Sport übt seit Jahrtausenden eine besondere Anziehungskraft auf die Menschen aus. Das
Betrachten sportlicher Höchstleistungen und dramatischer Wettbewerbe ist eine der beliebtesten
Freizeitaktivitäten rund um den Globus. Besonders die amerikanischen Profiligen des
American Football, Baseball, Basketball und Eishockey sowie die europäischen Profiligen im
Fußball sind Zuschauermagnete. Das Interesse an diesen Sportligen hat sich mit dem elektronischen
Zeitalter exorbitant erhöht. Die Zuschauerzahlen sind durch die TV-Vermarktung
der Sportligen enorm gestiegen. Andere Industriezweige profitieren vom Sport, indem Merchandising
Artikel hergestellt werden. Ökonomisch wird der Sport somit immer bedeutender.
Aus mikroökonomischer Sicht ist es interessant, zu betrachten, welche sportpolitischen
Maßnahmen dazu beitragen können, die Nachfrage nach Sportereignissen weiter zu erhöhen
und letztendlich die Wohlfahrt zu steigern. Hierzu stehen den Sportligen etliche Instrumente
zur Verfügung. Europa und Nordamerika unterscheiden sich in ihrer Wahl solcher
Instrumente in vielerlei Hinsicht.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Anhangverzeichnis
1. Einleitung
2. Ökonomische Betrachtung von Sportligen
3. Analyse bestehender europäischer und amerikanischer Ligasysteme
3.1. Offene vs. Geschlossene Ligastruktur
3.2. Allokation der Fernsehgelder
3.3. Allokation der Einnahmen einer einzelnen Partie
3.4. Allokation der Spieler
3.4.1. Draft
3.4.2. Reserve Clause
3.4.3. Free Agency
3.4.4. Roster Restriction
3.4.5. Spielerwechsel zwischen Teams
3.5. Profit Maximization vs. Win Maximization
4. Annäherung europäischer an amerikanische Strukturen: Cooperative Governance
4.1. Modellbetrachtung
4.2. Gleichgewicht unter Contractual Governance
4.3. Gleichgewicht unter Cooperative Governance
4.4. Vergleich
5. Einführung von Gehaltsobergrenzen (Salary Caps) in Europa als Möglichkeit weiterer Annäherung?
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anhangverzeichnis
Anhang 1: Erlöse aus regionalen TV-Verträgen der MLB im Jahre 2000
Anhang 2: Eigenständigkeitserklärung
1. Einleitung
Sport übt seit Jahrtausenden eine besondere Anziehungskraft auf die Menschen aus. Das Betrachten sportlicher Höchstleistungen und dramatischer Wettbewerbe ist eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten rund um den Globus. Besonders die amerikanischen Profiligen des American Football, Baseball, Basketball und Eishockey sowie die europäischen Profiligen im Fußball sind Zuschauermagnete. Das Interesse an diesen Sportligen hat sich mit dem elektronischen Zeitalter exorbitant erhöht. Die Zuschauerzahlen sind durch die TV-Vermarktung der Sportligen enorm gestiegen. Andere Industriezweige profitieren vom Sport, indem Merchandising Artikel hergestellt werden. Ökonomisch wird der Sport somit immer bedeutender. Aus mikroökonomischer Sicht ist es interessant, zu betrachten, welche sportpolitischen Maßnahmen dazu beitragen können, die Nachfrage nach Sportereignissen weiter zu erhöhen und letztendlich die Wohlfahrt zu steigern. Hierzu stehen den Sportligen etliche Instrumente zur Verfügung. Europa und Nordamerika unterscheiden sich in ihrer Wahl solcher Instrumente in vielerlei Hinsicht. Auf welcher Grundlage sollte man diese Instrumente bewerten? Sind die amerikanischen Instrumente den europäischen überlegen? Sollten europäische Sportligen in der Konsequenz Instrumente aus den USA übernehmen?
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Vergleich der wichtigsten sportpolitischen Instrumente der beiden Kontinente und bewertet die bestehenden Instrumente aus ökonomischer Sicht. Sport wird immer reizvoller, je größer die Unsicherheit über das Ergebnis ist. Madrigal (1995) beschreibt diesen Effekt folgendermaßen: „ sporting events represent a hedonic experience in which the event itself elicits such a sense of drama and attendance outcomes”1 und Whannel beschreibt weiter: “Like other forms of entertainment, sport offers a utopia, a world where everything is simple, dramatic and exciting, and euphoria is always a possibility ... Sport entertains, but can also frustrate, annoy and depress. But it is this very uncertainty that gives its unpredictable joys their characteristic intensity.”2 Die Nachfrage nach Sport hängt somit entscheidend von der Unvorhersagbarkeit des Siegers ab. Diese Unsicherheit über das Ergebnis steigt, je ausgeglichener die teilnehmenden Teams sind. Die Ausgeglichenheit einer Liga wird durch den Level der Wettbewerbsbalance innerhalb einer Liga bestimmt.
