Thema der vorliegenden Seminararbeit ist der Gebrauch bzw. die Funktion des französischen Subjonctifs , der neben dem Indikativ und Conditionnel ein Modus der französischen Sprache ist. Er bildet einen grammatikalischen Bereich der französischen Sprache, der insbesondere deutschsprachigen Französischlernenden Probleme bereitet und trotz eines sehr guten Sprachgefühls noch Unsicherheiten hervorruft. Schließlich gibt es keinen vergleichbaren oder äquivalenten Modus im Deutschen und somit ist die Funktion des Subjonctifs nicht leicht zu durchschauen. Diese Problematik wirkt sich demzufolge auch auf seine Anwendung und somit auf das Übersetzen bzw. Dolmetschen ins Französische aus. Eine weitere Problematik, die hier einführend erwähnt werden soll, ist die Betrachtung des Subjonctifs im Rahmen der romanischen Sprachen, bspw. im Vergleich zum Subjuntivo im Spanischen. Der Gebrauch ist sowohl im Französischen als auch im Spanischen gleich, was seinen Grundwert anbelangt, doch wird der Subjonctif im Spanischen lebendiger und freier verwendet als im Französischen. Eine Tatsache, die bei Lernenden beider Sprachen zusätzlich Verunsicherung und Verwirrung stiften kann.
Allgemein wird mit diesem Modus gezeigt, wie der Sprecher einen Zustand oder einen Vorgang empfindet, darstellt und über diesen urteilt. Sein subjektives Empfinden bzw. seine Meinung wird mit diesem Modus ausgedrückt. Laut H. Soltmann ist die Modalität eine „nüancierte Ausdrucksform, in welche der Sprechende als denkendes und namentlich als seelisches empfindendes Wesen um seiner selbst willen und besonders im Interesse des Hörers den Inhalt der Aussage an sich prägt“ . Sie wird mithilfe von Modalverben ausgedrückt, bspw. sicher, vielleicht, nicht, leider etc. Laut dem schulgrammatischen Ansatz müssen die Formen, die sogenannten Auslöser, gelernt werden, um den Subjonctif richtig zu verwenden und ein Gefühl für seine Verwendung zu entwickeln. Durch reines Auswendiglernen kann jedoch kein Gefühl für die Verwendung des Subjonctifs erlangt werden. Sie sollten demnach vielmehr als Stütze betrachtet werden. Auf die Problematik zwischen Schulgrammatik und linguistischer Erforschung des Grundwerts macht auch M. Hummel aufmerksam: [...]
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1. Die Formen des Subjonctifs
2. Grundwert und Gebrauch des Subjonctifs
2.1 Syntaktische Bedingungen
2.2 Semantische Bedingungen
2.2.1 Affektive Modalität
2.2.2 Intellektuelle Modalität
3. Abgrenzung des Subjonctifs von anderen Modi
3.1 Indikativ
3.2 Conditionnel
3.3 Deutscher Konjunktiv
4. Die Tempora des Subjonctifs
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
0. Einleitung
Thema der vorliegenden Seminararbeit ist der Gebrauch bzw. die Funktion des französischen Subjonctifs1, der neben dem Indikativ und Conditionnel ein Modus der französischen Sprache ist. Er bildet einen grammatikalischen Bereich der französischen Sprache, der insbesondere deutschsprachigen Französischlernenden Probleme bereitet und trotz eines sehr guten Sprachgefühls noch Unsicherheiten hervorruft. Schließlich gibt es keinen vergleichbaren oder äquivalenten Modus im Deutschen und somit ist die Funktion des Subjonctifs nicht leicht zu durchschauen. Diese Problematik wirkt sich demzufolge auch auf seine Anwendung und somit auf das Übersetzen bzw. Dolmetschen ins Französische aus. Eine weitere Problematik, die hier einführend erwähnt werden soll, ist die Betrachtung des Subjonctifs im Rahmen der romanischen Sprachen, bspw. im Vergleich zum Subjuntivo im Spanischen. Der Gebrauch ist sowohl im Französischen als auch im Spanischen gleich, was seinen Grundwert anbelangt, doch wird der Subjonctif im Spanischen lebendiger und freier verwendet als im Französischen.2 Eine Tatsache, die bei Lernenden beider Sprachen zusätzlich Verunsicherung und Verwirrung stiften kann.
