Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit ist eine Einführung in die Konzeption und Arbeitsweise der Werkstätten für behinderte Menschen.
Zunächst werde ich Ziele und Aufgaben aufzeigen und einen kurzen Einblick in die oft angeschlossenen Tagesförderstätten geben.
Die nächsten beiden Abschnitte beschäftigen sich zum einen mit der Struktur in den Werkstätten, weiter stelle ich das angestellte Personal vor.
Darauf aufbauend komme ich zu dem wichtigen Punkt des Auftrags der Werkstätten, auf den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten. An dieser Stelle erläutere ich die der Werkstatt diesbezüglich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und nenne die Kriterien und Qualifikationen, die die betreffenden Mitarbeiter erfüllen und mit sich bringen müssen.
Schließlich nenne ich Vorteile und Kritik an der WfbM. (...)
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische und gesetzliche Grundlagen
2.1. Definitionen von Behinderung
2.2. Gesetzliche Vorgaben für die Beschäftigung behinderter Menschen
2.2.1. Gewährleistungen des Grundgesetztes
2.2.2 Regelungen des Sozialgesetzbuches
2.2.3 Das SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
3. Die Werkstatt für behinderte Menschen
3.1. Aufgaben und Ziele der WfbM
3.2 Tagesförderstätten
3.3 Die Struktur der Werkstätten
3.1. Das Personal
3.1. Der Übergang auf allgemeinen Arbeitsmarkt und notwendige Kriterien
3.1. Vorteile und Problematiken der WfbM
Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)
1. Einleitung
In der Gesellschaft ist die bekannteste Beschäftigungsmöglichkeit für Menschen mit Behinderungen die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM, bis zur Neuregelung des SGB IX im Jahr 2001 WfB abgekürzt). Neben dieser existiert jedoch eine Vielzahl von alternativen Möglichkeiten, die Werkstatt ist nicht mehr der einzige Zugang zur Arbeit für Menschen mit Behinderungen.
Gegenstand der Arbeit ist, diese Möglichkeiten aufzuzeigen und damit zu verdeutlichen, dass auch Menschen mit geistigen oder starken Lernbehinderungen durchaus auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Auch die Werkstätten selbst haben den Auftrag, den Übergang geeigneter Mitarbeiter auf den ersten Arbeitsmarkt zu fördern, ihnen stehen dafür verschiedene Wege offen. Auch diese möchte ich sichtbar machen.
Von besonderer Bedeutung für diese Arbeit ist eine Einführung in die Konzeption und Arbeitsweise der Werkstätten für behinderte Menschen.
Zunächst werde ich Ziele und Aufgaben aufzeigen und einen kurzen Einblick in die oft angeschlossenen Tagesförderstätten geben.
Die nächsten beiden Abschnitte beschäftigen sich zum einen mit der Struktur in den Werkstätten, weiter stelle ich das angestellte Personal vor.
Darauf aufbauend komme ich zu dem wichtigen Punkt des Auftrags der Werkstätten, auf den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten. An dieser Stelle erläutere ich die der Werkstatt diesbezüglich zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und nenne die Kriterien und Qualifikationen, die die betreffenden Mitarbeiter erfüllen und mit sich bringen müssen.
Schließlich nenne ich Vorteile und Kritik an der WfbM.
2. Theoretische und gesetzliche Grundlagen
Zunächst möchte ich den Begriff der Behinderung definieren und die rechtlichen Hintergründe mit den daraus resultierenden Zuständigkeiten der Institutionen zur beruflichen Teilhabe behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen an der Gesellschaft vorstellen.
2.1. Definitionen von Behinderung
Den Begriff Behinderung genau zu bestimmen, ist sehr schwierig. Dafür weisen Behinderungen zu viele Facetten auf, sie sind individuell sehr verschieden und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.
