Im Laufe meines Studiums in Spanisch und Englisch wurde mir viel über die geschichtlichen Bezüge, Zusammenhänge und europäische Aspekte zu den Weltanschauungen der Frühen Neuzeit gelehrt. Erst die Beschäftigung mit der globalen Welt und die verschiedenen Sichtweisen der Menschen haben dazu geführt, kritisch die eigene Betrachtungsweise der Welt zu hinterfragen, gerade in Bezug auf den sogenannten „Eurozentrismus“, die Beurteilung inner- und außereuropäischer Ideologien. Gerade sich mit den Fragen der europäischen Übersee-Erforschungen, der Kolonialzeit und der Versklavung zu beschäftigen, waren faszinierend. Mit größter Aktualität führte dieses Interesse an globalgeschichtlichen Themen und Aspekten zum Nachdenken, vor allem über „die Überheblichkeit des weißen Mannes“.
Mit dem Hintergrundwissen der Geschichte der Ureinwohner in Nordamerika, befasste ich mich mit der europäischen Ausdehnung des 15. Jahrhunderts, mit dem europäischen Expansionismus der spanischen Conquista in Mittel- und Südamerika. Dabei stößt man auf die berühmteste Persönlichkeit und Eroberer jener Zeit namens Cristóbal Colón (Christopher Kolumbus). Auf dem Weg nach „Indien“ entdeckte er die Neue Welt. Hätte er gewusst, welche Folgen dieses Ereignis für die damalige indigene Bevölkerung bedeuten würden, vielleicht hätte er von seinen Plänen, den Atlantischen Ozean zu überqueren, abgelassen.
In der Geschichtsschreibung wird dieses Volk oft als Barbaren, Götzenanbeter oder Kannibalen angesehen (León-Portilla 1981: 4). Bisher gibt es nur wenige bekannte Sichtweisen der Eingeborenen. Jedoch ist es anzunehmen, dass es auch für sie eine Ankunft aus einer fremden Welt war. Was beobachteten sie, als die Menschen der Neuen Welt als die Eroberer und Entdecker an ihren Küsten, Dörfern und Städten eintrafen? Was dachten sie dabei? Wie verhielten sie sich ihnen gegenüber? Alle Fragen können sicherlich nicht beantwortet werden, aber es ist festzustellen, dass es zwei verschiedene Sichtweisen gibt: die Sicht der Sieger (der Eroberer) und die Sicht der Besiegten (die indigene Bevölkerung).
Dementsprechend wird sich diese Modularbeit mit diesen beiden Sichtweisen beschäftigen und diese kurz darstellen. Dabei dient einerseits das Bordbuch von Cristóbal Colón auf Seiten der spanischen Konquistadoren und anderseits die Zusammenstellung der mexikanischen Zeugenaussagen von Miguel León-Portilla als dienliche Quelle.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Historischer Hintergrund
3. Die Version der Sieger
3.1. Cristobal Colón
3.2. Das Bordbuch des Cristóbal Colóns und seine vier Reisen
3.2.1 Die Vorzeichen
3.2.2 Die Natur
3.2.3 Die Anderen
4. Die Version der Besiegten
4.1. Vorzeichen
4.2. Ankunft der Spanier
4.3. Rückzug und Belagerungsbeginn von México-Tenochtitlan
5. Zusammenfassung der beiden Sichtweisen und Folgen der spanischen Conquista
6. Schlussbemerkung
7. Bibliographie
1. Einleitung
Im Laufe meines Studiums in Spanisch und Englisch wurde mir viel über die geschichtlichen Bezüge, Zusammenhänge und europäische Aspekte zu den Weltanschauungen der Frühen Neuzeit gelehrt. Erst durch die Beschäftigung mit der globalen Welt und die verschiedenen Sichtweisen der Menschen, hat dazu geführt, kritisch die eigene Betrachtungsweise der Welt zu hinterfragen, gerade in Bezug auf den sogenannten „Eurozentrismus“, die Beurteilung inner- und außereuropäischer Ideologien. Gerade sich mit den Fragen der europäischen Übersee –Erforschungen, der Kolonialzeit und der Versklavung zu beschäftigen, waren faszinierend. Mit größter Aktualität führte dieses Interesse an globalgeschichtlichen Themen und Aspekten zum Nachdenken, vor allem über „die Überheblichkeit des weißen Mannes“. Mit dem Hintergrundwissen der Geschichte der Ureinwohner in Nordamerika, befasste ich mich mit der europäischen Ausdehnung des 15. Jahrhunderts, mit dem europäischen Expansionismus der spanischen Conquista in Mittel- und Südamerika. Dabei stößt man auf die berühmteste Persönlichkeit und Eroberer jener Zeit namens Cristóbal Colón (Christopher Kolumbus). Auf dem Weg nach „Indien“ entdeckte er die Neue Welt. Hätte er gewusst, welche Folgen dieses Ereignis für die damalige indigene Bevölkerung1 bedeuten würden, vielleicht hätte er von seinen Plänen, den Atlantischen Ozean zu überqueren, abgelassen.
