Im Zuge des Kurses „Anwendungsorientiertes Modul: Training und Coaching“ wurde sich, im Rahmen des semi-virtuellen Studienganges, mit dem Einsatz von erlebnispädagogischen bzw. erfahrungs- und erlebnisorientierten Methoden in Form von Trainingstools, beschäftigt. Die virtuelle Lernplattform bietet hierzu Literatur mit aktivierenden und erfahrungsorientierten Methoden für den Einsatz im Training und Coaching an. In den Präsenzphasen untersuchten die Studenten durch Anwendung mit anschließender Reflexion mehrere Trainingstools und deren Wirkungsweise.
Die Frage, die im Zuge dieser Studienarbeit näher ergründet werden soll, ist, inwiefern es möglich ist, die nachhaltige Wirksamkeit von einzelnen Trainingstools zu testen. Dazu zählt auch, welche theoretischen Hintergründe dabei beachtet werden und wie Trainingstools bzw. erlebnis- und erfahrungsorientierte Methoden systematisch evaluiert werden können. Diese Studienarbeit beginnt, in dem damit verbundenen Rahmen, zunächst, aus einem induktiven Ansatz heraus, mit einem praktischen Einstieg in Form einer Reflexion von eigenen Erfahrungen hinsichtlich der Wirkungsweise von Trainingstools vor dem Masterstudium. In Bezug dazu wurden mögliche Anforderungen bzw. Kriterien von Outdoor-
Trainingstools für ein Führungskräftetraining, mit Hinblick auf eine mögliche weitergehende Evaluation, entworfen. Das anthropologische Menschenbild, sowie die Theorien und Modelle geben einen kurzen theoretischen Überblick zum erlebnispädagogischen und erfahrungs- bzw. erlebnisorientieren
(Handlungs-)Lernen im Rahmen der Erwachsenenbildung wieder. Dies soll dem Leser ermöglichen, sich der Fragestellung von möglichen Wirkaspekten der Trainingstools
deduktiv anzunähern.
Der Stand der Forschung fasst die aktuelle empirische Evaluierung der letzten fünf Jahre von erfahrungs- und erlebnisorientierten Trainings - in einem wirtschaftspsychologischen Kontext - in ausgewählten Fachzeitschriften kurz zusammen. Er klärt teilweise ob und inwieweit sich die bisherigen Ergebnisse mit den Annahmen aus der Theorie decken.
Die Wirkfaktorenfestlegung und Evaluation von zwei ausgewählten Trainingstools, die im Rahmen der Lehrveranstaltung vorgestellt wurden, runden den praktischen Ansatz aus Kapitel eins in dieser Studienarbeit ergänzend ab. Dabei wird vor allem auf die Testung der nachhaltigen Wirksamkeit eingegangen.
Das abschließende Fazit bietet Raum für Interpretationen und Schlussfolgerungen.
Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
III. Anhangsverzeichnis
IV. Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
1.1 Eigene Erfahrungen bis 2009
1.2 Kriterien von Trainingstools für ein Outdoor-Training
1.2.1 Neurobiologische Wirkung
1.2.2 Outdoor-Anwendbarkeit
1.2.3 Trainerkompetenz(en) und -erfahrungen
1.2.4 Erkennbarer Erfolg
2. EO & EP, Anthropologisches Menschenbild, Modelle und Theorien
2.1 Erlebnisorientierte Arbeit (EO) & Erlebnispädagogik (EP)
2.2 Anthropologisches Menschenbild
2.3 Modelle und Theorien
2.3.1 Experiential Learning Cycle
2.3.2 4-Schritte-Modell
3. Stand der Forschung
3.1 Forschungsergebnisse der letzten fünf Jahre
3.2 Kritische Würdigung
4. Wirkfaktoren für und Evaluation von zwei ausgewählten
(Indoor-)Trainingstools
4.1 Wirkungsfaktorenfestlegung für das Untersuchungsdesign
4.1.1 Teilnehmer
4.1.2 Trainingsdesign
4.1.3 Trainer
4.1.4 Erkenntniszuwachs
4.2 Evaluation von zwei ausgewählten Trainingstools
4.2.1 Trainingstool „Uhren-Übung“