Wettbewerbsbalance bezieht sich auf die rationale Erwartung von Fans über den Sieger des Sportereignisses. In einem völlig ausgeglichenen Sportereignis beginnt jeder Teilnehmer mit der gleichen Siegwahrscheinlichkeit. Gäbe es keine Wettbewerbsbalance könnte der Sieger mit Wahrscheinlichkeit p = 1 vorausgesagt werden. Ohne zumindest einen geringen Grad an Wettbewerbsbalance würden Fans das Interesse an diesem Sport verlieren.3 Somit untersucht diese Arbeit sportpolitische Instrumente auf ihre Fähigkeit die Wettbewerbsbalance zu erhöhen.
Hierfür ist die vorliegende Arbeit wie folgt gegliedert. In Kapitel 2 wird die Sportindustrie beschrieben und auf ihre Besonderheiten hingewiesen. In Kapitel 3 werden bestehende sportpolitische Instrumente der großen amerikanischen Profiligen (MLB, NBA, NFL und NHL) und der europäischen Fußballligen beschrieben und auf ihre Fähigkeit zur Steigerung der Wettbewerbsbalance untersucht. Hierbei wird auf das grundsätzliche Organisationssystem der betreffenden Sportligen in Kapitel 3.1. eingegangen. In diesem Bereich wird der Frage nachgegangen, welche Vereine (Europa) und Franchises (Nordamerika) an den jeweiligen Ligen teilnehmen dürfen. Nachfolgend werden Teams aus Europa als Verein bezeichnet, während Teams aus Nordamerika als Franchise bezeichnet werden. In den Kapitel 3.2. und 3.3. werden die wichtigsten Einnahmequellen der Teams untersucht. Hierunter fallen die Einnahmen aus TV-Vermarktung und die Einnahmen aus einer einzelnen Partie, wie bspw. Zuschauereinnahmen. Daraufhin werden die Instrumente bezüglich des Personals der Teams in Kapitel 3.4. analysiert. Woher kommen die Spieler und wie werden diese auf die jeweiligen Teams alloziert? Wie werden diese Spieler an die Teams gebunden? Unter welchen Umständen dürfen Spieler zu anderen Teams wechseln? Weiterhin wird auf die Ziele der Teams in Kapitel 3.5. eingegangen. Es kann gezeigt werden, dass amerikanische Franchise als Gewinnmaximierer im ökonomischen Sinn betrachtet werden können, während europäische Vereine grundsätzlich das Ziel der sportlichen Siegmaximierung verfolgen. Danach wird in Kapitel 4 auf eine bereits erfolgte Annäherung im Bereich der Organisation der Überwachungs- und Aufsichtsorgane innerhalb der Ligen eingegangen. Europäische Ligen waren bis vor kurzem durch Vertragsbeziehungen zwischen unabhängiger Liga und Vereinen gekennzeichnet. Hierbei entschied ausschließlich die unabhängige Liga über sportpolitische Instrumente. Jedoch wurde nach amerikanischem Vorbild eine kooperative Struktur eingeführt, welche dafür sorgt, dass die Vereine selbst über sportpolitische Instrumente entscheiden können. Mit Hilfe eines Modells von Dietl et. al. wird formal untersucht, ob diese Annäherung bezüglich einer Produktivitätssteigerung sinnvoll war. Kapitel 5 untersucht die Möglichkeit einer zusätzlichen Annäherung im Bereich der Gehaltsobergrenzen, welche in den amerikanischen Profiligen bereits implementiert wurden. In Europa wird zunehmend über die exorbitanten Gehälter von Managern und Sportlern diskutiert. Aufgrund der Heterogenität der europäischen Fußballligen stellen prozentuale Gehaltsobergrenzen einen möglichen Kompromiss dar. Abschließend wird ein Fazit gezogen.
