Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den theoretischen Betrachtungen zum gewerblichen Grundstückshandel sowie mit deren praktischen Umsetzungen. Der gewerbliche Grundstückshandel ist eine der schwierigsten steuerlichen Gebilde in Deutschland und bedarf daher einer besonderen und detaillierten Begutachtung der Umstände.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Unternehmensstruktur
3. Allg. rechtliche Vorschriften beim Grundstückskauf bzw. -verkauf
4. Buchführungspflicht
4.1. Begründung der Buchführungspflicht
4.2. Folgen für Jahresabschlusserstellung
5. Begründung des gewerblichen Grundstückshandels
5.1. Kriterien für die Einstufung als gewerblicher Grundstückshandel
5.2. Klassifizierung als gewerblicher Grundstückshandel von Beginn an
5.3. Die Drei-Objekt-Grenze
6. Abgrenzung zu anderen Einkunftsarten
6.1. Abgrenzung zu privaten Veräußerungsgeschäften
6.2. Abgrenzung zu anderen Gewinneinkunftsarten
7. Zusammenhang zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
8. Auswirkungen auf andere Steuerarten und steuerliche Nebenleistungen
8.1. Gewerbesteuer
8.2. Umsatzsteuer
8.3 Verzinsung
9. Ermittlung des Gewinns
9.1. Theoretische Betrachtungen
9.2. Praktische Umsetzung
10. Beendigung des gewerblichen Grundstückshandels
11. Schluss
Anlagenverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Aufgrund der Finanzkrise seit 2008 haben sich viele Menschen dazu entschlossen ihr Vermögen vor der Krise zu schützen, indem es in Immobilien gebunden wurde.
Nachdem diese Krise bis aufs Erste überwunden ist, versuchen wiederum viele Privatpersonen ihr Vermögen aus diesen Grundstücken durch Verkauf wieder zu extrahieren.
Da der Verkauf von Grundstücken in Deutschland mit besonderen rechtlichen Verpflichtungen versehen ist, wird sich nachfolgende Untersuchung mit diesen Verpflichtungen kurz auseinander setzen. Weiterhin wird sich die Untersuchung damit beschäftigen, welche Voraussetzungen vorliegen müssen damit ein Rechtsgeschäft über ein Grundstück als gewerblich einzustufen ist. Insbesondere soll die Abgrenzung zu den Spekulationsgeschäften aufgezeigt werden.
Ebenso wird sich die Untersuchung ausführlich mit den ertragssteuerrechtlichen (Einkommensteuer, Gewerbesteuer) und den bilanztechnischen Folgen auseinandersetzen, die ein gewerblicher Grundstückshandel mit sich bringt. Auch auf die Umsatzsteuer soll der Vollständigkeit halber sehr kurz eingegangen werden.
Die Untersuchung wird aber auch aufzeigen, wie man einen solchen gewerblichen Grundstückshandel wieder beenden kann.
Grundlage dieser Betrachtungen soll ein real existierendes Unternehmen aus dem Raum Halle sein. Hierzu soll zunächst auch die Unternehmensstruktur, d. h. die um den mittlerweile entstandenen gewerblichen Grundstückshandel existierenden Unternehmen kurz dargestellt werden.
2. Unternehmensstruktur
Das zu untersuchende Unternehmen wird als Einzelunternehmen durch Unternehmer U betrieben. Seine Ehefrau F unterstützt ihn hierbei nicht nur bei der Buchhaltung – beide besitzen und betreiben als Geschäftsführer zusammen auch diverse GmbHs, die in erster Linie Bauleistungen erbringen. Weiterhin betreibt U auch einen Baustoffhandel als Einzelunternehmen.
Die Struktur wird ausführlicher in Anlage 1 dargestellt.
U betreibt den gewerblichen Grundstückshandel als ein Bauträger, d. h. er kauft unbebaute Grundstücke, lässt auf diesen durch die GmbHs Wohngebäude errichten und verkauft diese anschließend. Material wird zum einen direkt durch den gewerblichen Grundstückshandel bei Großhändlern eingekauft, sodass die GmbHs nur noch die reinen Bauleistungen erbringen. Zum Teil werden die Baustoffe auch durch das Einzelunternehmen Baustoffhandel erworben und an die GmbHs verkauft, sodass diese Rechnungen über Material zzgl. Bauleistungen an den Gewerblichen Grundstückshandel stellen. Bei den Wohngebäuden handelt es sich sowohl um Ein- als auch Mehrfamilienhäuser. Arbeitnehmer werden im gewerblichen Grundstückshandel nicht beschäftigt.
Da der Grundstückshandel als Einzelunternehmen betrieben wird, können die Grundstücke ohne Probleme entnommen werden. Diese Möglichkeit wird bei Bedarf auch durch die Eheleute genutzt, bspw. um die Grundstücke bzw. die Gebäude zu vermieten.