4.2.2 Trainingstool „Soziometrische Aufstellung“
5. Abschließendes Fazit
V. Anhang
VI. Literaturverzeichnis
II. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Lernzonenmodell
Abbildung 2: Experiential Learning Cycle nach Kolb
Abbildung 3: 4-Schritte-Modell
Tabelle 1: Wirkfaktorengewichtung
III. Anhangsverzeichnis
Tabelle 2: Anbieter von Trainingstools für Führungskräfte
Tabelle 3: Quellenangaben zum Research "Forschung der letzten fünf Jahre
Tabelle 4: Fragen zum Trainingstool "Uhren-Übung"
Tabelle 5: Nutzwertanalyse der „Uhrenübung“
Tabelle 6: Nutzwertanalyse der „soziometrischen Aufstellung“
IV. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
Im Zuge des Kurses „Anwendungsorientiertes Modul: Training und Coaching“ wurde sich - im Rahmen des semi-virtuellen Studienganges - virtuell und in den Präsenzphasen physisch mit dem Einsatz von erlebnispädagogischen bzw. erfahrungs- und erlebnisorientierten Methoden in Form von Trainingstools im Training beschäftigt. Die virtuelle Lernplattform bietet hierzu Literatur mit aktivierenden, erfahrungsorientierten Methoden für den Einsatz im Training und Coaching an. In den Präsenzphasen untersuchten die Studenten durch Anwendung mit anschließender Reflexion mehrere Trainingstools und deren Wirkungsweise.
Die Frage, die im Zuge dieser Studienarbeit näher ergründet werden soll, ist, inwiefern es möglich ist, die nachhaltige Wirksamkeit von einzelnen Trainingstools zu testen. Dazu zählt auch, welche theoretischen Hintergründe dabei beachtet werden und wie Trainingstools bzw. erlebnispädagogische bzw. erfahrungsorientierte Methoden systematisch evaluiert werden können.
Diese Studienarbeit beginnt, in dem damit verbundenen Rahmen, zunächst, aus einem induktiven Ansatz heraus, mit einem praktischen Einstieg in Form einer Reflexion von eigenen Erfahrungen hinsichtlich der Wirkungsweise von Trainingstools (Kap. 1.1) vor dem Masterstudium. In Bezug dazu wurden mögliche Anforderungen bzw. Kriterien von Outdoor-Trainingstools (Kap. 1.2) für ein Führungskräftetraining, mit Hinblick auf eine mögliche weitergehende Evaluation, entworfen.
Das anthropologische Menschenbild, sowie die Theorien und Modelle (Kap. 2) geben einen kurzen theoretischen Überblick zum erlebnispädagogischen und erfahrungs- bzw. erlebnisorientieren (Handlungs-)Lernen im Rahmen der Erwachsenenbildung wieder. Dies soll dem Leser ermöglichen sich der Fragestellung von möglichen Wirkaspekten von Trainingstools deduktiv - auf einer theoretischen Ebene - anzunähern.
Der Stand der Forschung (Kap. 3) fasst die aktuelle empirische Evaluierung der letzten fünf Jahre von erfahrungs- und erlebnisorientierten Trainings - in einem wirtschaftspsychologischen Kontext - in ausgewählten Fachzeitschriften kurz zusammen und klärt teilweise ob und inwieweit sich die bisherigen Ergebnisse mit den Annahmen aus der Theorie zur Wirkung von erfahrungs- und erlebnisorientierten Methoden decken.
Die Wirkfaktorenfestlegung für und Evaluation von zwei ausgewählten Trainingstools (Kap. 4), die im Rahmen der Lehrveranstaltung vorgestellt wurden, runden den praktischen Ansatz aus Kapitel eins in dieser Studienarbeit ergänzend ab. Dabei wird vor allem auf die Testung der nachhaltigen Wirksamkeit von einzelnen Trainingstools eingegangen.
Das abschließende Fazit (Kap. 5) bietet Raum für Interpretationen und Schlussfolgerungen zu den Ergebnissen und für die Beantwortung der Frage, die im Zuge dieser Studienarbeit näher erörtert werden soll.
