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Akademische Arbeit, 2006
28 Seiten, Note: gut
Soziologie - Politische Soziologie, Majoritäten, Minoritäten
1 Das Bielefelder Bundesmodellprojekt
1.1 Rechtliche Grundlagen des Bundesmodellprojekts
1.2 Potentiell budgetfähige Leistungen
1.3 Umsetzung des Bielefelder Modellprojekts
2 Potenzielle Fallbeispiele
Literaturverzeichnis (inklusive weiterführender Literatur)
In den folgenden Abschnitten stelle ich das Bielefelder Bundesmodellprojekt vor. Zunächst beginne ich im nächsten Abschnitt mit einer Darstellung der rechtlichen Grundlagen des Modellprojekts, um dann im darauffolgenden Abschnitt 1.2 näher auf die potentiell budgetfähigen Leistungen einzugehen. Die konkrete Umsetzung des Bielefelder Modellprojekts wird dann von mir in Abschnitt 1.3 beschrieben. Abschließend stelle ich in Abschnitt 2. dann zwei potenzielle Fallbeispiele vor.
Im Sozialgesetzbuch I bis XII sind die wesentlichen Bereiche des heutigen Sozialrechts geregelt. Zum einen enthält das Sozialgesetzbuch die wichtigsten Leistungsgesetze und zwar sowohl solche, die die einzelnen Zweige der Sozialversicherung betreffen[1] als auch Leistungsgesetze, die als staatliche Fürsorge aus Steuermitteln finanziert werden[2]. Zum anderen enthält es weitere Gesetze, die selbst keine Leistungsgesetze sind, aber Regelungen für alle oder einige der Leistungsgesetze enthalten. Dazu gehören das SGB I (Allgemeiner Teil), das SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) und das SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz). Auch das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) ist kein Leistungsgesetz im eigentlichen Sinne, sondern enthält Vorschriften für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, die sich auf die meisten für Menschen mit Behinderung relevanten Leistungsgesetze beziehen. Da das Persönliche Budget aus rechtlicher Perspektive nur eine besondere Form der Leistungserbringung darstellt und nicht selber Ansprüche auf Rehabilitations- und Teilhabeleistungen begründet, sind die wesentlichen und übergreifenden Bestimmungen zum Persönlichen Budget im SGB IX geregelt (Pöld-Krämer 2005: S. 21). Im Prinzip werden die aufgrund von Leistungsgesetzen bereits bestehenden individuellen Sachleistungsansprüche durch das Persönliche Budget lediglich in Geldleistungsansprüche umgewandelt.
Mit dem Inkrafttreten des SGB IX im Juli 2001 erhielten zunächst die einzelnen Rehabilitationsträger die Möglichkeit, Leistungen zur Teilhabe durch Gewährung eines Persönlichen Budgets auszuführen[3] und durch Modellvorhaben[4] zu erproben (Pöld-Krämer 2005: S. 18). Insbesondere in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Hamburg und Bielefeld-Bethel wurden entsprechende Modellvorhaben durchgeführt (Hagelskamp 2004: S. 126 ff.). Diese Modellvorhaben beschränkten sich dabei fast ausschließlich auf den Leistungsbereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung[5] (Hagelskamp 2004: S. 126).[6] Der zuletzt genannte Modellversuch in Bielefeld-Bethel startete im August 2003 in einer stationären Wohneinrichtung und ist nicht zu verwechseln mit dem von mir diskutierten Bundesmodellprojekt zum Persönlichen Budget in Bielefeld, das sich ausschließlich auf den ambulanten Bereich beschränkt.