Die Grundstücke/Wohngebäude werden ausschließlich an Privatpersonen verkauft bzw. vermietet.
3. Allg. rechtliche Vorschriften beim Grundstückskauf bzw. -verkauf
Bei Grundstücken ist zunächst die Einstufung als Sache (§ 90 BGB) wichtig, d. h. als körperlicher Gegenstand, den man anfassen kann. Weiterhin ist die Einstufung als Immobilie, d. h. als unbewegliche Sache wichtig.1
Grundstücke werden nach den Vorschriften der §§ 873 u. 925 BGB durch Einigung und Eintragung sowie durch Auflassung erworben. Auflassung bedeutet dabei, dass die beiden Vertragspartner (Veräußerer und Erwerber) gleichzeitig darüber einig sind, dass das Eigentum an dem Grundstück übergehen soll. Die Erklärung der Auflassung hat dabei vor einer zuständigen Stelle zu erfolgen. Eine solche zuständige Stelle ist dabei insbesondere jeder Notar (§ 925 Abs. 1 S. 2 BGB), aber auch ein Gericht kann eine solche Stelle sein.
Kaufverträge über Grundstücke sind nach § 311b BGB i. V. m. § 128 BGB immer notariell zu beurkunden. Notarielle Beurkundung bedeutet dabei, dass der Notar den Kaufvertrag nicht nur niederzuschreiben hat, sondern diesen auch in Anwesenheit der Vertragspartner zu verlesen und letztendlich ebenso zu unterschreiben und zu siegeln hat (§ 13 BeurkG).2 Die Auflassung ist zwar nach BGB nicht notariell zu beurkunden, jedoch muss sie für die Eintragung nachgewiesen werden (§ 29 GBO). Der Einfachheit halber wird sie deshalb ebenso in den Kaufvertrag aufgenommen. Praktisch geschieht dies, indem im Vertrag zu lesen ist „vor dem Notar sind erschienen X und Y und erklären das folgende…die Vertragspartner sind sich einig, dass das Eigentum an dem Grundstück AB auf den Käufer übergeht“ oder ähnliches.
4. Buchführungspflicht
4.1. Begründung der Buchführungspflicht
Aufgrund der Komplexität der notwendigen Buchhaltung, der teils zahlreichen Lieferanten und der hohen Umsätze verfügt ein Grundstückshandel i. d. R. über einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb, sodass U ein Kaufmann kraft Betätigung i. S. d. § 1 HGB ist.3 Somit besteht auch eine steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 140 AO.
Aufgrund der hohen Umsätze und der dadurch erzielten Gewinne ist eine Befreiung von der Buchführungspflicht nach § 241a HGB oftmals auch ausgeschlossen. Im Fall des U beträgt zwar der Umsatz weniger als 500.000 € im Jahr, jedoch ist der Gewinn i. d. R. immer größer als 50.000 €.
Selbst wenn U kein Kaufmann wäre, würde dadurch eine steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 141 AO entstehen, da ein Gewinn von mehr als 50.000 € ausreicht um die steuerrechtliche Buchführungspflicht zu begründen (§ 141 Abs. 1 Nr. 4 AO).4
4.2. Folgen für Jahresabschlusserstellung
Aufgrund der Buchführungspflicht ist U verpflichtet einen Jahresabschluss bestehend aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen (§ 242 Abs. 3 HGB). Da U den gewerblichen Grundstückshandel als Einzelunternehmer betreibt, muss er seinem Jahresabschluss keinen Anhang beifügen (Umkehrschluss aus § 264 Abs. 1 S. 1 HGB).