2. Ökonomische Betrachtung von Sportligen
Professioneller Sport ist eine Industrie bestehend aus Unternehmen, die „Teams“ genannt werden. Das Produkt dieser Industrie ist eine Form von Unterhaltung. Die Einnahmen der Industrie sind messbar anhand der Menge an Unterhaltung, die durch sie hergestellt wird. Alternativ kann die Menge auch durch die Kosten der Ressourcen gemessen werden, die benötigt werden um Unterhaltung herzustellen. Die Zahl der Zuschauer in den Stadien und an den Fernsehgeräten oder Radios können approximativ als Menge des produzierten Outputs betrachtet werden. Unterhaltung wird in dieser Industrie durch Partien hergestellt. Partien sind Wettbewerbe zwischen einem Paar von Teams in dem die Regeln der Partie und die Definition des „Gewinnens“ im Voraus beiden Parteien bekannt sind.4
Die Ökonomie von Sportligen ist in dem Sinne unüblich als dass kein Produkt hergestellt werden kann ohne die Hilfe zumindest eines anderen Produzenten bzw. Teams. Beidseitige Interdependenz ist ein essentielles Element. Es wird kein Produkt im herkömmlichen Sinn produziert, weshalb eine einfache Preis-Absatz-Funktion nicht ohne Weiteres festgelegt werden kann. Deshalb ist es notwendig den spezifischen Produktionsprozess zu analysieren um zu verstehen, weshalb Sportligen ihre Organisationsstrukturen in ihrer gegenwärtigen Form gewählt haben. Eine Wertschöpfung im Sport geschieht auf zwei Produktionsstufen. Auf der ersten Stufe investieren Vereine und Franchises in die Weiterentwicklung der Spielstärke des eigenen Teams. Jedoch kann kein Team ein marktfähiges Produkt alleine entwickeln. Dafür wird zumindest ein gegnerisches Team benötigt gegen das ein sportlicher Wettstreit ausgetragen werden kann. Der Wert solcher Partien kann erheblich gesteigert werden, indem diese Partien in eine Meisterschaft integriert werden. Auf der zweiten Stufe des Produktionsprozesses fungieren diese einzelnen Spiele als Input für die Produktion des Endprodukts - i.e. die Meisterschaft.
Es muss weiterhin eine Unterscheidung zwischen ökonomischem und sportlichem Wettbewerb getroffen werden. Im Sport wird jedes Team versuchen seinen Gegner zu dominieren und so viele Siege wie möglich einzufahren. Von einer ligaweiten Betrachtung ausgehend könnte sich jedoch die Attraktivität einer Meisterschaft in der Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs erhöhen (Wettbewerbsbalance). Somit könnte die Abwesenheit eines dominierenden Teams ökonomisch präferiert werden. Dies steht in starkem Kontrast zum ökonomischen Wettbewerb, in welchem jeder Wettbewerber versucht Monopolstatus zu er- reichen um seine Gewinne zu maximieren.
Im professionellen Sport muss eine Meisterschaft Monopolstatus besitzen, was eine weitere Besonderheit darstellt. Selbst die Europäische Kommission ist dieser Ansicht, hat sie doch im Bereich der TV-Vermarktung den Monopolstatus der UEFA bestätigt und für notwendig befunden.5 Der Wert einer Meisterschaft bemisst sich primär an diesem Monopolstatus. Gäbe es mehrere separate Meisterschaften pro Marktbereich und Sport könnte kein konsistentes Ranking aller Teams gebildet werden. Daher würde die Meisterschaft einen signifikant wichtigen Teil ihres Wertes für die Konsumenten verlieren. Gerade in Amerika gab es in der Vergangenheit immer wieder Zeitspannen in denen sich konkurrierende Ligen bildeten. Jedoch endete dies entweder in einer Fusion mit der bestehenden Liga oder der Auflösung der neuen Liga. Im europäischen Fußball wird die Einzigartigkeit der nationalen Meisterschaften zusätzlich durch eine Bestimmung der UEFA bestärkt. Sie erkennt keine Sportliga an, die nicht vom jeweiligen nationalen Fußballverband anerkannt wird.