„In der Literatur findet sich bislang kein vollständiger Konsens über einen durchgängig anerkannten Begriff der Behinderung." (Bleidick, 1999, S. 15)
Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Behinderung die Beeinträchtigung von körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionen (vgl. Biermann, Bleidick, 2004). Diese Definition greift jedoch zu kurz.
Im Sozialgesetzbuch findet sich eine gesetzliche Definition von Behinderung die die Auswirkungen auf das tägliche Leben hinzufügt: Ein Mensch ist behindert, wenn seine körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Er ist von der Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist (vgl. §2 SGB IX).
Eine weiter differenzierte Definition von Behinderung gibt Bleidick:
Als behindert gelten Personen, die infolge einer Schädigung ihrer körperlichen, seelischen oder geistigen Funktionen so weit beeinträchtigt sind, daß ihre unmittelbaren Lebensverrichtungen oder ihre Teilnahme am Leben der Gesellschaft erschwert werden. (1999, 15)
So sind nach Bleidick (1999, 15) besondere Merkmale der Behinderung der nur eingeschränkte Geltungsrahmen der Definition, die Behinderung als Folge einer organischen oder funktionellen Schädigung, die individuelle Seite, die die unmittelbare Lebenswelt betrifft und die soziale Dimension der Teilnahme am Leben der Gesellschaft.
Wie sehr das Verständnis von Behinderung vom Verhältnis der umgebenden Gesellschaft zum Individuum abhängt, wird in der Definition von Jantzen (1992, 18) deutlich:
Behinderung kann nicht als naturwüchsig entstandenes Phänomen betrachtet werden. Sie wird sichtbar und damit als Behinderung erst existent, wenn Merkmale und Merkmalskomplexe eines Individuums aufgrund sozialer Interaktion und Kommunikation in Bezug gesetzt werden zu gesellschaftlichen Minimalvorstellungen über individuelle und soziale Fähigkeiten. Indem festgestellt wird, daß ein Individuum aufgrund seiner Merkmalsausprägung diesen Vorstellungen nicht entspricht, wird Behinderung offensichtlich, sie existiert als sozialer Gegenstand von diesem Augenblick an.
Die gesellschaftliche Annahme von Normalität und dem, wie ein Mensch zu sein und was er zu tun hat, ist somit entscheidend für die Wahrnehmung des "Anderssein", welches dadurch erst in Augenschein tritt und Bedeutung erhält.
Barbara Fornefeld bemerkt (2000, 46), dass „Behinderung keine feststehende Eigenschaft eines Menschen ist, sondern immer von den Lebensumständen des Einzelnen und seinen sozialen Bezügen abhängt. Eine Definition bleibt darum immer nur relativ.“.
2.2. Gesetzliche Vorgaben für die Beschäftigung behinderter Menschen
Im folgenden Abschnitt gebe ich eine Übersicht der verschiedenen Gesetzesvorlagen, die sich mit der beruflichen Teilhabe behinderter Menschen an der Gesellschaft beschäftigen.
2.2.1. Gewährleistungen des Grundgesetztes
Arbeit ist für jeden mehr als nur der reine Broterwerb. Durch Arbeit erhält man die Möglichkeit entsprechend seiner Fähigkeiten zum Wohl der Gemeinschaft beizutragen. Darüber hinaus zieht man Gewinn in Form von persönlicher Befriedigung, in der Stärkung des Lebensmutes und durch ständige Übung und Herausforderung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Nicht zu vergessen ist auch der Wert des Umgangs mit anderen Menschen, Kollegen, oder Kunden. Arbeit bettet einen in ein gesellschaftliches Umfeld und schreibt eine Rolle zu.
Dies ist gültig für alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung. Es macht jedoch den Wert deutlich, den eine dauerhafte berufliche Eingliederung besonders für behinderte Menschen innehat. Sie ist wesentlicher Faktor und zugleich Voraussetzung für ihre Eingliederung in die Gesellschaft insgesamt.