Besonderheiten ergeben sich bei der Bilanzierung der Grundstücke. Während in den meisten Unternehmen Grundstücke zum längerfristigen Verbleib im Unternehmen gedacht sind und somit als Anlagevermögen bilanziert werden (§ 247 Abs. 2 HGB), sind sie für einen gewerblichen Grundstückshandel lediglich zum kurzfristigen Verbleib gedacht und werden deshalb als Umlaufvermögen bilanziert.5 Als Folge dessen werden die Gebäude nicht planmäßig abgeschrieben. Gemäß dem strengen Niederstwertprinzip des § 253 Abs. 2 HGB sind die Gebäude und ggf. auch die Grundstücke auf einen niedrigen Wert abzuschreiben, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Somit ist für diese Gebäude und Grundstücke lediglich die außerplanmäßige Abschreibung möglich.6
5. Begründung des gewerblichen Grundstückshandels
5.1. Kriterien für die Einstufung als gewerblicher Grundstückshandel
Gemäß § 15 Abs. 2 EStG brauch es vier Kriterien, damit eine Betätigung als Gewerbebetrieb einzustufen ist:
Selbständigkeit,
Nachhaltigkeit,
Gewinnerzielungsabsicht und
Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr.7
Darüber hinaus ist eine Abgrenzung zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG) und den Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) wichtig. Darüber hinaus darf es sich nicht um eine reine Vermögensverwaltung handeln.8
Selbständigkeit bedeutet hierbei, dass der Steuerpflichtige nicht weisungsgebunden sein darf und die wirtschaftlichen Risiken und Chancen allein zu tragen hat. Nachhaltigkeit meint eine Wiederholungsabsicht. Gewinnerzielungsabsicht bedeutet das Erstreben eines wirtschaftlichen Vorteils. Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr meint, dass der Steuerpflichtige seine Leistungen der Allgemeinheit und damit einer unbestimmten Anzahl von Personen zur Verfügung stellen muss.9
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gehören darüber hinaus zu den Gewinneinkünften.10
5.2. Klassifizierung als gewerblicher Grundstückshandel von Beginn an
Abgesehen von dem Kriterium der Selbständigkeit, sind die übrigen drei Kriterien für die Klassifizierung als gewerblicher Grundstückshandel unter Umständen schwer zu beurteilen, weswegen sie oftmals Gegenstand juristischer Auseinandersetzung waren.11
Generell ist es aber möglich einen Betrieb von vornherein als gewerblichen Grundstückshandel zu klassifizieren. Dies kann z. B. dergestalt geschehen, dass der Steuerpflichtige als Unternehmensgegenstand bereits bei der Gewerbeanmeldung einen gewerblichen Grundstückshandel angibt. Praktisch sehr viel bedeutsamer ist jedoch die nachfolgend zu erörternde sog. „Drei-Objekt-Grenze“.
5.3. Die Drei-Objekt-Grenze
Die Drei-Objekt-Grenze stellt das vermutlich wichtigste Indiz dar, um die Veräußerung von Grundstücken bzw. Gebäuden als gewerblich zu klassifizieren. Wie in Punkt 5.2. bereits erläutert, sind insbesondere die Kriterien der Nachhaltigkeit, der Gewinnerzielungsabsicht und der Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr besonders schwierig abzugrenzen.
Der BFH hat in mehreren Urteilen12 entschieden, dass die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs grundsätzlich einen gewerblichen Grundstückshandel begründet. Als ein enger zeitlicher Zusammenhang wird dabei ein Zeitraum von fünf Jahren zwischen Errichtung, Erwerb oder Modernisierung eines Grundstücks bzw. Gebäudes und dessen Veräußerung definiert.13 Dieser Zeitraum begründet nach Entscheidung des BFH die Annahme, dass die Veräußerungen nachhaltig durchgeführt werden.
Das BMF hat sich dieser Rechtsprechung angenommen und in einem BMF-Schreiben konkretisiert.14
Danach führt das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze innerhalb von fünf Jahren grundsätzlich für alle Objekte zur Gewerblichkeit.15
Im Falle des Einzelunternehmers U führte die Veräußerung von vier vermieteten und im Privatvermögen gehaltenen Objekten zwischen 2008 und 2009 zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels. Eine Gewinnerzielungsabsicht war bei U bereits schon allein dadurch gegeben, dass alle Objekte mit Gewinn verkauft werden konnten. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr war ebenso eindeutig, da alle Objekte an unterschiedliche Käufer verkauft wurden.
I. d. R. sind jedoch zu eigenen Wohnzwecken genutzte Grundstücke und Gebäude von der Drei-Objekt-Grenze ausgenommen, da diese gewöhnlich notwendiges Privatvermögen darstellen und somit nicht dem Betriebsvermögen des Unternehmers zuzuordnen sind. Würde aus dem Verkauf des eigengenutzten Wohngebäudes somit Veräußerungsgewinn entstehen, wäre dieser nicht dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnen.16
[...]
1 Vgl. Aunert-Micus, S. / Güllemann, D. / Strecke, S. / Tonner, N. / Wiese, U. E. (2010), S. 33-34.
2 Vgl. Aunert-Micus, S. / Güllemann, D. / Strecke, S. / Tonner, N. / Wiese, U. E. (2010), S. 80.
3 Vgl. ebenda, S. 46.
4 Vgl. v. Sicherer, K. (2013), S. 22.
5 Vgl. v. Sicherer, K. (2013), S. 45.
6 Vgl. ebenda, S. 47.
7 Vgl. Schneeloch, D. (2011), S. 64.
8 Vgl. Grefe, C. (2014), S. 85.
9 Vgl. Schneeloch, D. (2011), S. 62.
10 Vgl. Grefe, C. (2014), S. 74.
11 Vgl. Söffing, G. u. M. / Thonemann-Winkler, S. (2014), S. 29ff.
12 Vgl. BFH-Beschluss vom 10.12.2001.
13 Vgl. Söffing, G. u. M / Thonemann-Winkler, S. (2014), S. 287.
14 Vgl. BMF-Schreiben vom 26.03.2004.
15 Vgl. ebenda, Tz. 6.
16 Vgl. Söffing, G. u. M. / Thonemann-Winkler, S. (2014), S. 284.