Dieser zwingende Monopolstatus der großen Sportligen hat wichtige Implikationen für die teilnehmenden Teams. Die Investitionen von Klubeigentümern in ihre Teams sind spezifisch in dem Sinne, als dass sie nicht auf gleichsam profitable Alternativen transferiert werden können. Kein Klubeigentümer hat eine ökonomisch realisierbare Alternative für das Verlassen einer monopolistischen Liga als den Verkauf oder die Schließung des Teams. Hierbei entsteht das Risiko einer Hold-Up Problematik, wenn Klubeigentümer mit der Liga Verträge aushandeln wollen. Die Eigentümer müssten damit jegliche Bedingung der Liga akzeptieren um ihre Investitionen nicht zu verlieren. Die Lösung für ein solches Problem ist im Normalfall eine vertikale Integration. Im Sport kann diese Lösung aber nicht ohne Weiteres greifen, da dies in Konflikt mit der Wahrung der Integrität der Meisterschaft stünde. Sollten sich die Konsumenten der Integrität des sportlichen Wettbewerbs nicht mehr sicher sein, würde dies zu einem extremen Nachfragerückgang führen. Somit wird eine andere Form der vertikalen Integration benötigt. Diese muss die individuellen Anreize zum sportlichen Wettbewerb bewahren. In Amerika ist diese Form der sogenannten vertraglichen Überwachung (contractual governance) bereits seit langem fester Bestandteil der Organisationsstruktur der Sportligen. Die großen europäischen Sportligen haben diese Form in den 90ern und frühen 2000ern von den amerikanischen Ligen adaptiert. Eine detailliertere Betrachtung hierzu findet sich in Ka- pitel 4.
Es stellt sich nun die Frage wie die Nachfrage nach Sportereignissen definiert werden kann, um daraus abzuleiten wie auf diese Nachfrage von Seiten der Ligen Einfluss genommen werden kann. Die Nachfrage nach professionellen Sportereignissen ist nicht vergleichbar mit der Nachfrage nach herkömmlichen Produkten. Bei Sportereignissen wird ein Teil der Konsumenten (Zuschauer im Stadion) zu einem Bestandteil des Produktes selbst, das wiederum von anderen Konsumenten (Zuschauer am TV) gekauft wird. Der wichtigste Faktor der Nachfrage nach Sportereignissen ist das Faninteresse. Dieses Interesse manifestiert sich über das Zuschauen oder Zuhören einer Berichterstattung des Sportereignisses (im Stadion oder am TV), das Kaufen von Produkten, die im Zusammenhang mit diesem Sportereignis stehen (Trikots, Sportwetten oder Produkte von Teamsponsoren) oder aber das Verfolgen des Ereignisses (Lesen von Zeitungsberichten). Der Nutzen, den Fans daraus ziehen, leitet sich einerseits aus der Identifikation mit einem Team dieses Sportereignisses und andererseits aus der Qualität des Wettkampfs ab. Unzweifelhaft wird das Faninteresse durch die Verbindung zu einem bestimmten Team oder einem seiner Wettbewerber gesteigert.6 Typischerweise beruht die Identifikation eines Fans mit einem Team auf einer geografischen oder emotionalen Verbindung. Die Qualität des Wettbewerbs kann in zwei Dimensionen gemessen werden - Demonstration von physischer oder psychischer Stärke und Unsicherheit des Ergebnisses. Rottenberg (2000) argumentiert, dass die Qualität des Spiels umso höher ist, je mehr Anmut und Können dafür benötigt wird und je mehr außergewöhnliche physische Leistungen darin erbracht werden7. Madrigal (1995) bringt an, dass ein Sportereignis eine hedonistische Erfahrung ist, in der das Event selbst ein gewisses Maß an Drama hervorruft und das Ausmaß des Dramas vom Grad der Unsicherheit über das Ergebnis abhängt8. Plausibel ist auch, dass sich die Unsicherheit des Ergebnisses hauptsächlich über eine Steigerung der Wettbewerbsbalance erhöht. Um die Nachfrage nach Sportereignissen zu steigern, sollten Sportligen deshalb versuchen, die Wettbewerbsbalance der teilnehmenden Mannschaften zu erhöhen.
3. Analyse bestehender europäischer und amerikanischer Ligasysteme
Die MLB in Nordamerika (gegründet 1876) und die englische Fußballliga (gegründet 1888) sind die ältesten Sportligen auf den jeweiligen Kontinenten. Diese Ligen wurden zur Vorlage für die Organisation der jeweils anderen Sportligen auf den Kontinenten. Amerikanische Sportligen weisen dabei ein hohes Maß an Instrumenten für einen ausgewogenen Wettbewerb auf (z.B. Begrenzungen für die Anzahl an Spielern innerhalb einer Mannschaft, Draft Regeln, Gehaltsobergrenzen, Luxussteuern, Allokation der Einnahmen an einem Spieltag und Allokation der Fernsehgelder). Einige dieser Unterschiede werden im Folgenden dargestellt. Zuerst wird die Grundstruktur der Ligen betrachtet. Es stellt sich hier die Frage, welche Teams in diesen Ligen vertreten sind und wie deren Zugehörigkeit zu einer Sportliga festgelegt wird (siehe Kapitel 3.1).