Aus diesem Grund ist es Aufgabe des Staates, Hilfen und Leistungen anzubieten und gesetzlich zu verankern, die bei Bedarf von Menschen mit Behinderungen in Anspruch genommen werden können. Ihnen müssen alle beruflichen Wege und Möglichkeiten offen stehen, die auch nicht behinderte Menschen wählen können.
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sichert allen Menschen unabhängig von Ursache, Art und Schwere einer eventuellen Behinderung in gleicher Weise die Beachtung ihrer Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit, die Beachtung des Sozialstaatsgrundsatzes und die gleiche Behandlung durch die öffentliche Gewalt zu. (BMGS, 2004b, 3)
Im November 1994 wurde dem Artikel 3 des Grundgesetzbuches eine ergänzende Regelung hinzugefügt: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. " (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG).
Auf diese Grundsätze bauen die Rechtsvorschriften, die die Möglichkeiten der Teilnahme der behinderten Menschen am gesellschaftlichen Leben und insbesondere am Arbeitsleben regeln. Sie finden sich im Sozialgesetzbuch.
2.2.2 Regelungen des Sozialgesetzbuches
Im allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches findet man die grundlegende Rechtsvorschrift zur Eingliederung behinderter Menschen. Der §10 des SGB I gewährleistet dem, der körperlich, geistig oder seelisch behindert ist, bzw. dem, dem eine dieser Behinderungen droht, unabhängig von der Ursache der Behinderung, das Recht auf die Hilfe, die notwendig ist, um ihm einen seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz in der Gemeinschaft, insbesondere im Arbeitsleben, zu sichern. Nach diesem Recht der Eingliederung können nach §29 Abs.2 SGB I berufsfördernde Leistungen in Anspruch genommen werden, was insbesondere Hilfen zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes, die Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung, Ausbildung, Fortbildung und Umschulung, oder sonstige Hilfen zur Förderung einer Erwerbs- oder Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder in einer Werkstatt für behinderte Menschen betrifft.
Zuständig für diese Leistungen sind unterschiedliche Leistungsträger, deren Zuständigkeit in den §§ 19-24, 27 und 28 SGB I geregelt ist. So sind für die Leistungen der Berufsförderung die Bundesagentur für Arbeit, die Renten- und Unfallversicherung sowie die Träger der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden zuständig.
Festgelegt sind die einzelnen Leistungen und Maßnahmen zur Arbeitsförderung im SGB III. Hier finden die Bundesanstalt für Arbeit, die Landesarbeitsämter und die Arbeitsämter die Grundlagen für ihre Arbeit. Die wesentliche Norm für die Förderung der Teilhabe behinderter Menschen findet sich in §97 Abs.1 SGBIII:
Berufliche Eingliederung Behinderter. (1) Behinderten können Leistungen zur Förderung der beruflichen Eingliederung erbracht werden, die wegen Art und Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre berufliche Eingliederung zu sichern.
Die Leistungen zur Teilhabe behinderter Menschen nach §2 SGB IX am Arbeitsleben sind gegliedert in
- Leistungen an Arbeitnehmer (§§ 97-109, 111, 115, 160-162 SGB III),
- Leistungen an Arbeitgeber (§§ 235-239 SGB III),
- Leistungen an Träger (§§ 240-251 SGB III).
Die Leistungen sind alle Sozialleistungen, die die Arbeitsämter den behinderten Menschen gewähren.
Sie lassen sich nach §98 Abs. 1 SGB III in allgemeine und besondere Leistungen unterscheiden. Im Gegensatz zu den allgemeinen Leistungen, die allen Menschen zu gewähren sind, gibt es bei den besonderen Leistungen Einschränkungen, denn sie werden nach § 102 Abs. 1 SGB III nur gewährleistet, wenn
1. Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a) einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen oder
b) einer sonstigen auf die besonderen Bedürfnisse behinderter Menschen ausgerichteten Maßnahme unerlässlich machen oder
2. die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
Die allgemeinen Leistungen umfassen die Leistungen zur
- Unterstützung der Beratung und Vermittlung,
- Verbesserung der Aussichten auf Teilhabe am Arbeitsleben,
- Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung,
- Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit,
- Förderung der Berufsausbildung,
- Förderung der beruflichen Weiterbildung. (vgl. § 100 SGB III)
Die besonderen Leistungen umfassen nach § 103 SGB III
- das Übergangsgeld (§§ 160-163 SGB III),
- das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht erbracht werden kann (§§ 104-108 SGB III),
- die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme (§§ 109 und 111 SGB III).