Seit dem 1. Juli 2004 ist das Persönliche Budget nicht mehr auf einzelne Rehabilitationsträger beschränkt, sondern als träger übergreifende Komplexleistung gesetzlich verankert[7] und mit der ebenfalls zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getretenen Budgetverordnung (BudgetV)[8] weiter konkretisiert worden. Während vor diesem Zeitpunkt das Persönliche Budget bei verschiedenen Leistungsansprüchen (z.B. Ansprüche auf Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege) einzeln durch den jeweils zuständigen Leistungsträger bewilligt werden musste, werden Leistungen unterschiedlicher Leistungsträger nun „trägerübergreifend“ zusammengefasst und quasi „aus einer Hand“ gewährt (Projektteam 2005 c). Sind mehrere Leistungsträger beteiligt, ist deshalb auch nur ein Leistungsträger als so genannter „Beauftragter“ im Namen der anderen beteiligten Leistungsträger für das Persönliche Budget zuständig und erster Ansprechpartner für den Leistungsberechtigten.[9] Eine integrierte Leistungsgewährung unterschiedlicher Leistungsträger wie „aus einer Hand“ ist sicherlich sinnvoll und könnte auf den ersten Blick sogar den Eindruck erwecken, dass damit ein Grundproblem des deutschen Rehabilitationsrechts gelöst wäre. In Deutschland gibt es, im Unterschied zum Beispiel zu den Niederlanden, keine einheitliche Zuständigkeit für Rehabilitation bzw. Teilhabeleistungen: „Diese ist vielmehr gegliedert in eine Vielzahl von Zuständigkeiten, die jeweils unterschiedlichen sozialstaatlichen Prinzipien folgen (z.B. soziale Hilfe, Versicherungsprinzip, Entschädigungsprinzip) und damit unterschiedlichen sozialen Sicherungssystemen zugeordnet sind“ (Kastl/Metzler 2005: S. 23). Im weiteren Verlauf meiner Arbeit dürfte deutlich werden, dass das Persönliche Budget von seiner gesamten rechtlichen Konstruktion her das Grundproblem der Unübersichtlichkeit und Komplexität des deutschen Rehabilitationssystems nicht wirklich lösen kann. Da das Persönliche Budget nicht auf einem eigenen Leistungsgesetz beruht, sondern lediglich Sachleistungsansprüche aufgrund von Leistungsgesetzen in Geldleistungsansprüche umwandelt, bleibt das Problem der Unübersichtlichkeit und Komplexität inhaltlich weiter bestehen.
Im Unterschied zur vorherigen Gesetzeslage des SGB IX vom 1.Januar 2001 bis zum 30. Juni 2004 sind Persönliche Budgets ab dem 1. Juli 2004 nicht mehr nur auf Modellvorhaben beschränkt, sondern können unabhängig davon bundesweit prinzipiell von jedem Leistungsempfänger als sogenannte „Kann-Leistung“ beantragt werden. Deren Gewährung liegt dabei im Ermessen des jeweiligen Trägers. Ab Januar 2008 besteht dann generell ein Rechtsanspruch auf das Persönliche Budget[10] (Pöld-Krämer 2005: S. 18; Bundesregierung 2004: S. 25 ).
Bis zum 31.12.2007 soll das Persönliche Budget aber auch weiterhin in Modellprojekten erprobt werden, in denen insbesondere „modellhaft Verfahren zur Bemessung von budgetfähigen Leistungen in Geld und die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen unter wissenschaftlicher Begleitung und Auswertung erprobt werden“ sollen.[11] In Abstimmung mit den obersten Landessozialbehörden sind bundesweit 14 Modellregionen in 8 Bundesländern ausgewählt worden, in denen diese Verfahren zum Persönlichen Budget mit jeweils mindestens 50 Budgetnehmern erprobt werden sollen.[12] Bei einer dieser Modellregionen handelt es sich um das im Mittelpunkt meiner Arbeit stehende Modellprojekt in Bielefeld.