In der Geschichtsschreibung wird dieses Volk oft als Barbaren, Götzenanbeter oder Kannibalen angesehen (León-Portilla 1981: 4). Bisher gibt es nur wenige bekannte Sichtweisen der Eingeborenen. Jedoch ist es anzunehmen, dass es auch für sie eine Ankunft aus einer fremden Welt war. Was beobachteten sie, als die Menschen der Neuen Welt als die Eroberer und Entdecker an ihren Küsten, Dörfern und Städten eintrafen? Was dachten sie dabei? Wie verhielten sie sich ihnen gegenüber? Alle Fragen können sicherlich nicht beantwortet werden, aber es ist festzustellen, dass es zwei verschiedene Sichtweisen gibt: die Sicht der Sieger (der Eroberer) und die Sicht der Besiegten (die indigene Bevölkerung).
Dementsprechend wird sich diese Modularbeit mit diesen beiden Sichtweisen beschäftigen und diese kurz darstellen. Dabei dient einerseits das Bordbuch von Cristóbal Colón auf Seiten der spanischen Konquistadoren und anderseits die Zusammenstellung der mexikanischen Zeugenaussagen von Miguel León-Portilla als dienliche Quelle. In diesem Zusammenhang wird der historische Hintergrund kurz abgerissen sowie auf den Eroberer und Entdecker Colón und seine vier Reisen eingegangen. Abschließen wird diese Arbeit mit der Zusammenfassung beider Sichtweisen und skizziert damit Folgen dieser Anfänge der Kolonialzeit.
2. Historischer Hintergrund
Das 15. Jahrhundert war maßgeblich das Jahrhundert der Entdeckung und Eroberung der Neuen Welt, das heutige “Amerika”. Betrachtet man die heute dargestellte Welt mit ihrer kontinentalen Lage und den sie umgebenden Meeren, so ist umso erstaunlicher welche Anstrengungen in den Zeiträumen unternommen worden, bis diese geographische Kenntnis entstand. Die Menschheit verdankt dies einer stattlichen Reihe von Männern, die mutig, ausdauernd und neugierig genug waren, unbekannte Gewässer und Gebiete zu erforschen. Einer dieser ehemaligen Kosmographen ist der bekannteste und umstrittenste Seefahrer, Eroberer und Beobachter, namens Cristóbal Colón. Mit ihm verbindet man nicht nur die Entdeckung der Neuen Welt sondern auch den Beginn der Neuzeit. Schon vor seiner Entdeckungsfahrt gab es erste europäische Seefahrer, die auf das nordamerikanische Festland gelandet sind. Bereits 986 kam der Norweger Bjarni Herjúlfsson auf der Fahrt von Island nach Grönland vom Kurs ab und berichtete von Land im Westen (März 2009: 11). Später im Jahre 1001 betrat Leif Eriksson als erster Europäer das amerikanische Festland. Verschiedener Überlieferungen zufolge versuchten sich dort Menschen anzusiedeln, jedoch wegen Feindseligkeit der Ureinwohnern, so genannte Skraelinger, und vor allem wegen ihrer eigenen Unzufriedenheit scheiterten sie und fuhren wieder zurück in ihre Heimat Skandinavien (März 2009: 12).