Allgemein wird mit diesem Modus gezeigt, wie der Sprecher einen Zustand oder einen Vorgang empfindet, darstellt und über diesen urteilt. Sein subjektives Empfinden bzw. seine Meinung wird mit diesem Modus ausgedrückt. Laut H. Soltmann ist die Modalität eine „nüancierte Ausdrucksform, in welche der Sprechende als denkendes und namentlich als seelisches empfindendes Wesen um seiner selbst willen und besonders im Interesse des Hörers den Inhalt der Aussage an sich prägt“3. Sie wird mithilfe von Modalverben ausgedrückt, bspw. sicher, vielleicht, nicht, leider etc.4
Laut dem schulgrammatischen Ansatz müssen die Formen, die sogenannten Auslöser, gelernt werden, um den Subjonctif richtig zu verwenden und ein Gefühl für seine Verwendung zu entwickeln. Durch reines Auswendiglernen kann jedoch kein Gefühl für die Verwendung des Subjonctifs erlangt werden. Sie sollten demnach vielmehr als Stütze betrachtet werden. Auf die Problematik zwischen Schulgrammatik und linguistischer Erforschung des Grundwerts macht auch M. Hummel aufmerksam:
„[…] [Es entsteht] die Situation, daß die Grammatiken als maßgebliche Instanz der Schulnorm das Sprecherbewußtsein und damit den Sprachgebrauch dahingehend beeinflussen, daß sie der Grammatikalisierung von Auslös ungsmechanismen Vorschub leisten. Die Darstellung des Subjunktivs als durch Signalwörter wie etwa Verben des Wünschens, Wollens, Befehlens, Fürchtens usw. ausgelöster Modus bietet zwar den Vorteil einer klaren Systematisierung des Subjunktivgebrauchs anhand formaler Kriterien, doch wird der Subjunktiv auf diese Weise als eine Erscheinung präsentiert, die die Beherrschung einer großen Zahl von Regeln voraussetzt, von den Ausnahmen ganz zu schweigen“5
So fremd der Subjonctif im Deutschen erscheint, so alltäglich und natürlich ist er jedoch im Französischen. Er ist schon lange im französischen Sprachgebrauch verankert, wird von Kind auf erlernt und somit vielmehr instinktiv genutzt als nach seinen grammatikalischen Regeln, auf die in Abschnitt 2 näher eingegangen wird. Vollständigkeitshalber werden zunächst die Formen und die Bildung des Subjonctifs vorgestellt, auch wenn dieser Abschnitt nicht dem Hauptziel dieser Seminararbeit entspricht. In Abschnitt 3 wird auf die zum Teil schwierige Abgrenzung zu den anderen Modi (Indikativ, Conditionnel und deutscher Konjunktiv) eingegangen. Die verschiedenen Tempora des Subjonctifs und ihre Funktion werden in Abschnitt 4 diskutiert. In einem zusammenfassenden Fazit soll vor allem die These, die in einigen Monographien zu finden ist, wiederlegt werden, dass der Subjonctif im modernen Sprachgebrauch am Verschwinden sei. Es soll vielmehr gezeigt werden, wie essentiell und unabdingbar der Subjonctif für die französische Sprache ist.
1. Die Formen des Subjonctifs
Bevor auf die Funktion bzw. den Grundwert des französischen Subjonctifs eingegangen wird und dem damit verbundenen Ziel dieser Seminararbeit, möchte ich vollständigkeitshalber die Bildung der Subjonctifformen kurz voranstellen. Bei der Bildung der verschiedenen Formen ist zum einem zwischen den regelmäßigen und unregelmäßigen Formen und zum anderem zwischen den Tempusformen (présent/passé) zu unterscheiden.
Die regelmäßigen Formen des Subjonctif présent werden vom Stamm der 3. Person Plural Präsens Indikativ abgeleitet, unabhängig davon, ob die Verben auf -er, -re oder -ir enden. Die Endungen des Subjoncif présent lauten -e, -es, -e, -ions, -iez und -ent. Auffällig bei der Konjugation der Verben ist, dass die Endungen des Subjonctifs in der 1. und 2. Person Plural denen des Imparfaits und alle anderen Endungen denen des Präsens der Verben auf -er entsprechen. Dieses Bildungsverfahren soll im Folgenden anhand eines Beispiels visualisiert werden: attendre: j´attende, tu attendes, il attende, nous attendions, vous attendiez, ils attendent Insgesamt existieren 10 unregelmäßige Verben, deren Formen sich nicht von einem Stamm ableiten lassen, und zwar être, avoir, aller, faire, vouloir, pouvoir, savoir, valoir, falloir und pleuvoir. Zur Bildung des Subjonctif passé (oder auch Subjonctif I composé6 genannt) werden die Subjonctifformen von avoir und être und das participe passé des jeweiligen Verbs genutzt, bspw. j´aie travaillé. M. Wilmet unterscheidet das Subjonctif passé zudem noch in Subjonctif 1 surcomposé, bspw. il ait eu fini.7 In der einfachen Schulgrammatik findet diese Unterscheidung nicht statt.