Das Persönliche Budget betrifft so genannte Teilhabeleistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen, die ohne Antrag auf ein Persönliches Budget sonst als konkrete Maßnahmen bzw. Sachleistungen gewährt worden wären. Menschen gelten dann nach dem SGB IX als behindert, „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist“.[13] Als von einer Behinderung bedroht gelten Menschen dann, wenn eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.[14] Im Vordergrund dieser für den Zusammenhang des Persönlichen Budgets relevanten rechtlichen Definition von Behinderung steht das Ziel der Teilhabe an den verschiedenen Lebensbereichen und nicht die Orientierung an wirklichen oder vermeintlichen Defiziten (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2006: S. 450). Dementsprechend wird im SGB IX auch von „Leistungen zur Teilhabe“ gesprochen, wenn Leistungsansprüche von Menschen aufgrund ihrer Behinderung gemeint sind. Budgetfähig sind grundsätzlich alle „Leistungen zur Teilhabe“ nach dem SGB IX[15], sofern sie sich „auf alltägliche und regelmäßige wiederkehrende Bedarfe beziehen“[16]. Nur gelegentliche und/oder kurzfristige Hilfebedarfe und einmalige Leistungen sind damit ausgeschlossen und werden weiterhin neben dem Persönlichen Budget als Sachleistung erbracht. Teilhabeleistungen umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.[17] Darüber hinaus sind auch andere Leistungen der Kranken- und Pflegekassen[18], der Unfallversicherung bei Pflegebedürftigkeit sowie der Hilfe zur Pflege der Sozialhilfe budgetfähig, wenn sie alltäglich und regelmäßig wiederkehrend sind.[19] Persönliche Budgets werden in der Regel als monatliche Geldleistung erbracht, in begründeten Fällen sind Gutscheine auszugeben.[20] Auch Mischformen zwischen Geldleistungen, Gutscheinen und Sachleistungen sind nicht ausgeschlossen (Pöld-Krämer 2005: S. 19). In ihrer jeweiligen Eigenschaft als Rehabilitationsträger können die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit, die Alterssicherung der Landwirte, die Kriegsopferversorgung, die Jugendhilfe und die Sozialhilfe (auch für Hilfen zur Pflege) mit einer oder mehreren Leistungen am Persönlichen Budget beteiligt sein. Neben den Rehabilitationsträgern können auch Pflegekassen und Integrationsämter ins Persönliche Budget einbezogen sein.[21] Welcher Träger unter welchen Voraussetzungen welche Leistungen erbringt, richtet sich nach den jeweiligen Leistungsgesetzen. Teilhabeleistungen aus der Rentenversicherung stehen beispielsweise nur dem zu, der dort auch versichert ist und die entsprechenden Vorversicherungszeiten vorweisen kann. Leistungen der für Menschen mit Behinderung besonders wichtigen Eingliederungshilfe nach §§ 53/54 SGB XII werden nur dann erbracht, wenn die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen dafür vorliegen und bestimmte Einkommens- und Vermögensgrenzen nicht überschritten werden, weil andernfalls keine Bedürftigkeit im Sinne des Sozialhilferechts vorliegt. Es würde den Rahmen dieser Arbeit schnell sprengen, alle für ein Persönliches Budget in Frage kommenden Leistungen der unterschiedlichen Leistungsträger ausführlich darzustellen.[22] Da das Persönliche Budget in rechtlicher Perspektive lediglich eine neue Form der Hilfeerbringung darstellt, wird die Komplexität des historisch gewachsenen deutschen Sozialleistungssystems mit seinen unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen, Zuständigkeiten etc. als solche nicht reduziert (Pöld-Krämer 2005: S. 21). Ob, in welcher Höhe, unter welchen Voraussetzungen und in wessen Zuständigkeit Leistungsansprüche vorliegen, muss weiterhin für jede einzelne Leistung von den jeweils zuständigen Stellen überprüft und festgestellt werden.
Projektträger im Bundesmodellprojekt Bielefeld sind der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als überörtlicher Sozialhilfeträger, die Stadt Bielefeld (Dezernat Jugend, Soziales, Wohnen) als örtlicher Sozialhilfeträger und die von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel (Stiftungsbereiche Behindertenhilfe und Integrationshilfen) als Leistungserbringer. Vertreter dieser drei Institutionen und der wissenschaftlichen Begleitforschung bilden das so genannte „Projektteam – Erprobung und Einführung trägerübergreifender Persönlicher Budgets in der Region Bielefeld“. Darüber hinaus gibt es ein das Projekt begleitendes Gremium aus Vertreter/innen von Betroffenen[23], Sozialversicherungen[24], Leistungsanbietern, dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie[25] und dem Projektteam selbst (Projektteam 2005c). Das Bielefelder Modellprojekt hat am 1. Oktober 2004 begonnen und endet am 30. Juni 2007.
Als globale Ziele des Bielefelder Modellprojekts werden sowohl die „Stärkung der Selbstständigkeit und Eigeninitiative Betroffener“ und die „Erhöhung der Dispositionsmöglichkeiten Betroffener“ als auch die „Organisation passgenauerer Hilfen“ und keine Kostensteigerungen bzw. langfristig gegebenenfalls Kostensenkungen genannt (Projektteam 2005 c; Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung 2004: S. 34). In diesen Zielen spiegeln sich einerseits der Perspektivwechsel in der Behindertenpolitik in Richtung Eigenverantwortung und Selbstbestimmung, andererseits aber auch Einsparungsbestrebungen im Bereich sozialer Sicherheit und Wohlfahrt wider. Darüber hinaus wird konkret angestrebt: Klare Zielvereinbarungen, geklärte Nachweispflichten, die Schaffung der erforderlichen Strukturen zur Einführung des Persönlichen Budgets, die Organisation der erforderlichen Abläufe zur Einführung des Persönlichen Budgets und das Sicherstellen der Schnittstelle zur Begleitforschung (Projektteam 2005 c; Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung 2004: S. 34).