Im 13. Jahrhundert legte Portugal durch den portugiesischen Herrscher Dom Dinis den Grundstein für die atlantischen Entdeckungsfahrten und mit Hilfe genuesischer Seeleute formte er eine wirkungsvolle Seemacht (Wallisch 2006: 76f.). Diese versuchten bereits im Jahre 1291 eine Route nach Indien (um den afrikanischen Kontinent herum) zugänglich zu machen. Zu der damaligen Zeit besaßen die wichtigsten Handelsrouten die Araber und Asien. Vor allem Seide, Gewürze und andere Luxusgüter bezogen die Europäer aus Asien und Indien (Pawlak & Schott 2015: 1f.). Zum Ende des 14. Jahrhunderts und zu Beginn des 15. Jahrhunderts setzte der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer die Erkundung auf dem Atlantik fort und gründete die erste nautische Akademie im Südwesten Portugals, in Sagres. Dies führte zu einem Ansturm der Elite europäischer Seefahrer. 1434 richteten die nautischen Gelehrten Portugals ihre Aufmerksamkeit auf die Erschließung der südlichen Areale entlang der afrikanischen Küste, vor allem mit der Überquerung Kap Bojador und der daraus resultierenden Route nach Afrika und Indien (Wallisch 2006: 77). Jedoch gaben die Portugiesen die Überquerung des Meeres in westlicher Richtung auf. Erst Jahre später (1492) wurde dieser Plan von Cristóbal Colón im Auftrag der spanischen Krone realisiert (Wallisch 2006: 78). Spanien selber wurde erst zum Königreich Spanien als Ferdinand von Aragonien und Isabella von Kastilien 1475 den heiligen Bund der Ehe eingingen. Vorher gab es fortwährenden Kriege und Zerrissenheit, vor allem, weil der adlige Stand nach Unabhängigkeit strebte (März 2009: 44f.). Zudem kämpfte Spanien gegen die Mauren, die der Stadt Granada immer näher kamen. Gerade als die Reconquista und die Vertreibung der Juden abgeschlossen waren, erfolgte die Conquista Amerikas im Jahre 1492, so dass hier betont werden kann:
Die Rekonquista ging praktisch nahtlos in die Konquista Amerikas über. (Rose 1996: 4).
1494 wurden die neu entdeckten Landparteien zwischen den Mächten Portugal und Spanien durch den Vertrag von Tordesillas aufgeteilt (König 2006: 20f.). Spanien erhielt die hinter dem 46. Breitengrad westlicher Länge befindlichen Gebiete der Neuen Welt und Portugal erhielt alle Gebiete, welche östlich davon lagen. Folglich bekam auch Portugal einen Teil der Neuen Welt zugesprochen. Im 15. und 16. Jahrhundert eroberte Spanien innerhalb weniger Dekaden insgesamt ein Gebiet vom Süden der heutigen USA bis zum heutigen Chile und Argentinien. Mit der Eroberung des Aztekenreiches -im heutigen Zentralmexiko- von 1519 bis 1522 und des Inkastaates im Andengebiet zwischen 1532 und 1537 war der Höhepunkt der Conquista erreicht und deren daraus resultierenden Unterordnung unter die spanische Macht, zur Missionierung und Zivilisierung der einheimischen Bevölkerung (Rose 1996: 4). Es wurden zahlreiche Städte von Spanien und Portugal, die nun auch vermehrt Eroberungsfahrten in die Neue Welt unternahmen, errichtet. Im 16. und 17. Jahrhundert wurden bereits die ersten Vizekönigreiche gebildet, welche im 18. Jahrhundert vermehrt in Amerika auftraten (König 2006: 25-41). Die Bevölkerung der Gebiete Lateinamerikas bildete - im Gegensatz zu der anfänglichen strikten Trennung zwischen Eroberern und Einheimischen- eine Vermischung aller dort lebenden Menschen aus. Zufolge Margot Faak (2000: 16) bekämpften sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Mächte Europas in Südamerika, mit dem Ziel, größere koloniale Gebiete zu erringen, und größeren wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Rückblickend betrachtet muss betont werden, dass es sich bei der europäischen Expansion nicht nur um eine geografische, sondern auch um eine ökonomische Ausdehnung gehandelt hat. Dadurch, dass Europa eine handelshungrige Kultur war, stand vor allem der Ausbau der Handelsbeziehungen im Vordergrund, welcher die Erforschung der Erde vorantrieb (Kohler 2006: 189).