1.1 Eigene Erfahrungen bis 2009
Im Rahmen einer zweiwöchigen beruflichen Weiterbildung hat die Autorin in 2000 erste Erfahrungen mit Trainingstools bzw. Spielen und Übungen im Rahmen von erfahrungs- und erlebnisorientierten Methoden gesammelt.
Das erste Trainingsspiel beinhaltete einen Kartenausschnitt und die Angabe von Wegkoordinaten. Es durfte ein Kompass benutzt werden, den aber keine von den fünf Teilnehmerinnen richtig anwenden konnte. Die Übung diente der Teambildung. Da es sich um fremdes Terrain und einen 100%igen weiblichen Teilnehmerkreis ohne einen persönlichen Bezug zu den eingesetzten Materialen handelte, hielt sich die Begeisterung für dieses Spiel in Grenzen und führte eher zur Verwirrung und Frustration als zu einem positiven (Lern-)Effekt und zur Teambildung. Letztlich musste das Spiel von den Spieleleitern abgebrochen werden, weil sich die Teilnehmerinnen hoffnungslos verlaufen hatten.
Nach der missglückten Wald- und Wiesenwanderung wurden von den beiden Trainingsleitern drei weitere Spiele bzw. Übungen vorgestellt, die insgesamt positiver von allen Teilnehmerinnen aufgenommen worden und somit dem Zwecke einer positiven Stimmung und der Teambildung förderlich waren.
Beim zweiten Spiel stellte sich jeweils eine Teilnehmerin auf einen Holztisch und ließ sich nach hinten fallen. Die anderen vier Teilnehmerinnen fingen die mit dem Rücken zugewandte, fallende Teilnehmerin mit ausgestreckten Armen (je zwei Teilnehmerinnen links und rechts) auf. Beim dritten Spiel wurden jeweils abwechselnd Zweiergruppen gebildet und einer von zwei Teilnehmerinnen die Augen verbunden. Die sehende Teilnehmerin führte und sollte gemeinsam mit der anderen „blinden“ Teilnehmerin im Wald, die mit Bändchen markierten Bäume, ansteuern. Dabei durfte nicht gesprochen, sondern nur zwecks Körperkontakt kommuniziert werden. Da es sich um eine Weiterbildung im Servicebereich von Bankfilialen handelte, sollten diese Übungen - wie sich in der Reflexion herausstellte - die Wichtigkeit von Vertrauen bestärken. Vertrauen, das zu einem selbst in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten und dem Bankkunden gegenüber entstehen soll.
Bei der letzten Übung musste, mit von den beiden Trainingsleitern bereit gestellten Materialen, ein Floss gebaut werden und anschließend von einer Teilnehmerin ein stehendes Gewässer mit dem selbstgebauten Floss überquert werden, um eine Sektflasche für das Team zu erspielen.
Besonders das letzte Spiel ist der Autorin in guter Erinnerung geblieben, weil zum Ende des Tages bereits alle Teilnehmerinnen sehr erschöpft waren und die allgemeine Motivation alles andere als vorbildlich war. Die letzte Übung hat dann allerdings die Teilnehmerinnen dazu angespornt erneut als Team Leistung zu erbringen und den Tag erfolgreich zu beenden.
Der Autorin sind die beschriebenen Übungen aus 2000 im Arbeitsalltag oft eingefallen und haben vor allem ein Credo geprägt und ihr durch zwei einfache Fragen oft in scheinbar schwierigen Situationen sehr weiter geholfen: “Warum zweifelst Du? Hast Du kein Vertrauen in Deine Arbeit(sleistung)?“ Dieser Effekt wird auch in einem Artikel „Trau Dir selbst – Selbstsicherheit lernen“ in managerSeminare beschrieben, wo es heißt, dass man zu mehr Selbstwert und ergo somit auch zu mehr Selbstsicherheit gelangt, wann man den „Fokus auf die Stärken umlenkt“ und dabei eben so genannte Mutsätze in kritischen Situationen hernimmt (vgl. Jumpertz 2013, S. 60 u. 62).
Des Weiteren hat die Autorin in 2009 bei einem eintägigen Manager Outdoor Seminar noch weitere Trainingstools (z. B. Balltransport, EasySpider, TeamBalken und Geocaching) kennengelernt.