Unabhängig von der grundsätzlichen Möglichkeit, ein Persönliches Budget für alle budgetfähigen Leistungen zu beantragen, gelten innerhalb des Modellsprojekts in Bielefeld folgende Einschränkungen: Das Angebot richtet sich ausschließlich an erwachsene seelisch, geistig, körperlich oder mehrfachbehinderte Menschen im ambulanten Bereich. Leistungen der stationären Eingliederungshilfe und Leistungen für Kinder und Jugendliche sind damit im Bielefelder Modellprojekt ausgeschlossen. Darüber hinaus bleiben Leistungen für den Besuch einer Tagestätte für psychisch behinderte/kranke Menschen, Leistungen im Rahmen des Behindertenfahrdienstes und Leistungen im Rahmen des familienentlastendes Dienstes (FED) weiterhin „institutionell finanziert“ und sind damit im Modellprojekt nicht budgetfähig. Die Gründe für diese Einschränkungen sind mir nicht bekannt. Die auf Informationsveranstaltungen zum Persönlichen Budget in Bielefeld vorgestellten beispielhaften „Fallgestaltungen“ stammen alle aus den „klassischen Angebotsfeldern der Eingliederungshilfe“, die durch den überörtlichen Sozialhilfeträger nach SGB XII finanziert werden (Landschaftsverband Westfalen Lippe 2005). Wie aus den bisher veröffentlichten Papieren hervorgeht, wird dabei als Grundleistung in erster Linie an das ambulant Betreute Wohnen und/oder an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben[26] gedacht. Bei der Diskussion meiner Fragestellung beschränke ich mich auf das ambulant Betreute Wohnen als Grundleistung und lasse die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wegen ihres völlig anderen Charakters außen vor. Als die Grundleistung ergänzende, zusätzliche Leistungen werden u.a. Haushaltshilfe, Leistungen der mobilen sozialen Dienste, Hilfe zur Pflege im Rahmen der Leistungen des örtlichen Sozialhilfeträgers und Leistungen der Pflegeversicherung genannt. Im Zusammenhang des Persönlichen Budgets wird in Bielefeld angestrebt, dass etwa 1/3 der Budgetnehmer (ca. 16 Personen bei 50 Teilnehmern) aus der stationären Versorgung in das ambulanten Betreute Wohnen wechseln (Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung 2004: S. 34; Projektteam 2005; Projektteam 2005c, Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2005). Als Beauftragter für das Persönliche Budget ist im Bielefelder Modellprojekt der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bestimmt (Projektteam 2005a: S. 1; Projektteam 2005c).[27] Der LWL als Beauftragter ist für das gesamte Verfahren von der Einleitung des Hilfeplanverfahrens bis zum Erlass des Verwaltungsaktes im Auftrag und im Namen der anderen Leistungsträger zuständig.[28]
Die Budgetverordnung (BudgetV) regelt die Zusammenarbeit der beteiligten Leistungsträger sowie das Verfahren der Budgetprüfung und der Budgetbewilligung, zu der auch der Abschluss einer Zielvereinbarung gehört. Damit beschreibt sie den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen sich das im Bielefelder Modellprojekt konkretisierte mehrstufige Verfahren bewegt. Anträge für ein Persönliches Budget können beim Sozialamt der Stadt Bielefeld oder beim LWL direkt gestellt werden, aber auch über eine Kontakt- und Beratungsstelle oder einen Anbieter des ambulant Betreuten Wohnens. Bei trägerübergreifenden Budgets reicht es aus, wenn der Antrag bei einem Leistungsträger gestellt wird (Pöld-Krämer 2005: S. 20). Nach Antragstellung leitet der LWL das individuelle Hilfeplanverfahren ein und unterrichtet bei einem trägerübergreifenden Budget unverzüglich die anderen beteiligten Leistungsträger. Diese sind dann verpflichtet, innerhalb von zwei Wochen Stellungnahmen im Rahmen ihrer Zuständigkeit insbesondere zum budgetfähigen Bedarf, der Höhe des Persönlichen Budgets, dem Inhalt der Zielvereinbarung und einem Beratungs- und Unterstützungsbedarf abzugeben.