Die Formen des Subjonctif Imparfait leiten sich von der 2. Person Singular des Passé simple ab. Im Gegensatz zu den Formen des Subjonctif présent wird hierbei zwischen den Verben auf -er, -re oder -ir unterschieden. Die Bildung der Subjonctif-Imparfaitformen ist somit etwas komplizierter. Zur Herleitung wird zunächst noch einmal die Bildung des Passé simple nach M. Grévisse vorgestellt:
„Le passé simple présente quatre series de désinences. a) -ai, -as, -a, -âmes, -âtes, -èrent, pour les verbes dont l´infintif est en -er. b) -is, -is, -it, -îmes, -îtes -irent. Ces désinences appartiennent aux verbes en -ir (sauf courir et mourir, tenir et venir), à la plupart des verbes en -re, ainsi qu´à asseoir, surseoir, voir et les verbes de sa famille (sauf pourvoir: je pourvus). c) -us, -us, -ut, -ûmes, -ûtes, -urent. Ces désinences appartiennent aux verbes en -oir (sauf ceux de b), à courir et à mourir. Ainsi qu`à une quinzaine de verbes en -re et à leur famille: boire, conclure, connaître, croire, croître, être, exclure, lire, moudre, paraître, plaire, repaître, résoudre, taire, vivre. d) -ins, -ins, -int, -înmes, -întes, -inrent pour tenir, venir et leurs familles”8
Der Subjonctif Imparfait leitet sich von diesen Formen folgendermaßen ab:
„L´imparfait du subjonctif offre, dans les verbes en -er, les désinences -asse, -asses, -ât, -assions, -assiez, -assent. Dans les autres verbes, la voyelle a de ces désinences est remplacée tantôt par i, tantôt par u, tantôt par in“9
Der Subjonctif Plus-que-parfait (Subjonctif 2 composé10 ) wird mit der Form des Subjonctif Imparfaits von avoir oder être und des participe passé des jeweiligen Verbes gebildet, bspw. vous eussiez articulé. Die Existenz eines Subjonctif 2 surcomposé, z. B. il eût eu acquis wird bei M. Wilmet aufgeführt.11
Auf den genauen Gebrauch der verschiedenen Tempusformen des Subjonctifs und ihren Wert wird in Abschnitt 4 näher eingegangen. Hiermit sollte nur einmal aufgezeigt werden, dass eine Diskrepanz zwischen Schulgrammatik und Linguistik besteht. Die schulgrammatische Herangehensweise zeigt im Vergleich zu M. Wilmet, dass es einen Unterschied zwischen schriftlicher und gesprochener Sprache bezüglich des Subjonctifs gibt. Das Imparfait du Subjonctif und das Plus-que-parfait du Subjonctif ist heutzutage eher zum Bereich der sehr gepflegten Schriftsprache zu zählen.12 Ebenso kann für den Subjonctif 2 surcomposé argumentiert werden.
2. Grundwert und Gebrauch des Subjonctifs
In diesem Kapitel wird nun auf das Ziel dieser Seminararbeit, und zwar auf den Grundwert und den Gebrauch des Subjonctifs eingegangen. Es soll vorrangig der Frage auf den Grund gegangen werden: Was drückt der Subjonctif im Französischen aus?