Von den erwähnten Spielen in 2009 hat die Autorin insgesamt leider nicht viel an Erkenntnissen gewonnen, die als Transfer in die Praxis eingeflossen sind. Das Training war nicht auf den Joballtag der Autorin zugeschnitten und es gab auch wenig berufsbedingte Anknüpfungspunkte mit den anderen Teilnehmern. Auch war für die Autorin bei den letzten Spielerfahrungen kein roter Faden erkennbar, der wichtig für eine nachhaltige, eindrückliche Trainingserfahrung ist (vgl. Funcke & Rachow 2002a).
Das eintägige Manager Outdoor Seminar in 2009 ist nach Schär (2013) nicht als erlebnispädagogisch, sondern eher als erlebnisorientiert zu bewerten. Das unmittelbare Erleben bewirkte einen „ emotionalen Nachhall “, was aber nicht bewusst und praktisch in den Alltag transferiert wurde, sondern für sich stand.
Der Autorin sind jedoch alle Erfahrungen in guter Erinnerung geblieben und wenn diese wie in 2000 gezielt eingesetzt werden, zählen
„erlebnisorientierte Trainingsformate zu den „gehirngerechtesten“ und damit effizientesten Methoden, um praktische Handlungskompetenz konzentriert und mit nachhaltiger Wirkung zu vermitteln.“ (Herms & Hütter 2011, S. 35)
1.2 Kriterien von Trainingstools für ein Outdoor-Training
Im Hinblick darauf, dass in dieser Studienarbeit ebenfalls ein kurzer Blick in die Praxis auf bereits mögliche Trainingskonzepte, die als Paket auf dem Markt angeboten werden, geworfen werden soll, stellt Tabelle 2 eine Auflistung von Anbietern für entsprechende Führungskräftetrainings, der Website des Anbieters und den selbstdefinierten Bewertungskriterien unter Berücksichtigung von Sirch (2013) dar.
Laut Sirch (2013) besteht die Erlebnispädagogik als Praxis aus fünf Merkmalen: „außeralltägliche Aufgabenstellung, Gruppe, Einheiten der Reflexion, Natur als Raum und bewegter Körper“.
An ein Outdoor-Training könnten demnach nachfolgende Anforderungen gestellt werden, die im Nachgang von den Teilnehmern, sowie dem Trainer evaluiert werden könnten:
- Neurobiologische Wirkung (in der außeralltäglichen Aufgabenstellung)
- Outdoor-Anwendbarkeit („Natur als Raum“ mit bewegten Körpern)
- Trainerkompetenz(en) und –erfahrungen (als wichtiger Bestandteil der Gruppe)
- Erkennbarer Erfolg (als Unterstützung der Einheiten der Reflexion)
Man könnte im Rahmen der Auftragsklärung mit dem Auftraggeber vorab als weitere Kriterien ebenfalls die örtliche Nähe für das Training oder auch die Ausstattung eines beispielsweise entsprechenden Tagungshotels[1], wenn das Training nicht im Seminarraum stattfindet, in Betracht ziehen und den allgemeinen Zeit- und Kostenrahmen (vgl. Kießling-Sonntag 2003, S. 199 f.) berücksichtigen.
1.2.1 Neurobiologische Wirkung
Es hilft der nachhaltigen Wirkungsweise von Trainingstools, wenn sie eine neurobiologische Wirkung aufweisen, d. h. der Körper reagiert mit Ausschüttung von Noradrenalin, Dopamin und körpereigenen Opiaten (vgl. Herms & Hütter 2011; Heckmair & Michl 2011).
Das liegt daran, dass positiver Stress, verbunden mit der Ausschüttung von Stresshormonen wie Noradrenalin, das eine gedächtnisfördernde Wirkung hat, zu einer Maximierung des Lernerfolges führt. Durch die Ausschüttung des Hormons werden gleichzeitig die Leberzellen stimuliert „Glukose aus Glykogen zu mobilisieren“. Glukose bildet die Versorgung des Gehirns und ist somit „ Treibstoff für die Neuronen“ (vgl. zu diesem Abschnitt Ewert 1998, S. 220).