3. Die Version der Sieger
Abbildung 1: Potrait Cristóbal Colón2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wenn man sich das Portrait des Cristóbal Colóns (s. Abbildung 1) von Paolo Giovio (aus dem Jahr 1556) näher betrachtet, so fallen sofort seine weißen Haare auf, die er wohl schon im Alter von 31 oder 32 Jahren hatte. Außer-dem ist sein Gesicht mit Sommersprossen bedeckt und er wirkt eher wie ein Mann, der aus dem Norden kommt, als ein Italiener. Bedauerlicherweise ist wenig über seine autobiographische Vorgeschichte noch sein Lebens-
3.1. Cristobal Colón
ausgang bekannt. Das liegt zum einen daran, dass sein Sohn Diego das genaue Geburtsdatum nicht verriet und seine Entdeckung Amerikas bedeutender war. Es wird angenommen, dass er zwischen dem 25. August und 31. Oktober 1451 in Genua geboren wurde und aus einer bescheidenen Weberfamilie entstammte. Dennoch schickte ihn sein Vater an die Universität in Pavia, wo er vor allem die Kosmographie, Astronomie und Geometrie sowie Latein studierte (März 2009: 29f.). Mit 14 Jahren ging er bereits zur See und durchquerte 23 Jahre das Mittelmeer. Sein Geburtsort hätte nicht von größerem Vorteil sein können, denn dieser Stadtstaat Italiens genoss hohes Ansehen in der Schifffahrtskunde. Als er am 13. August 1476 Schiffbruch erlitt, landete er in Lagos (Zentrum für portugiesischer Forschung). Er ging danach nach Lissabon, wo bereits sein Bruder Bartholomé wohnte, und erlernte dort das Kartographieren. Diese portugiesische Stadt war der führende Dreh- und Angelpunkt der Kartographie (Wallisch 2006: 80). Durch die praktische Kartographie erhielt Colón die allerneusten geographischen Informationen, die er für seine späteren Reisen brauchte. Durch die Ehe mit Doña Felipa Muñiz wurde er in die besten adligen Kreise eingeführt, die im engen Kontakt mit dem portugiesischen Königshaus standen (März 2009: 32f.). Sein bereits verstorbener Schwiegervater, der selbst Seefahrer und Entdecker gewesen war, hinterließ ihm eine ganze Bibliothek mit kosmographischen und mathematisch-astronomischen Büchern, unter anderem auch die Imago mundi, das Weltbild des Kardinals d’Ailly bzw. Petrus de Alliaco, welcher darin erzählte, dass es möglich sei, über das westliche Meer zu fahren. Colón fühlte sich in seiner Annahme bestätigt, dass das Meer zwischen der Westküste Europas und dem Ostrand Indiens sehr schmal sei (März 2009: 35f.). Erst durch die neuere Berechnung der Entfernung zwischen dem Westrand Europas und dem Ostrand Asiens durch den Mathematiker und Astronomen Paolo del Pozzo Toscanelli wurde die Grundlage für seine spätere Fahrt über den Atlantischen Ozean gesetzt. Zudem erklärte ihm Toscanelli, dass von den Kanarischen Inseln aus, über die mythische Insel Antilia und Cipango das Reich des Khan zugänglich wäre. Aufgrund der neu errungenen Kenntnisse der Nautik, des günstigen Windes, dem sogenannten Nordost-Passat, der Beistand Toscanellis und nicht zuletzt die Verbindung zum Königshaus bewegten Colón 1483 die Pläne seiner Atlantiküberfahrt Richtung Westen dem portugiesischen König Johann II erstmals vorzutragen. Darüber hinaus begünstigte wohl auch die politische und gesellschaftliche Situation hinsichtlich der von den Osmanen belagerten Zufahrt zur asiatischen Welt und die Gegebenheit, dass Portugal die wissenschaftliche Elite der Nautik anzog, seine Hoffnung, für sein Unterfangen eine Zusage zu bekommen. Er wollte mit dieser Überquerung das damalige China erreichen, um anschließend auf den Spuren Marco Polos nach Indien zu fahren (Wallisch 2006: 85f.). Der König jedoch zweifelte an der Verwirklichung seines Planes und lehnte ab, ihn finanziell zu unterstützen. Überzeugt von seiner erfolgreichen Ausführung des