Eine vereinfachte Definition der „valeur fondamentale du subjonctif“ von M. Grévisse möchte ich dabei voranstellen: „le subjonctif indique que le locuteur (ou le scripteur) ne s´engage pas sur la réalité du fait“13. Auch wenn diese Definition des Grundwerts, die die 100% Sprecherabhängigkeit des Subjonctifs beschreibt, sehr einfach gehalten ist, so bringt sie eine sehr wichtige Eigenschaft dieses Modus jedoch auf den Punkt. Mit dem Subjonctif wird demzufolge eine subjektive Aussage getroffen, die so sein kann, aber keine Tatsache darstellen muss. Dennoch warnt J.-P. Confais bei der Definitionsfindung für den Grundwert des Subjonctifs vor einer einseitigen bzw. generalisierenden Betrachtung:
„Elle devient franchement catastrophique, c´est-à-dire génératrice de fautes […], lorsque les auteurs donnent en pâture aux élèves la notion de ʻsubjectivitéʼ comme principe explicatif global du SUBJ […], comme si les modes n´étaient pas dans leur ensemble exclusivement subjectifs: dès lors, on ne peut plus s´étonner que les élèves germanophones trouvent plus logique d´utiliser le SUBJ après des expressions comme je suppose que ou il se figure que“14
Der Sprecher äußert eine Meinung, ein Gefühl, eine Vorstellung oder beschreibt einen Vorgang oder ein Handeln, das er selbst vertritt bzw. empfindet, es muss aber nicht der Realität entsprechen. Er stellt somit hypothetisch etwas in den Raum. Im Vergleich zum Indikativ kann dieser Vorgang laut M. Hummel irreal sein:
„Der Subjunktiv drückt demnach einen subjektiven Vorbehalt des Sprechers im Hinblick a uf die Tatsächlichkeit der Aussage aus. Es sei darauf hingewiesen, daß an der Tatsächlichkeit […] der Äußerung […] als solcher, d.h. des Sprechakts selbst, grundsätzlich kein Zweifel besteht, da jede Äußerung real ist. Irreal mag das bezeichnete Ereignis s ein, die bezeichnende Äußerung selber ist aber immer real“15 M. Hummel beschreibt den Grundwert dieses Modus folglich als Virtualität bzw. reine geistige Vorstellung oder Annahme.
Um Französischlernenden den Subjonctif bzw. seinen Gebrauch näher zu bringen, sind zwei Herangehensweisen ausschlaggebend. Zum einen muss die Syntax (grammatikalische Einbettung), in der er vorkommt und zum anderen die Semantik (die Funktion dieses Modus) betrachtet werden, da sie seine Abhängigkeit beschreiben. Wie bereits erwähnt, dient diese Systematisierung als stützender Rahmen zur Analyse, denn schließlich wird der Subjonctif im Französischen eher instinktiv gebraucht: „Quant aux emplois du subjonctif, il n´est pas excessif de dire qu´ils sont davantage déterminés par notre instinct de la langue que par des règles formelles“16.
Zunächst möchte ich auf den syntaktischen Rahmen eingehen und mich hauptsächlich auf die Ausführungen von J.-P. Confais beziehen. Anschließend wird eine genaue Untersuchung des Grundwerts anhand der semantischen Einbettung des Subjunktivs vorgenommen.
2.1 Syntaktische Bedingungen
Der Subjonctif steht sowohl in selbstständigen Sätzen und Hauptsätzen als auch in Nebensätzen, die mit -que eingeleitet werden, bzw. Relativsätzen: „Du point de vue syntaxique, on peut distinguer un SUBJ ˈnon dépendantˈ et un SUBJ ˈdépendantˈ“17.
In den Bereich selbstständige Sätze fallen Ausrufe, die einen Wunsch oder eine Befehl ausdrücken. Zum einen werden diese mit -que eingeleitet, bspw. Que personne ne sorte! "Keiner/Niemand verlässt den Raum!" und zum anderen ist die Konjunktion -que aufgrund der sprachgeschichtlichen Entwicklung in einigen Ausdrücken weggefallen, bspw. bei Vive la France! "Es lebe Frankreich!" oder Dieu soit avec toi! "Gott sei mit dir!".18
In Hauptsätzen steht der Subjonctif nur in einigen festen Verbindungen. Sein Vorkommen ist eher selten.
[...]
1 In einigen Monographien ist auch die Bezeichnung französischer Konjunktiv zu finden. In der Seminararbeit werde ich es bei der französischen Bezeichnung Subjonctif belassen.
2 M. Hummel (2001), S. 16
3 H. Soltmann (1914), S. 1
4 vgl. J.-P. Confais (1985), S. 56
5 M. Hummel (2001), S. 25
6 vgl. M. Wilmet (1997), S. 339
7 vgl. M. Wilmet (1997), S. 339
8 M. Grévisse (2007), S. 1027-1028
9 M. Grévisse (2007), S. 1028
10 vgl. M. Wilmet (1997), S. 342
11 vgl. M. Wilmet (1997), S. 342
12 vgl. J.-P. Confais (1985), S. 54
13 M. Grévisse (2007), S. 1102
14 J.-P. Confais (1995), S. 323
15 M. Hummel (2001), S. 27
16 J. Cellard (1983), S. 6
17 J.-P. Confais (1995), S. 323
18 vgl. J.-P. Confais (1985), S. 54