Das Gespenst ist ein Phänomen, das den Menschen zu allen Zeiten sowohl inner- als auch außerliterarisch beschäftigt hat und noch immer beschäftigt. Wichtige Aspekte dieser Beschäftigung mit dem Phänomen Gespenst liefern in vielerlei Hinsicht nicht nur die Für- oder Widersprecher seiner Existenz in der Realität, sondern auch die verschiedenen Ausprägungen dieses Diskurses in der Literatur. Der Stellenwert des Übersinnlichen im Leben der Menschen, die Gründe dafür und die Perspektiven darauf finden sich zu jeder Epoche in der Literatur seiner Zeit gespiegelt. Um ein literarisches Phänomen wie das Gespenst zu untersuchen, muss also auch immer die Wechselwirkung zwischen Fiktion und Wirklichkeit betrachtet werden. Auch wenn der Glaube, beziehungsweise Aberglaube an Gespenster sich in allen Epochen und Kulturen beobachten lässt, kann man unzweifelhaft feststellen, dass es immer wieder Zeiten gab, in denen der Diskurs des Gespenstes eine gewisse „Hochkonjunktur“ hatte.
Warum dies gerade auf die Zeit der Spätaufklärung und der Frühromantik, die hier ungefähr auf 1790- 1820 datiert wird, zutrifft und wie diese beiden auf den ersten Blick so verschiedenen Strömungen mit dem Gespenst in Realität und Literatur umgehen, soll in dieser Arbeit an einigen Schlaglichtern gezeigt werden. Während sich auch im zu untersuchenden Zeitraum am Thema der realen Existenz von Gespenstern sprichwörtlich die Geister scheiden, erfahren sie als literarisches Sujet eine weitaus subtilere Behandlung. Seit Ende des 18. Jahrhunderts kann man von einer Etablierung der Aufklärung im Leben der Menschen sprechen und damit sollte eigentlich auch die Auslöschung jeglichen Glaubens an das Übersinnliche einhergehen. Trotzdem erfährt gerade in dieser Zeit der Schauerroman oder im englischen der weitaus besser untersuchte „gothic novel“ in allen Schichten der Gesellschaft eine Popularität, die nicht unbedingt den Glauben als vielmehr ein gesteigertes Interesse am Übersinnlichen zu bestätigen scheint. Gleichzeitig ist die literarische Strömung der Frühromantik im Entstehen begriffen, die eine neue, den Idealen der Aufklärung entgegengesetzte Sicht auf Welt und Poesie verbreitet.
Inhaltsverzeichnis
1. Interesse an dem Phänomen Gespenst in Literatur und Realität 1
2. Was ist ein Gespenst 2
2.1. Allgemeine Merkmale 3
2.2. Literarische Funktionen 7
3. Die Gespenstergeschichte um 1800 8
3.1. Gattungsentwicklung 9
3.2. Die Gespenstergeschichte in der Spätaufklärung 10
3.3. Die Gespenstergeschichte in der Frühromantik 15
4. Geisterseher und ihre Meinungen über das Gespenst 19
4.1. Friedrich Nicolai: „Beispiel einer Erscheinung mehrerer Phantasmen“ 19
4.2. Ludwig Tieck 22
4.3. Johann Heinrich Jung: „Theorie der Geister-Kunde“ 24
5. „Das Gespensterbuch“ 27
5.1. Entstehung und Inhalt des Gespensterbuches 27
5.2. „Der Geist des Verstorbenen“ 30
5.3. „Die Totenbraut“ 38
6. Ergebnisse der Textuntersuchungen 50
7. Die Entwicklung des Gespenstes hin zum 21.Jahrhundert 54
8. Literaturverzeichnis 56
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- Sophie Strohmeier (Author), 2014, Das Phänomen Gespenst in der Literatur der Spätaufklärung und der Frühromantik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/287834