffen, deswegen sollten vor allem Führungskräfte damit vertraut sein und wissen, wie man Feindseligkeiten begegnen kann.
In der Literatur gibt es verschiedene Bezeichnungen für aggressives Verhalten unter Beschäftigten im Gesundheitswesen, z.B. verbaler Übergriff, Schikane, horizontale und laterale Gewalt. Diese Begriffe beziehen sich dann auf verschiedene pflegerelevante Beziehungen, etwa der zwischen Pflegekraft und Arzt, Pflegekraft und Patient oder Pflegekraft und Pflegekraft (vgl. Bartholomew, 2009, S. 21).
Folgende Merkmale sind bei allen Definitionen vorhanden
das Verhalten dauert über längere Zeit an,
das Opfer wird durch Handlungen oder verbale Angriffe erniedrigt und abgewertet, dadurch verringern sich Selbstvertrauen und Selbstachtung,
das Opfer erlebt negative Folgen, bis hin zur Gefährdung der psychischen und physischen Gesundheit.
Die Begriffe horizontale Gewalt und horizontale Feindseligkeit beziehen sich auf aggressives Verhalten unter Beschäftigten auf gleicher Befugnisebene, z.B. Pflegende untereinander (vgl. Bartholomew, 2009, S.22). Farrell (in Bartholomew, 2009, S.22) definiert horizontale Feindseligkeit als ein „andauerndes Verhaltensmuster, das einen Kollegen (oder eine Gruppe davon) kontrollieren, herabwürdigen oder abwerten soll und eine Gefahr für die Gesundheit und/oder Sicherheit darstellt.“
Farrell (vgl. in Bartholomew, 2009) beschreibt, dass sich horizontale Feindseligkeit physisch oder verbal äußern, wobei in der Pflege eher die verbale Form vorkommt. Jede Art von schlechter Behandlung, ob in Worte gefasst oder nicht, durch die sich jemand persönlich oder fachlich angegriffen, abgewertet oder erniedrigt fühlt, gehört dazu.
Wichtig ist auch, dass es bei einem solchen Verhalten darauf ankommt, wie es beim Adressaten ankommt, nicht wie es gemeint ist (vgl. Quine in Bartholomew, 2009, S. 22).
Man kann zwischen offener und verdeckter Feindseligkeit unterscheiden.
„Als offen feindselig gelten:
Beschimpfung, Stichelei, Nörgelei, hinterhältiges Verhalten, Krittelei, Einschüchterung, Tratsch, Anschreien, Beschuldigung, Demütigung, Augenbrauen hochziehen usw.
Als verdeckt feindselig gelten:
Vergeben unfairer Aufträge, Sarkasmus, abgewendet mit den Augen rollen, ignorieren, hinter dem Rücken des anderen das Gesicht verziehen, Verweigerung von Hilfe, seufzen, jammern, verweigern der Zusammenarbeit, Sabotage, Isolation, Ausgrenzung, Lügen verbreiten usw.“ (Bartholomew, 2009, S. 23).
Bartholomew (vgl. 2009, S. 24) beschreibt, dass sich die Täter in vielen Fällen nicht bewusst waren, welche Auswirkungen ihr Verhalten hat. Viele hielten für berechtigt, es diene dazu, einen hohen Pflegestandard aufrecht zu erhalten. Erst durch Aufklärung und Konfrontation wurden die schädlichen Folgen bewusst und das Verhaltensmuster wurde verändert.
Die Feindseligkeit unter Pflegenden ist nicht auf das weibliche Personal beschränkt, es lässt sich auch unter männlichen Beschäftigten finden.
Von allen Formen der Feindseligkeit stellt die Aggression zwischen Pflegekräften die schlimmste Form da. Diese Konflikte innerhalb des Personals lenken die Aufmerksamkeit von der Patientenversorgung ab, kosten viel Energie und verhindern, dass die Pflegekräfte gemeinsame Anstrengungen unternehmen um sich die Ressourcen zu verschaffen, die sie brauchen, um ihre Arbeit zu tun (vgl. Bartholomew, S. 27-28).