Als Anhaltspunkt für die verschiedenen Erlösquellen von europäischen und amerikanischen Mannschaften wird die Bilanz der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA herangezogen. Hieraus ergeben sich exemplarisch die wichtigsten Einnahmequellen einer Sportmannschaft aus Europa und Nordamerika, da approximativ davon ausgegangen werden wenn, dass die weiteren Mannschaften in Europa und Nordamerika ähnliche Erlösstrukturen aufweisen. Aus den Bilanzen beider Mannschaften geht hervor, dass folgende Erlösquellen für Sportunternehmen besonders wichtig sind: Erlöse aus dem Spielbetrieb, Erlöse aus der Werbung und Erlöse aus der TV-Vermarktung.
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Erlöse aus dem Spielbetrieb und aus der TVVermarktung detaillierter aufgeführt (siehe Kapitel 3.2. und 3.3.). In diesen Bereichen existieren einige substantielle Unterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Sportligen. Die Erlöse aus der Werbung werden nicht weiter ausgeführt, da hier davon auszugehen ist, dass keine besonderen strukturellen Unterschiede bestehen. Einzig kulturelle Unterschiede in der Vermarktung des eigenen Unternehmens könnten hierbei auftreten.
Des Weiteren kristallisiert sich bereits in der Betrachtung der Erlösquellen ein eklatanter Unterschied zwischen europäischen und amerikanischen Sportligen heraus. Borussia Dortmund erwirtschaftet laut Jahresabschluss 12/13 nahezu 19 % seiner Erlöse durch Transfers. In den amerikanischen Sportligen kann jedoch durch Spielertransfers kein Erlös erwirtschaftet wer- den, da Spieler anderer Franchises nicht gegen eine Ablösesumme gekauft werden können. Dies wird in Kapitel 3.4.5 im Detail ausgeführt.
3.1. Offene vs. Geschlossene Ligastruktur
Es existieren grundsätzlich 4 Hauptformen von Ligastrukturen. Die geschlossene Struktur kommt hauptsächlich in den 4 großen amerikanischen Sportligen zur Anwendung. Die offene Struktur findet sich hauptsächlich in den europäischen Fußballligen wieder. Die dritte Form kann als Superleague Struktur bezeichnet werden. Hierunter wird bspw. die UEFA Champions League gezählt. Eine Teilnahme kann nur durch vorherigen Erfolg auf nationaler Ebene erreicht werden. Dies ist auch der Grund, weshalb eine solche Ligastruktur in den USA nicht anzutreffen ist. Internationale Superleagues wären für amerikanische Teams mit einem außerordentlich großen Aufwand verbunden. Des Weiteren existiert eine vierte Form, die in der Major League Soccer (MLS) in Nordamerika zum Einsatz kommt. Diese Struktur wird im englischen als „single-entity“ Struktur beschrieben. In dieser Einheitsstruktur gibt es keinerlei eigenständige Mannschaften in der Liga. Verträge werden nicht mit den einzelnen Mannschaften geschlossen, sondern mit der Liga selbst. Ein Spieler besitzt dementsprechend einen Arbeitsvertrag mit der MLS und nicht mit einer spezifischen Mannschaft innerhalb der Liga. Da sich diese Arbeit mit den Unterschieden zwischen den 4 großen Ligen in Amerika und den europäischen Fußballligen beschäftigt, wird im Folgenden auf die offene und geschlossene Struktur näher eingegangen.
Amerikanische Ligen zeichnen sich durchgängig durch eine geschlossene Struktur aus. Dies bedeutet, dass es keinen Auf- bzw. Abstieg aufgrund mangelnden sportlichen Erfolgs geben kann. Die Zugehörigkeit einer Mannschaft bspw. zur MLB kann ausschließlich erkauft werden. Momentan existieren in der NFL 32 Mannschaften und in der MLB, NHL und NBA 30 Mannschaften. Wie auch in Europa legt die Liga selbst die Anzahl der teilnehmenden Teams fest. Ein Einstieg in diese Ligen ist grundsätzlich durch 2 Arten möglich. Einerseits kann eine bestehende Mannschaft an einen neuen Besitzer verkauft werden, der diese dann in einer neuen Stadt ansiedeln kann. Bspw. versucht die Stadt Los Angeles durch den Aufkauf einer bestehenden Mannschaft schon seit mehreren Jahren eine NFL Mannschaft nach Los Angeles zurück zu bringen. Seit 1995 beherbergt die zweitgrößte Stadt Amerikas kein Footballteam mehr. Andererseits kann die Liga eine Erweiterung der Startplätze in der Liga be- schließen. Eine solche Expansion fand bereits mehrere Male und zuletzt 2002 in der NFL und 2004 in der NBA statt. Damals wurden neue Startplätze an die Houston Texans als 32. Team der NFL und die Charlotte Bobcats als 30. Team der NBA vergeben. Welche Mannschaft bzw. welche Stadt in einer der 4 großen Sportligen teilnimmt, bemisst sich damit grundsätzlich nach wirtschaftlichen und nicht nach sportlichen Gesichtspunkten. Ein weiteres Merkmal der geschlossenen Ligastruktur besteht darin, dass grundsätzlich nicht mehr als eine Mannschaft pro Stadt oder Region teilnehmen darf. Hier gibt es einige wenige Ausnahmen wie bspw. New York (2x NFL, 2x NBA, 2xMLB und 3x NHL) oder Los Angeles (2x NBA, 2x MLB). Diese Regelung besitzt den Charakter einer territorialen Ausschließlichkeitsvereinbarung.