[29] Das Bedarfsfeststellungsverfahren der einzelnen Leistungsträger unterscheidet sich dabei erheblich voneinander (Pöld-Krämer 2005: S. 24) und richtet sich nach den entsprechenden Leistungsgesetzen. So muss z.B. die Pflegeversicherung den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten, während der Sozialhilfeträger bei der Eingliederungshilfe u.U. sachverständige Personen[30] anhören muss (Pöld-Krämer 2005: S. 24). Der Betroffene ist dabei in der Regel mit einzubeziehen.[31] Nach Zusammenstellung dieser „Basisunterlagen“ wird der Antragsteller zu einer so genannten „Clearingstellensitzung“[32] eingeladen (Landschaftsverband Westfalen-Lippe 2005; Projektteam 2005a: S. 1). Im Falle der „Clearingstelle Wohnen“ besteht diese im Bielefelder Modellprojekt aus einer vierköpfigen „Kernmannschaft“ mit jeweils einem Vertreter des LWL als Beauftragten und Kostenleistungsträger, der Stadt Bielefeld (Allgemeiner Sozialer Dienst oder Sozialpsychiatrischer Dienst), einem Repräsentanten der ambulanten Dienste und einem Repräsentanten der stationären Leistungserbringer. Soweit erforderlich werden noch andere beteiligte Leistungsträger hinzugezogen. Diese beraten dann mit der den Antrag stellenden Person im so genannten Bedarfsfeststellungsverfahren den Hilfebedarf und die vorgesehene Bedarfsdeckung. Auf Wunsch des Menschen mit Behinderung wird eine Person seiner Wahl an dem Verfahren beteiligt.[33] Dabei kann es sich zum Beispiel um einen Angehörigen, den Bezugsmitarbeiter eines ambulanten Dienstes oder eines Wohnheimes oder eine sonstige Vertrauensperson, z.B. aus einer Selbsthilfeorganisation, handeln. Es geht bei dieser Person nicht um den gesetzlichen Betreuer als Vertreter des Menschen mit Behinderung, da dieser ohnehin am Verfahren beteiligt werden muss, wenn „sein Aufgabenbereich berührt ist und/oder der behinderte Mensch nicht zur Vornahme der erforderlichen Verfahrenshandlungen in der Lage ist“ (Pöld-Krämer 2005: S. 25).[34]
[...]
[1] Dabei handelt es sich um Arbeitslosenversicherung (SGB III), Krankenversicherung (SGB V), Rentenversicherung (SGB VI), Unfallversicherung (SGB VII) und Pflegeversicherung (SGB XI).
[2] Es handelt sich dabei um Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II), Kinder- und Jugendhilfe (SGB XIII) und Sozialhilfe (SGB XII).
[3] § 17 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX i.d.F. vom 19.06.2001.
[4] § 17 Abs. 3 SGB IX i.d.F. vom 19.06.2001.
[5] Eingliederungshilfe nach §§ 39/40 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw. ab dem 01.01.2005 nach §§ 53/54 SGB XII.
[6] Nach Hagelskamp (2004: S. 126) waren diese Modellversuche allerdings weniger durch das SGB IX als durch den § 101a des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) motiviert. Diese so genannte Experimentierklausel ermöglichte es den Landesregierungen in Modellvorhaben Leistungen der Sozialhilfe zu pauschalieren.
[7] § 17 Abs. 2 bis 6 SGB IX.
[8] Die genaue Bezeichnung der Budgetverordnung lautet: „Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX“.
[9] § 17 Abs. 4 SGB IX i.Vm. § 3 Abs. 3 Budgetverordnung (BudgetV).
[10] § 159 Abs. 5 SGB IX.
[11] § 17 Abs. 6 SGB IX.