Projektes beschloss er, sich anderweitig nach Unterstützung umzusehen, verließ Portugal 1484 und ging nach Spanien. Seine kranke Frau ließ er zurück und nahm stattdessen seinen fünfjährigen Sohn Diego mit (März 2009: 43). In Spanien wurde er das erste Mal Anfang des Jahres 1486 von den spanischen Königen Los Reyes Católicos empfangen und stellte ihnen seinen Plan vor. Nachdruck verlieh Colón seinem Plan durch die Betonung seiner religiösen Motive. Denn im Gegensatz zu Portugal, war der katholische Glaube in Spanien von entschiedener Bedeutung, der jedoch die Wissenschaft eher bremste als sie vorantrieb (Wallisch 2006: 87). Der König ließ diesen Plan von einer Junta, einem Regierungsausschuss, überprüfen. Dieser Ausschuss besaß wenig und schlechte Kenntnisse der Nautik und Kosmographie, so dass sie dem König rieten, den Plan von Colón abzulehnen (März 2009: 49). Diese Ablehnung führte nicht dazu, dass Colón aufgab, sondern noch verstärkter daran festhielt. Die Geduld von Colón wurde auf eine harte Probe gestellt. Erst nach fünf Jahren, als er sich gerade auf den Weg nach Frankreich machte, wurde er von der spanischen Königin zurück beordert (März 2009: 52-53).3 Am 2. Januar 1492 gewährten die spanischen Könige ihm eine erneute Audienz und diesmal wurde dem Projekt zugestimmt. Colón betonte dort noch einmal seine Beweggründe zu diesem Plan der Überquerung des Atlantiks. Neben Reichtümern wollte er den großen Khan, den Kaiser von China, finden und mithilfe des Goldes und dem zukünftigen Handel aus Indien die religiöse Rückeroberung Jerusalems fördern (März 2009: 55). Am 17. April 1492 willigten die spanischen Könige ein und unterzeichneten den Vertrag. Dieser beinhaltete die Beherrschung der Weltmeere und die Eroberung neuerer Gebiete für Spanien. Colón wurde zum Admiral, Vizekönig und Oberbefehlshaber aller Inseln und Festländer, die er entdecken würde. Ebenso bekam er das Vorrecht zur Wahl der drei Regierenden in diesen Gebieten und sollte den zehnten Teil des Gewinnes von allen Produkten und Waren sowie Perlen, Silber und Gold erhalten. Obendrein wurde er geadelt und erhielt den Titel Don, der auch für seine Nachkommen galt. Nach siebenjährigem Warten und Kämpfen hatte Colón sein Ziel erreicht und konnte nun in See stechen (März 2009: 56).
3.2. Das Bordbuch des Cristóbal Colóns und seine vier Reisen
Das Bordbuch, in Spanisch Diario de a bordo, zählt zu den Meisterwerken der Seefahrts- und Reiseliteratur. Colón berichtet hier von seiner ersten Reise nach Indien bzw. Amerika und informiert über jede Einzelheit seiner Reise. Somit ist dieser Bericht eine solide Informationsquelle, die nicht nur Entfernungen und Kompassrichtungen, sondern auch seine Eindrücke von den Inseln und den Menschen sowie seiner Mannschaft notiert. Bartolomé de Las Casas4 fertigte eine Kopie des Tagebuches an, denn bis heute ist das Original nicht mehr auffindbar. Hierbei kann davon ausgegangen werden, dass es sich nicht um eine Originalabschrift handelt, sondern eher um eine Überarbeitung (beinhaltet auch Textkürzungen) von Las Casas und somit zugunsten Colóns gestaltet wurde (Kohler 2006: 157). Dessen ungeachtet ist die Quellenlage der vier Fahrten von Colón erstaunlich gut. Es sind zahlreiche Berichte zu diesen Fahrten vorhanden. Eine Ausnahme bildet die zweite Reise. Insgesamt ist das bemerkenswert für die Seefahrer seiner Zeit. Die erste Reise (s. Abbildung 2) dauerte insgesamt 8 Monate, vom 3. August 1492 bis zum 15. März 1493. Mit drei Schiffen (Santa Maria, Pinta und Niña) brach er von Palos de la Frontera in Spanien auf. Auf den Kanarischen Inseln legten sie einen Zwischenstopp ein, da sie Proviant aufluden und das Steuerruder der Pinta repariert werden musste.