Die allgemeinen Leistungen sind vorrangig zu gewähren. Besondere Leistungen werden nur erbracht, wenn nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann. (§ 98.Abs.2 SGB III)
Hat ein behinderter Mensch keinen Anspruch auf besondere Leistungen, kann er über die Berufsbildungsbeihilfe (BAB), die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BüE) und die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) gefördert werden. Des weiteren können alle Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung gewährt werden, wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehören:
- Eingliederungszuschüsse,
- Eingliederungsvertrag,
- Einstellungszuschuss bei Neugründungen,
- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen,
- Freie Förderung.
Es finden sich im Rahmen der allgemeinen Leistungen noch Besonderheiten, die regeln, unter welchen Voraussetzungen bei behinderten Menschen Leistungen in Frage kommen, obwohl sie nichtbehinderten Menschen bei gleicher Sachlage nicht zustünden (vgl. §101 SGB III), dies betrifft unter anderem Mobilitätshilfen, Abweichungen von der Ausbildungsordnung für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe, die Unabhängigkeit der Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe vom Wohnort, die Verlängerung der Ausbildung, die Wiederholung der Ausbildung ganz oder in Teilen, Ausnahmen bei den Erfordernissen für die Förderung einer beruflichen Weiterbildung, den Anspruch auf Unterhaltsgeld (unter bestimmten Vorraussetzungen), Weiterbildungskosten auch ohne Erfüllung der Vorbeschäftigungszeit.
Die Leistungen für die Teilnahme an Maßnahmen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen werden nicht mehr nach dem SGB III erbracht, sondern nach dem SGB IX, auf das ich später eingehen werde. Im §102 Abs. 2 SGB III ist lediglich noch der Hinweis auf die Möglichkeit der Leistungserbringung im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen enthalten.
Ist für einen behinderten Menschen wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für behinderte Menschen unerlässlich und wird diese Ausbildung in einem Berufsbildungswerk, Berufsförderungswerk oder einer sonstigen Rehabilitationseinrichtung mit vergleichbaren Diensten durchgeführt, kann die Maßnahme auch gefördert werden, wenn sie in schulischen Ausbildungsgängen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung erfolgt. Die Teilnahme an einer schulischen Ausbildung in einer besonderen Einrichtung wird nur dann gefördert, wenn der behinderte Mensch während der Maßnahme begleitender medizinischer, psychologischer oder sozialer Dienste oder pflegerischer Betreuung bedarf oder auf besondere bauliche und/oder ausstattungstechnische Gegebenheiten einer besonderen Einrichtung angewiesen ist. (§ 102 Abs. 1 SGB III) Diese Regelungen dienen der Erweiterung der Berufspalette z.B. in Berufsbildungswerken (BBW).
Zu den Leistungen an die Arbeitnehmer gehören letztlich noch die Regelungen des Anspruchs auf Ausbildungsgeld, wenn Übergangsgeld nicht erbracht werden kann (§104 SGB III), und die Regelungen zu der Übernahme der Teilnahmekosten an einer Maßnahme(§ 109 SGB III), die jedoch hier nur grundsätzlich festgelegt und genauer bestimmt sind im SGB IX.
Die Leistungen an die Arbeitgeber sind geregelt in den §§ 236- 239 SGB III und betreffen Ausbildungszuschüsse zur Ausbildungsvergütung, zur Ausgestaltung behinderungsgerechter Ausbildungs- und Arbeitsplätze und die Kostenerstattung für eine Probebeschäftigung behinderter Menschen.