1.2.2 Outdoor-Anwendbarkeit
Am besten sollte die Trainingseinheit außerdem „outdoor“ (d. h. draußen an der frischen Luft, also in der „Natur als Raum“) mit „bewegten Körpern“ stattfinden können, um neuen Wind in die Denkstrukturen zu bekommen (Anm. d. Verf.) und eine „ intensive “ (vgl. Herms & Hütter 2011) emotionale – möglichst insgesamt positive – Erfahrung als „ vitales Erlebnis “ (Fischer & Lehmann 2009, S. 28) zu begünstigen. Die „ Emotionalität der Erfahrung “ wird u. a. durch die Unbekanntheit des Veranstaltungsortes, natürliche Umgebung oder enge Verbundenheit der Teilnehmer untereinander, hervorgerufen (vgl. Dillon et al. 2006, Rothwell et al. 2011).
Eine ansprechende Location, die sich vom Büroalltag abhebt, wird sehr wahrscheinlicher im Gedächtnis abgespeichert als der „gewöhnliche“ Seminarraum (vgl. Herms & Hütter 2011), der dem Teilnehmer ggf. eher ein Verbleiben in der „ eigenen Komfortzone “ (vgl. Brown 2008) ermöglichen würde. Gleichzeitig bietet eine natürliche Umgebung eher die Möglichkeit eines Perspektiven- (vgl. Martin 1999, 2005) und ggf. auch Rollenwechsels (vgl. Thomas 2010) als die „künstliche“ Umwelt, wie die eines Büros oder Seminarraums.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Lernzonenmodell (Senninger 2000, S. 26 zit. durch Lipfert 2013)
Gerade in der Erlebnispädagogik spielen Erfahrungen außerhalb der eigenen Komfortzone eine sehr wichtige Rolle für den Lernprozess (vgl. Lipfert 2013) – siehe dazu auch Abbildung 1. Es sollte jedoch dabei vermieden werden, dass sich Teilnehmer „ sozial, emotional, körperlich oder geistig bedroht fühlen “ (Lipfert 2013, S. 131), um sie nicht in eine Panikzone zu führen (siehe dazu auch Abbildung 1). Situationen an der Grenze zur Angst / Panik führen zu Stress (vgl. Horstmeier 2013). Dies hat eine negative Auswirkung auf den Lernprozess und späteren Lerntransfer (vgl. Colquitt et al. 2000 zit. durch Hutchins 2009, S. 71). Es geht vielmehr um die Überwindung individueller Grenzen (vgl. Horstmeier 2013) und im Sinne der Anwendung des „Prototypen von intrinsischer Motivation“ (Herms & Hütter 2011, S. 48) um die Erreichung eines „Flow-Zustandes“ [2] (Csikszentmihalyi 2009, zit. nach Herms & Hütter 2011).
1.2.3 Trainerkompetenz(en) und -erfahrungen
Obgleich sehr wahrscheinlich im Training ein „ vorranging emotional-implizierter Lernmodus “ (vgl. Grawe 2004, S. 49 f. zitiert durch Herms & Hütter 2011) stattfindet, sollte der Trainingsleiter bzw. Trainer grundsätzlich über entsprechend fundierte Kompetenzen[3] verfügen (vgl. Bergel & Gloger 2002) und „ die Dynamik des eingesetzten Mediums aus eigener Erfahrung kennen “ (vgl. Schär 2013, S. 52).
Oft erfordert ein wirkungsvolles erlebnispädagogisches Training, welches „outdoor“ stattfindet, neben den methodisch-didaktischen[4] Kompetenzen und pädagogisch-psychologischen[5] Anforderungen (als auch dem persönlichen Kontext des Trainers[6] ) (vgl. Bergel & Gloger 2002; Kölsch & Wagner 1998) ebenfalls ein „Mindest-Know-How in Sachen Sicherheit“. Es hat es daher in der Praxis bewährt, ein Outdoor-Training mit einem „Prozesstrainer“ (für den fachlichen Input, psychische Prozesse, die Gruppendynamik, Reflexion und Transfer) und einem „Sicherheitstrainer bzw. Outdoor-Instructor“ (zuständig für die physische Sicherheit der Teilnehmer ) durchzuführen (vgl. Bergel & Gloger 2002).