Die offene Ligastruktur charakterisiert nahezu alle europäischen Sportligen gleichermaßen. Eine Ausnahme stellt bspw. die deutsche Eishockeyliga DEL dar, die nach amerikanischem Vorbild seit einigen Jahren auf die geschlossen Ligastruktur gewechselt ist. Der wichtigste Unterschied zur geschlossenen Ligastruktur ist die Möglichkeit des Auf- und Abstiegs von Mannschaften in übergeordnete und untergeordnete Ligen. Hierbei gibt es zwar innerhalb Europas verschiedene Regelungen unter welchen Bedingungen Mannschaften absteigen müssen, aber grundsätzlich kann festgestellt werden, dass ein Abstieg in die nächst untergeordnete Liga erfolgt, wenn eine Mannschaft einen der letzten Plätze nach einer Saison belegt. In der englischen Liga steigen jedes Jahr die letzten 3 Mannschaften der Premier League mit den wenigsten Punkten direkt ab, während in der deutschen Bundesliga nur die 2 letzten Plätze direkt absteigen und der drittletzte einer Saison in einem Hin- und Rückspiel gegen den drittbesten der untergeordneten Liga den letzten Startplatz für die kommende Saison ausspielt. Diese Auf- und Abstiegsregelungen finden sich auf jeder Stufe des englischen Fußballs wieder, von der Premier League bis zur untersten Amateurliga, sodass in der Theorie jede Fußballmannschaft des gesamten Landes die Premier League erreichen könnte. Ökonomisch gesehen repräsentieren Auf- und Abstieg eine Möglichkeit für Mannschaften den Markt auf jeder Wettbewerbsstufe zu betreten. Szymanski und Valletti (2005) zeigen, dass eine offene Ligastruktur dazu neigt Anreize zu einem höheren Bemühen der Mannschaften zu geben, aber den Anreiz Erlöse zu teilen verringert9.
Auf- und Abstieg führen zu einem wiederkehrenden Tausch zwischen Teams in den betref- fenden Ligen. Sportlich erfolgreiche Teams aus der untergeordneten Hierarchieebene erhalten die Möglichkeit auf der übergeordneten Hierarchieebene teilzunehmen. Sportlich erfolglose Teams dürfen hingegen nicht mehr auf der höheren Hierarchieebene teilnehmen. Theoretisch werden somit wettbewerbsfähige Teams in die Liga eingebracht, die damit die Wettbewerbsbalance erhöhen sollten. Jedoch zeigt sich in der Praxis, dass es unterklassigen Teams nur höchst selten gelingt, dauerhaft in der höchsten Hierarchieebene zu bleiben. Die Wettbewerbsfähigkeit dieser Mannschaften ist überwiegend zu gering. Vereine sehen sich der Ungewissheit über zukünftige Erlöse aus der höheren Spielklasse gegenüber und verhalten sich bei der Investition in ihr Team tendenziell zurückhaltender. In geschlossenen Strukturen findet Auf- und Abstieg nicht statt. Aufgrund der höheren Planungssicherheit wird somit mehr Geld in das Team investiert, womit tendenziell die Wettbewerbsbalance erhöht werden sollte. Aus dieser Sicht sind geschlossene Strukturen tendenziell besser geeignet eine zufrieden stellende Wettbewerbsbalance sicherzustellen.