Die Leistungen an die Träger von Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung oder zur beruflichen Rehabilitation (Hilfen zur Eingliederung behinderter Menschen oder von Behinderung bedrohter Menschen werden oft zusammenfassend als "Rehabilitation" bezeichnet) sind geregelt in den §§ 240- 251 SGB III. Diese Träger erhalten Zuschüsse, wenn sie durch zusätzliche Maßnahmen förderungsbedürftigen Auszubildenden eine Ausbildung ermöglichen und ihre Eingliederungschancen verbessern. Die Leistungen können umfassen: Zuschüsse zu dem Aufbau, der Erweiterung und der Ausstattung der Einrichtungen, zu den der beruflichen Bildung behinderter Menschen dienenden begleitenden Dienste, Internate, Wohnheime und Nebeneinrichtungen sowie Zuschüsse zu Maßnahmen zur Entwicklung oder Weiterentwicklung von Lehrgängen, Lehrprogrammen und Lehrmethoden zur beruflichen Bildung behinderter Menschen.
2.2.3 Das SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen
Im Juli 2001 trat das neue, neunte Buch des Sozialgesetzes: „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ in Kraft. In seinem Mittelpunkt steht die Förderung der Selbstbestimmung und Teilhabe behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen am Leben in der Gesellschaft und insbesondere am Arbeitsleben. Durch medizinische, berufliche, und soziale Leistungen soll dies schnell, wirkungsvoll, bürgernah, wirtschaftlich und auf Dauer erreicht werden (vgl. BMGS, 2004a, 50/70).
Das SGB IX bezieht in seinem zweiten Teil das Schwerbehindertenrecht mit ein und löst das bis dahin geltende Schwerbehindertengesetz ab.
Wichtig ist, dass die Bestimmungen des SGB IX nur so lange Gültigkeit haben, wie sich aus den jeweiligen Leistungsgesetzen der Leistungsträger nichts abweichendes ergibt. (vgl. §7 SGB IX)
Behinderten und von Behinderung bedrohten Menschen soll es ermöglicht werden, ihre eigenen Belange so weit wie möglich selbst und eigenverantwortlich zu bestimmen.
Dabei werden auch besonders die Interessen und die speziellen Bedürfnisse behinderter Frauen berücksichtigt.
Das selbstbestimmte Leben beginnt für viele behinderte Menschen mit einer guten Beratung. Diese soll durch das neue Gesetz schneller und effizienter gewährleistet werden. Für die Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind oft mehrere Rehabilitationseinrichtungen zuständig, was es bisher schwierig machte, den richtigen Ansprechpartner zu finden. Daher ist der Grundsatz des neuen Gesetzes: Gemeinsam geht es einfacher und schneller. Die einzelnen Rehabilitationseinrichtungen arbeiten besser zusammen, und wenn möglich, an einem Ort. Dafür entstehen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten gemeinsame Servicestellen (vgl. BMGS, 2004a, 10/12). Sie sind eine der wichtigsten Neuerungen des SGB IX. Hier sollen Betroffene schnell, unbürokratisch und ortsnah Beratung und Unterstützung finden. Aufgabe der gemeinsamen Servicestellen ist es, über die Leistungsvoraussetzungen und Leistungen der Rehabilitationsträger zu informieren und den persönlichen Bedarf an Rehabilitationsleistungen zu klären. Notwendige Anträge werden gemeinsam ausgefüllt, die Servicestellen leiten sie an den zuständigen Leistungsträger, bzw. den Rehabilitationsträger weiter und überwachen eine schnelle Entscheidung. Weiterhin unterstützen sie den Betroffenen bis zur Entscheidung und koordinieren auch während der Leistungserbringung die Hilfe der verschiedenen Rehabilitationsträger. ( vgl. §§22-25 SGB IX)
Ratsuchende können sich aber ebenfalls weiterhin direkt an einzelne Rehabilitationsträger wenden und dort Auskunft und Beratung beanspruchen. Handelt es sich um Hilfen für schwerbehinderte Menschen, ist auch der direkte Weg zu Integrationsämtern (früher Hauptfürsorgestellen) möglich.