Der Prozesstrainer trägt in hohem Maße die psychologische Verantwortung für die Teilnehmer (vgl. Bergel & Gloger 2002) und insgesamt für das Ergebnis sowie den Prozess (vgl. Funcke & Rachow 2002b), neben der Tatsache, dass er das Lernziel im Auge behalten sollte (Anm. d. Verf.), um die Spiel- bzw. Trainingssituation mithilfe der Reflexionsphase durch den anschließenden Transferschritt möglichst übertragbar in den Arbeitskontext der Teilnehmer (vgl. Meier-Gantenbein & Späth 2012, S. 255) zu gestalten. Er ist somit besonders für das Wohlergehen der Teilnehmer während der Trainingseinheit verantwortlich (vgl. Bergel & Gloger 2002). Wenn der Trainer dieses Bewusstsein ausstrahlt, sorgt dies in der Teilnehmergruppe bereits für Sicherheit (vgl. Funcke & Rachow 2002b).
1.2.4 Erkennbarer Erfolg
Um möglichst auch unterschiedliche Wahrnehmungskanäle anzuregen (vgl. Funcke & Rachow 2002a) und zu nutzen, könnte das Tool bzw. die Übung ausserdem einen erkennbaren bzw. haptisch wahrnehmbaren Erfolg mit sich bringen, der mit und von allen Teilnehmern geteilt werden kann.
Damit wird neben der „Verankerung von erlebten Emotionen im emotionalen und im Körpergedächtnis, neuen Handlungsmöglichkeiten und erlebten Szenen als gestalthafte Erinnerung“ zusätzlich auf der Ebene der „Verankerung der Erfahrung in den sinnesspezifischen Speicherbereichen des Gedächtnisses (Gesehenes, Gehörtes, körperlich Gespürtes)“ (Herms & Hütter 2011, S. 45) gearbeitet und es können gleichzeitig (psycho)motorische Lernziele umgesetzt bzw. eingeübt werden. Zusätzlich kann das Ergebnis / der erkennbare Erfolg (z. B. das Floss, die Holzbrücke, der Schatz) als Metapher die Reflexionseinheit(en) unterstützen.
2. EO & EP, Anthropologisches Menschenbild, Modelle und Theorien
Um das Menschbild, das auch in der Erforschung der Erlebnispädagogik zum Tragen kommt, zu verstehen und eine Idee von der erlebnisorientierten Arbeit im Vergleich zur Erlebnispädagogik, auf der das erfahrungs- und erlebnisorientierte Lernen beruht, zu bekommen, wird dies im Folgenden kurz erläutert.
Es werden zudem vorhandene Modelle und Theorien für mögliche Betrachtungsweisen der Wirkfaktoren des erfahrungs- und erlebnisorientierte Lernens kurz erläutert.
2.1 Erlebnisorientierte Arbeit (EO) & Erlebnispädagogik (EP)
„ In der erlebnisorientierten Arbeit steht das Erlebnis in der Natur als wertvolle Erfahrung oder Ereignis für sich im Vordergrund “. (Schär 2013, S. 50).
Bei der erlebnisorientierten Arbeit (EO) steht der Erwerb von Wissen in der Natur oder einer technischen Fähigkeit als Projektthema (wie Kanufahren, Hüttenbau, etc.) im Vordergrund. Es besteht dabei kein Anspruch auf eine nachhaltige oder bewusste Verhaltensänderung im Alltag. Auf der Projektebene gibt zwei Phasen: Vorbereitung und Projekt (vgl. zu diesem Abschnitt Schär 2013).
Bei der Erlebnispädagogik (EP) steht der Prozess im Vordergrund und es wird mit pädagogischen Themen (z. B. Zusammenarbeit) gearbeitet. Die Natur wird für ein Erlebnis eingesetzt, welches dann als pädagogisches Mittel genutzt, zu einer Verhaltensänderung im Alltag führen soll. Auf der Prozessebene gibt es drei Phasen: Vorbereitung, Projekt und Nacharbeit (mit Schwerpunkt Transfer –und Integrationsarbeit) (vgl. zu diesem Abschnitt Schär 2013).