[12] Dabei handelt es sich um die Modellregionen München und Bezirk Mittelfranken in Bayern, Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin, die Kreise Groß-Gerau und Marburg-Biedenkopf in Hessen, Düsseldorf und Bielefeld in Nordrhein-Westfalen, Trier und die Landkreise Trier-Saarburg und Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz , Magdeburg in Sachsen-Anhalt, Gera in Thüringen und die Kreise Segeberg und Schleswig-Flensburg in Schleswig-Holstein (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung 2004: S. 12 ff.).
[13] § 1 SGB IX i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.
[14] § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB IX.
[15] § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.
[16] § 17 Abs. 2 Satz 5 SGB IX.
[17] § 5 Nr. 1, 2 u. 4 SGB IX. Bei § 5 Nr. 3 SGB IX (unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen) handelt es sich bereits um Geldleistungen.
[18] Damit dürften u.a. auch Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Rahmen der Krankenversicherung und Leistungen der häusliche Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung gemeint sein
[19] § 17 Abs. 2 Satz 5 SGB IX.
[20] § 17 Abs. 3 Satz 1.
[21] § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB IX.
[22] Eine „beispielhafte Aufzählung budgetfähiger Leistungen einzelner Leistungsträger“ findet sich in den „Vorläufigen Handlungsempfehlungen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (2005: S. 8 – 30). Nur zur Veranschaulichung sei hier ein kleiner Teil dieser budgetfähigen Leistungen mit dem jeweiligen Leistungsträger genannt: Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel, Häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe, Fahrtkosten entsprechend Krankentransport-Richtlinien (Krankenversicherung); Kraftfahrzeughilfe, Arbeitsassistenz (Bundesagentur für Arbeit); Ärztlich verordneter Rehabilitationssport, Arbeitsassistenz (Unfallversicherung); Leistungen der beruflichen Anpassung und Weiterbildung, Kfz-Hilfen, Arbeitsassistenz, Rehabilitationssport und Funktionstraining (Rentenversicherung), Ambulante Eingliederungshilfe, Teilstationäre Eingliederungshilfen, Stationäre Eingliederungshilfen, Leistungen zur Mobilität, Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, Leistungen zur Entlastung von Familien, Frühförderung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen (Sozialhilfe), Häusliche Pflege durch Pflegedienste, Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (Pflegeversicherung); Arbeitsassistenz zum Erhalt des Arbeitsplatzes (Integrationsämter).
[23] Dabei handelt es sich um den Psychiatriebeirat und den Beirat für Behindertenfragen (Projektteam 2005c).
[24] Im einzelnen handelt es sich dabei um Vertreter/innen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), der Landesversicherungsanstalt (LVA), der Innungskrankenkasse (IKK), der Betriebskrankenkassen (BKK), des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen und des Arbeiter-Ersatzkassen-Verbandes (VdAK/AEV) und der Agentur für Arbeit (Projektteam 2005c).
[25] Die neue Bezeichnung seit Juni 2005 lautet: „Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen“.
[26] Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können zum Beispiel die Finanzierung eines Platzes in einer „Werkstatt für behinderte Menschen“ (WfbM) umfassen.
[27] Die Bestimmung des Beauftragten bei trägerübergreifenden Persönlichen Budgets erfolgt nach § 17 Abs. 4 i.V.m. § 14 SGB IX.
[28] § 17 Abs. 4 Satz 1 SGB IX.
[29] § 3 Abs. 1 BudgetV.
[30] § 24 Eingliederungshilfe-Verordnung.
[31] § 21 Abs. 2 SGB X.
[32] Nach § 3 Abs. 3 BudgetV.
[33] § 3 Abs. 3 Satz 2 BudgetV.
[34] „Dies setzt nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen, unter besonderen Umständen auch nur seine Handlungsfähigkeit voraus“ (Pöld-Krämer 2005: S. 25, Anmerkung 45).
Hausarbeit (Hauptseminar), 22 Seiten
Examensarbeit, 108 Seiten
Hausarbeit, 30 Seiten
Geowissenschaften / Geographie - Wirtschaftsgeographie
Seminararbeit, 21 Seiten
Hausarbeit, 13 Seiten
Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung
Seminararbeit, 28 Seiten
Geowissenschaften / Geographie - Fremdenverkehrsgeographie
Fachbuch, 468 Seiten
Seminararbeit, 18 Seiten
Hausarbeit (Hauptseminar), 22 Seiten
Examensarbeit, 108 Seiten
Hausarbeit, 30 Seiten
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Hausarbeit, 13 Seiten
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