Der Kreis der Rehabilitationsträger wurde mit dem neuen Gesetz, welches die Unterstützung behinderter Menschen als ganzes sieht, erweitert, in den Beratungs- und Entscheidungsprozess werden jetzt auch von Beginn an Mitarbeiter der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe mit einbezogen. Dies soll mit den für alle Rehabilitationsträger geltenden Verfahrens- und Abstimmungsvorschriften eine engere Zusammenarbeit im Interesse des behinderten Menschen ermöglichen. Zu der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gehören nicht nur medizinische und berufliche Leistungen zur Rehabilitation, sondern häufig auch weitere soziale Leistungen.
Zu den Rehabilitationsträgern gehören jetzt:
- Die gesetzlichen Krankenkassen, sie erbringen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation wenn andere Sozialversicherungsträger solche Leistungen nicht erbringen können.
- Die Rentenversicherung, deren Aufgabe ist es, ein vorzeitiges Ausscheiden der Versicherten aus dem Erwerbsleben zu vermeiden. Sie erbringt Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben
- Die Unfallversicherung, sie ist bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten verantwortlich für Leistungen der medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
- Die Träger der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge, sie übernehmen die Leistungen für ihre Leistungsberechtigten.
- Die Bundesanstalt für Arbeit mit ihren Arbeitsämtern, sie übernimmt Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sowie hier kein anderer Sozialversicherungsträger zuständig ist.
- Die Sozialhilfe, für die die Sozialämter der Städte und Landkreise oder die überörtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig sind, sie tritt für alle Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ein, soweit kein anderer Träger zuständig ist.
- Die öffentliche Jugendhilfe mit ihren örtlichen Jugendämtern, sie erbringt Leistungen zur Teilhabe seelisch behinderter Kinder und Jugendlicher, soweit kein anderer Träger zuständig ist.
- Das Integrationsamt, hier können für schwerbehinderte Menschen begleitende Hilfen im Arbeitsleben erbracht werden. (vgl. BMGS, 2004a, 16/17)
Die neuen Verfahrens- und Abstimmungsvorschriften beinhalten eine Beschleunigung der Entscheidungen der Rehabilitationsträger. Spätestens zwei Wochen, nach dem ein Antrag auf eine Leistung gestellt wurde, muss der Leistungsträger darüber entscheiden, ob er zuständig ist, und nach einer weiteren Woche über den Antrag entscheiden. Ist er nicht zuständig, wird der Antrag an den zuständigen Rehabilitationsträger weitergereicht, der wiederum innerhalb von drei Wochen über den Antrag entscheiden muss. Wird ein Gutachten zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs benötigt, muss dieses innerhalb von zwei Wochen vorliegen und die Entscheidung zwei Wochen später getroffen sein (vgl. §14 SGB IX). Spätestens der zweite Rehabilitationsträger muss entscheiden; zeigt sich im nachhinein, dass doch ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist, erstattet dieser die Aufwendungen des Leistenden.
Verstreicht die vorgeschrieben Entscheidungsfrist ohne Meldung, hat der Antragsteller in bestimmten Fällen jetzt mit § 15 SGB IX auch das Recht, sich die Leistung selbst zu beschaffen und sie dem Leistungsträger in Rechnung zu stellen. Er muss dieses Vorhaben dem Rehabilitationsträger jedoch melden, entscheidet dieser dann immer noch nicht, muss er die Kosten erstatten.