Die Erlebnispädagogik wird von Heckmair & Michl (2012) als Methode beschrieben, „ welche aufbauend auf eine pädagogische Ausbildung oder ein pädagogisches Studium erlernt wird “ (vgl. Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e. V. 2011 zitiert durch Seidel 2013, S. 59). Die Pädagogik [altgriechisch von paideia = Erziehung, Bildung (vgl. Stein 2009, S.11) und paidia = das Spiel (vgl. Prange & Strobel-Eisele 2006, S.116)] bezeichnet jede Weiterentwicklung des Menschen im Zuge von Bildungs- und Erziehungsprozessen (vgl. Stein 2009, S.11-13).
Dabei wird sie „ als evidenzbasierter Handlungsansatz “ bei Jugendlichen, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen (vgl. Heekerens 2013), zum Teil auch bei körperlich und / oder geistig benachteiligten bzw. delinquenten Jugendlichen und jungen Erwachsenen angewendet (vgl. Fischer & Lehmann 2009, S. 16). Das erlebnis- und handlungsorientierte Lernen wird jedoch auch im Zuge eines Outdoor-Trainings für Unternehmen bzw. für Fach- und Führungskräfte genutzt (vgl. Schad & Michl 2004, zit. nach Michl 2013). Laut Seidel (2013) kann man die Erlebnispädagogik dem Bereich der Erwachsenenbildung zuordnen.
Nach Prange & Strobel-Eisele (2006) ist eine leitende Frage der Erlebnispädagogik:
„Wie kann man das, was gezeigt werden soll, für die Lernenden auch erlebbar machen, so dass sie bildlich gesprochen, nicht nur mit dem Kopf lernen und sich womöglich auch die nötigen Fertigkeiten aneignen, sondern dass ihnen auch zu Herzen geht, womit sie bekannt werden [...].“ (Prange & Strobel-Eisele 2006, S. 139)
2.2 Anthropologisches Menschenbild
Ein einziges anthropologisches Menschenbild kann für die Pädagogik nicht ausgemacht werden. Die anthropologische Pädagogik und somit auch die Erlebnispädagogik folgt jedoch der prinzipiellen Dreidimensionalität des Menschen in Form der Symbole: Kopf, Herz und Hand[7] (vgl. Stein 2009, S. 14). Auch bei der Darstellung von Trainingszielen wird gerne die Möglichkeit gewählt diese in die Bereiche: kognitiv, affektiv und psychomotorische Lernziele einzuteilen (vgl. Becker 2011, S. 131-133) und diese mit entsprechenden Symbolen zu hinterlegen.
Für die europäische Erlebnispädagogik kann grundsätzlich gesagt werden, dass Jean-Jacques Rousseau besonders prägend war (vgl. Rosenberger 2008, S. 22). Er vertrat das Menschenbild, dass der Mensch von Geburt aus gut sei (Rousseau 1975, S. 9) und nur durch falschen Umgang bzw. falsche Erziehung - in seinem „Werden“ (Anm. d. Verf.) - und in seiner natürlichen Neugier beeinträchtigt werde (vgl. Stein 2009, S. 14). Rousseau spricht sich grundsätzlich für eine Erziehung im Sinne eines ressourcen-orientierten Ansatzes aus. Der Lernende soll sich also die Lösungen möglichst selbst erschließen und sich dabei in seinen Entscheidungen frei bzw. unbeeinflusst[8] fühlen (Prange & Strobel-Eisele 2006, S. 111 - 119).
2.3 Modelle und Theorien
„Lerntheorien wie Konstruktivismus und Gehirnforschung bestätigen den Ansatz des erlebnis- und handlungsorientierten Lernens.“ (Heckmair & Michel 2012, zit. nach Michl 2013).
Einen konstruktivistischen Ansatz findet man in der Theorie des „situierten Lernens“ (vgl. Glaserfeld 1987, zit. nach Prange & Strobel-Eisele 2006, S. 109). Die Theorie des situierten Lernens beschäftigt sich mit Prinzipien zur effektiven, transferförderlichen Gestaltung von Lernumgebungen (vgl. Kauffeld et al. 2009, S. 321). Das Lernparadigma drückt sich im selbstorganisierten Lernakt aus (vgl. Prange & Strobel-Eisele 2006, S. 109).