Die Folgen horizontaler Feindseligkeit ist auf mehreren Ebenen spürbar. Es betrifft direkt die Personen, die dieser Feindseligkeit ausgesetzt sind. Außerdem sind die Auswirkungen für die Institution spürbar, haben Einfluss auf die Patientenversorgung und machen sich wirtschaftlich bemerkbar.
„Im Rahmen der Konferenz über horizontale Gewalt, die im Oktober 2005 stattfand, berichtete Gerald Farrell (in Bartholomew, 2009, S. 29,30) über einige Auswirkungen verbaler Übergriffe:
Emotional:
Ärger, Reizbarkeit
niedriges Selbstwertgefühl, Selbstzweifel
Motivationsmangel und Versagensängste, bedingt durch die Unfähigkeit, persönlichen Erwartungen nachzukommen.
Sozial:
angespannte Beziehungen zu Partnern und Freunden (ein Drittel bis die Hälfte der Beziehungen zu Partnern und Familienmitgliedern werden sogar dann schlechter, wenn jemand lediglich Zeuge von Schikane wird)
geringe interpersonale Unterstützung bzw. Mangel an emotionaler Unterstützung.
Psychisch:
Depression
posttraumatische Belastungsstörung – 50% der Betroffenen leiden auch fünf Jahre nach dem Vorgefallenen noch darunter
Burn-out – Depersonalisation und Kontrollverlust
Drogenmissbrauch
Exzessive Nahrungszufuhr.
Körperlich:
gestörte Immunantwort oder herabgesetzte Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen
Herzrhythmusstörungen (erhöhtes Infarktrisiko aufgrund ständig erhöhter Katecholamine)“.
„Horizontale Feindseligkeit zerstört die Vitalität des Pflegepersonals und unterminiert Versuche der Institution, die Arbeitszufriedenheit in der Pflege zu verbessern“ (Thomas, 2003 in Bartholomew, 2009, S. 26).
„Probanden, die sich schikaniert fühlten, zeigten eine geringere Arbeitszufriedenheit, hatten mehr Stress am Arbeitsplatz, litten öfter unter Depressionen und Angst und dachten häufiger daran, ihren Job aufzugeben (Bartholomew, 2009, S. 26).
Da die Folgen für Mitarbeiter, die horizontaler Gewalt ausgesetzt sind teilweise gravierend sind, ist es wichtig konsequent dagegen vorzugehen. Wie dies gelingen kann wird weiter unten noch ausführlich behandelt.
Auch auf die Institution hat feindseliges Verhalten Einfluss.
Eine vergiftete Arbeitsatmosphäre ruft Minderwertigkeitsgefühle, Ärger, Ohnmacht und Frustration hervor, dies beeinträchtigt die Zusammenarbeit. Die daraus resultierenden interpersonellen Konflikte beeinträchtigen die Teamarbeit, die Sicherheit der Patienten und die Qualität der Versorgung. Körperliche Erkrankungen als Folge der horizontalen Feindseligkeit bewirken einen Verlust der produktiven Arbeitszeit, z.B. durch vermehrte Fehlzeiten (vgl. Bartholomew, 2009, S. 31).
Eine erhöhte Personalfluktuation hat wirtschaftliche Folgen auf die Einrichtung, unbesetzte Stellen müssen durch Überstunden kompensiert werden, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter kostet Ressourcen. Auch eine geringere Produktivität und vermehrtes Auftreten von Fehlern hat wirtschaftliche Folgen, obwohl diese meist schwer zu beziffern sind. Während ihrer Ausbildung haben die Auszubildenden die Möglichkeit verschiedene Teams in verschiedenen Einrichtungen kennen zu lernen. Finden sie eine freundliche Arbeitsatmosphäre vor, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch nach dem Examen für diesen Arbeitgeber entscheiden. Dies kann in Zeiten des Pflegenotstandes ein echter Wettbewerbsvorteil sein (vgl. Bartholomew, 2009, S. 32, 33).
Auf die Folgen feindseligen Verhaltens, die sich speziell auf das Lernen beziehen, wird weiter unten noch näher eingegangen.