Abbildung 2: Die erste Reise des Cristóbal Colóns5
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Am 9. September segelten sie endlich weiter. Nach 36 Tagen, am 12. Oktober 1492, erreichte er die erste Insel der heutigen Bahamas, die von den Eingeborenen Guanahani genannt wurde und von Colón San Salvador
(Kohler 2006: 162). Auf den Bahamas
verweilte er drei Monate und entdeckte
Zipangu (das heutige Kuba) und Hispaniola (das heutige Haiti). Auf diesen Inseln begegnete er den Eingeborenen und erforschte die Inseln aufs Gründlichste, immer mit dem Augenmerk auf Gold und anderen Reichtümern. Das Schiff Santa Maria war so immens von Holzwürmern zerfressen worden, dass es nicht mehr seetüchtig war und deshalb entschied Colón daraus die erste Festung auf der Hispaniola zu errichten. Vierzig Mann blieben als Besatzung auf der Festung Navidad zurück (März 2009: 64-84). Am 16. Januar 1493 machten sich Colón und seine Mannschaft wieder auf den Rückweg und erreichten Palos de la Frontera am 15. März 1493. Diese erste Reise verschaffte Colón hohes Ansehen, da er einige Eingeborene, Gold, Papageien etc. mitführte. Wie versprochen wurde er in den Adelsstand erhoben und erhielt ein eigenes Familienwappen (Kohler 2006: 167). Die zweite Reise
Abbildung 3: Überblick über die vier Reisen des Cristóbal Colóns6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(s. Abbildung 3) wurde vor allem von den Königen subventioniert, da insbesondere die Besitzrechte Kastiliens gegenüber Portugal bewahrt werden sollten. Colón brach mit seinem jüngeren Bruder Diego am 25. September 1493 von Cadíz mit insgesamt 1500 Besatzungsmitglieder, darunter seine Mannschaft und Siedler, und 17 Schiffen nach Cuba auf. Als sie in der Karibik nach nur 20 Tagen ankamen, war die Festung Navidad durch die kriegerischen Eingeborenen zerstört. Colón baute daraufhin die Stadt Santo Domingo und erkundete das Hinterland auf der Hispaniola (Kohler 2006: 167f.).7 Als die Spanier am 5. Mai 1494 Jamaika erreichten wurden sie feindselig von der indigenen Bevölkerung empfangen. Innerhalb von fast drei Jahren des Verweilens in der Karibik hatte Colón weder den großen Kahn von China noch die zu erwartenden Reichtümer gefunden, so dass sie am 11. Juni 1496 wieder nach Cadíz zurückgekehrt sind. Ebenso war die dritte Reise vom 30. Mai 1498 bis zum 25. November 1500 von Palos nach Trinidad wenig erfolgversprechend. Unter der Flotte von Vasco de Gama durchquerten sie die Karibik und segelten nach Santo Domingo. Die Siedler waren dort, aufgrund der mangelnden Goldfunde, schlechte Versorgung und feindselige Eingeborenen, sehr unzufrieden. Als Resultat wurden Colón und seine beiden Brüder Bartolomé und Diego wegen mangelnder Führungsqualitäten als Gefangene zurück nach Spanien gebracht. Immer noch von der Idee überzeugt, dass es eine Passage nach Indien und China gäbe, machte sich Colón zum letzten Mal auf die Reise vom 9. Mai 1502 bis zum 7. November 1504 von Palos nach Martinique. Diesmal wurde er jedoch von Nicolás de Ovando abgelöst und hatte kein Mitspracherecht mehr. Sie durchquerten die westliche Karibik (das heutige Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama). Jedoch auch während dieser Reise fanden sie nicht die erhofften Reichtümer, sondern vielmehr die Auseinandersetzungen mit der indigenen Bevölkerung. Bis zu seinem Tod, am 20. Mai 1506 in Valloid, war Colón davon überzeugt, Asien entdeckt zu haben. Doch bereits Amerigo Vespucci sprach derweil schon von einem neuen Kontinent (Kohler 2006: 169-172).
[...]
1 Ich werde neben der Bezeichnung indigene Bevölkerung, die Begriffe Eingeborene, Einheimische oder konkret Nahau-Indianer verwenden.
2 Quelle:http://massivnews.com/wpcontent/uploads/2013 /04/ colomb_Ridolfo_ Ghirlandaio _Columbus.jpeg
3 Es wird gemutmaßt, dass „die Gönner Kolumbus“ auf die Königin eingeredet hätten.
4 Er war Mitglied des Dominikanerordens und Bischof in den spanischen Kolonien. (Ökumenisches Heiligenlexikon 2015)
5 Quelle: http://www.watson.ch/imgdb/
6 Quelle: http://www.aref.de/kalenderblatt/2012/pics/christoph-kolumbus _ karte _ reisen.gif
7 Dort wurden bis 1504 die indigene Bevölkerung stark unterworfen und vermindert. Im Kapitel 4 wird darauf näher eingegangen.