Für die Erlebnispädagogik ist der „Experiential Learning Cycle“ nach David Kolb und Marc Sullivan ein fundamentales Gerüst (vgl. Fischer & Lehmann 2009, S. 162). Ein weiteres Modell, welches den Rahmen des handlungsorientierten bzw. erfahrungs- und erlebnisorientierten Lernens näher beleuchtet ist das 4-Schritte-Modell.
2.3.1 Experiential Learning Cycle
Der „Experiential Learning Cyle“ nach Kolb (1984) wurde Ende der 60er entwickelt und angewendet. Es geht dabei im Wesentlichen um die Phasen und den Austausch von konkreten Erfahrungen und abstrakten Konzepten als Problemlösungsansatz. Es dreht sich um das Erfahrungssammeln, das Reflektieren / Beschreiben, Durcharbeiten eines Konzeptes und die Anwendung dessen in der Realität, als auch besonders dem Experimentieren, um neue Erfahrungen zu sammeln und diese erneut zu reflektieren (vgl. zu diesem Abschnitt Kolb 2009). Inneres und äußeres Lernverhalten greifen hier in einer Mehrphasigkeit durch das Auslösen weitere Lernprozesse ineinander über und erweitern als neue Erfahrung das Fähigkeits- und Fertigkeitspotenzial (vgl. Fischer & Lehmann 2009, S. 163).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Experiential Learning Cycle nach Kolb (Eigene Darstellung in Anlehnung an SDSM&T, http://ie.sdsmt.edu/FirstYear/Kolb.htm, Abruf 17.07.14)
Wie man in Abbildung 2 sehen kann, werden im ersten Schritt konkrete Erfahrungen durch eine bestimmte Aktion gesammelt, dessen Ergebnisse direkt sichtbar werden. Im zweiten Schritt werden durch reflektive Beobachtung die Effekte einer bestimmten Aktion verstanden, so dass man die Aktion unter den gleichen Bedingungen wiederholen könnte und das Resultat bereits voraussagbar wäre. Im dritten Schritt geht es um einen abstrakten Entwurf von der Situation, in der die Aktion stattfand und dem dahinterliegenden Prinzip (vgl. zu diesem Abschnitt SDSM&T). Im nächsten Schritt geht es um das aktive Experimentieren und Anwenden des bisher gewonnen Wissens für eine neue Situation, in der wie in Schritt 1 bereits beschrieben erneut konkrete Erfahrungen gesammelt werden, die sich manifestieren. So schließt sich der Kreis und beginnt gleichzeitig von neuem.
[...]
[1] „Trainings finden meist in komfortablen Seminarhotels statt, denn die Kleinstfirmen besitzen in der Regel kein Seminarhaus […]“ (Michl 2013).
[2] Der Begriff „Flow“ ist hier zu verstehen als ein ganz „bei der Sache sein“ und sich selbst im Tun verlieren (Herms & Hütter 2011, S. 47).
[3] Kompetenz kann als Nutzung aller zur Verfügung stehenden Ressourcen für die Bewältigung komplexer Anforderungen stehen (vgl. Richter 1995, S. 33; Süß et al. 2005; Weinert 2001, S. 27 f,) verstanden werden.
[4] Dazu zählt die Gesprächsführung und Moderation, der Umgang mit Konflikten und Krisen, sowie mit gruppendynamischen Prozessen, die Visualisierungstechnik und die Reflexionsmethodik (vgl. Kölsch & Wagner 1998).
[5] Darunter fällt u. a. eine pädagogische und/oder psychologische Ausbildung, erlebnispädagogische Kenntnisse, themenspezifische Qualifikation, z.B. für Managementtrainings (vgl. Kölsch & Wagner 1998).
[6] Unter dem persönlichen Kontext versteht man den eigenen Erfahrungshintergrund des Trainers bezüglich der Aktivitäten, die Selbsterfahrung und Selbstkenntnis und die Selbstmanagement-Fähigkeiten (vgl. Kölsch & Wagner 1998).
[7] Diese Einteilung geht auf Platon zurück und man findet die Begriffe in der traditionellen geisteswissenschaftlichen Pädagogik (vgl. Reiners 1995, S. 12, zit. nach Rosenberger 2008, S. 31).
[8] Siehe dazu auch Fischer & Lehmann 2009, S. 10.