„International sieht die Situation so aus, dass jede dritte Pflegekraft plant, ihre Stelle wegen horizontaler Feindseligkeit aufzugeben (McMillan, 1995 in Bartholomew, 2009, S. 26).
Anhand dieser Zahlen sieht man, dass dies ein weit verbreitetes Phänomen ist und gerade in Zeiten des Pflegenotstandes ernst zu nehmende Konsequenzen haben kann. Um zu verhindern, dass Opfer horizontaler Feindseligkeit ihre Arbeit aufgeben ist es wichtig dagegen vorzugehen.
Der Begriff horizontale Gewalt wurde in den 1970er Jahren zur Erklärung von Konflikten innerhalb von kolonisierten afrikanischen Völkern geprägt. Ungleiche Machtverhältnisse führen zur Bildung einer dominanten und einer untergeordneten Gruppe. Existieren zwei Gruppierungen, von denen eine mehr Macht besitzt als die andere, kommt es zum Phänomen der Unterdrückung, wenn die Werte der untergeordneten Gruppe verdrängt werden. Die untergeordnete Gruppe fühlt sich minderwertig, weil sie gezwungen ist ihre eigenen Werte aufzugeben. Wenn die Mitglieder der unterdrückten Gruppierung die Missachtung ihrer selbst untereinander aus agieren, nehmen die internen Konflikte zu (vgl. Bartholomew, 2009, S. 38).
Bartholomew (2009, S. 38) beschreibt: „Da die Pflege in einer patriarchischen Gesellschaft entstand und vorwiegend von Frauen ausgeübt wurde, war sie von Anfang an dazu bestimmt, eine untergeordnete Position einzunehmen“.
Auch
„Namhafte Pflegetheoretiker sind der Auffassung, bei der Pflege handle es sich um eine unterdrückte Disziplin (Roberts, 1983; David, 2000; Torres, 1981), und der Ursprung dieser Unterdrückung sei auf geschlechtsspezifische Aspekte zurückzuführen (Kanter, 1979; Farrell, 1997; Reverbby, 1987; Gordon, 2005). Somit basiert die Unterdrückung der Pflege „auf der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts und der Dominanz der Medizin“ (Dargon. 1999), was nichts anderes heißt, als dass Ärzte das Pflegepersonal häufig als „Untergebene“ betrachten“ (Bartholomew, 2009, S. 39).
„Nach Roberts weist die Pflege viele Merkmale einer unterdrückten Gruppierung auf: geringes Selbstwertgefühl bis hin zur Selbstverachtung sowie das Gefühl der Machtlosigkeit“ (Bartholomew, 2009, S. 38).
Außerdem wurde die Pflege anderer Menschen als Berufung dargestellt. Es entstanden unrealistische Erwartungen an Krankenschwestern, z.B. soll sie stets fürsorglich sein, sich zurückhalten, ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen und sich nicht beklagen, auch wenn sie für eine geringe Entlohnung arbeitet (vgl. Bartholomew, 2009, S. 39).
Die unterdrückte Gruppe verinnerlicht die Normen der dominanten Gruppe und stellt später diese Regeln auch nicht mehr infrage. Dieses Muster lässt sich in der Arzt- Pflege-Beziehung finden, z.B. durch Vermeidung von Blickkontakt, die Namen der Pflegekräfte nicht kennen, Beschränkung der Kommunikation auf das Wesentliche. Pflegekräfte die neu in dieses Klima hineinkommen, akzeptieren dies als normal. Auch horizontale Feindseligkeit wird oft als normal wahrgenommen. Pflegekräfte reagieren mit Feindseligkeiten auf eine Unterdrückung die ihnen gar nicht bewusst ist (vgl. Bartholomew, 2009, S. 40,41).
Menschen, die längere Zeit der unterdrückenden Atmosphäre der Pflege ausgesetzt sind, kommen oft gar nicht auf die Idee ihre Bedürfnisse zu artikulieren und deren Befriedigung einzufordern (vgl. Bartholomew, 2009, S. 40).