3.2. Allokation der Fernsehgelder
Ein sehr großer Teil der Einnahmen eines Vereins oder einer Franchise resultiert aus Fernsehgeldern. Grundsätzlich stellt sich hierbei die Frage, warum Fernsehsender sehr große Summen für die Übertragungsrechte von Sportveranstaltungen ausgeben. Die wichtigste Einnahmequelle für Fernsehsender ist die Werbung, die diese in ihrem Fernsehprogramm ausstrahlen. In Zeiten von Festplattenreceivern greifen sehr viele Konsumenten auf die Möglichkeit zurück, bestimmte Sendungen oder Filme aufzunehmen und diese zu einem späteren Zeitpunkt anzuschauen. In diesen Fällen ist es für Konsumenten üblich die Werbeblöcke während der Aufnahme vorzuspulen, sodass die Konsumenten die Werbung nicht wahrnehmen. Werbetreibende Unternehmen müssen daher auf Sendungen oder Programme zurückgreifen, die nicht sehr häufig aufgenommen werden. Hierzu zählen vor allem Sportveranstaltungen, da Konsumenten die Spiele live verfolgen möchten. Der Nutzen aus einer LiveSendung einer Sportveranstaltung ist um ein vielfaches größer als der einer Aufzeichnung. Sportveranstaltungen liefern den Fernsehsendern darüber hinaus überwiegend hohe Zuschaueranteile, was den Anreiz für Unternehmen, in diesem Umfeld Werbung zu schalten, weiter erhöht. Werbetreibende treffen im Rahmen von Sportsendungen auf die für sie attraktivste Zielgruppe, i.e. Männer zwischen 18 und 49 Jahren. Demnach ist es für Fernsehsen- der erstrebenswert die Senderechte für Sportveranstaltungen zu erlangen.10 In Amerika schwelt seit einiger Zeit die Diskussion darüber ob die exorbitant hohen Preise für Übertragungsrechte noch Gewinne für die Fernsehanstalten abwerfen. Dick Ebersol (Sportverantwortlicher für NBC Universal in Amerika) gab daraufhin in einem Interview gegenüber der Sportsbusiness Daily zu, dass keine Fernsehanstalt in Amerika mit der Übertragung der NFL Gewinne erzielen würde. Die Übertragungen würden hauptsächlich genutzt um auf andere Sendungen und Produkte der Fernsehanstalt hinzuweisen.11 Ob dies auch auf Europa zutrifft ist derzeit nicht bekannt.
Es stellt sich nun die Frage der Verteilung dieser Fernsehgelder. In Amerika werden über alle Ligen hinweg die nationalen Fernsehgelder paritätisch verteilt. Somit hat jede Franchise dieselben Erlöse aus nationaler TV-Vermarktung. Eine Besonderheit ist jedoch, dass jede Franchise regionale TV-Verträge abschließen darf. Die Erträge aus diesen regionalen TVVerträgen stehen zumeist einer einzelnen Franchise zu. Ausnahmen bilden hierbei die Städte, in denen mehr als ein Team pro Sportliga beheimatet ist. Diese regionalen Erträge hängen von der Attraktivität der Franchise ab und differieren stark (siehe hierzu Tabelle 1 im Anhang „Erlöse aus regionalen TV-Verträgen“). Andererseits gibt es für die Franchises auch die Möglichkeit eine eigene regionale Fernsehanstalt zu gründen. Hier ist das New England Sports Network (NESN), welches bereits 1984 gegründet wurde und als Pionier der regionalen Sportfernsehanstalten gilt, zu nennen. Die Eigentümer des NESN sind die Boston Red Sox (MLB) und die Boston Bruins (NHL). Eine weitere Fernsehanstalt im Eigentum von Franchises ist das Chicago Sports Network (CSN) unter Führung der Chicago White Sox, der Chicago Cubs (beide MLB), der Chicago Bulls (NBA) und der Chicago Blackhawks (NHL). Strategisch gesehen ist es fraglich, ob eine Franchise eine eigene Fernsehanstalt gründen sollte oder eine mögliche Neugründung ausschließlich als Drohung gegenüber bestehenden Fernsehanstalten verwenden sollte, um mehr Geld für die Übertragungsrechte zu bekommen.