Da Arbeit zu haben viele Chancen für ein selbstbestimmtes Leben beinhaltet, sie den Kontakt und Austausch mit anderen bietet, hilft, die eigenen Fähigkeiten zu erkennen und zu verbessern, ökonomisch unabhängig macht und zugleich das Selbstvertrauen stärkt, widmet das SGB IX der Teilnahme am Arbeitsleben besondere Aufmerksamkeit. Ziel ist es, die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen. Die Teilhabe am Arbeitsleben soll möglichst auf Dauer gesichert werden (vgl. BMGS, 2004a, 34)
Die Leistungen zur Teilnahme am Arbeitleben sind festgelegt in den §§33-43 SGB IX. Sie umfassen:
- Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Beratung und Vermittlung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen,
- Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung,
- berufliche Anpassung und Weiterbildung, auch soweit die Leistungen einen zur Teilnahme erforderlichen schulischen Abschluss einschließen,
- berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden,
- Überbrückungsgeld entsprechend § 57 des Dritten Buches (SGB III) durch die Rehabilitationsträger
- sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um behinderten Menschen eine angemessene und geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen und zu erhalten. (§33 SGB IX)
Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Soweit erforderlich, wird dabei die berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt (vgl. § 33 Abs. 4 SGB IX).
Zu den Leistungen gehören weiterhin:
- medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen, soweit diese Leistungen im Einzelfall erforderlich sind um das Ziel der dauerhaften Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen,
- die Übernahme der erforderlichen Kosten für Unterkunft und Verpflegung, wenn für die Ausführung einer Leistung eine Unterbringung außerhalb des eigenen oder des elterlichen Haushalts notwendig ist,
- die Übernahme der mit der Ausführung einer Leistung unmittelbar in Zusammenhang stehenden Kosten, insbesondere Lehrgangskosten, Prüfungsgebühren, Lernmittel, Arbeitskleidung und Arbeitsgerät,
- Kosten für Hilfsmittel, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung, zur Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg vom und zum Arbeitsplatz erforderlich sind, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistungen erbracht werden können,
- Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz für schwerbehinderte Menschen als Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes,
- Kosten technischer Arbeitshilfen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind. (§33 SGB IX)
Auch an die Arbeitgeber können die Rehabilitationsträger, unter bestimmten Bedingungen und Auflagen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringen (vgl. § 34 SGB IX). Bei den Leistungen an Arbeitgeber handelt es sich insbesondere um
- Ausbildungszuschüsse zur betrieblichen Ausführung von Bildungsleistungen,
- Eingliederungszuschüsse,
- Zuschüsse für Arbeitshilfen im Betrieb,
- teilweise oder volle Kostenerstattung für eine befristete Probebeschäftigung.
Leistungen werden durch Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und vergleichbare Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation erbracht, soweit Art und Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Erfolges die besonderen Hilfen dieser Einrichtungen erforderlich machen (vgl. §35 SGB IX).
Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen werden erbracht, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der behinderten Menschen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, dabei ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern (vgl. §39 SGB IX). Sie werden erbracht im Eingangsverfahren, im Berufsbildungsbereich und im Arbeitsbereich einer anerkannten WfbM (vgl. §§40, 41 SGB IX).
Weitere ergänzende Leistungen sind nach dem §44 SGB IX:
- Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld, Ausbildungsgeld oder Unterhaltsbeihilfe,
- Beiträge und Beitragszuschüsse
- zur Krankenversicherung,
- zur Unfallversicherung,
- zur Rentenversicherung,
- zur Bundesanstalt für Arbeit,
- zur Pflegeversicherung,
- ärztlich verordneten Rehabilitationssport, einschließlich Übungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Frauen und Mädchen, die der Stärkung des Selbstbewusstseins dienen,
- ärztlich verordnetes Funktionstraining in Gruppen,
- Reisekosten (§ 53),
- Haushalts- oder Betriebshilfe und Kinderbetreuungskosten (§ 54).
Darüber hinaus haben nach §45 SGB IX behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen auch für den Zeitraum in dem eine berufliche Eignung abgeklärt oder eine Arbeitserprobung durchgeführt wird und sie wegen der Teilnahme kein oder ein geringes Arbeitsentgeld oder – einkommen erzielen, einen Anspruch auf Übergangsgeld.
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