Machtlosigkeit
Traditionell werden Macht und fürsorgliche Pflege als krasse Gegensätze präsentiert. Fürsorge als Wert der unterdrückten Gruppe wird von der dominanten Gruppe abgewertet, während die dominante Gruppe durch ihren Wert, die Macht, Aufwertung erfährt. Die untergeordnete Gruppe lehnt Macht als Wert ab, da sie als Kennzeichen der dominanten Gruppe gilt, obwohl dieser Wert ursprünglich auch bei ihnen vorhanden war. Deshalb verbleibt die untergeordnete Gruppe im Zustand der Machtlosigkeit, behält ihr schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl bei (vgl. Bartholomew, 2009, S. 41,42).
Unsichtbarkeit
Auf einer ganz elementaren Ebene existiert die Überzeugung, dass Pflege unsichtbar bleiben muss um zu überleben. Aufrechterhalten wird dies beispielsweise dadurch, dass Ärzte sich die Arbeit der Pflege als ihren Verdienst anrechnen, es wird als selbstverständlich angesehen, dass Pflege das tut was sie tut und die Anerkennung dafür bleibt ihr versagt. Fürsorgliche Pflege ist in der Organisation eines Krankenhauses von geringer Bedeutung, weil sie schwer zu qualifizieren ist und damit kaum im Budget untergebracht werden kann. Folglich fühlt sich die Pflege unbedeutend und unterbewertet. Dies hat bedeutende negative Konsequenzen für die Pflegenden: Pflegekräfte deren Arbeit nicht anerkannt wird, verlieren mit der Zeit ihr berufliches Selbstwertgefühl und, wenn sie ihre Arbeit nicht an ihren Werten ausrichten können, zudem noch ihre Selbstachtung (vgl. Bartholomew, 2009, S. 42, 43).
Daraus ergibt sich noch eine weitere Problematik. Die Unsichtbarkeit trägt zu einem schwach ausgeprägtem Identitätsgefühl bei. Die Pflege ist die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen – und trotzdem die schweigsamste, von der individuellen bis zur institutionellen Ebene. Sie hat ihre kulturelle Identität verloren, das Können und die Kunst der Pflege gelten immer weniger (vgl. Bartholomew, 2009, S. 43, 44).
Interne Ursachen:
der emotionale Zustand, z.B. Ärger und Wut
„Diese Gefühle werden nicht in konstruktives Verhalten umgesetzt, fressen und innerlich auf und fordern ihren Tribut. Sie werden auf Kollegen projiziert und ruinieren unsere Beziehungen“ (Thomas in Bartholomew, 2009, S. 56).
Ärger wird ausgelöst durch unfaire oder respektlose Behandlung, mangelnde Gegenseitigkeit in den Beziehungen und wird von weiteren Gefühlen begleitet: Frauen die ihren Ärger in sich hineinfressen fühlen sich hilflos und machtlos. Diejenigen, die ihrem Ärger Luft machen empfinden dies auch, da sie es als Mangel an Selbstbeherrschung ansehen (vgl. Thomas in Bartholomew, 2009, S. 57).
Burnout
Die Ursache dafür besteht in einem „Defizit, das Frustration produziert“ (Wicks, 2005 in Bartholomew, 2009, S. 58). Dieses Defizit besteht in der Pflege aus der Kluft zwischen Anspruch und Realität, die Frustration vergrößert sich, wenn das Pflegepersonal um die Ressourcen kämpfen muss die es braucht, um ihre Arbeit zu machen (vgl. Bartholomew, S. 58).
Persönlichkeit
Die überwiegende Zahl der Pflegepersonen sind Persönlichkeiten des Typ A. Die Betroffenen fühlen sich immer gehetzt, stehen ständig unter Druck, werden leicht ungeduldig und tendieren zu Aggressivität (vgl. Bartholomew, 2009, S. 59).
„Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Typ A-Pflegekräfte sich in einem ständigen Wettstreit befinden – sie kämpfen gegen die Zeit, gegen sich selbst und gegen andere Menschen“ (Thomas/Jozwiak, 1990 in Bartholomew, 2009, S. 59).
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