In Europa werden Fernsehgelder zumeist zentral und prozentual unterschiedlich verteilt. Grundsätzlich spielt die Platzierung in der vergangenen Saison zumeist eine große Rolle. So kommt es, dass der deutsche Fußballmeister einen deutlich höheren Anteil der Fernsehgel- der erhält als bspw. der Verein, der im vergangenen Jahr die Saison auf dem zehnten Rang abgeschlossen hat. Als deutscher Meister 2012/2013 erhält der FC Bayern München für diese Saison Fernsehgelder in Höhe von 33.185 T€, während der SC Freiburg als Zehnter der vergangenen Saison 24.401 T€ erhält.12 In England wird die Hälfte der TV-Einnahmen als fixer Anteil gleichmäßig an die Klubs verteilt. 25 Prozent werden dann nach der Platzierung in der vergangenen Saison vergeben und 25 Prozent werden je nach TV-Präsenz vergeben. In Italien werden 40 Prozent in gleichen Teilen verteilt. 30 Prozent werden gemäß sportlicher Erfolge der vergangenen Jahre verteilt, 25 Prozent anhand der Anzahl der organisierten Fans der Vereine und die restlichen 5 Prozent werden nach der Bevölkerung der Heimatstädte der Vereine verteilt. Anders als in England, Deutschland und Italien findet in Spanien eine dezentrale Vermarktung der Fernsehgelder statt. Dort zeichnen Real Madrid und der FC Barcelona für fast die Hälfte aller Fernsehgelder verantwortlich.
Aufgrund der hohen Summen der Fernsehgelder bilden diese einen sehr großen Anteil an den Erlösen eines Sportvereins oder einer Franchise. Damit eine bessere Wettbewerbsbalance entsteht, sollten Vereine und Franchises möglichst homogene finanzielle Voraussetzungen besitzen. Dieses Prinzip wird in den Vereinigten Staaten stark ausgelebt mit der paritätischen Verteilung der Fernsehgelder unabhängig des vergangenen sportlichen Erfolgs. Es ergeben sich allerding auch Asymmetrien durch die Möglichkeit der Erlösgenerierung mit regionalen Fernsehanstalten. Die grundsätzlich erfolgsabhängige Verteilung von Fernsehgeldern in Europa ist allerdings strukturell dem System der Vereinigten Staaten unterlegen. Sofern wäre in Europa eine Gleichverteilung der Fernsehgelder zur Steigerung der Wettbewerbsbalance anzustreben.
[...]
1 Madrigal, R. (1995), Cognitive and affective determinants of fan satisfaction with sporting event attendance, Journal of Leisure Research, 27(3), S. 206.
2 Whannel, G. (1992), Fields in Vision: Television Sport and Cultural Transformation, Routledge, London, S. 199.
3 An important element in the maintenance of the quality of the Premier League competition is competitive balance, that is to say the unpredictability of the outcome of a high proportion of the matches played within the competition and thus uncertainty about which club will win the championship ... we accept that an increase in financial inequality will tend to result in a reduction of competitive balance' RPC Court Judgment, Premier League '[A] professional league can flourish only if there is no too glaring imbalance between the clubs taking part. If the league is clearly dominated by one team, the necessary tension is absent and the interest of the spectators will probably lapse within a foreseeable period ... it is of fundamental importance to share income out between the clubs in a reasonable manner ...' Advocate-General Lenz, Bosman-Case 1995
5 EU-Kommission, Entscheidung vom 23.7.2003, COMP/C.2-37.398, OJ[2003], L 291/25.
4 Rottenberg, S. (2000), Resource allocation and income distribution in professional team sports, Journal of Sports Economics, 1. Jg., Nr. 1, S. 11.
6 Mason, D. S. (1999), What is the Sports Product and Who Buys It? The Marketing of ProfessionalSports Leagues, European Journal of Marketing, 33(3/4), S. 405
7 Rottenberg, S. (2000), Resource Allocation and Income Distribution in Professional Team Sports, Journal of Sports Economics, 1(1), S.11.
8 Madrigal, R. (1995), Cognitive and affective determinants of fan satisfaction with sporting event attendance, Journal of Leisure Research, 27(3), S. 206.
9 Szymanski, S., Valletti, T. (2005), Promotion and relegation in sporting contests, Rivista di Politica Economica, 95.5/6, S. 3-39.
10 Rowe, D. (1996), The global love-match: Sport and television, Media, Culture & Society, 18.4, S. 571
11 O. V. (2009), Ebersol: USOC ‘a rudderless ship zuletzt abgerufen am 24.02.2014 unter http://www.sportsbusinessdaily.com/Journal/Issues/2009/11/20091116/Sports-MediaTechnology/Ebersol-USOC-A-Rudderless-Ship.aspx.
12 Heckmann, Gunnar (2013), Inlandvermarktungsprämie in der Bundesliga in der Saison 2013/14, zuletzt abgerufen am 24.02.2014 unter http://www.fernsehgelder.de/ und Wallrodt, Lars (2013), Wie die DFL die zusätzlichen TV-Millionen verteilt, zuletzt abgerufen am 24.02.2014 unter http://www.welt.de/sport/fussball/bundesliga/article116043913/Wie-die-DFL-diezusaetzlichen-TV-Millionen-verteilt.html.